Rotationen mit Quaternionen - Lehrstuhl für Mathematik III ...
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Universität Mannheim<br />
Fakultät <strong>für</strong> <strong>Mathematik</strong> und Informatik<br />
<strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Mathematik</strong> <strong>III</strong><br />
Seminar Analysis und Geometrie<br />
Professor Dr. Martin Schmidt, Markus Knopf, Jörg Zentgraf<br />
- <strong>Rotationen</strong> <strong>mit</strong> <strong>Quaternionen</strong> -<br />
Bastian Höger<br />
18. März 2009
Inhaltsverzeichnis<br />
1 Einleitung 1<br />
2 Der <strong>Quaternionen</strong>operator und seine Eigenschaften 1<br />
2.1 Geometrische Betrachtungsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . 1<br />
2.2 Ein spezielles <strong>Quaternionen</strong>produkt . . . . . . . . . . . . . . . 3<br />
2.3 Eigenschaften des <strong>Quaternionen</strong>operators . . . . . . . . . . . . 3<br />
2.3.1 Die Eigenschaft der Linearität . . . . . . . . . . . . . . 3<br />
2.3.2 Die Eigenschaft des Längenerhalts . . . . . . . . . . . . 4<br />
2.3.3 Eine explizite Rechenformel <strong>für</strong> den Ausgabevektor w . 4<br />
2.3.4 Indiz <strong>für</strong> die Rotationsachse . . . . . . . . . . . . . . . 5<br />
2.3.5 Indiz <strong>für</strong> den Rotationswinkel . . . . . . . . . . . . . . 5<br />
3 Die R 3 -Rotation <strong>mit</strong>hilfe des Rotationsoperators LQ 7<br />
4 R 3 -<strong>Rotationen</strong> <strong>mit</strong> Operatorsequenzen 12<br />
Literaturverzeichnis 13
1 Einleitung<br />
Eine Rotation im euklidischen Raum R 3 kann verstanden werden als längenerhaltende<br />
positive Drehung eines Objektes (etwa ein Punkt oder ein<br />
Vektor) um eine Rotationsachse in einem bestimmten Winkel. Eine häufige,<br />
wenn auch aufwendige Möglichkeit, eine solche Rotation zu realisieren ist,<br />
die Rotation als eine Links-Multiplikation des zu rotierenden Objekts <strong>mit</strong><br />
einer 3 × 3-Matrix M aufzufassen (vgl. Seminarvortrag 1: <strong>Rotationen</strong> in R 3 ).<br />
Jedoch ist gerade die Konstruktion von M im Allgemeinen <strong>mit</strong> relativ hohem<br />
Rechenaufwand verbunden. Bei der Suche nach einfacheren Methoden,<br />
R 3 -<strong>Rotationen</strong> zu realisieren, sind wir auf den nicht-kommutativen Divisionsring<br />
H der Hamilton-Zahlen gestoßen (vgl. Seminarvortrag 2: <strong>Quaternionen</strong>).<br />
Wie wir gesehen hatten, besitzt dieser Schiefkörper einige <strong>für</strong> unsere<br />
Zwecke interessante und sehr nützliche Eigenschaften. So können aus seinen<br />
Elementen, den <strong>Quaternionen</strong>, sogenannte <strong>Quaternionen</strong>operatoren<br />
LQ(v) := Qv ¯ Q (1)<br />
L ¯ Q(v) := ¯ QvQ (2)<br />
konstruiert werden, die – angewandt auf Vektoren v ∈ R 3 – wiederum Vektoren<br />
