BuMa_2010_04 - Deutsche Bunsengesellschaft für Physikalische ...
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4/<strong>2010</strong><br />
BUNSENMAGAZIN<br />
Leitartikel<br />
Schöne neue Welt –<br />
Wer kann sich das leisten? S. 121<br />
Unterricht<br />
Low-energy electron diffraction<br />
crystallography of surfaces and<br />
interfaces S. 124<br />
Aspekte<br />
Kernfusion –<br />
die Energiequelle der Zukunft? S. 132<br />
Bunsentagung/Aktuelles<br />
Ansprache des Ersten Vorsitzenden<br />
bei der Bunsentagung <strong>2010</strong> S. 150<br />
BBPCAX 101 (8) 1083-1196 (1998)<br />
ISSN 0005 – 9021<br />
No. 4 – JULI <strong>2010</strong>
IMPRESSUM<br />
Bunsen-Magazin<br />
Heft 4 Jahrgang 12<br />
Herausgeber:<br />
Vorstand der <strong>Deutsche</strong>n<br />
Bunsen-Gesellschaft<br />
Wolfgang von Rybinski<br />
Katharina Kohse-Höinghaus<br />
Wolfgang Grünbein<br />
Schriftleiter:<br />
Rolf Schäfer /Peter C. Schmidt<br />
Eduard-Zintl-Institut <strong>für</strong> Anorganische<br />
und <strong>Physikalische</strong> Chemie<br />
Technische Universität Darmstadt<br />
Petersenstr. 20<br />
D-64287 Darmstadt<br />
Tel.: 06151 / 16 27 07 oder 16 24 98<br />
Fax: 06151 / 16 60 24<br />
E-Mail: bunsenmagazin@bunsen.de<br />
Geschäftsführer der <strong>Deutsche</strong>n<br />
Bunsen-Gesellschaft<br />
Andreas Förster<br />
Theodor-Heuss-Allee 25<br />
D-6<strong>04</strong>86 Frankfurt<br />
Tel.: 069 / 75 64 620<br />
Fax: 069 / 75 64 622<br />
E-Mail: foerster@bunsen.de<br />
Technische Herstellung:<br />
VMK-Druckerei GmbH<br />
Faberstraße 17<br />
D-67590 Monsheim<br />
Tel.: 06243 / 909 - 110<br />
Fax: 06243 / 909 - 100<br />
E-Mail: info@vmk-druckerei.de
DEUTSCHE BUNSEN-GESELLSCHAFT<br />
Felix Geisler<br />
SCHÖNE NEUE WELT –<br />
WER KANN SICH DAS LEISTEN?<br />
Die Chemie ist angekommen in der<br />
schönen neuen Welt. Nach Jahrzehnten<br />
des Umbruchs nutzen die Studenten<br />
und Wissenschaftler heute<br />
chemische Literatur und Fachinformation<br />
großteils elektronisch. Vorbei<br />
sind die Zeiten, als man zur Abendstunde<br />
nicht an den benötigten Artikel<br />
kam, weil die Bibliothek bereits<br />
geschlossen hatte. Vorbei ist auch die<br />
mühevolle Suche nach Verbindungen<br />
und ihren Eigenschaften in unzähligen Bänden der Chemical<br />
Abstracts, des Beilstein und des Gmelin. Die betreffenden Zeitschriften-<br />
und Abstract-Bände verstauben heute ungenutzt in<br />
den Kellern der Bibliotheken. Nur das gedruckte Buch erfreut<br />
sich noch einer gewissen Beliebtheit. So wurde beobachtet, dass<br />
die Nutzung des gedruckten Exemplars zunimmt, wenn gleichzeitig<br />
Zugang zur elektronischen Fassung des entsprechenden<br />
Buches besteht.<br />
Die Welt der elektronischen Fachinformation bietet ihren Nutzern<br />
eine Vielzahl von Mehrwerten. Es ist möglich, Volltexte<br />
oder zumindestens Teile von Texten zu durchsuchen. Die Inhalte<br />
sind nicht selten untereinander umfangreich verlinkt und<br />
mit zusätzlichem Material angereichert. Besondere Relevanz<br />
<strong>für</strong> die (organische) Chemie hat die Eingabe von Suchanfragen<br />
mit einem Struktureditor. Noch größer ist der Mehrwert <strong>für</strong> den<br />
Nutzer allerdings, wenn mehrere Produkte gebündelt werden,<br />
zum Beispiel bibliographische Datenbanken und Faktendatenbanken<br />
mit elektronischen Zeitschriftenpaketen. Dies haben<br />
führende Verlage und Datenbankanbieter erkannt und darauf<br />
ihre Geschäftspolitik ausgerichtet. Welche Folgen ergeben sich<br />
daraus <strong>für</strong> die akademischen Nutzer elektronischer Fachinformation?<br />
Einige Überlegungen zu diesem Thema sind sicherlich<br />
sinnvoll, wenn man die Konkurrenzfähigkeit der deutschen<br />
Chemie-Institute und Chemie-Fachbereiche bei der Ausbildung<br />
und in der Forschung im Auge behalten möchte.<br />
Verlage, Datenbankanbieter und ihre Abonnenten befi nden<br />
sich in einem besonderen Abhängigkeitsverhältnis. Für viele<br />
Produkte fi ndet sich kein entsprechendes Konkurrenzangebot<br />
Dr. Felix Geisler, M.A. (LIS)<br />
Fachreferent Chemie, Maschinenbau, Allgemeines<br />
Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt<br />
Schloss, 64283 Darmstadt<br />
Telefon: 06151-16 5876<br />
E-Mail: geisler@ulb.tu-darmstadt.de<br />
LEITARTIKEL<br />
auf dem freien Markt. Die Zahl der Abonnenten von einzelnen<br />
Zeitschriften und Datenbanken liegt üblicherweise zwischen<br />
500 und 2000. Wissenschaftliche Institutionen und forschende<br />
Unternehmen sind die wichtigsten Kunden. Private Abos<br />
spielen keine fi nanzielle Rolle. Wie kommen nun die Preise <strong>für</strong><br />
einzelne Produkte zustande? Ein traditioneller Unternehmer<br />
würde vorrechnen: Personalaufwand plus Sachkosten plus<br />
Investitionskosten plus Vertriebskosten plus kalkulierter Gewinn<br />
geteilt durch die Anzahl der Abonnenten. Bei qualitativ<br />
hochwertigen Zeitschriften sind höhere Preise durch höhere<br />
Ablehnungsquoten bei den Zuschriften und den damit verbundenen<br />
zusätzlichen Organisationsaufwand zu rechtfertigen.<br />
Chemische Datenbanken sind komplexe Produkte, der Personalaufwand<br />
zu ihrer Erstellung und Pfl ege ist sehr groß, dies<br />
rechtfertigt einen besonderen Preis.<br />
Selbst wenn man diese Faktoren berücksichtigt kommt man zu<br />
dem Ergebnis, dass sich die Kosten <strong>für</strong> die Literatur- und Informationsversorgung<br />
in der Chemie (und auch in anderen Studienfächern)<br />
von den klassischen, betriebswirtschaftlich berechneten<br />
Kosten entkoppelt haben. Es liegt der Verdacht nahe,<br />
dass Produkte, die als unverzichtbar gelten, überteuert angeboten<br />
werden, um aus den zusätzlichen Gewinnen Produkte zu<br />
fi nanzieren, die von vielen Abonnenten als verzichtbar angesehen<br />
werden. Den Kunden werden also Zeitschriften-Pakete angeboten,<br />
die meist mehrere hundert Einzeltitel enthalten. Darin<br />
befi nden sich manchmal nur einige wenige dringend benötigte<br />
Zeitschriften, daneben Zeitschriften mit geringer und fehlender<br />
Nutzung. Die Summe der Einzelpreise <strong>für</strong> die als unverzichtbar<br />
eingestuften Zeitschriften wäre jedoch in vielen Fällen höher<br />
als der Preis <strong>für</strong> das gesamte Paket.<br />
Die Kosten <strong>für</strong> Literatur und Fachinformation in der Chemie haben<br />
sich in den vergangenen 10 Jahren insgesamt sehr stark<br />
erhöht, bei manchen Zeitschriften hat sich in dieser Zeit der<br />
Preis sogar verdreifacht. Dem Elsevier-Verlag ist es mit einer<br />
„beispiellosen“ Preispolitik gelungen, seine Umsatzrendite zeitweise<br />
auf über 30 % zu steigern. Von den Unterhaltsträgern der<br />
Universitäten wurde jedoch in den meisten Fällen nicht mehr<br />
Geld zum Erwerb von Literatur und Fachinformation zur Verfügung<br />
gestellt. Es gab lediglich Sonderprogramme zur Finan-<br />
121
LEITARTIKEL<br />
zierung einiger herausragender Produkte und zur erstmaligen<br />
Erwerbung von E-Books. Dies führte dazu, dass nicht so stark<br />
gefragte Produkte abbestellt werden mussten. Zunächst konnte<br />
durch Verzicht auf Einzeltitel oder auf die gedruckte Ausgabe<br />
von Zeitschriften Geld eingespart werden. Eine Kostenreduktion<br />
konnte auch durch die konsortiale Bündelung von Bestellungen<br />
mehrer Hochschulen erreicht werden. Diese „Verfügungsmasse“<br />
ist aber mittlerweile aufgebraucht. An vielen Einrichtungen<br />
wird daher in den nächsten Jahren eine Weichenstellung erfolgen.<br />
Entweder es wird seitens der Unterhaltsträger deutlich<br />
mehr Geld <strong>für</strong> den Erwerb von Literatur und Fachinformation<br />
zur Verfügung gestellt oder es wird schmerzliche Einschnitte bei<br />
der Informationsversorgung geben, weil größere Zeitschriften-<br />
Pakete oder Datenbanken nicht mehr fi nanziert werden können.<br />
Je dramatischer die Situation wird, desto größer wird der Ärger<br />
der Wissenschaftler, Dozenten, Studenten und Bibliothekare<br />
aus den Fachbereichen auf die Verlage und Datenbankanbieter.<br />
Es wird deutlich, dass diese das besondere Abhängigkeitsverhältnis<br />
mit den Abonnenten zu ihren Gunsten ausgenutzt<br />
haben, um den Umsatz und den Gewinn zu steigern. Und um<br />
den Unmut noch anzuheizen, muss man betonen, dass ein großer<br />
Teil des Publikationsprozesses in wissenschaftlichen Zeitschriften<br />
