Handlungsleitfaden Be- und Überlastungsanzeige für ... - präwin
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Möglichkeiten der anonymen <strong>Be</strong>- <strong>und</strong> <strong>Überlastungsanzeige</strong><br />
Gefördert durch:<br />
• Einerseits können <strong>Be</strong>lastungsmeldungen zunächst an Vertrauenspersonen (evtl. aus dem<br />
<strong>Be</strong>triebsrat) gegeben werden, die dann Informationen <strong>und</strong> Empfehlungen zur weiteren<br />
Entscheidung an entsprechende Leitungsebenen weiterleiten. In diesem Fall weiß nur die<br />
Vertrauensperson, wer Absender der Meldung ist. Rückmeldungen der Leitungsebene<br />
können über die Vertrauensperson zurückgeleitet werden. Achtung: Evtl. lässt sich aufgr<strong>und</strong><br />
der Aufgabenbeschreibung trotzdem gut nachvollziehen, um welchen Freelancer es sich hier<br />
genau handelt. Je mehr Freelancer mit dem jeweiligen Unternehmen kooperieren, um so<br />
besser lassen sich anonyme Formen der <strong>Be</strong>- <strong>und</strong> <strong>Überlastungsanzeige</strong> verwirklichen. Werden<br />
bestimmte <strong>Be</strong>lastungen öfter angezeigt, können z.B. anonyme <strong>Be</strong>fragungen zum Thema<br />
unter Freelancern eingeleitet werden. Die Ergebnisse können als Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> eine<br />
Diskussion zum Thema Kooperation mit Freelancern dienen: Wenn deutlich wird, dass<br />
bestimmte <strong>Be</strong>lastungen kein persönliches Problem darstellen, sondern auch viele andere<br />
Freelancer betreffen, können Sie evtl. leichter öffentlich darüber sprechen.<br />
• Für die komplett anonyme <strong>Be</strong>- <strong>und</strong> <strong>Überlastungsanzeige</strong> müssen Sie sicher sein können, dass<br />
Sie als Sender oder die Senderin tatsächlich nicht ermittelt werden kann. Eine Möglichkeit<br />
wäre, im Unternehmens-Intranet entsprechende Formulare zu nutzen, die ausgefüllt werden<br />
können <strong>und</strong> die dann an den <strong>Be</strong>triebsrat oder Vertrauenspersonen geschickt werden.<br />
Natürlich können auch einfach Zettel ausgefüllt <strong>und</strong> bei den Vertrauenspersonen abgegeben<br />
werden. Weisen Sie darauf hin, dass das entsprechende Postfach so platziert sein muss, dass<br />
ein unauffälliges Einwerfen der Meldungen möglich ist. Für Sie als Freelancer gilt der gleiche<br />
Hinweis wie oben: Evtl. kann man Sie anhand Ihrer Aufgabenbeschreibung dennoch gut<br />
identifizieren.<br />
• Gesetzlich verpflichtende <strong>Überlastungsanzeige</strong>n können nicht anonym getätigt werden.<br />
Anforderungen an Vertrauenspersonen<br />
Die Vertrauensperson sollte idealerweise...<br />
• ...Kontakte zu allen wichtigen <strong>Be</strong>reichen im <strong>Be</strong>trieb haben.<br />
• ...das Vertrauen von Mitarbeitenden genießen <strong>und</strong> versuchen, einen Interessenausgleich<br />
zwischen Führung <strong>und</strong> Mitarbeitenden herbeizuführen.<br />
• ...einfühlsam, verschwiegen <strong>und</strong> integer sein.<br />
PRÄWIN<br />
Prävention in<br />
Unternehmen der<br />
Wissensökonomie
Gefördert durch:<br />
• ...über eine gute Menschenkenntnis verfügen, um beurteilen zu können, wem welche<br />
