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Migration und Geschichtsbewusstsein Referent/innen: Dr. Viola ...

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Tagesseminar<br />

Veranstalter: Jüdisches Museum Hohenems, Pädagogisches Institut des B<strong>und</strong>es für Vorarlberg, Pädagogisches<br />

Institut des Landes, Projekt Nationalsozialismus <strong>und</strong> Holocaust: Gedächtnis <strong>und</strong> Gegenwart<br />

<strong>Migration</strong> <strong>und</strong> <strong>Geschichtsbewusstsein</strong><br />

Wo Identitäten von Lehrenden <strong>und</strong> Lernenden in Frage stehen, wird über Geschichte <strong>und</strong><br />

<strong>Geschichtsbewusstsein</strong> verhandelt – <strong>und</strong> jedes Lernen von Geschichte steht in Beziehung zur Identität<br />

der Lernenden <strong>und</strong> Lehrenden. Gerade in <strong>Migration</strong>sgesellschaften mit kultureller bzw. ethnischer<br />

Vielfalt werden im Geschichtsunterricht auch Fragen von Zugehörigkeit <strong>und</strong> Abgrenzung verhandelt,<br />

kulturell wie sozial: Denn auch das Verhältnis von Migranten <strong>und</strong> Einwanderungsgesellschaft ist von<br />

Geschichtsdeutungen bestimmt. Dies ins Bewusstsein zu heben ist ein Ziel des Seminars. Wir wollen<br />

untersuchen, welche Spuren unterschiedlicher <strong>und</strong> konkurrierender Vorstellungen von Geschichte <strong>und</strong><br />

Identität sich in der österreichischen Gesellschaft – <strong>und</strong> in den Schulklassen – bemerkbar machen, vor<br />

allem vor dem Hintergr<strong>und</strong> besonders umstrittener Vergangenheiten in Europa (z.B. der Zeit des<br />

Nationalsozialismus). Wie verhalten sich Jugendliche mit migrantischem Hintergr<strong>und</strong> zu dieser<br />

Geschichte <strong>und</strong> welche Anforderungen stellt das an Lehrer<strong>innen</strong> <strong>und</strong> Lehrer als Organisatoren dieser<br />

Lern- <strong>und</strong> Aushandlungsprozesse? Brauchen wir einen Kern an gemeinsamer Geschichte <strong>und</strong><br />

geteiltem Geschichtsverständnis – <strong>und</strong> woraus kann dies in einer Gesellschaft bestehen, in der<br />

Menschen mit unterschiedlicher Herkunft <strong>und</strong> unterschiedlichen „Geschichten“ miteinander leben?<br />

Dieses Seminar findet statt im Rahmen der im Jüdischen Museum Hohenems gezeigten Ausstellung<br />

„Lange Zeit in Österreich… 40 Jahre Arbeitsmigration“. Als <strong>Referent</strong>/<strong>innen</strong> sind eingeladen:<br />

Prof. <strong>Dr</strong>. Rainer Münz (Wien), <strong>Dr</strong>. <strong>Viola</strong> Georgi (Berlin), Gottfried Kößler (Frankfurt a.M.)<br />

Die Vorträge <strong>und</strong> Diskussionen werden durch eine Podiumsdiskussion mit erfahrenen<br />

Bildungsexperten aus Vorarlberg <strong>und</strong> einem Workshop zur Unterrichtspraxis ergänzt.<br />

Die Veranstaltung ist als Fortbildungsveranstaltung anerkannt. Anmeldungen für Lehrer<strong>innen</strong><br />

<strong>und</strong> Lehrer über das PI des Landes <strong>und</strong> das PI des B<strong>und</strong>es. Ansonsten Anmeldungen bitte an das<br />

Jüdische Museum Hohenems (office@jm-hohenems.at).<br />

<strong>Referent</strong>/<strong>innen</strong>:<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Viola</strong> Georgi, Berlin<br />

Gottfried Kößler, Frankfurt a.M.<br />

Prof. <strong>Dr</strong>. Rainer Münz, Wien<br />

Ort: Jüdisches Museum Hohenems, Schweizer Straße 5, A-6845 Hohenems<br />

Montag, 11. Oktober, 9.00 – 17.30<br />

Literaturhinweise:<br />

<strong>Viola</strong> B. Georgi: Entliehene Erinnerung. Geschichtsbilder junger Migranten in Deutschland,<br />

Hamburg 2003<br />

Bernd Fechler, Gottfried Kößler, Till Lieberz-Groß (Hrsg.): „Erziehung nach Auschwitz“ in<br />

der multikulturellen Gesellschaft. Pädagogische <strong>und</strong> soziologische Annäherungen, Weinheim<br />