von den Wissenschaftlern selbst getragen wird, durch<br />
ihre Autoren- und Gutachtertätigkeit. Würde man also Druck,<br />
Textherstellung und Vertrieb zusätzlich in die eigenen Hände<br />
nehmen, könnte man in der Zukunft auf teure Verlagsprodukte<br />
vollständig oder zumindestens teilweise verzichten. Eigenpublikationen<br />
im Netz, ob in Zeitschriften, als Buch, in Schriftenreihen<br />
oder als Einzelbeiträge sind Open Access, also <strong>für</strong> alle<br />
122<br />
BUNSEN-MAGAZIN · 12. JAHRGANG · 4/<strong>2010</strong><br />
frei zugänglich. Wissenschaftsorganisationen wie die DFG stellen<br />
zur Förderung des Open Access-Publizierens Mittel bereit.<br />
Stiftungen und Fachgesellschaften fi nanzieren komplette Open<br />
Access-Zeitschriften, teilweise sogar mit Peer-Reviewing-Prozess,<br />
oder unterstützen den Aufbau freier Datenbanken. Trotzdem<br />
sind Open Access-Produkte im Bereich der Chemie bisher<br />
nicht aus ihrer Nische herausgekommen. Es wird noch einige<br />
Zeit vergehen, bis wirkliche Alternativen zu den Verlagsprodukten<br />
und etablierten Datenbanken existieren.<br />
Was kann man also den Verlagen sagen? Dass wir machtlos<br />
sind als einzelne Hochschule oder Einrichtung? Keinesfalls!<br />
Wissenschaftsverlage, Anbieter wissenschaftlicher Datenbanken<br />
und wir, die institutionellen Abonnenten, sitzen im gleichen<br />
Boot. Wir können uns mit anderen Abonnenten zu größeren<br />
Einkaufsgemeinschaften zusammenschließen, gemeinsam<br />
auch mal ein überteuertes Angebot ablehnen. Wir können unseren<br />
Wissenschaftlern empfehlen, nicht in Zeitschriften zu<br />
publizieren und als Gutachter tätig zu werden, die wir uns nicht<br />
mehr leisten können. Wir können den Datenbankanbietern<br />
erläutern, dass Studenten und Doktoranden, die bestimmte<br />
Datenbanken heute <strong>für</strong> Arbeit und Studium nutzen, diese auch<br />
später bei einer Tätigkeit in der freien Wirtschaft eher nutzen<br />
werden. Wir können Dozenten das Verfassen von Open-Access-Lehrbüchern<br />
mit Forschungsfreisemestern oder zusätzlichen<br />
Forschungsgeldern „schmackhaft“ machen. Wir können<br />
uns beim kooperativen Aufbau von Open Access-Datenbanken<br />
und Open Access-Zeitschriften einbringen. Denn: Die schöne<br />
neue Welt gibt es nur, wenn sie <strong>für</strong> die Mehrheit der Nutzer<br />
bezahlbar bleibt.
DEUTSCHE BUNSEN-GESELLSCHAFT<br />
Leitartikel<br />
Unterricht<br />
Aspekte<br />
Tagung<br />
Buchbesprechung<br />
Bunsentagung/Aktuelles<br />
Nachrichten<br />
<strong>Physikalische</strong> Chemie<br />
Leserbriefe<br />
INHALTSVERZEICHNIS<br />
Felix Geisler<br />
Schöne neue Welt – Wer kann sich das leisten? 121<br />
Georg Held<br />
Low-energy electron diffraction 124<br />
crystallography of surfaces and interfaces<br />
Ulrich Schindewolf<br />
Kernfusion – die Energiequelle der Zukunft? 132<br />
Katharina Al-Shamery<br />
Aus den Hexenküchen der Materialwissenschaften II 144<br />
Jacob Bierwagen<br />
Erlebnisbericht zu den Nachwuchswissenschaftler Gesprächen<br />
der <strong>Deutsche</strong>n Bunsen-Gesellschaft <strong>2010</strong> 145<br />
Emil Roduner<br />
Internationale Bunsen Diskussionstagung: Light Harvesting and Solar<br />
Energy Conversion, 29. - 31. März <strong>2010</strong>, Stuttgart-Hohenheim 147<br />
Frédéric Leroy<br />
Principles of Physical Chemistry 149<br />
Wolfgang von Rybinski<br />
Ansprache des Ersten Vorsitzenden zur Eröffnungssitzung der<br />
109. Hauptversammlung der <strong>Deutsche</strong>n Bunsen-Gesellschaft<br />
<strong>für</strong> <strong>Physikalische</strong> Chemie in Bielefeld, 13. Mai <strong>2010</strong> 150<br />
Impressionen Bunsentagung <strong>2010</strong> in Bielefeld 152<br />
Preise/Ehrungen 154<br />
Harry Hoster<br />
Karrierewege zwischen Industrie und Hochschule –<br />
ein Rückblick auf das Karriereforum auf der Bunsentagung <strong>2010</strong> 158<br />
Personalia 161<br />
Veranstaltungen/Events 162<br />
Ausschreibungen 162<br />
Inhalt Heft 5 (<strong>2010</strong>) 163<br />
Zu Bunsenmagazin, <strong>2010</strong>, Heft 3, S. 112 163<br />
Zum Titelbild<br />
Surface geometry of the c(2x4) superstructure of CO on Ni{111}<br />
obtained by LEED-IV curves; see Georg Held, page 124.<br />
123
UNTERRICHT<br />
Georg Held<br />
124<br />
BUNSEN-MAGAZIN · 12. JAHRGANG · 4/<strong>2010</strong><br />
LOW-ENERGY ELECTRON DIFFRACTION<br />
CRYSTALLOGRAPHY OF SURFACES AND INTERFACES<br />
METHOD SUMMARY<br />
Acronyms, Synonyms<br />
Low energy electron diffraction (LEED)<br />
Micro channel plate (MCP)<br />
Retarding fi eld analyzer (RFA)<br />
Intensity vs Voltage curves (IV curves)<br />
Intensity vs Energy curves (I(E) curves)<br />
Information available<br />
Technique is surface-sensitive.<br />
Periodicity of surface layers (superstructure) – LEED pattern.<br />
Degree of surface order (e.g. phase transitions, island size) –<br />
spot profi les of LEED pattern.<br />
Positions of atoms (± 1-10 pm) in the layers near the surface<br />
(< 1 nm) – LEED-IV structure determination.<br />
Information not available (limitations)<br />
Not element-specifi c.<br />
No information about bulk structure (> 1nm below surface).<br />
Requires long-range order (limited information about amorphous<br />
or random surface structures).<br />
1 INTRODUCTION<br />
When Clinton Davisson and Lester Germer conducted the very<br />
fi rst low-energy electron diffraction (LEED) experiments in April<br />
1925 at Bell Labs in New York it hit them – quite literally – like<br />
a lightening stroke: “At that time we were continuing an investigation<br />
... of the distribution in-angle of electrons scattered by<br />
a target of ordinary nickel. During the course of this work a<br />
liquid-air bottle exploded at a time when the target was at high<br />
temperature; the experimental tube was broken, and the target<br />
heavily oxidized by the inrushing air. The oxide was eventually<br />
reduced and a layer of the target removed by vaporization but<br />
only after prolonged heating at various high temperatures in<br />
hydrogen and in vacuum. When the experiments were contin-<br />
Dr. Georg Held<br />
Department of Chemistry, University of Reading<br />
Whiteknights Reading RG6 6AD<br />
United Kingdom<br />
Tel.: +44 (0)118 378 6347, Fax: +44 (0)118 378 6331<br />
E-Mail: g.held@reading.ac.uk<br />
ued it was found that the distribution-in-angle of the scattered<br />
electrons had been completely changed.” [Davi27] They added,<br />
“We must admit that the results obtained in these experiments<br />
have proved to be quite at variance with our expectations.”<br />
The prolonged heating treatment had transformed the crystallites<br />
of the polycrystalline nickel sample into mm size crystals<br />
and the intensity distribution of elastically back-scattered electrons<br />
now showed sharp maxima instead of the smooth angular<br />
distribution before the accident. Davisson and Germer soon realized<br />
that these were interference patterns and, thus, the fi rst<br />
experimental proof of the wave nature of electrons, which had<br />
been postulated only a few years before, in 1923, by Louis De<br />
Broglie. He had suggested that electrons have a wave length,<br />
which is proportional to the inverse of their momentum m ev:<br />
λ e = h / (m ev) = (1.50eV / E kin ) ½ [in nm] (1)<br />
and a wave vector of length<br />
k e = 2p / λ e = (2p/h) ∙ m ev (2)<br />
which is proportional to the momentum of the electron (h is<br />
Planck’s constant, m e the electron mass, v the velocity, and E kin<br />
the kinetic energy of the electron). For low kinetic energies between<br />
a few ten and a few hundred electron volts (eV) the wavelength<br />
is of the order of 0.1 nm, i.e. comparable to typical interatomic<br />
distances in crystals and molecules and it was soon<br />
realized that the angular interference patterns observed in lowenergy<br />
electron diffraction (LEED) can be used to determine the<br />
structure of well-ordered crystals, in analogy to X-ray diffraction.<br />
Due to the small inelastic mean free path of electrons in this<br />
energy range, typically around 1 nm, LEED samples only the topmost<br />
atomic layers of a crystal and is, therefore, best suited<br />
for the analysis of surface geometries. X-ray photons, on the<br />
other hand, have a much larger mean free path, typically a few<br />