Informationen in welcher Form zugemutet werden können (z.B. im Konfliktgespräch) <strong>und</strong><br />
wer mit der verantwortungsvollen <strong>Be</strong>arbeitung von Problemen betraut werden kann.<br />
• ...geschickt in der Gesprächsführung <strong>und</strong> dabei diplomatisch sein.<br />
• ...über Gr<strong>und</strong>kenntnisse der Kommunikation verfügen (s. „Downloads <strong>und</strong> Tipps“).<br />
• ...sich abgrenzen können: Vertrauenspersonen sollten Fre<strong>und</strong>e oder nahestehende Personen<br />
genauso professionell behandeln wie andere <strong>und</strong> sich zudem durch Probleme <strong>und</strong> Konflikte<br />
anderer nicht zu schnell überlastet fühlen.<br />
Für Mitarbeitervertreter <strong>und</strong> Vertrauenspersonen: Konstruktiven Umgang mit<br />
zwischenmenschlichen Problemen einfordern<br />
Sprechen Sie die Person an, welche die Anzeige eingereicht hat. Machen Sie ihr zunächst<br />
deutlich, dass Sie einen konstruktiven <strong>und</strong> möglichst sachlichen Umgang mit<br />
zwischenmenschlichen Problemen wünschen. Dazu gehört z.B., dass die Person, die sich an die<br />
Vertrauensperson wendet, dies in mündlicher Form tut <strong>und</strong> dass sie zunächst versucht hat, den<br />
Konflikt selbst zu lösen. Stellen Sie klar: Zu einem Konflikt gehören immer zwei Personen („It<br />
takes two to tango.“). Zunächst müssen einige Aspekte erfüllt sein, bevor Sie sich bereit erklären<br />
sollten, als Mittlerin oder Mittler aufzutreten. Hier einige zentrale Aspekte:<br />
• Der Konfliktpartner oder die Konfliktpartnerin darf nicht als gesamte Person beschuldigt<br />
werden, sondern nur Aspekte seines oder ihres Verhaltens dürfen kritisiert werden.<br />
• Die Person, die sich an die Vertrauensperson gewendet hat, sollte genau ausdrücken können,<br />
warum das Verhalten einer anderen Person <strong>für</strong> ihn oder sie nicht akzeptabel ist: Inwiefern<br />
wird dadurch ihre oder seine Arbeit erschwert?<br />
• Eigenanteile, die <strong>für</strong> die Entstehung oder den Erhalt des Problems mitverantwortlich sind,<br />
sollten erkannt werden.<br />
Wenden Sie sich anschließend an die „Zielperson“ <strong>und</strong> holen Sie deren Sichtweise ein. Verfallen Sie<br />
auf keinen Fall selbst in <strong>Be</strong>schuldigungen, sondern stellen Sie ihr das Problem in nun differenzierter<br />
Weise vor. <strong>Be</strong>reiten Sie danach beide Perspektiven auf, holen Sie beide Konfliktpartner zusammen<br />
<strong>und</strong> stellen Sie das Problem aus Ihrer Sicht dar. Lassen Sie beide Seiten kommentieren <strong>und</strong> suchen<br />
Sie gemeinsam nach möglichen Lösungen. Rechnen Sie damit, ggf. zuvor noch ein paar<br />
Rückkopplungsschleifen ziehen zu müssen, in denen Sie den einzelnen Partnern jeweils die<br />
Sichtweisen des oder der anderen beschreiben <strong>und</strong> die Reaktion darauf ermitteln. Erfolgreich<br />
verlaufene Aktionen können evtl. an die <strong>Be</strong>triebsöffentlichkeit weitergeleitet werden (sofern sie<br />
keine zu persönlichen Aspekte betreffen – hier<strong>für</strong> brauchen Sie natürlich das Einverständnis der<br />
beiden Konfliktparteien, auch wenn Sie den „Fall“ anonymisieren), damit auch andere Mitarbeitende<br />
<strong>und</strong> Vorgesetzte erfahren, dass Konflikte lösbar sind.