des R 3 liefern. In Anlehnung an Kapitel 5 aus J. Kuipers Buch ”Quaternions<br />
and Rotation Sequences”[1] wird die vorliegende Ausarbeitung auf<br />
Basis dieser Beobachtung zunächst genauer auf <strong>Quaternionen</strong>operatoren sowie<br />
einige ihrer Eigenschaften eingehen. Es werden außerdem Indizien da<strong>für</strong><br />
gesammelt, dass sich <strong>mit</strong> <strong>Quaternionen</strong> tatsächlich <strong>Rotationen</strong> realisieren lassen.<br />
Im dritten und vierten Kapitel der Ausarbeitung schließlich soll bewiesen<br />
werden, dass sich <strong>Quaternionen</strong>operatoren und sogar Operatorsequenzen <strong>für</strong><br />
<strong>Rotationen</strong> in R 3 eignen.<br />
2 Der <strong>Quaternionen</strong>operator und seine Eigenschaften<br />
2.1 Geometrische Betrachtungsweise<br />
Wie zu Beginn bereits erwähnt, muß eine Rotation die folgenden drei Eigenschaften<br />
besitzen:<br />
(i) Eigenschaft des Längenerhalts<br />
(ii) Existenz einer Rotationsachse<br />
(iii) Existenz eines Rotationswinkels<br />
1
Sollten <strong>Quaternionen</strong>operatoren in irgendeiner Form <strong>für</strong> die Realisation einer<br />
Rotation nützlich sein, muss zunächst der Frage nachgegangen werden, wie<br />
einem solchen Operator ein Rotationswinkel zugeordnet werden kann. Allgemeiner:<br />
Wie kann einem Quaternion Q ein Winkel θ zugeordnet werden?<br />
Für die Beantwortung dieser und aller weiteren Fragen dieser Ausarbeitung<br />
sollen ab hier nur noch sogenannte Einheitsquaternionen betrachtet werden,<br />
also <strong>Quaternionen</strong> Q = q0 + q <strong>mit</strong> q0 ∈ R, q = (q1i + q2j + q3k) ∈ R 3 und der<br />
Norm N(Q) = 1. Für alle Q <strong>mit</strong> dieser Normeigenschaft folgt<br />
q 2 0 + |q| 2 = 1<br />
Da alle Winkel θ die Gleichung cos 2 θ + sin 2 θ = 1 erfüllen, muss es ein θ<br />
geben, <strong>für</strong> das<br />
cos 2 θ = q 2 0 (3)<br />
sin 2 θ = |q| 2<br />
erfüllt ist. Wir wählen dieses θ zwischen 0 und π, dann gibt es eine eindeutige<br />
Lösung der obigen Gleichungen. θ ist so<strong>mit</strong> der Winkel zwischen den Vektoren<br />
(1, 0) und (q0, |q|). Da wir später sehen werden, dass das Doppelte dieses<br />
Winkels den Drehwinkel ergeben wird, erhalten wir auch alle Drehwinkel<br />
zwischen 0 und 2π. Für eine eindeutige Darstellung des Imaginärteils q als<br />
Vektor in R 3 benötigen wir noch einen Einheitsvektor u <strong>mit</strong><br />
u := q<br />
|q|<br />
= q<br />
sin θ<br />
Dieser gibt die Richtung von q an und hat Norm N(u) = 1. Mit Hilfe von u<br />
lässt sich der Imaginärteil schließlich eindeutig schreiben als q = u sin θ ∈ R 3 .<br />
Da<strong>mit</strong> erhalten wir <strong>für</strong> die eindeutige Darstellung von Q durch den Winkel<br />