μm. Therefore X-ray diffraction delivers crystallographic information<br />
about the bulk-structure of a crystal. Another important<br />
difference is that multiple scattering plays an important role in<br />
the diffraction process of electrons at solid surfaces, which is<br />
not the case for x-ray-photons. Therefore, the analysis of LEED
DEUTSCHE BUNSEN-GESELLSCHAFT<br />
data with respect to the exact positions of atoms at a surface<br />
is somewhat more complicated and requires fully dynamical<br />
quantum mechanical scattering calculations.<br />
The use of LEED as a standard technique for surface analysis<br />
started in the early 1960’s when large enough single crystals<br />
and commercial instruments became available for surface<br />
studies. At fi rst the technique was only used for qualitative<br />
characterization of surface ordering and the identifi cation of<br />
two-dimensional superstructures. The quantitative information<br />
about the positions of the atoms within the surface is hidden<br />
in the energy-dependence of the diffraction spot intensities,<br />
the so-called LEED I-V, or I(E), curves. Computer programs and<br />
the computer power to analyze these data became available in<br />
the 1970’s. With the ever growing speed of modern computers<br />
LEED-IV structure determination has been applied to increasingly<br />
complex surface structures. To date LEED is the most precise<br />
and versatile technique for surface crystallography.<br />
For further information about the history, experimental setup,<br />
and theoretical approaches of LEED refer to the books by Pendry,<br />
[Pend74], Van Hove and Tong [Vanh79], Van Hove, Weinberg<br />
and Chan [Vanh86], and Clarke [Clar85]. The present article<br />
makes extensive use of these works.<br />
2 BASIC PRINCIPLES<br />
The basic principle of a standard LEED experiment is very simple:<br />
a collimated mono-energetic beam of electrons is directed<br />
towards a single crystal surface and the diffraction pattern of<br />
the elastically back-scattered electrons is recorded using a<br />
position-sensitive detector. For electrons, like for all wave-like<br />
objects, the angular intensity distribution due to the interference<br />
of partial waves back-scattered from a periodic array is<br />
described by Bragg’s law or, more conveniently, by a set of<br />
Laue equations, one for each dimension of periodicity, which<br />
predict a regular pattern of diffraction spots.<br />
2.1 SURFACE PERIODICITY AND RECIPROCAL LATTICE<br />
Because of the short penetration depth of low-energy electrons<br />
the diffraction process is determined by a small number<br />
of atomic layers at the crystal surface. The electrons do not<br />
probe the full crystal periodicity perpendicular to the surface.<br />
Therefore, the array of relevant scatterers is only periodic in<br />
two dimensions. The surface lattice can be described by a pair<br />
of lattice vectors a 1 and a 2, which are parallel to the surface<br />
plane, and the surface unit cell, i.e. the contents of the parallelogram<br />
spanned by a 1 and a 2. The surface consists of identical<br />
copies of the unit cell at every point<br />
R = m 1 a 1 + m 2 a 2<br />
with integer numbers m 1 and m 2. The left hand side of Figure<br />
1 illustrates common square, rectangular and hexagonal surfaces<br />
and the lattice vectors defi ning their unit cells.<br />
The two-dimensional Laue equations are based on reciprocal<br />
lattice vectors within the surface plane which are defi ned by<br />
(3)<br />
UNTERRICHT<br />
the real space lattice vectors through a set of four simultaneous<br />
equations:<br />
b 2<br />
a 1 ∙ a* 1 = 2p a 2 ∙ a* 2 = 2p (4a)<br />
a 1 ∙ a* 2 = 0 a 2 ∙ a* 1 = 0 (4b)<br />
a 2<br />
a 2<br />
b 1<br />
a 2<br />
a 1<br />
a 1<br />
a 1<br />
Figure 1 (left from top to bottom) arrangement of atoms in the {100} (square)<br />
{110} (rectangular) and {111} (hexagonal) surfaces of a simple face centered<br />
cubic crystal lattice and a p(2x1) superstructure on a square surface;<br />
the diagrams include lattice vectors defining the surface unit cell and the<br />
corresponding reciprocal lattices (right).<br />
In order for the scalar products in (4a) to be dimensionless, the<br />
reciprocal lattice vectors must have units of inverse length, nm -1 .<br />
As a consequence of (4b) a* 2 and a* 1 must be perpendicular<br />
to a 1 and a 2, respectively, which means that a rectangular realspace<br />
lattice will also have a rectangular reciprocal lattice. For<br />
non-rectangular lattices the angles are different in real space<br />
and reciprocal space. The right-hand column of Figure 1 shows<br />
the corresponding reciprocal lattices for each of the surfaces on<br />
the left. The reciprocal lattice vectors defi ne the positions of the<br />
diffraction maxima through the Laue equation (5).<br />
a * 2<br />
k ||,out (n 1,n 2) = k ||,in + n 1 a* 1 + n 2 a* 2<br />
k ||,out is the component of the wave vector of the diffracted<br />
electrons, which is parallel to the surface plane (by conven-<br />
a * 1<br />
a * 2<br />
a * 2<br />
b * 2<br />
b * 1<br />
a * 1<br />
a * 1<br />
(5)<br />
125
UNTERRICHT<br />
tion, this is the xy-plane). k ||,in is the parallel component of the<br />
wave vector of the incoming electron beam. Note that the Laue<br />
equation (5) defi nes a two-dimensional vector, hence it actually<br />
comprises two equations, one for each component. Each<br />
diffraction spot corresponds to the sum of integer multiples of<br />
a* 1 and a* 2. The integer numbers (n 1, n 2) are used as indices<br />
to label the spots.<br />
Energy conservation demands that the length of the k-vector<br />
is the same, (2m eE kin/h 2 ) ½ , for both the incoming and the elastically<br />
scattered electron wave. This defi nes the vertical or zcomponent,<br />
k z,out, of the back-diffracted electrons in the (n 1,n 2)<br />
spot:<br />
126<br />
k z,out (n 1,n 2)= [2m eE kin/h 2 – |k ||,out (n 1,n 2)| 2 ] ½ (6)<br />
Note that, unlike for X-ray diffraction, there is no Laue-condition<br />
for the z-component of k out. The only condition for diffraction<br />
into a spot (n 1,n 2) is that k z,out has a real value, i.e. the argument<br />
of the square root ( [ ] ½ ) on the right hand side of equation (6)<br />
must not be less than zero. This condition is synonymous with<br />
the obvious fact that the length of the parallel component of<br />
k cannot be greater than the length of the entire vector, but it<br />
also limits the number of observable LEED spots. The number<br />
of observable spots increases with increasing electron energy<br />
while the polar emission angle with respect to the specular<br />
spot (0,0) decreases for each spot. This is illustrated in Figure<br />
2 for normal incidence (k ||,in = 0); in this case k ||,out (n 1,n 2) =<br />
n 1 a* 1 + n 2 a* 2 is constant for a given pair of spot indices and<br />
only k z,out is affected by changes in the kinetic energy.<br />
k ||<br />
k z<br />
Only the specular spot does not change its position as a function<br />
of energy if the angle of incidence is kept constant.<br />
2.2 SUPERSTRUCTURES<br />
k 1 k2<br />
1 > 2<br />
Superstructures formed by adsorbates or rearrangements of<br />
the surface atoms can lead to a periodicity of the surface lattice<br />
greater than that of the bulk-truncated single crystal. In<br />
these cases, the lattice vectors for the superstructure, b 1 and<br />
b 2, can always be related to the lattice vectors of the bulk-truncated<br />
surface, a 1 and a 2, through<br />
b1 = m11 a1 + m12 a2 b2 = m21 a1 + m22 a2 E 1
DEUTSCHE BUNSEN-GESELLSCHAFT<br />
2.4 SPOT PROFILES<br />
While the spot positions and intensities carry information<br />
about the size and the local geometry within the surface unit<br />
cell, the spot profi le, i.e. the shape and width of a diffraction<br />
spot, is determined by the long range relative arrangement the<br />
unit cells at the surface. Vertical displacements of the surface<br />
unit cells (e.g. steps, facets) lead to split spots and changes of<br />
the spot profi le as a function of electron energy. If all surface<br />
unit cells are in the same plane (over a length of at least 10nm,<br />
which is a typical coherence width of LEED instruments), the<br />
spot profi le does not change with energy.<br />
