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s<strong>ch</strong>a Asagaroff konnte si<strong>ch</strong> die Tragödie in all ihrer Intensität entfalten. Die an der minimalistis<strong>ch</strong>en Ästhetik<br />

Japans orientierte Ausstattung von Reinhard von der Thannen setzte zuglei<strong>ch</strong> den Zusammenprall zweier<br />

Kulturen ins Bild. Unter der musikalis<strong>ch</strong>en Leitung von Carlo Rizzi entfalteten si<strong>ch</strong> die vers<strong>ch</strong>iedenen musikalis<strong>ch</strong>en<br />

S<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>ten vom Konversationston über innigen Gesang bis hin zu den grossen dramatis<strong>ch</strong>en Ausbrü<strong>ch</strong>en<br />

eindrucksvoll. In den Hauptpartien brillierten und berührten Xu Wei Sun und Neil Shicoff; Judith<br />

S<strong>ch</strong>mid als Suzuki und Cheyne Davidson als Sharpless wussten mit hörbarem Engagement ihre Partien zu<br />

gestalten.<br />

Ballettdirektor Heinz Spoerli hat bei den grossen Klassikern des Handlungsballetts immer wieder bewiesen,<br />

wie si<strong>ch</strong> eine dem Original verpfli<strong>ch</strong>tete Interpretation mit einer sinnfälligen, von heutigem Empfinden getragenen<br />

Bewegungsspra<strong>ch</strong>e verbinden lässt. Au<strong>ch</strong> im Falle der «Raymonda» zur farbigen Musik von Alexander<br />

Glasunow hat er die hohen Erwartungen ni<strong>ch</strong>t enttäus<strong>ch</strong>t. Dass Heinz Spoerli in seiner Version des eher<br />

selten aufgeführten, auf Marius Petipa zurückgehenden Balletts au<strong>ch</strong> tiefere Einblicke in die Psy<strong>ch</strong>e der<br />

Titelheldin gelingen, attestierte die NZZ: «Jenes rätselhafte Phänomen der Verkleidung, die der Traum an<br />

Personen vornimmt, dient dem Choreografen als Grundidee. In der Titelrolle tanzt Aliya Tanykpayeva als<br />

Raymonda mit ihrem Verlobten Jean (Stanislav Jermakov) in der Vertrautheit, die einen si<strong>ch</strong>eren, viellei<strong>ch</strong>t<br />

allzu ruhigen Ehehafen verspri<strong>ch</strong>t. Vom Fremdling Abdera<strong>ch</strong>man (Vahe Martirosyan) lässt sie si<strong>ch</strong> dagegen<br />

zu expansiven S<strong>ch</strong>ritten und gewagten Hebungen hinreissen. Im Traumbild des ersten Aktes gewinnt man<br />

tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> den Eindruck, Raymondas Traum sei dur<strong>ch</strong>tränkt von den geheimen Wüns<strong>ch</strong>en und Gewissensnöten<br />

der behüteten To<strong>ch</strong>ter, die von ihrer Mutter (Karin Pellmont) und Tante (Juliette Brunner) in erzieheris<strong>ch</strong>er<br />

Absi<strong>ch</strong>t mit dem Hinweis auf eine ‹Weisse Dame› aus dem Jenseits einges<strong>ch</strong>ü<strong>ch</strong>tert wird.» Zum grossen<br />

Erfolg des Abends trug, neben der beeindruckenden Leistung der Tänzer, der russis<strong>ch</strong>e Dirigent Mi<strong>ch</strong>ail<br />

Jurowski, der mit einer differenzierten und kundigen Ausdeutung von Glasunows bemerkenswerter Partitur<br />

sein Debüt am Opernhaus Züri<strong>ch</strong> gab, ebenso bei wie die italienis<strong>ch</strong>e Bühnen- und Kostümbildnerin Luisa<br />

Spinatelli, deren Ausstattung dem mittelalterli<strong>ch</strong>en Ges<strong>ch</strong>ehen um Raymonda, ihren ritterli<strong>ch</strong>en Bräutigam<br />