θ<br />
(4)<br />
(5)<br />
Q = cos θ + u sin θ (6)<br />
Ersetzen wir den Winkel θ durch −θ, erhalten wir <strong>mit</strong> den Eigenschaften von<br />
Sinus und Cosinus<br />
cos(−θ) + u sin(−θ) = cos θ − u sin θ = ¯ Q<br />
Es ist also möglich, einem Quaternion Q eindeutig einen Winkel θ zuzuordnen.<br />
Entsprechend wird ¯ Q der Winkel −θ zugeordnet. Dieser Winkel liegt<br />
zwischen 0 und −π. In den nächsten Abschnitten sollen Indizien da<strong>für</strong> gesammelt<br />
werden, dass sich die Operatoren (1) und (2) tatsächlich <strong>für</strong> <strong>Rotationen</strong><br />
in R 3 eignen.<br />
2
2.2 Ein spezielles <strong>Quaternionen</strong>produkt<br />
Gegeben seien zwei Einheitsquaternionen P, Q ∈ H, die beide den gleichen<br />
Einheitsvektor u besitzen:<br />
P = cos α + u sin α<br />
Q = cos β + u sin β<br />
Gesucht ist das Produkt R = P Q. Mit den Rechenregeln der <strong>Quaternionen</strong>multiplikation<br />
folgt<br />
R = P Q = (cos α + u sin α)(cos β + u sin β)<br />
= cos α cos β − sin α sin β +u cos α sin β + u sin α cos β<br />
<br />
=1<br />
+ sin α sin β (u × u)<br />
<br />
=0<br />
= (cos α cos β − sin α sin β) + u(cos α sin β + sin α cos β)<br />
= cos(α + β) + u sin(α + β)<br />
= cos γ + u sin γ<br />
Offensichtlich ist R wieder ein Einheitsquaternion <strong>mit</strong> Einheitsvektor u. Der<br />
R zugeordnete Winkel γ ist gerade gleich der Summe der P und Q zugeordneten<br />
Winkel α und β. Sollte man <strong>Quaternionen</strong> tatsächlich auf irgendeine Art<br />
und Weise <strong>für</strong> <strong>Rotationen</strong> verwenden können, so scheint dem Einheitsvektor<br />
u hier eine besondere Rolle zuzukommen.<br />
2.3 Eigenschaften des <strong>Quaternionen</strong>operators<br />
Im Folgenden sollen nun einige Eigenschaften des <strong>Quaternionen</strong>operators herausgearbeitet<br />
werden. Die Rechnungen werden zwar nur <strong>für</strong> LQ durchgeführt,<br />
gelten jedoch analog <strong>für</strong> L ¯ Q. Für den Fall, dass sich Ergebnisse unterscheiden,<br />
wird darauf hingewiesen werden.<br />
2.3.1 Die Eigenschaft der Linearität<br />
Eine <strong>für</strong> die weitere Betrachtung von <strong>Quaternionen</strong>operatoren sehr wichtige<br />
Eigenschaft gibt das folgende Lemma an.<br />
Lemma 1. LQ ist ein linearer Operator.<br />
3
Beweis. Sei ra + b ∈ R 3 <strong>mit</strong> r ∈ R, a, b ∈ R 3 .<br />
LQ(ra + b) = Q(ra + b) ¯ Q<br />
Dist.G<br />
= (rQa + Qb) ¯ Q<br />
2.3.2 Die Eigenschaft des Längenerhalts<br />
Dist.G<br />
= rQa ¯ Q + Qb ¯ Q = rLQ(a) + LQ(b) (7)<br />
Lemma 2. Der <strong>Quaternionen</strong>operator LQ lässt die Länge eines Eingabevektors<br />
v ∈ R 3 unverändert.<br />
Beweis. Sei w = LQ(v) der Ausgabevektor von v. Mit der Normeigenschaft<br />