A periodic arrangement of equal steps at the surface causes<br />
spot splitting at energies, which lead to destructive interference<br />
between electrons refl ected from adjacent terraces (“outof-phase<br />
condition”). By measuring these energies the step<br />
height can be determined directly. For a more random arrangement<br />
of steps the analysis of energy dependent changes in<br />
the spot profi les allows in many cases the determination of the<br />
mean step height and a characterization of the step distribution<br />
[Henz77,Woll98]. Facets lead to extra spots which move in<br />
k || upon changes of the kinetic energy.<br />
SmallIslands<br />
LargeIslands<br />
TerracedSurface<br />
inphase<br />
outofphase<br />
Figure 3: Effect of island size on the spot profile (top) and spot splitting<br />
induced by regular steps (bottom); in phase: constructive interference between<br />
electrons reflected from adjacent terraces; out of phase: destructive<br />
interference. (According to [Henz91]).<br />
Point defects, static disorder, and thermally induced displacements<br />
lead to an increase of the background intensity between<br />
the spots. Depending on the correlation between the scatterers,<br />
the background is either homogeneous (no correlation)<br />
or structured (correlation). If the coherently ordered surface<br />
areas (islands, domains) are small (< 10nm) and at the same<br />
vertical height, the width of these areas, Δw, is inversely proportional<br />
to the width of the LEED spots, |Δk || |:<br />
|Δk || | = 2π / Δw (10)<br />
This relation holds for each direction parallel to the surface independently.<br />
It is particularly useful for determining the size of<br />
k ||<br />
k<br />
UNTERRICHT<br />
adsorbate islands which lead to extra superstructure spots. A<br />
good introduction (in German) into spot profi le analysis is given<br />
in the book by Henzler and Göpel [Henz91].<br />
3 EXPERIMENT<br />
The standard modern LEED system is of the “rear view” type ,<br />
which is schematically depicted in Figure 4. The incident electron<br />
beam, accelerated by the potential V 0, is emitted from the<br />
electron gun behind a transparent hemispherical fl uorescent<br />
screen and hits the sample through a hole in the screen. Typically,<br />
the electron beam has a current of around 1 μA and a<br />
diameter of 0.5 to 1 mm. The surface is in the centre of the<br />
hemisphere so that all back-diffracted electrons travel towards<br />
the LEED screen on radial trajectories.<br />
Grid4<br />
Grid3(suppressor)<br />
Grid2(suppressor)<br />
Grid1<br />
ElectronGun<br />
V 0<br />
+56kV<br />
Screen<br />
e beam<br />
Sample<br />
Figure 4: Schematic diagram of a typical LEED instrument.<br />
(V 0 V)<br />
Before the electrons hit the screen they have to pass a retarding<br />
fi eld energy analyzer (RFA). It consists of four (sometimes<br />
three) hemispherical grids concentric with the screen, each<br />
containing a central hole, through which the electron gun is inserted.<br />
The fi rst grid (nearest to the sample) is connected to<br />
earth ground as is the sample, in order to provide a fi eld-free<br />
region between the sample and this grid. A negative potential<br />
–(V 0-ΔV) is applied to the second and third grid, the so-called<br />
suppressor grids. These repel all electrons that have undergone<br />
non-elastic scattering processes and have lost more than eΔV<br />
(typically around 5eV) of their original kinetic energy. Thus, only<br />
elastically scattered electrons and those with small energy losses<br />
can pass through to the fl uorescent screen. The fourth grid<br />
is usually on ground potential in order to reduce fi eld penetration<br />
of the screen voltage to the suppressor grids. The screen<br />
is at a potential of the order of 5-6 kV; it provides the electrons<br />
with enough energy to make the diffraction pattern visible on<br />
the fl uorescent screen. The pattern can be observed through a<br />
view-port from behind the transparent screen. Only the electron<br />
gun assembly (diameter < 15 mm) limits the view slightly.<br />
MCP-LEED systems with position sensitive “micro channel<br />
plate” (MCP) electron multipliers between the RFA grids and<br />
127
UNTERRICHT<br />
the fl uorescent screen have become commercially available in<br />
recent years for applications that require low incident beam<br />
currents, either to avoid beam damage (e.g. organic molecules)<br />
or charging of insulating samples (e.g. oxides). These systems<br />
can be operated with electron currents as low as 1 nA. Typical<br />
LEED systems have diameters of around 140 mm.<br />
The LEED pattern is recorded using a video camera with suitable<br />
image processing software. As with all methods that use<br />
electrons as probes, vacuum conditions are required because<br />
electrons cannot penetrate a gas atmosphere at normal pressures.<br />
In general, however, the vacuum conditions required to<br />
avoid contamination of clean surfaces are more rigorous (typically<br />
< 10 -9 mbar) than those imposed by the use of electrons<br />
(typically < 10 -6 mbar).<br />
4 APPLICATIONS<br />
In this section we will discuss a small selection of typical applications<br />
of LEED in order to illustrate the different levels<br />
at which this technique yields information about surface geometries.<br />
4.1 LEED PATTERN: CO ON NI{111}<br />
The adsorption of carbon monoxide on the {111} surface of<br />
nickel is a good example how LEED diffraction patterns can<br />
be used for a simple characterization of adsorbate structures.<br />
With increasing coverage of CO adsorbed on Ni{111} four different<br />
LEED patterns are observed between about 0.30 and<br />
0.62ML (1 ML corresponds to 1 molecule per substrate surface<br />
atom):<br />
• a diffuse [2 1; -1 1] or p(√3 x √3) R30° pattern between 0.3<br />
and 0.4 ML,<br />
• a sharp [2 0; 1 2] or c(2 x 4) pattern for coverage around<br />
0.5 ML,<br />
• a sharp [3 1; -1 2] or p(√7 x √7) R19° pattern between 0.56<br />
and 0.60 ML,<br />
• a more complicated [3 2; -1 2] pattern at the maximum coverage<br />
of 0.62 ML, which is described as “c(2√3 x 4)rect” in<br />
non-standard Wood notation.<br />
Images of the fi rst three patterns are depicted in Figure 5 together<br />
with the corresponding real-space unit cells (red arrows<br />
and dashed lines). The middle part of the Figure also shows<br />
the complete (2x4) unit cell (in black). Note that the “c” in the<br />
Wood notation c(2 x 4) means that the center and the corners<br />
of the (2x4) unit cell are lattice points. Therefore the primitive<br />
unit cell is only half the size, as indicated by the red arrows.<br />
The matrix notation always refers to the primitive unit cell. The<br />
yellow arrows in the LEED patterns (left) indicate the reciprocal<br />
lattice vectors corresponding to the unit cells marked in red.<br />
For the c(2 x 4) and p(√7 x √7) R19° structures it is not possible<br />
to reach all diffraction spots by adding integer multiples<br />
of these two vectors. This is because the observed pattern is<br />
a superposition of LEED patterns arising from different parts<br />
128<br />
=0.33ML:p(3x3)R30°<br />
=0.50ML:c(2x4)<br />
=0.57ML:p(7x7)R19°<br />
BUNSEN-MAGAZIN · 12. JAHRGANG · 4/<strong>2010</strong><br />
21<br />
M=<br />
11<br />
M=<br />
20<br />
12<br />
31<br />
M=<br />
12<br />
Figure 5: Experimental LEED patterns formed by CO adsorbed on Ni{111}<br />
(left) and corresponding real-space unit cells (right): p(√3 x √3) R30° (top,<br />
E kin = 98eV) c(2 x 4) (middle, E kin = 129eV) and p(√7 x √7) R19° (bottom,<br />
E kin = 117eV). Note that the real space diagrams are rotated by about 30°<br />
with respect to the crystal orientation of the experiment; the dark structure<br />
extending from the top left to the middle of the LEED patterns is the shadow<br />
of the electron gun [Held98].<br />
of the surface, where the ordered arrangements of molecules<br />
are the same in principle but may have different orientations.<br />
Such rotation or mirror domains are usually observed if the<br />
superstructure has lower symmetry than the underlying substrate<br />
alone. Any symmetry operation of the substrate surface<br />
(rotation or mirror) that is not shared with the superstructure<br />
will therefore convert the superstructure unit cell into a unit<br />