Jean und den wilden Sarazenen Abdera<strong>ch</strong>man einen eleganten Rahmen s<strong>ch</strong>uf.<br />

Als s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>e Erstaufführung war Giuseppe Verdis Oper «Il Corsaro» zu erleben. In seinem 1848 uraufgeführten<br />

Melodramma tragico «Il Corsaro» gestaltete Verdi das Porträt eines «homme fatal», also einen<br />

jener tragis<strong>ch</strong>en romantis<strong>ch</strong>en Antihelden, deren literaris<strong>ch</strong>e Karriere vor allem Lord Byron mit seiner glei<strong>ch</strong>namigen<br />

Verserzählung mitbegründete. Im Titelhelden sah Regisseur Damiano Mi<strong>ch</strong>ieletto ein Spiegelbild<br />

des Di<strong>ch</strong>ters, und im Meer eine Metapher von dessen ruheloser Existenz und Verlorenheit. In diesem Sinne<br />

verwandelte Bühnenbildner Paolo Fantin die Opernhaus-Bühne in ein Bassin, dessen Wasserflä<strong>ch</strong>e von einer<br />

riesigen Spiegelwand reflektiert wird. Das Pult, auf dem Corrado/Byron sein Werk nieders<strong>ch</strong>reibt, und das<br />

Bett, auf dem Medora den Geliebten erwartet, sind s<strong>ch</strong>wimmende Inseln, während in Seids Palast lange Tis<strong>ch</strong>e<br />

für eine gewisse Bodenhaftung sorgen. Die Li<strong>ch</strong>tspiele der gespiegelten Wellen, die Farbakzente, wel<strong>ch</strong>e<br />

Carla Tetis opulente Kostüme setzten, ma<strong>ch</strong>ten diese Aufführung zur Augenweide. Der norwegis<strong>ch</strong>e Dirigent<br />

Eivind Gullberg Jensen dirigierte erstmals eine Verdi-Oper und s<strong>ch</strong>älte mit dem Or<strong>ch</strong>ester der Oper<br />

die Qualitäten der Partitur überzeugend heraus. In der Titelrolle brillierte der junge italienis<strong>ch</strong>e Tenor Vittorio<br />

Grigolo, der den Corsaro mit grosser Stimme und dramatis<strong>ch</strong>er Kraft verkörperte. Daneben gelangen ihm<br />

aber au<strong>ch</strong> die lyris<strong>ch</strong>en Momente im Dialog mit dem weibli<strong>ch</strong>en Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>t mit überzeugend leidendem Unterton.<br />

Elena Mos¸uc gewann der Partie der sehnsü<strong>ch</strong>tig liebenden und wartenden Medora viele S<strong>ch</strong>attierungen<br />

und Farbtöne ab und fand als unglückli<strong>ch</strong> in Corrado Verliebte zu abgründiger Verzweiflung. Carmen<br />

Giannattasio überzeugte mit ihrem blühkräftigen Sopran und au<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>auspieleris<strong>ch</strong> als tragis<strong>ch</strong> rebellierende<br />

Gulnara. Juan Pons gab den Seid mit markanter Bühnenpräsenz.<br />

Einer der Höhepunkte der Saison war zweifellos die Neuinszenierung der «Frau ohne S<strong>ch</strong>atten», von ihren<br />

S<strong>ch</strong>öpfern Ri<strong>ch</strong>ard Strauss und Hugo von Hofmannsthal selbst als ihr «opus summum» bezei<strong>ch</strong>net. Franz<br />

Welser-Möst, dessen langjährige Tätigkeit als Chefdirigent des Opernhauses Züri<strong>ch</strong> in der vorausgegangenen<br />

Saison zu Ende gegangen war, kehrte für diese Neuprouktion no<strong>ch</strong> einmal ans Pult «seines» Or<strong>ch</strong>esters<br />

zurück und liess alle Feinheiten der Partitur zur Geltung kommen. Mit seiner souveränen Deutung, die sowohl<br />

wu<strong>ch</strong>tige emotionale Steigerungen als au<strong>ch</strong> flirrend traumhafte Stimmungen und exotis<strong>ch</strong>es Kolorit<br />

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