von Einheitsquaternionen Q folgt<br />
|w| = N(w) = N(LQ(v)) = N(Qv ¯ Q) = N(Q)N(v)N( ¯ Q) = N(v) = |v| (8)<br />
Der <strong>Quaternionen</strong>operator LQ erfüllt also das Rotationskriterium des Längenerhalts.<br />
2.3.3 Eine explizite Rechenformel <strong>für</strong> den Ausgabevektor w<br />
Seien Q = q0 + q ∈ H <strong>mit</strong> N(Q) = 1 und v ∈ R 3 .<br />
w = LQ(v) = Qv ¯ Q = (q0 + q)(0 + v)(q0 − q)<br />
= (− + q0v + q × v)(q0 − q)<br />
= −q0 + <br />
+q + q0(q0v + q × v) − (q0v + q × v) × q<br />
= +q + q<br />
<br />
=0<br />
2 0v + q0(q × v)<br />
−q0(v × q) − (q × v) × q<br />
<br />
T ripel−Kreuzprodukt<br />
= q + q 2 0v + 2q0(q × v) − (v − q)<br />
= 2q + q 2 0v + 2q0(q × v) − |q| 2 v<br />
= (q 2 0 − |q| 2 )v + 2q + 2q0(q × v) (9)<br />
4
Diese Rechenformel wird sich <strong>für</strong> einige der noch folgenden Berechnungen als<br />
nützlich erweisen. Für L ¯ Q erhält man<br />
L ¯ Q(v) = (q 2 0 − |q| 2 )v + 2q + 2q0(v × q) (10)<br />
Man beachte, dass sich hier lediglich das Vorzeichen des Kreuzprodukts verändert<br />
hat.<br />
2.3.4 Indiz <strong>für</strong> die Rotationsachse<br />
Wird der <strong>Quaternionen</strong>operator LQ auf einen Vektor v = kq <strong>mit</strong> v, q ∈<br />
R 3 , k ∈ R angewendet, folgt<br />
w = LQ(v) = Qv ¯ Q = Q(kq) ¯ Q<br />
(9)<br />
= (q 2 0 − |q| 2 )kq + 2kq + 2q0k (q × q)<br />
<br />
=0<br />
= q 2 0kq − |q| 2 kq + 2|q| 2 kq<br />
= q 2 0kq + |q| 2 kq<br />
= (q 2 0 + |q| 2 )kq<br />
= kq (11)<br />
Genauso wie bei einer Rotation lässt der <strong>Quaternionen</strong>operator LQ Vektoren,<br />
die ein k–faches des Imaginärteils des ihn konstruierenden Quaternions Q<br />
sind, unverändert. Gleiches gilt <strong>für</strong> L ¯ Q. Sollte es sich bei der Anwendung des<br />
<strong>Quaternionen</strong>operators auf einen Vektor tatsächlich um eine Rotation in R 3<br />
handeln, so scheint der Imaginärteil q die hier<strong>für</strong> benötigte Rotationsachse<br />
darzustellen. Ein weiteres Rotationskriterium wäre dann also erfüllt.<br />
2.3.5 Indiz <strong>für</strong> den Rotationswinkel<br />
Gegeben seien ein Winkel θ = π<br />
6 sowie der Basisvektor k = (0, 0, 1)tr = u.<br />
Das zugehörige Einheitsquaternion kann in Winkelschreibweise wegen |k| =<br />
1 = |u| dargestellt werden durch<br />
Q = cos π π<br />
+ u sin<br />
6 6 =<br />
5<br />
√ 3<br />
2<br />
+ 1<br />
2 k
Wir wollen LQ(i) <strong>für</strong> den Basisvektor i = (1, 0, 0) tr berechnen:<br />
w = LQ(i) = Qi ¯ √ √<br />
3 1<br />
3 1<br />
Q = ( + k)(0 + i)( −<br />
2 2 2 2 k)<br />
= (− 1<br />
√ √<br />
3 1 3 1<br />
+ i + k × i<br />
2 2 2 <br />
)( −<br />
2 2<br />
=0<br />
=j<br />
k)<br />
√<br />
3 1 1<br />
= < i + j,<br />
2 2 2 k> +<br />
<br />
=0<br />
3<br />
√ √<br />
3 3 1 1<br />