cell that is equivalent but has a different orientation. This new<br />
unit cell has a different reciprocal lattice with a new set of diffraction<br />
spots. All orientation domains are equivalent and will,<br />
therefore, cover equal areas of the surface. In the case of the<br />
c(2 x 4) superstructure, which has a rectangular unit cell, the<br />
missing symmetry is the three-fold rotation of the hexagonal<br />
substrate surface; therefore there are two additional rotational<br />
a 2<br />
a 2<br />
a 2<br />
a 1<br />
a 1<br />
a 1
DEUTSCHE BUNSEN-GESELLSCHAFT<br />
domains, indicated in green, each of which gives rise to a separate<br />
set of diffraction spots. The p(√7 x √7) R19° superstructure<br />
has a three-fold rotation symmetry but does not share the<br />
mirror symmetry plane with the substrate (dashed line) this<br />
leads to an extra mirror domain, again indicated in green, with<br />
a set of extra diffraction spots.<br />
If the adsorbate coverage is known from other methods, as<br />
in the present example, it is straight forward to work out the<br />
number of molecules per unit cell: there is one molecule in the<br />
p(√3 x √3) R30° unit cell (coverage 1/3), two in the c(2 x 4)<br />
(coverage 2/4) and four molecules in the p(√7 x √7) R19° unit<br />
cell (coverage 4/7).<br />
The diffraction spots of the p(√3 x √3) R30° pattern are signifi<br />
cantly broader than those of the other structures. This indicates<br />
that the ordered domains are considerably smaller than<br />
the coherence or transfer width of the LEED system. The radial<br />
spot width is about 1/5 of the length of the reciprocal lattice<br />
vectors, therefore the corresponding width of the domains is<br />
on average about fi ve unit cells or 2 nm.<br />
4.2 SPOT PROFILES<br />
Figure 6 shows an example of energy-dependent changes in<br />
the spot profi les of terraced surfaces [Woll98]. The data were<br />
collected from a vicinal Pd{100} surface, which is tilted by 1.1°<br />
with respect to the (100) plane. This leads to terraces with<br />
(100) orientation, like in at the top of Figure 1, separated by<br />
steps parallel to the [011] direction (vector a 1 in the top diagram<br />
of Figure 1). The scan direction for the spot profi les is perpendicular<br />
to the step edges, i.e. along a 2 in real space or a 2*<br />
in reciprocal space, respectively. The abscissa units of Figure 6<br />
are percent fractions of |a 2*|. The parameter S is a dimensionless<br />
quantity, which is proportional to k z,out (n 1,n 2) and, hence,<br />
depends on the electron energy through Equation (6). S describes<br />
the phase difference between electron waves emerging<br />
from different terraces in a convenient way: an integer value of<br />
S indicates the in-phase condition or constructive interference<br />
for all terraces, whereas an integer value plus 0.5 corresponds<br />
to maximum destructive interference (out-of-phase condition)<br />
between terraces separated by mono-atomic steps.<br />
The spot profi le changes very dramatically from a single sharp<br />
peak at the expected spot position (0) for S=4.0 to a double<br />
peak with a minimum at the actual spot position for S=3.5. The<br />
separation between the two peaks is 2.8% of |a 2*|, therefore<br />
the average terrace width in this direction is (0.028) -1 ∙ |a 2| =<br />
36 |a 2| or 9.8 nm, which is the value expected for a tilt angle<br />
of 1.1°. (Note that the factor 2p in Equation (10) is not needed<br />
when |Δk || | and Δw are expressed as multiples of real and<br />
reciprocal lattice vectors.) By fi tting the peak shape additional<br />
information about the width distribution and roughness of the<br />
surface can be obtained, which is described in detail by Wollschläger<br />
et al. in [Woll98].<br />
Obviously, this kind of information can also be obtained by<br />
scanning probe microscopy (STM, AFM) with less sophisticated<br />
data analysis. The advantage of LEED spot profi le analysis is<br />
that the data acquisition is fast and can easily be performed<br />
UNTERRICHT<br />
while the surface undergoes structural changes (e.g. varying<br />
temperature, during adsorption). LEED also provides an average<br />
over much larger surface areas (typically 1mm 2 ) than microscopic<br />
techniques can normally image simultaneously.<br />
Figure 6: Profiles of the (0,0) spot from a terraced (vicinal) Pd{100} surface<br />
recorded perpendicular to the step edges. The abscissa units are percent<br />
fractions of |a 2*|. Reprinted from Surface Science, 396, Wollschläger et al.,<br />
“Diffraction spot profile analysis for vicinal surfaces with long-range order”,<br />
94, Copyright (1998), with permission from Elsevier.<br />
4.3 LEED-IV STRUCTURE DETERMINATION<br />
As discussed in Section 2.3, the three-dimensional arrangement<br />
of atoms within the unit cell is responsible for the spotintensity<br />
variations as a function of electron energy, the LEED-<br />
IV curves. Modern electron scattering programs reproduce all<br />
features observed in LEED-IV curves, however, the dominance<br />
of multiple scattering in electron diffraction does normally not<br />
permit determining the surface geometry directly from a set of<br />
experimental IV curves. Instead, LEED-IV structure determination<br />
works on the principle of “trial and error”. Theoretical IV<br />
curves are calculated for a large number of model geometries<br />
and compared with the corresponding experimental curves.<br />
The agreement is quantifi ed by the means of a reliability factor<br />
or R-factor. There are several ways of defi ning such R-factors<br />
[Vanh86] with Pendry’s R-factor, R P, being the most common<br />
one [Pend80]. By convention, R P is 0 when the agreement is<br />
perfect and 1 for uncorrelated sets of IV curves. Usually, automated<br />
search procedures are used, which modify the model geometries<br />
until an R-factor minimum is found. The geometry with<br />
the lowest R-factor is the result of the structure determination.<br />
129
UNTERRICHT<br />
Figure 7: LEED-IV curves (70 to 270eV) and resulting surface geometry of the<br />
c(2x4) superstructure of CO on Ni{111} [Brau05a].<br />
The level of precision in the resulting crystallographic data<br />
depends on the lowest R-factor achieved and the total energy<br />
range of overlapping experimental and theoretical IV curves.<br />
The energy overlap is typically between 1000 and 3000eV, depending<br />
on the number of observable spots. Typically, R P values<br />
of around 0.1 can be expected for clean close packed metal<br />
surfaces, for more complex metal and semiconductor surfaces<br />
and adsorption structures of simple molecules one can reach<br />
R P-factors of around 0.15 to 0.25, and 0.25 to 0.35 for more<br />
complex molecular superstructures. The main reason for the<br />
gradually worse agreement between theoretical and experimental<br />
IV curves as the surface structures become more complex<br />
lies in the approximations in conventional LEED theory,<br />
which treat the atoms as perfect spheres with constant scattering<br />
potential in between (“muffi n-tin potential”). This description<br />
is somewhat inaccurate for the scattering potential of more<br />
open surfaces and organic molecules. As a consequence, a<br />
precision of 1-2pm can be achieved for atoms in close packed<br />
metal surfaces, whereas the positions of atoms within organic<br />
molecules are typically determined within ±10-20pm. The coordinates<br />
perpendicular to the surface are usually more precise<br />
that those parallel to the surface plane, because the main scattering<br />
direction is perpendicular to the surface.<br />
Examples of experimental and best-fi t theoretical IV curves for<br />
one of the previous examples, the c(2 x 4) structure of CO on<br />
Ni{111}, are shown at the top of Figure 7 [Brau05a]. The graph<br />
also lists the individual R-factors for each pair of theoretical<br />
130<br />
BUNSEN-MAGAZIN · 12. JAHRGANG · 4/<strong>2010</strong><br />
and experimental IV-curves. The geometry with the lowest average<br />
R-factor, 0.172 (average weighted with the energy range of<br />
each individual IV curve), is shown at the bottom of Figure 7.<br />
The unit cell contains two CO molecules adsorbed on two different<br />
three-fold hollow sites. The coordinates of the molecules<br />
