Heft 2/2010 - Bund der Deutschen Landjugend
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tisch die Möglichkeit haben, sich zu beteiligen<br />
und die Jugendarbeit aktiv mitzugestalten.<br />
Aufgrund <strong>der</strong> heterogenen Ausrichtung <strong>der</strong><br />
außerschulischen Jugendarbeit, die mit unterschiedlichen<br />
Zielgruppen und zu unterschiedlichen<br />
Themen und Aktionsgebieten arbeiten,<br />
ist es notwendig, dass Konzepte <strong>der</strong> Öffnung<br />
so angelegt sind, dass sie <strong>der</strong> Heterogenität<br />
<strong>der</strong> Jugendlichen, <strong>der</strong> Pluralität <strong>der</strong> Angebotsformen<br />
sowie <strong>der</strong> regionalen und sozialstrukturellen<br />
Unterschiede Rechnung tragen.<br />
Im Zuge <strong>der</strong> interkulturellen Öffnung gilt es zu<br />
berücksichtigen, dass ein Prozess <strong>der</strong> Öffnung<br />
stets unterschiedliche Arbeits- und Organisationsebenen<br />
berücksichtigen und die in den<br />
einzelnen Ebenen implementierten Maßnahmen<br />
miteinan<strong>der</strong> verzahnen muss. Die Triade<br />
<strong>der</strong> interkulturellen Öffnung stellt dabei die<br />
drei wesentlichen Ebenen dar, die angegangen<br />
werden sollten. Auf <strong>der</strong> individuellen Ebene<br />
geht es insbeson<strong>der</strong>e darum, die Angebote,<br />
die ein Träger <strong>der</strong> Jugendarbeit durchführt,<br />
so zu gestalten, dass auch Jugendliche mit<br />
Migrationshintergrund daran teilnehmen. Es<br />
geht also darum, dass beispielsweise die Mitglie<strong>der</strong><br />
eines Jugendverbands sich aus allen<br />
gesellschaftlichen Gruppen zusammensetzen<br />
o<strong>der</strong> internationale Jugendbegegnungen nicht<br />
ausschließlich von Jugendlichen ohne Migrationshintergrund<br />
wahrgenommen werden. Neben<br />
<strong>der</strong> individuellen Ebene umfasst ein Prozess<br />
<strong>der</strong> interkulturellen Öffnung immer auch Verän<strong>der</strong>ungen<br />
in den Strukturen <strong>der</strong> einzelnen<br />
Institutionen. Auf <strong>der</strong> strukturellen Ebene<br />
kommt es darauf an, sowohl die Zusammensetzung<br />
<strong>der</strong> haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden<br />
einer Institution hinsichtlich <strong>der</strong><br />
Frage nach <strong>der</strong> Einbeziehung von Menschen<br />
mit Migrationshintergrund zu analysieren, als<br />
auch die interne und externe Darstellung <strong>der</strong><br />
Einrichtung hinsichtlich des Anspruchs auf<br />
interkulturelle Öffnung o<strong>der</strong> gesellschaftliche<br />
Gerechtigkeit zu überprüfen. Hier sind die<br />
Verän<strong>der</strong>ungsprozesse, die Nancy Fraser im<br />
Sinne einer participatory parity unter „Umverteilung<br />
und Anerkennung“ subsumiert,<br />
virulent und handlungsleitend (Fraser 1997).<br />
Jugend(politisch) sollte eine Institution, die<br />
sich interkulturell öffnet, öffentlich Stellung<br />
beziehen und den Stellenwert sowie die politischen<br />
Verän<strong>der</strong>ungsfor<strong>der</strong>ungen, die sich<br />
2) Der Artikel ist ein gekürzte Version des Artikels<br />
„Verän<strong>der</strong>ungsprozesse in <strong>der</strong> Jugendarbeit:<br />
Anerkennung und Umverteilung als Maximen <strong>der</strong><br />
interkulturellen Öffnung“ und wurde erstmals<br />
veröffentlicht in: IJAB (Hg.): Forum Jugendarbeit<br />
international. 2006/2007 Qualität zeigt Wirkung<br />
- Entwicklungen und Perspektiven, Bonn 2007,<br />
S. 208-223.<br />
Die Trias <strong>der</strong> Interkulturellen Öffnung<br />
Strukturell<br />
aus einer Öffnung ergeben, auch innerhalb <strong>der</strong><br />
jugend(politischen) Gremien deutlich machen.<br />
Interkulturelle Öffnung <strong>der</strong> Jugendarbeit ist<br />
nicht nur ein Prozess, <strong>der</strong> als Organisationsentwicklungsprozess<br />
verstanden werden kann,<br />
son<strong>der</strong>n beinhaltet auch politisch relevante<br />
Elemente, insofern als eine Einrichtung, die<br />
sich öffnet, den gesellschaftlichen Wandel hin<br />
zu einer Einwan<strong>der</strong>ungsgesellschaft anerkennt<br />
und dementsprechend auch politisch Stellung<br />
bezieht. Notwendig ist es zudem, dass Maßnahmen<br />
<strong>der</strong> Öffnung auf den verschiedenen<br />
horizontalen Institutionsebenen verfolgt und<br />
kommuniziert werden. Ein Jugendverband, <strong>der</strong><br />
sowohl lokal wie auch auf Landes- und <strong>Bund</strong>esebene<br />
agiert, kann nicht ausschließlich auf<br />