i + j − ( i + j) ×<br />
4 4 2 2 2 k<br />
= 3<br />
√ √<br />
3 3<br />
i + j − (i × k) −<br />
4 4 4 <br />
=−j<br />
1<br />
(j × k)<br />
4 <br />
=<br />
=i<br />
3<br />
√ √<br />
3 3 1<br />
i + j + j −<br />
4 4 4 4 i<br />
= 1<br />
√<br />
3<br />
i +<br />
2 2 j<br />
Das reine Quaternion w kann interpretiert werden als Vektor in R3 <strong>mit</strong> |w| =<br />
1 = |i|. Der von i und w eingeschlossene Winkel α lässt sich leicht <strong>mit</strong> Hilfe<br />
der Definition des Skalarprodukts der beiden Vektoren berechnen:<br />
⎛<br />
|i||w| cos α Def.<br />
= = < ⎝<br />
1<br />
0<br />
0<br />
⎞<br />
⎛<br />
⎠ , ⎝<br />
1<br />
2<br />
√ 3<br />
2<br />
0<br />
⎞<br />
⎠ > = 1<br />
2<br />
⇒ α = π<br />
= 2θ<br />
3<br />
Der <strong>Quaternionen</strong>operator LQ verändert also einen Vektor v so, dass der zwischen<br />
Eingabe- und Ausgabevektor entstehende Winkel α gerade doppelt so<br />
groß ist wie der Winkel θ, der Q zugeordnet wird. Sollte es sich bei LQ also<br />
um einen Rotationsoperator handeln, würde dieser auch das letzte Rotationskriterium,<br />
das die Existenz eines Rotationswinkels fordert, erfüllen. Für LQ, ¯<br />
dessen Quaternion ¯ Q der Winkel −θ zugeordnet wird, beträgt der Winkel<br />
zwischen Eingabe- und Ausgabevektor −2θ. Es sieht also ganz danach aus,<br />
als ob sich die beiden Operatoren nur in der Rotationsrichtung voneinander<br />
unterscheiden.<br />
An diesem Punkt wollen wir unsere bisherigen Ergebnisse festhalten: Der<br />
<strong>Quaternionen</strong>operator LQ ist längenerhaltend und wir konnten Indizien da<strong>für</strong><br />
finden, dass sie auch die beiden anderen Rotationskriterien zu erfüllen<br />
scheinen. Wir wollen im Folgenden beweisen, dass sich <strong>mit</strong> einem <strong>Quaternionen</strong>operator<br />
tatsächlich eine R3-Rotation realisieren lässt.<br />
6
3 Die R 3 -Rotation <strong>mit</strong>hilfe des Rotationsoperators<br />
LQ<br />
Ausgangspunkt seien ein Quaternion Q = q0 + q ∈ H <strong>mit</strong> N(Q) = 1 und ein<br />
Vektor v ∈ R 3 . Es soll gezeigt werden, dass LQ den Vektor v im Winkel 2θ<br />
um die Achse q rotiert. Dazu schreiben wir zunächst den Vektor v als Summe<br />
zweier Vektoren a, n ∈ R 3 , d.h.<br />
v = a + n<br />
<strong>mit</strong> a = kq, n⊥q (vgl. Abbildung 1). Da LQ nach (7) ein linearer Operator<br />
ist, kann man LQ(a) und LQ(n) auch getrennt voneinander untersuchen.<br />
Abbildung 1: Komponenten der Vektorrotation<br />
Wie bereits in (11) gezeigt, lässt der Operator Vektoren, die ein k-faches des<br />
Imaginärteils q sind, unverändert, d.h.<br />
LQ(a) = LQ(kq) = kq = a<br />
7
Mit der Rechenformel (9) <strong>für</strong> den <strong>Quaternionen</strong>operator LQ folgt<br />
LQ(n) = (q 2 0 − |q| 2 )n + 2 q + 2q0(q × n)<br />
<br />
