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Feature<br />
Angst vor Wladimir<br />
War<strong>um</strong> wir dem Osten gelassener<br />
begegnen sollten<br />
Von Linus Geschke<br />
„Die Russen kommen!“. Für die Kriegsgeneration sind mit diesem<br />
Ausruf oftmals alptra<strong>um</strong>hafte Erinnerungen verbunden – für die Reisebranche<br />
mittlerweile auch. Es gibt ka<strong>um</strong> eine andere Bezeichnung,<br />
die ein Hotel oder eine Tauchbasis in der bundesdeutschen Beliebtheit<br />
so schnell abfallen lässt wie die des „Russenbunkers“. Bilder von alkoholisierten<br />
Wladimirs und Olgas fallen einem dazu ein, überladene<br />
Teller <strong>am</strong> Buffet, katastrophales Verhalten beim Tauchen, Seitenscheitel<br />
und String-Tangas in Pink oder Neongrün. Das Schöne an<br />
solchen Vorurteilen: Manchmal stimmen sie sogar.<br />
Die ersten Veranstalter haben<br />
nun begonnen, auf ihrer Homepage<br />
bei einigen Hotels und Basen<br />
darauf hinzuweisen, dass<br />
man dort garantiert auf keine<br />
„osteuropäischen Gäste“ trifft –<br />
und manch einer wird sich insgeheim<br />
schon fragen, ob das nicht<br />
eine Spur zu heftig ist. Man stelle<br />
sich dies für einen<br />
Moment in Verbindung<br />
mit anderen<br />
Volksgruppen vor,<br />
beispielsweise im<br />
Hotel Hintertupf, irgendwo<br />
in Irgendwo,<br />
die mit folgendem<br />
Slogan werben würden:<br />
„Bei uns trifft<br />
der Urlauber auf keine<br />
Türken!“ Oder, politisch noch<br />
inkorrekter: „Pension Schönblick:<br />
Garantiert keine jüdischen Gäste“.<br />
Die Reaktionen darauf – von<br />
Medien über Bürgergruppierungen<br />
bis hin zur Politik – böten<br />
genügend Gesprächsstoff für etliche<br />
Talks bei Anne Will oder<br />
Frank Plasberg. Und dies zu<br />
4<br />
Recht! Ein etwas freundlicher geschriebenes<br />
„Hotel Sharm: Garantiert<br />
ohne Russen“ stößt dagegen<br />
nicht übel auf. War<strong>um</strong><br />
nur?<br />
Sicherlich haben sich Putins Untertanen<br />
dieses Image selber zuzuschreiben<br />
und wer d<strong>am</strong>it arg<strong>um</strong>entiert,<br />
dass „Russen einfach<br />
nicht wissen, wie sie<br />
sich im Ausland benehmen<br />
sollen“, hat<br />
d<strong>am</strong>it pauschal betrachtetwahrscheinlich<br />
auch Recht. Doch<br />
woher sollen sie es<br />
auch wissen? Die Russen,<br />
die in Ägypten,<br />
Dubai oder der Türkei<br />
Urlaub machen, gehören<br />
meist zur neu entstandenen<br />
Mittelschicht; oftmals ist es ihr<br />
erster Aufenthalt im Ausland. Sie<br />
sind geprägt durch ein Land, in<br />
dem Korruption, Willkür und Alkohol<br />
allgegenwärtige Probleme<br />
darstellen. Wer Geld hat, hat<br />
Macht. Wer zahlt, bestimmt.<br />
Handlungs- und Denkweisen, die