lokaler Ebene den Prozess <strong>der</strong> interkulturellen<br />
Öffnung beginnen, wenn die Öffnung langfristig<br />
erfolgreich sein will. Ebenso kann nicht<br />
<strong>der</strong> Vorstand einer Einrichtung den Prozess <strong>der</strong><br />
Öffnung zur Aufgabe <strong>der</strong> Einrichtung erklären,<br />
ohne dies mit den Mitarbeitenden abzustim-<br />
Literatur<br />
Individuell<br />
Jugend<br />
(politisch)<br />
Djo-Deutsche Jugend in Europa (Hg.): Grundsätze.<br />
Positionen und For<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> djo-Deutsche Jugend<br />
in Europa, 2004<br />
Fraser, Nancy (1997): Die halbierte Gerechtigkeit.<br />
Schlüsselbegriffe des postindustriellen Sozialstaates,<br />
Frankfurt/M.<br />
Gaitanides, Stefan: Checkliste für die interkulturelle<br />
Öffnung sozialer Dienste (www.fb4.fh-frankfurt.de/<br />
whoiswho/gaitanides/checkliste_interk_oeff.pdf,<br />
Stand vom 10. Mai 2007)<br />
Jagusch, Birgit (2007): Partizipation für die Zukunft.<br />
Bildungsressourcen von Jugendlichen mit<br />
Migrationshintergrund durch Qualifizierung ihrer<br />
Jugendverbände aktivieren, in: deutsche Jugend,<br />
05/2007<br />
Lorde, Audre (1984): Age, Race, Class and Sex:<br />
Women Redefining Difference, in: Sister Outsi<strong>der</strong>:<br />
Essays and Speechs, Trumansburg<br />
Nick, Peter (2005): Kin<strong>der</strong> und Jugendliche mit<br />
nichtdeutscher Staatsangehörigkeit und/o<strong>der</strong> familiärem<br />
Migrationshintergrund in <strong>der</strong> Jugendver-<br />
Nr. 02/10<br />
men und die Notwendigkeit <strong>der</strong> Öffnung in allen<br />
Ebenen im Bewusstsein <strong>der</strong> Mitarbeitenden<br />
zu verankern.<br />
Es wäre jedoch zu kurz gegriffen und im<br />
Sinne einer umfassenden Strategie <strong>der</strong> gesellschaftlichen<br />
Inklusion kontraproduktiv,<br />
interkulturelle Öffnung nur auf die Erhöhung<br />
des quantitativen Anteils von Jugendlichen<br />
mit Migrationshintergrund zu reduzieren, ohne<br />
gleichzeitig die an<strong>der</strong>en, identitätsrelevanten<br />
und gesellschaftsstrukturierenden Differenzlinien<br />
zu berücksichtigen. Neben <strong>der</strong> Frage des<br />
Migrationshintergrundes umfasst interkulturelle<br />
Öffnung also auch an<strong>der</strong>e Indikatoren, wie<br />
beispielsweise Gen<strong>der</strong>, Gesundheit, soziales<br />
Millieu, Religion o<strong>der</strong> Bildungshintergrund.<br />
Gleichzeitig geht es auch um eine qualitative<br />
Öffnung von Einrichtungen. Es ist beispielsweise<br />
nicht egal, welche Positionen Mitarbeitende<br />
einer Einrichtung unter interkulturellen<br />
Gesichtspunkten einnehmen. Eine Institution,<br />
die zwar hauptamtlich Beschäftigte mit Migrationshintergrund<br />
hat, die jedoch in prekären<br />
Beschäftigungsverhältnissen sind – beispielsweise<br />
als Reinigungskräfte o<strong>der</strong> mit befristeten<br />
Arbeitsverträgen – kann nicht als interkulturell<br />
geöffnet gelten. 2<br />
Die Autorin: Birgit Jagusch arbeitete bis Juni<br />
<strong>2010</strong> beim Informations- und Dokumentationszentrum<br />
für Antirassismusarbeit e.V. (IDA e.V.)<br />
und ist <strong>der</strong>zeit wissenschaftliche Mitarbeiterin<br />
des Instituts für Sozialpädagogische Forschung<br />
Mainz e.V. (ism).<br />
bandsarbeit in Deutschland – Überblick über den<br />
Forschungs- und Diskussionsstand, Expertise für das<br />
Deutsche Jugendinstitut (DJI), München<br />
Rosenstreich, Gabriele Dina (2007): The Mathematics<br />
of Diversity Training: Multiplying Identities, Adding<br />
Categories and Intersecting Discrimination, in: Broden,<br />
Anne/Mecheril, Paul (Hg.): Re-Präsentationen.<br />
Dynamiken <strong>der</strong> Migrationsgesellschaft, IDA-NRW,<br />
Düsseldorf<br />
Thimmel, Andreas: Pädagogik <strong>der</strong> internationalen<br />
Jugendarbeit. Geschichte, Praxis und Konzepte des<br />
interkulturellen Lernens, Schwalbach/Ts. 2001<br />
Weiss, Karin/Thränhardt, Dietrich (Hg.) (2005):<br />
SelbstHilfe. Wie Migranten Netzwerke knüpfen und<br />
soziales Kapital schaffen, Freiburg i. Br.<br />
Yiğit, Nuran/Can, Halil (2006): Politische Bildungs-<br />
und Empowerment-Arbeit gegen Rassismus in People<br />
of Color-Räumen – das Beispiel <strong>der</strong> Projektinitiative<br />
HAKRA, in: Elverich, Gabi/Kalpaka, Annita/Reindlmeier,<br />
Karin (Hg.): Spurensicherung – Reflexion von<br />
Bildungsarbeit in <strong>der</strong> Einwan<strong>der</strong>ungsgesellschaft,<br />
Wiesbaden<br />
6 www.landjugend.de