=0<br />
= (q 2 0 − |q| 2 )n + 2q0|q| (u × n)<br />
<br />
=:n⊥<br />
= (q 2 0 − |q| 2 )n + 2q0|q|n⊥ = m<br />
wobei wir <strong>mit</strong> (5) im Kreuzprodukt q × n den Vektor q ersetzt haben durch<br />
|q|u. Weiter wollen wir n⊥ als den Vektor bezeichnen, der senkrecht auf n<br />
und u steht und m als den aus dem Anwenden von LQ auf n entstandenen<br />
Vektor. m kann man <strong>mit</strong> Hife der Gleichungen (3) und (4) auch wie folgt in<br />
Winkelschreibweise darstellen:<br />
m = LQ(n) = (cos 2 θ − sin 2 θ)n + 2 cos θ sin θn⊥<br />
= cos(2θ)n + sin(2θ)n⊥ (12)<br />
Wir fassen zusammen: v wurde als Summe der beiden Vektoren a und n<br />
dargestellt. Während a von LQ unverändert blieb, wurde n in m überführt.<br />
Um zu zeigen, dass es sich bei letzterem um eine Rotation handelt, ist <strong>für</strong><br />
den Vektor n folgendes Lemma zu beweisen, das dann wegen (11) und der<br />
Lineareigenschaft automatisch auch <strong>für</strong> v gilt:<br />
Lemma 3. Der <strong>Quaternionen</strong>operator LQ dreht n<br />
(i) längenerhaltend<br />
(ii) um die Rotationsachse q<br />
(iii) im Rotationswinkel 2θ<br />
Beweis.<br />
Ad(i): Wir müssen zunächst zeigen, dass n und n⊥ gleichlang sind. Da der<br />
eingeschlossene Winkel zwischen n und n⊥ gleich π ist, folgt<br />
2<br />
|n⊥| = |u × n| Def.<br />
= |u||n| sin π<br />
2<br />
= |n|<br />
Da n und n⊥ zudem in der gleichen Fixebene von q liegen, muss m als<br />
Linearkombination von n und n⊥ ebenfalls in dieser Ebene liegen, also<br />
8
auch normal zu q stehen. Berechnung der Länge von m ergibt<br />
N 2 (m) = |m| 2 = (cos(2θ)n + sin(2θ)n⊥)(cos(2θ)n + sin(2θ)n⊥)<br />
= cos 2 (2θ)|n| 2 + cos(2θ) sin(2θ) <br />
<br />
=0<br />
+ sin(2θ) cos(2θ) + sin<br />
<br />
=0<br />
2 (2θ)|n⊥| 2<br />
= cos 2 (2θ)|n| 2 + sin 2 (2θ)|n⊥| 2<br />
= (cos 2 (2θ) + sin 2 (2θ))|n| 2<br />
= |n| 2<br />
⇒|m| = |n| = |n⊥|<br />
⇒ LQ hat n längenerhaltend gedreht.<br />
Abbildung 2: m als Linearkombination von n und n⊥<br />
Ad(ii): Da LQ den Vektor a = kq unverändert lässt, muss q die Rotationsachse<br />
darstellen ⇒ LQ hat n um die Rotationsachse q gedreht.<br />
Ad(iii): Wir berechnen den Winkel α zwischen n und m wie oben aus dem<br />
9
Skalarprodukt:<br />
|n||m| cos α = = <br />
<br />
=|n| 2<br />
= cos(2θ) <br />
= |n| 2 cos(2θ)<br />
<br />
=|n| 2<br />
⇒ cos(2θ) = cos α ⇒ LQ hat n im Winkel 2θ gedreht.<br />
+ sin(2θ) <br />
<br />
=0<br />
Zusammen <strong>mit</strong> w = LQ(v) = LQ(a + n) = LQ(a) + LQ(n) = a + m folgt die<br />
Behauptung.<br />
Theorem 4.<br />
(i) Es seien θ ein Winkel in (0, π], u = q<br />
ein Einheitsvektor. Für jedes<br />
|q|<br />
Einheitsquaternion Q = cos θ + u sin θ und jeden Vektor v ∈ R3 kann<br />
das Anwenden des <strong>Quaternionen</strong>operators<br />
LQ(v) = Qv ¯ Q<br />