Typische Probleme, die <strong>Be</strong>- <strong>und</strong> Überlastungen auslösen können<br />
Wir können Ihnen nicht <strong>für</strong> alle anfallenden Probleme pauschale Lösungen bieten – <strong>für</strong> einige<br />
Schwierigkeiten, wie zu hohe Koordinationsanforderungen oder zu viele Überst<strong>und</strong>en, sollten Sie<br />
darauf dringen, dass Sie Gelegenheiten bekommen, Ansätze <strong>für</strong> spezifische<br />
Veränderungsmaßnahmen zu entwickeln, die <strong>für</strong> Ihren <strong>Be</strong>trieb passen (z.B. in Teambesprechungen<br />
im Handlungsfeld Eigeninitiative oder im Workshop Nachhaltige Arbeitsqualität im Handlungsfeld<br />
Arbeitsorganisation). Diese Lösungsansätze können dann mit Vorgesetzten oder ggf. der<br />
Geschäftsführung abgestimmt werden. Möglichkeiten sind z.B., Aufgaben anders zu verteilen<br />
(Kapazitätsplanung), oder/<strong>und</strong> Arbeitszeitkonten (jeweils im Handlungsfeld Arbeitsorganisation) im<br />
Unternehmen einzurichten. Evtl. sollte die Projektplanung optimiert werden. Versuchen Sie ihre<br />
Vorgesetzten <strong>und</strong> die Geschäftsführung davon zu überzeugen, dass es dem Unternehmen langfristig<br />
nicht helfen wird, wenn wichtige Freelancer sich verausgaben <strong>und</strong> ihre Leistungsfähigkeit<br />
erschöpfen. Nachfolgend zeigen wir Ihnen einige Hinweise auf, die Ihnen dabei helfen sollen,<br />
mögliche Ursachen von <strong>Be</strong>- <strong>und</strong> Überlastungen leichter zu erkennen:<br />
Hier einige Hinweise <strong>für</strong> mögliche Ursachen von <strong>Be</strong>lastungen:<br />
Widersprüchliche Arbeitsanforderungen<br />
Widersprüchliche Arbeitsanforderungen können mit Unsicherheiten einhergehen <strong>und</strong> zeit- wie<br />
energieraubend sein. Hier einige <strong>Be</strong>ispiele, die Ihnen dabei helfen, auf widersprüchliche<br />
Arbeitsanforderungen aufmerksam zu werden:<br />
• Widersprüchliche Arbeitsziele:<br />
Diese entstehen z.B., wenn K<strong>und</strong>en während des Projekts nachträgliche Wünsche äußern, die<br />
früheren Zielvorgaben widersprechen oder deren <strong>Be</strong>arbeitung in der Terminplanung nicht<br />
berücksichtigt wird.<br />
• Widersprüche zwischen Ausführungsbedingungen <strong>und</strong> Aufgaben:<br />
Z.B. können Mitarbeitende durch unangemessene Hard- oder Softwarekomponenten in der<br />
Ausführung ihrer Arbeitsaufgaben behindert werden.<br />
• Widersprüche zwischen Aufgaben <strong>und</strong> Aneignungsbedingungen:<br />
Mitarbeitenden fehlen in diesem Fall Möglichkeiten, an alle zur <strong>Be</strong>arbeitung ihrer Aufgaben<br />
notwendigen Informationen <strong>und</strong> Erfahrungswerte zu gelangen, etwa, weil sie zu wenig Einblick in<br />
die betrieblichen <strong>Be</strong>dingungen beim K<strong>und</strong>en erhalten.<br />
• Widersprüche zwischen persönlichen <strong>und</strong> arbeitsbezogenen Zielen:<br />
Die Qualitätsansprüche von Mitarbeitenden stehen im Konflikt mit den offen kommunizierten<br />
oder verdeckten Qualitätsvorgaben des Auftrags (z.B., wenn aus Kostengründen<br />
Qualitätssicherungsmaßnahmen eingespart wurden).<br />
Gefördert durch:
• Widersprüche zwischen arbeits- <strong>und</strong> privaten Anforderungen:<br />
Hierunter fallen Vereinbarkeitsprobleme von <strong>Be</strong>rufs- <strong>und</strong> Privatleben, z.B. wenn die Arbeit<br />
schlecht planbar ist (aufgr<strong>und</strong> von arbeitsintensiven Hochphasen, ungeplant auftretenden<br />