and the fi rst two layers of Ni atoms were determined within the<br />
structure analysis. The precision for the coordinates of the Ni<br />
atoms is between 3pm (z) and 9pm (x,y). Carbon and oxygen<br />
atoms are weak scatterers, therefore, their contribution to the<br />
intensity variations in the IV curves is smaller than that of the<br />
Ni atoms and consequently their coordinates are less precise,<br />
between 4pm (z) and 20pm (x,y).<br />
Owing to the vast increase in available computer power, close<br />
to thousand surface structures have been determined in the<br />
last three decades, the majority of which were clean metal<br />
and semiconductor surfaces and adsorbate structures of atoms<br />
and small molecules. Two review articles by Heinz et al.<br />
[Hein94] and Over [Over98] provide good overviews and discussions<br />
of LEED structure determinations of clean and adsorbate-covered<br />
surfaces and further references. The “NIST<br />
Surface Structure Data Base” compiled by Watson et al. contains<br />
a complete list of all structures up to 2002 [SSD_02].<br />
More recently, the capabilities of LEED-IV structure determination<br />
have been signifi cantly extended to solve more complex surface<br />
structures, such as those of quasi-crystals [Ferr<strong>04</strong>], graphene<br />
overlayers [Mori10] and adsorption structures of important<br />
organic molecules such as benzene [Held01] and C 60 [Li_09].<br />
4.4 LEED-IV ON DISORDERED LAYERS<br />
Usually, LEED-IV structure determination of adsorbed atoms<br />
or molecules requires single crystal surfaces with long-range<br />
ordered adsorbate layers. Structural information for adsorbatecovered<br />
surfaces without long-range order can be obtained,<br />
however, in a similar way, when the energy dependence of<br />
the diffusely scattered intensity is analyzed (Diffuse LEED<br />
[Hein91,Hein92]) or from the IV curves of integer-order spots,<br />
which are still observed even if the adsorbate layer is not ordered<br />
[Poon<strong>04</strong>,Brau05b]. In both cases, however, the data<br />
analysis must assume that the local adsorption geometry is the<br />
same for all adsorbates. The main problem in both approaches<br />
is the amount of data (energy overlap) available for the analysis.<br />
This problem can be solved by recording data for different<br />
angles of incidence. If the difference in incidence angles is suffi<br />
cient, each angle will provide an independent set of IV curves,<br />
which can greatly improve the reliability and precision of the<br />
structure determination [Held95].<br />
5 CONCLUSIONS AND PERSPECTIVES<br />
LEED is the most accurate and powerful experimental technique<br />
for surface crystallography at a level of precision that<br />
enables the chemical characterization of inter-atomic bonds.<br />
Often scanning probe microscopy (e.g. scanning tunneling microscopy,<br />
STM, atomic force microscopy, AFM) is seen as an alternative<br />
because it yields direct real-space images of surface
DEUTSCHE BUNSEN-GESELLSCHAFT<br />
structures at the atomic level but the two techniques are really<br />
almost complementary. Scanning probe microscopy allows fast<br />
data acquisition and interpretation and the study of individual<br />
features, regardless of the degree of order, but it cannot deliver<br />
direct structural information about the three-dimensional arrangement<br />
of atoms at the pm level, in particular not for atoms<br />
below the outer-most surface layer. LEED can deliver precise<br />
crystallographic data but is restricted to relatively well-ordered<br />
surface structures. The results always refl ect the properties<br />
of a large ensemble of surface unit cells. Photoelectron diffraction<br />
(PhD) [Wood07] and surface X-ray diffraction (SXRD)<br />
[Feid89] are related surface sensitive electron and X-ray diffraction<br />
methods, which deliver crystallographic information at<br />
a similar level of accuracy. PhD is element specifi c and does<br />
not require long-range order; SXRD also works under high-pressure<br />
conditions where electrons cannot be used. These methods,<br />
however, require synchrotron radiation and are therefore<br />
not as readily available as LEED systems, which are part of the<br />
standard equipment of most surface science laboratories.<br />
In the previous sections we have highlighted only a small fraction<br />
of the research that can be carried out by LEED with an<br />
emphasis on simplicity in order to explain the basics of the<br />
technique. A number of recent innovations have opened up the<br />
technique to a variety of technically important surface and interface<br />
systems with relevance to biology and nano-electronics.<br />
Much of recent developments in LEED-IV structure determination<br />
were directed towards improving the model calculations<br />
involved in the data analysis. This includes approximations<br />
that replace parts of the full quantum mechanical scattering<br />
calculations and thus speed up the optimization process<br />
(e.g. “Tensor LEED” [Rous93], “molecular T matrix approach”<br />
[Blan05]), “direct methods” aiming at a direct conversion of<br />
IV curves into a three-dimensional structure [Seub00], and<br />
better mathematical descriptions of scattering potentials and<br />
thermal vibrations of semiconductors and organic molecules.<br />
To date, computer power is only a limiting factor for very large<br />
unit cells with many (> 20) geometrical parameters to be optimized.<br />
The determination of a medium size structure can be<br />
performed on a modern personal computer within a matter of<br />
hours or a few days. Often the lack of enough experimental<br />
data for comparison with model calculations is a more severe<br />
limitation for the analysis of more complex surface structures<br />
with large unit cells. This limitation can be overcome by recording<br />
IV curves at different angles of incidence, each creating<br />
an additional set of data [Held95]. The sum of these improvements<br />
enables the accurate characterization of structures at<br />
the interfaces between inorganic substrates and large organic<br />
molecules as they are found in biological interfaces or organic<br />
electronic devices, and thus open exciting new applications for<br />
surface and interface crystallography by LEED.<br />
Another exciting perspective is offered by the low-energy electron<br />
microscope (LEEM), a combination of imaging electron<br />
microscope and LEED. This microscopic technique has been<br />
developed by Bauer and Telieps already in the 1960’s and 70’s<br />
[Baue94,Baue98] but has become widely available only in the<br />
last decade or so. The combination of imaging and diffraction<br />
allows characterizing surface areas of the size of μm to nm.<br />
UNTERRICHT<br />
One application, often referred to as “micro-LEED”, is the collection<br />
of LEED-IV data from an area of a few μm in diameter<br />
or less. This way, surface structures of single domains on single<br />
crystal surfaces [Figu06], artifi cial nanostructures of semiconductor<br />
devices, or crystallites of polycrystalline material<br />
[Corn10] can be determined, which enables surface structure<br />
determination for completely new classes of materials with a<br />
wide range of applications.<br />
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(1998) 94.<br />
[Wood64] E. A. Wood, J. Appl. Phys. 35 (1964) 1306.<br />
[Wood07] D. P. Woodruff, Surf. Sci. Rep. 62 (2007) 1.<br />
131
ASPEKTE<br />
Ulrich Schindewolf*<br />
In den vorausgegangenen Aufsätzen 1, 2 k amen wir zu dem<br />
Schluss, dass unsere Energieprobleme − die Erschöpfung<br />
unse rer fossilen Ressourcen, der beschworene Klimawandel<br />
durch Kohlendioxidemission, die vermeintliche Gefahr der<br />
Kernener gie, die Launenhaftigkeit der erneuerbaren Energien<br />
− gelöst werden könnten, wenn es uns gelingen würde, das<br />
Sonnenfeuer auf der Erde zum Glimmen zu bringen, d.h. die<br />
Kernfusion zur Energiegewinnung auszunutzen.<br />
Die Energie der Sonne wird im Sonnenkern durch Verschmelzen<br />
von Wasserstoff ( 1 H) zu Helium ( 4 He) produziert. Allein im<br />
innersten Kern, der ein Volumen von nur 0,1 % des Gesamtsonnenvolumens<br />
(1,4•10 27 m 3 ) und eine Masse von 10 % der<br />