auf v geometrisch interpretiert werden als Rotation von v um die Rotationsachse<br />
q im Winkel 2θ. LQ wird auch Rotationsoperator genannt.<br />
(ii) Mit Hilfe der Rechenformel<br />
w = LQ(v) = (q 2 0 − |q| 2 )v + 2q + 2q0(q × v)<br />
lässt sich der Ausgabevektor w ∈ R 3 explizit berechnen.<br />
Analog kann der Rotationsoperator L ¯ Q, dem der Winkel −θ zugeordnet<br />
wird, geometrisch als ”negative” Vektorrotation interpretiert werden <strong>mit</strong> zugehöriger<br />
Rechenformel (10).<br />
Bemerkung. Je nach übernommener Perspektive kann die durch LQ definierte<br />
Vektorrotation auch als ”negative” Rotation des Koordinatensystems<br />
interpretiert werden. Gleiches gilt <strong>für</strong> den Rotationsoperator L ¯ Q: Statt von<br />
einer Vektorrotation im Winkel −2θ könnte man auch von einer ”positiven”<br />
Achsenrotation im Winkel 2θ sprechen. Wir wollen daher festlegen:<br />
10
Qv ¯ Q → V ektorrotation<br />
¯QvQ → Achsenrotation<br />
Oftmals wird zugunsten der Anschaulichkeit statt vom Drehwinkel 2θ vom<br />
Drehwinkel θ gesprochen, dementsprechend auch vom Q zugeordneten Win-<br />
. Der tatsächliche Drehwinkel bleibt selbstverständlich unverändert.<br />
kel θ<br />
2<br />
Beispiel. Im Folgenden soll eine Rotation des Basisvektors i um eine vorgegebene<br />
Rotationsachse, repräsentiert durch den Vektor (1, 1, 1) tr , <strong>mit</strong> Hilfe<br />
des Rotationsoperators LQ, durchgeführt werden. Es ist klar, dass die Rotation<br />
von i um diese Rotationsachse einen Kegel generiert, und zwar den<br />
gleichen, den auch die <strong>Rotationen</strong> der beiden anderen Basisvektoren j und k<br />
um (1, 1, 1) tr generieren würden. Ausserdem gilt wegen ihrer Orthogonalität<br />
<strong>für</strong> i, j, k, dass sie auf dem Mantel des Kegels jeweils gleichweit voneinander<br />
entfernt liegen. Wenn wir den Rotationswinkel θ = 2π<br />
3<br />
wählen, so wird der<br />
Vektor i durch LQ auf j rotiert werden, während die Vektoren j auf k bzw.<br />
k auf i rotiert werden würden. Betrachten wir diesen Vorgang <strong>für</strong> i etwas<br />
genauer.<br />
Für die Konstruktion des Quaternions Q benötigen wir zunächst einen die<br />
Richtung von (1, 1, 1) tr repräsentierenden Einheitsvektor u. Wegen |(1, 1, 1) tr √ | =<br />
3 ist<br />
u = ( 1<br />
√ ,<br />
3 1<br />
√ ,<br />
3 1<br />
√ )<br />
3 tr<br />
Da wir den Drehwinkel θ = 2π<br />
kel θ<br />
2<br />
gewählt haben, muss der Q zugeordnete Win-<br />
3<br />
π gleich 3 sein. Daraus können wir nun das <strong>für</strong> LQ benötigte Quaternion<br />
Q = cos π π<br />
+ u sin<br />
3 3<br />
= 1 1<br />
+ ( √ i +<br />
2 3 1<br />
√ j +<br />
3 1<br />
√ k)<br />
3<br />
+<br />
<br />
1 1 1<br />
i + j +<br />
2 2 2 k<br />
<br />
q<br />
= 1<br />
2<br />
q0<br />