<strong>und</strong> München 2000<br />

Jan Motte/Rainer Oliger (Hg.): Geschichte <strong>und</strong> Gedächtnis in der Einwanderungsgesellschaft.<br />

Klartext Verlag, Essen 2004.<br />

Zafer Senocak, Zungenentferrnung. Bericht aus der Quarantänestation. München: Babel<br />

Verlag, 2001<br />

Texte auf www.erinnern.at (Lesetexte 2. Zentrales Seminar)


Programm<br />

9.00 Begrüßung, Thema, Programm<br />

9.30 Rainer Münz – Kurzreferat + Nachfragen<br />

10.10 <strong>Viola</strong> Georgi – Kurzreferat + Nachfragen<br />

10.50 Pause<br />

11.15 Gottfried Kößler – Kurzreferat + Nachfragen<br />

12.00 Diskussion<br />

13.00 Pause<br />

14.30 Podium: Mustafa Can (Hohenems), Elizabet Hintner-Caliskan (Dornbirn), Bruno Winkler<br />

(Schruns), Nicole Aliane (Hohenems)<br />

15.45 Pause<br />

16.00 Workshops in zwei Gruppen: <strong>Viola</strong> Georgi / Gottfried Kößler<br />

17.30 Schlussr<strong>und</strong>e<br />

18.00 Ende der VA<br />

Vor 40 Jahren begann mit dem Anwerbeabkommen der Republik Österreich mit der Türkei die moderne<br />

Geschichte staatlich gelenkter Arbeitsmigration in Österreich. Seither sind H<strong>und</strong>erttausende von Migranten nach<br />

Österreich gekommen, deren reale Lebenssituation <strong>und</strong> deren Selbstbilder, aber auch deren tatsächlicher<br />

rechtlicher Status, sich schrittweise von dem der „Gastarbeiter“ zu Einwanderern in die österreichische<br />

Gesellschaft verschiebt.<br />

Unterschiedlichen Vorstellungen von Integration, Akkulturation <strong>und</strong> Assimiliation steht dabei idealtypisch die<br />

Tendenz einer kulturalistischen Differenzierung entgegen, die wichtige <strong>und</strong> bislang in allen<br />

Einwanderungsgesellschaften strittige, vor allem aber unterschiedlich beantwortete Fragen aufwirft.<br />

Die Geltung von transkulturellen Normen <strong>und</strong> die Entwicklung von integrierenden Formen der Bezugnahme auf<br />

gemeinsame Symbole stehen oftmals in einem Spannungsverhältnis zu kollektiven Identitäten, sie sich als<br />

Erinnerungsgemeinschaften durch die Herausbildung sozialer Gedächtnisse konstituieren.<br />

In Deutschland hat seit einigen Jahren die überfällige Diskussion über das Verhältnis einer<br />

Einwanderungsgesellschaft zu ihren unterschiedlichen Ressourcen des <strong>Geschichtsbewusstsein</strong>s begonnen.<br />

Während Teile der Gesellschaft sich in kritischer Absicht um eine „Erinnerungskultur“ bemühen, die auch die<br />

negative Identifizierung mit dem NS <strong>und</strong> dem Holocaust miteinbezieht, wirft die „multikulturelle“ Praxis, nicht<br />

zuletzt im Bildungsbereich, die unbequeme Frage auf, ob nicht auch durch ein solches „kritisches<br />

<strong>Geschichtsbewusstsein</strong>“ einer ethnischen, auf kollektive Erinnerung fokussierende Identität zugearbeitet werden<br />

könnte, die sich als integrationshindernd <strong>und</strong> ausgrenzend in Bezug auf Migranten erweisen würde.<br />

Zugleich: auch im Verhältnis der österreichischen Gesellschaft zu „ihren“ Migranten ist zu vermuten, dass die<br />

Erinnerung an den Nationalsozialismus, an Weltkrieg <strong>und</strong> Holocaust, ein bestimmender Faktor ist, der im<br />

Prozess der Herausbildung migrantischer Identitäten eine Rolle spielen muss – wenn junge Migranten an ihrem<br />

Selbstbild arbeiten, ihr Verhältnis zur Mehrheitsgesellschaft reflektieren <strong>und</strong> ihren Platz innerhalb der<br />

Gesellschaft suchen. Doch wo bleiben in einer solchen Geschichtskultur die Erinnerungen, Erfahrungen <strong>und</strong><br />

Geschichten der Migranten selbst – die mitgebrachten <strong>und</strong> die erst hier in Österreich als Migranten erlebten?<br />

Interessiert sich die Gesellschaft dafür, oder bleiben solche Erfahrungen ausgeschlossen?

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