Gesamtsonnenmasse (2,0•10 30 kg) hat, wird bei einer Wasserstoffdichte<br />
von 150 g/cm 3 und einer Temperatur um 15 Mio. K<br />
die Hälfte der Gesamtsonnenenergie erbracht. 3<br />
B( MeV )<br />
Die bei der Verschmelzung frei werdende Energie folgt aus<br />
der Bindungsenergie der Nukleonen (Protonen und Neutronen),<br />
die in Abb. 1 dargestellt ist. Die durchschnittliche<br />
Nukleonenbin dungsenergie B hat bei dem Atomkern der Massenzahl<br />
A = 56, das ist das Eisenisotop 56 Fe, einen Maximalwert<br />
von etwa 8,6 MeV. Die Nukleonen sind im Eisenkern am<br />
festesten gebunden, Eisen ist also das stabilste Element 4 , in<br />
das durch Fusion alle leichteren und durch Kernspaltung alle<br />
schwereren Elemente übergehen sollten, wie in Abb. 1 durch<br />
Pfeile angedeutet. Das Universum ist zwar weit von diesem<br />
Gleichgewichtszustand entfernt, aber Eisen hat, abgesehen<br />
von ein paar der leichtesten Elemente (H, He, C, O, Ne, Mg),<br />
bei weitem die höchste kosmi sche Häufi gkeit.<br />
132<br />
9<br />
8<br />
7<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
BUNSEN-MAGAZIN · 12. JAHRGANG · 4/<strong>2010</strong><br />
KERNFUSION –<br />
DIE ENERGIEQUELLE DER ZUKUNFT? **<br />
4 He 8 B<br />
16O 12C Eisen<br />
Uran<br />
Kernfusion ====>
DEUTSCHE BUNSEN-GESELLSCHAFT<br />
wodurch wir das Handwerkszeug <strong>für</strong> die sich anschließende<br />
Behandlung der menschgemachten Kernfusion erhalten. In<br />
Tab. 1 sind die relevanten physikalischen Daten der Sonne<br />
zusammengefasst, die sich allerdings von Autor zu Autor ein<br />
wenig unterscheiden.<br />
Sonnenmasse 2•1030 kg<br />
1H-Anteil 91,0 Atom %<br />
1H-Atommasse 1,008145 g/Mol<br />
4He-Anteil 8,9 Atom %<br />
4He-Atommasse 4,003874 g/Mol<br />
Energieproduktion 4•10 26 J/s<br />
Mittlere Dichte 1,4 g/cm³<br />
Maximale Dichte 150 g/cm³<br />
Maximaler Druck 220 Mrd. bar<br />
Maximale Temperatur 15,3 Mio. K entspr. 1319 eV<br />
Alter 4,5 Mrd. a<br />
Tab. 1: <strong>Physikalische</strong> Konstanten der Sonne (die Atommassen sind bezogen<br />
auf die von 16 O = 16,0000 g/Mol). Die Maximalwerte entsprechen ungefähr<br />
den Bedingungen im Sonnenkern<br />
Mechanismus der Fusionsreaktionen<br />
R. E. Atkinson und F. Houtermans 6 wiesen in ihrer 1929 erschienenen<br />
Arbeit „Zur Frage der Aufbaumöglichkeit der Elemente<br />
in Sternen“ als erste daraufhin, dass die Energieerzeugung<br />
der Sterne auf Fusionsreaktionen der Kerne der leichten<br />
Elemente bei Sterntemperaturen von vielen Mio. K beruhen.<br />
Bei der hohen Temperatur sind die Atome vollständig ionisiert,<br />
es liegt ein Plasma mit positiv geladenen Atomkernen und entsprechender<br />
Anzahl von Elektronen vor. Die wesentlichen Reaktionsketten,<br />
durch die die Sonnenenergie produziert wird,<br />
werden eingeleitet durch die pp-Reaktion (H. A. Bethe und C. L.<br />
Critchfi eld, 1938), in der aus zwei Protonen unter Freisetzung<br />
eines Positrons e + und eines Neutrinos n ein Deuteron (schwerer<br />
Wasserstoffkern) gebildet wird. Das Positron wird durch ein Elektron<br />
aus dem Plasma unter Emission von 2 g-Quanten annihiliert.<br />
Das Deuteron wird durch eine weitere p-Reaktion unter Freisetzung<br />
eines γ-Quants in einen 3 He ++ -Kern umgewandelt. Zwei dieser<br />
leichten He-Kerne bilden unter Emission von zwei Protonen<br />
schließlich das Endprodukt, einen normalen Heliumkern 4 He ++ :<br />
1 H + + 1 H + → 2 H + + e + + n 0,42 MeV (1)<br />
e + + e – → 2 g 1,02 MeV (2)<br />
1 H + + 2 H + → 3 He ++ + g 5,49 MeV (3)<br />
3 He ++ + 3 He ++ → 4 He ++ + 2 1 H + 12,86 MeV (4)<br />
Unter Berücksichtigung, dass die Reaktionen (1) bis (3) je zweimal<br />
ablaufen müssen, damit die beiden 3 He ++ Kerne in Reaktion<br />
(4) zur Verfügung stehen, folgt als Summenreaktion<br />
4 1 H + + 2 e – → 4 He ++ + 2n + 6 g 26,72 MeV (5)<br />
Etwa 84 % der in der Sonne produzierten Energie entstammen<br />
dieser sog. ppI-Kette. Die ppII-Kette, über die etwa 15 % der<br />
ASPEKTE<br />
Energie erzeugt werden, und die ppIII-Kette, die nur einen minimalen<br />
Energiebeitrag leistet, bauen auf den Reaktionen (1)<br />
bis (3) auf und führen dann über 7 Be und 7 Li bzw. über 7 Be, 8 B<br />
und 8 Be zu Helium.<br />
In einer weiteren Wasserstoff-Fusionskette (C. F. v. Weizsäcker,<br />
1938, H. A. Bethe, 1939) wirkt ein 12 C-Kern als „Katalysator“,<br />
der nach vier Reaktionsschritten mit Protonen und zweimaliger<br />
Positronenemission über 13 N, 13 C, 14 N, 15 O und 15 N einen<br />
He-Kern aufbaut und dabei wieder zurückgebildet wird; in einfacher<br />
Schreibweise (p Proton, ß + Positronzerfall mit Neutrinoemission):<br />
12 C(p, g) 13 N( ß + ) 13 C(p, g) 14 N(p, g) 15 O( ß + ) 15 N(p, 4 He) 12 C (6)<br />
Diese als CNO-Zyklus bezeichnete Reaktionskette liefert etwa<br />
1 % der Sonnenenergie, sie ist aber auf Wasserstoffsternen<br />
höherer Temperatur die Hauptenergiequelle.<br />
Die vier verschiedenen Reaktionsketten führen letztlich alle<br />
zur gleichen Bruttoreaktion, die durch Gl. (5) beschrieben<br />
wird, wobei allerdings die Anzahl der emittierten Neutrinos<br />
und γ-Quanten variiert. Die Reaktionsenergie ist natürlich <strong>für</strong><br />
alle gleich groß, nämlich 26,72 MeV. Da aber die Neutrinos,<br />
die einen mehr oder weniger großen Anteil der Reaktionsenergie<br />
tragen, die Sonne wechselwirkungsfrei verlassen 7 , ist die<br />
Effektivenergie der verschiedenen Reaktionszyklen doch unterschiedlich:<br />
26,2; 25,7; 19,2 und 26,7 MeV <strong>für</strong> die drei pp-<br />
Zyklen und den CNO-Zyklus.<br />
Kinetik der Fusionsreaktion<br />
In einer Kette mehrerer hintereinander geschalteter Reaktionen<br />
ist die langsamste geschwindigkeitsbestimmend. Grundsätzlich<br />
gilt:<br />
1) Reaktionen, die den schwachen Wechselwirkungen unterliegen<br />
(Emission von Neutrinos), z.B. Reaktion (1), sind extrem<br />
langsam;<br />
6 Z. Phys. 54, 656 (1929). – Fritz Houtermans (1903 - 1966), Sohn eines<br />
wohlhabenden Bankiers, Schüler von J. Franck in Göttingen und G. Hertz<br />
in Berlin, fl üchtete 1933 wegen seiner Zugehörigkeit zur kommunistischen<br />
Partei aus Deutschland nach England, zwei Jahre später zog es ihn in die<br />
Sowjetunion, wo er 1937 bei einer stalinistischen Säuberungsaktion inhaftiert<br />
wurde. Aufgrund des Nichtangriffspaktes zwischen Deutschland<br />
und der Sowjetunion wurde er von dem sowjetischen Geheimdienst GPU<br />
an die Gestapo ausgeliefert und von dieser wiederum inhaftiert. M. v. Laue<br />
konnte dann jedoch seine Freilassung erwirken und ihm eine Arbeitsmöglichkeit<br />
in dem privaten Forschungsinstitut von M. v. Ardenne verschaffen.<br />
wo er noch vor der Entdeckung des Transuranelementes Plutoniums durch<br />
G. T. Seaborg auf die Bedeutung der Transurane <strong>für</strong> die Energiegewinnung<br />
durch Kernspalt-Kettenreaktionen hinwies. Von 1952 bis zu seinem Tod<br />
1966 hatte Houtermans eine Professur am <strong>Physikalische</strong>n Institut der<br />
Universität Bern, Schweiz, inne und verschaffte dem Institut als Direktor<br />
internationales Ansehen.<br />
7<br />
Für den Energieverlust heißer Sterne durch Neutrinos hat Gamow den<br />
Ausdruck Urca-Prozess geprägt, angeregt durch seine Erfahrungen in dem<br />
brasilianischen Spielcasino Urca, wo das Einsatzgeld ebenso unkontrollierbar<br />
verschwindet wie die Neutrinoenergie.<br />
133
ASPEKTE<br />
2) Reaktionen mit elektromagnetischen Wechselwirkungen<br />
(Emission von g-Quanten), z.B. Reaktion (3), sind unter<br />
sonst gleichen Bedingungen um viele Zehnerpotenzen<br />
schneller;<br />
3) Reaktionen, die den starken Wechselwirkungen unterliegen<br />
(Reaktionen ohne Neutrinos und ohne γ-Quanten), z.B.<br />
Reak tion (4), sind extrem schnell.<br />
In den pp-Zyklen, durch die die Sonnenenergie produziert wird,<br />
ist also Reaktion (1) geschwindigkeitsbestimmend. Sie wird<br />
ausgelöst durch den Zusammenstoß zweier Protonen. Ihre<br />
Geschwindigkeit folgt dem kinetischen Zeitgesetz einer bimolekularen<br />
Reaktion, das wir mit den Ansätzen der kinetischen<br />
Gastheorie durch die Stoßzahl und durch den Arrhenius-Term<br />
mit der Aktivierungsenergie E a beschreiben:<br />
134<br />
v = {½ s u r (N / V) 2 } exp(-E a/ kT) (7)<br />
Der erste eingeklammerte Ausdruck ist die Stoßzahl Z pro Volumen-<br />
und Zeiteinheit, also hier Anzahl der Stöße zwischen je<br />