<strong>mit</strong> Realteil q0 und Imaginärteil q konstruieren. Wenden wir den Rotations-<br />
11<br />
√ 3<br />
2
operator LQ auf i an, erhalten wir zusammen <strong>mit</strong> der Rechenformel (9)<br />
LQ(i) = Qi ¯ Q<br />
= (q 2 0 − |q| 2 )i + 2q + 2q0(q × i)<br />
= ( 1 3 1 1<br />
− )i + 2 · q + 2 ·<br />
4 4 2 2 (1<br />
1<br />
j −<br />
2 2 k)<br />
= − 1 1 1 1<br />
i + i + j +<br />
2 2 2 2 k +<br />
<br />
=q<br />
1 1<br />
j −<br />
2 2 k<br />
= j<br />
Wir sehen, dass der Operator LQ den Basisvektor i genau so verändert wie<br />
erwartet, nämlich im Winkel θ = 2π um den Imaginärteil q, der die Rota-<br />
3<br />
tionsachse repräsentiert, auf j dreht. Hätten wir stattdessen den Rotationsoperator<br />
LQ¯ bei ansonsten gleichen Annahmen auf i angewendet, wäre dieser<br />
in entgegengesetzter Richtung auf k gedreht worden.<br />
4 R 3 -<strong>Rotationen</strong> <strong>mit</strong> Operatorsequenzen<br />
In vielen Anwendungen der Praxis werden statt nur einer Rotation mehrere<br />
<strong>Rotationen</strong> nacheinander realisiert, dementsprechend auch mehrere Rotationsoperatoren<br />
hintereinander verwendet. Im Folgenden wollen wir zeigen,<br />
dass eine Sequenz bzw. Komposition zweier Rotationsoperatoren wieder<br />
ein Rotationsoperator ist. Betrachten wir dazu also P, Q ∈ H <strong>mit</strong> N(P ) =<br />
N(Q) = 1 und u, v, w ∈ R 3 , <strong>für</strong> die<br />
gilt. Wir erhalten also<br />
v = LP (u)<br />
w = LQ(v)<br />
w = LQ(v) = Qv ¯ Q = Q(P u ¯ P ) ¯ Q<br />
= (QP )u(QP )<br />
= LQP (u)<br />
= LQ ◦ LP (u).<br />
Da das Produkt zweier Einheitsquaternionen wieder ein Einheitsquaternion<br />
ist, folgt<br />
Theorem 5. Seien P, Q ∈ H zwei Einheitsquaternionen, LP und LQ die<br />
<strong>mit</strong> P und Q konstruierten Rotationsoperatoren. Dann definiert auch das<br />
12
<strong>Quaternionen</strong>produkt QP einen Rotationsoperator<br />
LQP := LQ ◦ LP ,<br />
welcher zunächst LP , dann LQ anwendet. Rotationsachse und Drehwinkel<br />
sind dem Einheitsquaternion QP zugeordnet.<br />
Für die komplex Konjugierten ¯ P , ¯ Q sowie die Rotationsoperatoren L ¯ P , L ¯ Q<br />
folgt<br />
w = L ¯ Q(v) = ¯ QvQ = ¯ Q( ¯ P uP )Q<br />
= (P Q)u(P Q)<br />
= L P Q (u)<br />
= L ¯ Q ◦ L ¯ P (u),<br />
wobei die Rotationssequenz diesmal durch das <strong>Quaternionen</strong>produkt P Q dargestellt<br />
wird. Wegen der Nicht-Kommutativität der <strong>Quaternionen</strong>multiplikation<br />
sind die beiden Rotationssequenzen im Allgemeinen nicht identisch.<br />
Literatur<br />
[1] Jack B. Kupiers (2002); Quaternions and Rotation Sequences: A Primer<br />
with Applications to Orbits, Aerospace and Virtual Reality; University<br />
Presses of Ca; Reprint; (p.117-139).<br />
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