bunsenmagazin - Deutsche Bunsengesellschaft für Physikalische ...
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DEUTSCHE BUNSEN-GESELLSCHAFT<br />
Nicole Hilbrandt<br />
Von kindlicher Neugier und Dopamin<br />
NATURWISSENSCHAFTLICHE BILDUNG IM KINDERGARTEN<br />
Naturwissenschaftliche Bildung soll, seit PISA und TIMSS 1 , möglichst<br />
früh beginnen – am besten schon im Kindergarten? Dort verbringt<br />
ein Kind in Deutschland einige tausend Stunden seines Lebens.<br />
Bisher ging es in dieser Zeit um soziales Lernen. Physik oder Chemie<br />
standen nur selten auf dem Spielplan.<br />
Dass dies nicht so sein muss, beweist Gisela Lück, Professorin <strong>für</strong><br />
Chemiedidaktik. Die Bielefelder Wissenschaftlerin hat kindgerechte<br />
Experimentierreihen rund um Themen wie Wasser und Luft entwickelt.<br />
„Kinder im Vorschulalter begeistern sich ohne Unterschiede<br />
in der sozialen Herkunft an einfachen chemischen und physikalischen<br />
Experimenten – und das trotz attraktiver Alternativen wie Ballspielen<br />
oder Schwimmen“, so das Fazit der Forscherin. An jeweils zehn aufeinander<br />
folgenden Wochen besuchte sie zunächst Kieler und später<br />
Kölner und Frankfurter Kindergärten und experimentierte mit den Kindern.<br />
Ihre ungefährlichen Versuche orientieren sich dabei stets am Alltag<br />
der Kleinen und dauern nicht länger als 25 Minuten. Die Kinder<br />
müssen selbst tätig sein, Salz und Zucker lösen, Kerzen auf verschiedenen<br />
Wegen löschen, beobachten und Erfahrungen sammeln. Das<br />
Resultat: „Rund 70 Prozent der Kinder haben immer mitgemacht. Damit<br />
ist das Interesse deutlich größer als im späteren Schulunterricht“,<br />
sagt Gisela Lück. „Und die einfachen Deutungen bleiben hängen. Gut<br />
ein Drittel der Kinder erinnerte sich auch nach sechs Monaten sehr<br />
detailliert an die Versuche und konnte diese erklären.“<br />
DOPAMIN – DER STOFF DER NEUGIER UND DES<br />
LANGFRISTIGEN LERNENS<br />
Nie ist die Neugier, die Lust am Forschen und Entdecken größer<br />
als bei Kindergartenkindern und Kindern im Grundschulalter. Wann<br />
wurden Ihre Fragen nach der Welt hinter den Dingen das erste Mal<br />
ernst genommen? Erik Erikson, 1994 verstorbener Entwicklungspsychologe,<br />
geht davon aus, dass Kinder im Vorschulalter erwachsen<br />
sein wollen. Was ihnen noch fehlt, ist das Wissen um die Dinge, um<br />
die Zusammenhänge und ihre Ursachen. Nach dem Ulmer Mediziner<br />
Professor Manfred Spitzer und dem Bremer Neurobiologen Professor<br />
Gerhard Roth erfassen wir ein Problem dann besonders nachhaltig,<br />
wenn wir es selbst lösen – denn es lohnt sich: „Erfolgreiches Lernen<br />
geht schon in frühen Jahren mit der Ausschüttung des Botenstoffs<br />
Dopamin einher und verleiht den Dingen um uns herum ihren Sinn.“<br />
Gerade die Naturwissenschaften mit ihren Experimenten und Wenndann-Beziehungen<br />
eignen sich demnach besonders, das kindliche<br />
Bedürfnis nach Antworten auf das Warum zu stillen.<br />
Dr. Nicole Hilbrandt, Hochstraße 18, 64283 Darmstadt, Tel: (06151) 424863.<br />
UNTERRICHT<br />
FRÜHE ERFAHRUNG BEEINFLUSST STUDIENWAHL<br />
Kinder „suchen“ Räume, an denen sie sich als kleine Wissenschaftler<br />
ausprobieren können. Das Phänomen „Sendung mit der<br />
Maus“ spricht seine eigene Sprache: Die seit 1971 ausgestrahlte Serie<br />
widmet sich in den „Sachgeschichten“ speziell den Fragen von<br />
Jungen und Mädchen im Alter zwischen drei und neun Jahren. Mit<br />
wöchentlichen Einschaltquoten von bis zu 600 000 Kindern ist diese<br />
Sendung gerade wegen ihres naturwissenschaftlichen und technischen<br />
Charakters so beliebt. Und auch in anderen Bereichen ist das<br />
Interesse groß: So beobachtet Dr. Gabriele König, Leiterin der Kinder-<br />
Mädchen begeistern sich genauso wie Jungen <strong>für</strong> naturwissenschaftliche<br />
Versuche. Quelle: Gisela Lück<br />
Akademie Fulda: „Unser Klientel wird immer jünger.“ Die 1991 als erstes<br />
deutsches Kindermuseum gegründete Akademie bietet mittlerweile<br />
bereits <strong>für</strong> Fünfjährige Workshops rund um Chemie, Physik &<br />
Co. an.<br />
Wie prägend die frühe Begegnung mit Phänomenen der unbelebten<br />
Natur ist, zeigen auch die Aussagen von mehr als 1000 Studienanfängern<br />
des Fachs Chemie. Diese hatten sich <strong>für</strong> ein Stipendium<br />
des Fonds der Chemischen Industrie beworben (Abb. 1). Etwa ein<br />
Drittel der künftigen Chemikerinnen und Chemiker gaben Gründe an,<br />
die in die Grund- und Vorschulzeit fallen oder nicht auf die Schule<br />
zurückgehen. Gut ein Viertel war schon vor der Schule von Chemie<br />
1 Third International Mathematics and Science Study, international vergleichende<br />
Schulleistungsstudie in Mathematik und Naturwissenschaften. Diese<br />
wird 2003 von der International Association for the Evaluation of Educational<br />
Achievement zum vierten Mal durchgeführt (www.timss.mpg.de).<br />
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