Problemen im Projekt oder häufigen <strong>Be</strong>reitschaftsdiensten).<br />
→ Näheres hierzu siehe Latniak, E./Gerlmaier, A. (2006): Zwischen Innovation <strong>und</strong> alltäglichem<br />
Kleinkrieg. Zur <strong>Be</strong>lastungssituation von IT-<strong>Be</strong>schäftigten. IAT.Report unter: http://www.iaq.unidue.de/iat-report/2006/report2006-04.pdf<br />
Kooperation mit Auftraggebern<br />
Die Qualität der Kooperation mit Auftraggeber hat einen Einfluss auf Ihre Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Ihr<br />
<strong>Be</strong>lastungsempfinden. Deshalb sollten Sie darauf achten, dass Sie selbst zu einer guten Kooperation<br />
beitragen, aber auch Ihre Auftraggeber dazu bewegen.<br />
Gefördert durch:<br />
• Insgesamt bilden eine gegenseitige Wertschätzung <strong>und</strong> ein gutes Arbeitsklima die Basis <strong>für</strong><br />
Ihre Ges<strong>und</strong>heit, Leistungsfähigkeit <strong>und</strong> Kreativität.<br />
• Gerade in Projekten sollten Sie als Freelancer in engem Kontakt mit Projektleitern <strong>und</strong> -<br />
teams bleiben, um alle wichtigen Informationen zu erhalten <strong>und</strong> größere auftretende<br />
Probleme frühzeitig bearbeiten zu können.<br />
• Achten Sie ggf. darauf, genügend Kontakt zum K<strong>und</strong>en des Auftraggebers zu erhalten, wenn<br />
Sie Aufgaben bearbeiten, die es erfordern, dass Sie Informationen vom K<strong>und</strong>en bekommen.<br />
• Lassen Sie sich nach abgeschlossenen Projekten positives K<strong>und</strong>en-Feedback nicht entgehen –<br />
erk<strong>und</strong>igen Sie sich bei Ihren Auftraggebern nach entsprechenden Reaktionen: Oft werden<br />
nur negative Reaktionen automatisch an Freelancer weitergegeben, nicht aber positive!<br />
Mögliche Folgen von längerfristigen Überlastungen<br />
Längerfristige Überlastungen (ab 8 Wochen) können psychische <strong>und</strong> körperliche Folgen haben. Hier<br />
einige <strong>Be</strong>ispiele, an denen Sie Folgewirkungen von Überlastungen erkennen können:<br />
• Häufige Kopfschmerzen<br />
• Rückenschmerzen<br />
• Nach Feierabend nur schwer oder gar nicht abschalten können<br />
• Ein- <strong>und</strong>/oder Durchschlafstörungen
Leitfragen <strong>für</strong> die Formulierung von <strong>Be</strong>- <strong>und</strong> <strong>Überlastungsanzeige</strong>n <strong>und</strong> <strong>für</strong> die<br />
Vorbereitung von Analyse-Gesprächen<br />
An diesen Leitfragen können Sie sich sowohl <strong>für</strong> die Formulierung von <strong>Be</strong>- <strong>und</strong> <strong>Überlastungsanzeige</strong>n<br />
als auch zur Vorbereitung von Gesprächen mit Vertrauenspersonen/Mitarbeitervertretern<br />
orientieren. Ergänzen oder ersetzen Sie einzelne Fragen, wenn Ihnen dies sinnvoll erscheint.<br />
Gefördert durch:<br />
Fragen <strong>für</strong> die Problem-Analyse Raum <strong>für</strong> Ihre Notizen<br />
In welchen Hinsichten fühlen Sie sich<br />
belastet? Inwieweit werden Sie dabei in der<br />
Ausführung Ihrer Arbeitsaufgaben behindert?<br />
Welche Aspekte des Problems sind hier<strong>für</strong><br />
evtl. mehr von <strong>Be</strong>deutung als andere?<br />
Was könnte zur Lösung des Problems<br />
beitragen?<br />
Was können Sie selbst dazu beitragen, das<br />
Problem zu lösen?<br />
Wäre darüber hinaus Hilfe nötig?<br />
Wer sind die Ansprechpartner <strong>für</strong> diese<br />
Schritte?