zwei Protonen mit dem Stoßquerschnitt s, der mittleren Relativgeschwindigkeit<br />
der Protonen u r und der Protonendichte<br />
N/V (s = p d 2 ; d Protonendurchmesser = 2,6•10 -15 m; u r =<br />
(8 R T / (p m)) 1/2 = 8•10 5 m/s; N/V = 9•10 31 /m 3 . R Gas-Konstante,<br />
m reduzierte Protonenmasse = (m 1*m 2)/(m 1+m 2) = 0,5<br />
g/Mol. Den Rechnungen liegen die Maximalwerte der Temperatur<br />
T und der Dichte N/V aus Tab. 1 zugrunde).<br />
Unter den gegebenen Bedingungen ist Z ≈ 7•10 40 /(m 3 s). Damit<br />
der Zusammenstoß wirklich zur Reaktion führt, müssen die<br />
Protonen nach dem klassischen Ansatz den Aktivierungsberg<br />
E a, hier den Coulomb-Abstoßungswall der Höhe E c überwinden<br />
(Abb. 2):<br />
E c = e 2 / (4p e o d ) (8)<br />
(Elementarladung e = 1,6•10 -19 As, Infl uenzkonstante e 0 =<br />
8,85•10 -12 A s/(V m), d = Berührungsabstand = Protonendurchmesser).<br />
Die Höhe des Coulomb-Walls ist 8,8•10 –14 VAs oder umgerechnet<br />
0,55 MeV. Damit hat der Arrheniusfaktor selbst bei der<br />
maximalen Sonnentemperatur (Tab. 1) einen Wert um 10 –184 .<br />
Zusammen mit der oben angegebenen Stoßzahl wäre die Fusionsrate<br />
in der Größe von 10 -143 /(m 3 s). Die Sonne wäre ein<br />
kalter Stern. Die tatsächliche Fusionsrate im innersten Sonnenkern<br />
ist in der Größe von 3•10 13 /(m 3 s), wie aus den eingangs<br />
gemachten Angaben über das Volumen und die Energieproduktion<br />
des innersten Sonnenkerns und die Energie je<br />
Fusionsereignis folgt.<br />
Im klassischen Bild kann ein Proton gegen den Potentialwall<br />
eines anderen Protons nur bis zum Umkehrpunkt hoch laufen,<br />
in dem seine kinetische Energie in potentielle Energie umgewandelt<br />
ist. Dann läuft es den Potentialwall wieder runter. Der<br />
Tunneleffekt, den Gamow mit Erfolg <strong>für</strong> die Erklärung der Geschwindigkeit<br />
des a-Zerfalls angewandt hat, erlaubt dem Proton<br />
jedoch, im Umkehrpunkt den Potentialwall eines anderen Protons<br />
zu durchdringen und dadurch mit diesem zu fusionieren.<br />
Coulomb Potentielle Energie (MeV)<br />
0,6<br />
0,5<br />
0,4<br />
0,3<br />
0,2<br />
0,1<br />
<br />
BUNSEN-MAGAZIN · 12. JAHRGANG · 4/<strong>2010</strong><br />
Ec = 0,55 MeV<br />
bei r = d = 2,6 fm<br />
Protonen E kin = 0,2 MeV<br />
r = d + = 7,15 fm<br />
0,0 0 5 10 15 20 25 30<br />
p-p-Schwerpunktsabstand r (fm)<br />
Abb. 2. Coulomb-Abstossungspotential E(r) zweier Protonen bei der Annäherung<br />
bis zur Berührung (r = d = 2,6 fm (fm = 10 -15 m)). – Protonen mit Energie<br />
E kin < E c können den verbleibenden Potentialwall E c - E kin der Dicke δ durchtunneln;<br />
prinzi piell könnte damit Reaktion (1) unter Abgabe der Reaktionsenergie<br />
ablaufen (also die beiden Protonen in den (nicht maßstabsgetreu<br />
eingezeichneten) Potentialtopf des Produktkerns fallen).<br />
Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Teilchen der Masse m und<br />
der kinetischen Energie E kin einen Potentialwall E(r) durchtunnelt,<br />
ist gegeben durch den Ausdruck<br />
DE = exp {-4 π /h ∫ d [2 m (E(r) – Ekin)] 1/2 d+σ<br />
dr}<br />
Das Integral ist in den Grenzen von r = d (Berührungsabstand)<br />
bis r = d + d (Umkehrpunkt) zu bilden, wobei der Umkehrpunkt<br />
von der kinetischen Energie abhängt (s. Abb. 2). Die Tunnelwahrscheinlichkeit<br />
hängt von Breite und Höhe des Potentialwalls<br />
und der Masse des tunnelnden Teilchens ab.<br />
Wenn die kinetische Energie E kin sehr viel kleiner ist als die<br />
Coulomb-Energie E(d) = E c bei Berührung der Teilchen (Gl. (8)),<br />
kann Gl. (9) <strong>für</strong> die hier zu behandelnde pp-Reaktion angenähert<br />
werden 5 durch<br />
(9)<br />
DE = exp {- p e 2<br />
/ (ε0 h ur) (10)<br />
Anstelle von E kin und m in Gl. (9) tritt in der Nährungsformel die<br />
schon in Gl. (7) eingeführte mittlere Relativgeschwindigkeit der<br />
Protonen auf, die deren reduzierte Masse enthält.<br />
Die nach Gl. (10) berechnete Tunnelwahrscheinlichkeit der Protonen<br />
ist in Abb. 3 (blauer Kurvenzug) gegen die Protonenenergie<br />
aufgetragen: Bei 20 keV (d = 71,5 fm) ist die Tunnelwahrscheinlichkeit<br />
etwa 0,7 %. Sie nimmt mit abnehmender Energie ab.<br />
Um die Gesamtzahl der möglichen Tunnelereignisse zu bestimmen,<br />
benötigen wir die Maxwell-Boltzmann-Energieverteilungsfunktion,<br />
die den Anteil der Protonen mit der Energie zwischen<br />
E und E + dE beschreibt:<br />
dN E /(N dE) = 4 p [(2 p R T) –3/2 ] [2 1/ 2 E 1/2 exp {-E / (R T)] (11)<br />
Die Verteilungsfunktion ist <strong>für</strong> die Sonnentemperatur 15 Mio. K<br />
ebenfalls in Abb. 3 eingezeichnet (roter Kurvenzug); sie nimmt<br />
nach Durchlaufen eines steilen Maximums um 1 keV mit zunehmender<br />
Energie stark ab (die Energie der Protonen ist in<br />
Elektronenvolt angegeben, deshalb haben die Zahlen werte der<br />
Kurve die Dimension 1/V).
DEUTSCHE BUNSEN-GESELLSCHAFT<br />
normierte Werte<br />
1,0<br />
0,8<br />
0,6<br />
0,4<br />
0,2<br />
MBV GP TW<br />
3,7E-4<br />
2,8E-27<br />
7,0E-3<br />
0,0<br />
0 5 10 15 20<br />
Protonenenrgie Protonenenergie (keV)<br />
Abb. 3. Maxwell - Boltzmann - Energieverteilung (MBV, berechnet <strong>für</strong> 15 Mio .<br />
K), Tunnelwahrscheinlichkeit (TW) und Gamow-Peak (GP), aufgetragen gegen<br />
die Protonenenergie (normierte Darstellung). Die eingetragenen Ziffern geben<br />
die Absolutwerte der Funktionen bei den jeweiligen Protonenenergien<br />
an; TW dimensionslos; MBV 1/V; GP m³/(s V).<br />
Es gibt also relativ viele Teilchen niedriger Energie, deren Tunnelwahrscheinlichkeit<br />
äußerst gering ist, und umgekehrt gibt<br />
es extrem wenige Teilchen hoher Energie, deren Tunnelwahrscheinlichkeit<br />
relativ hoch ist.<br />
Das Produkt der Tunnelwahrscheinlichkeit D E bei der Energie<br />
E und der Verteilungsfunktion bei gleicher Energie dN E/(N dE)<br />
gibt die Anzahl der fusionsfähigen Teilchen der Energie zwischen<br />
E und E + dE relativ zur Gesamtzahl N aller Teilchen<br />
an. Das Produkt hat irgendwo zwischen den Extremen niedriger<br />
Energie, bei dem die Tunnelwahrscheinlichkeit gegen Null<br />
geht, und hoher Energie, bei dem die Verteilungsfunktion gegen<br />
Null strebt, ein Maximum.<br />
Damit die Fusionsreaktion der fusionsfähigen Teilchen im<br />
Energiebereich zwischen E und E + dE wirklich stattfi ndet,<br />
müssen diese zusammenstoßen; wir müssen – wie in Gl. (7)<br />
– ihre Stoßzahl berechnen, die durch die mittlere Relativgeschwindigkeit<br />
und den Stoßquerschnitt der Protonen im angegebenen<br />
Energiebereich gegeben ist.<br />
Die mittlere Relativgeschwindigkeit der Protonen mit der Energie<br />
E und der reduzierten Masse μ ist u E = (2 E / μ) 1/2 .<br />
Wir hatten in Gl. (7) wie bei chemischen Reaktionen als Reaktionsquerschnitt<br />
s den aus dem Protonendurchmesser folgenden<br />
geometrischen Querschnitt (p d 2 ) eingesetzt. Wir müssen<br />
aber den Wellencharakter der Protonen berücksichtigen, der<br />
durch ihre de-Broglie-Wellenlänge l E (und damit durch deren<br />
Impuls p E = m u E bzw. Energie E) beschrieben wird und der ihre<br />
wirksame Größe bestimmt:<br />
2<br />
sE ≈ p lE (12)<br />
lE = h / pE = h / (m uE) = h / (2 m E) 1/2 ;<br />
Bei einer Energie von 10 keV hat ein Proton eine Wellenlänge<br />
von 3•10 -13 m (zum Vergleich: Protonendurchmesser<br />
2,6•10 -15 m); damit ist sein Reaktionswirkungsquerschnitt<br />
etwa 10.000-mal größer als sein geometrischer Querschnitt.<br />
ASPEKTE<br />
Die Werte <strong>für</strong> die Anzahl der Protonen dN E/(N dE), ihre wellenmechanische<br />
Tunnelwahrscheinlichkeit D E, ihre Relativgeschwindigkeit<br />
u E und ihren wellenmechanischen Reak tionsquerschnit t<br />
s E, alle bei der Energie E, werden nun als Produkt zusammengefasst<br />
zur differentiellen Fusionsgeschwindig keitskonstante<br />
(Dimension m 3 /s/V).<br />
In Abb. 3 ist als Funktion der Energie aufgetragen<br />
(schwarzer Kurvenzug). Die als Gamow-Peak bezeichnete<br />
Kurve hat unterhalb 2 und oberhalb 16 MeV vernachlässigbar<br />
kleine Werte; sie hat ein Maximum von 2,8•10 –27 (m 3 /s/V)<br />
bei 5,8 keV. − Durch Integration des Gamow-Peaks über die<br />
Energie (in Volt) wird die integrale Fusionsgeschwindigkeitskonstante<br />
= 1,6•10 –23 m 3 /s erhalten (≈ Produkt aus<br />
Halbwertsbreite (5,4 keV) und Höhe des Gamow-Peaks).<br />
Der klassische Ausdruck der Fusionsgeschwindigkeit Gl. (7) wird<br />
ersetzt durch den die Wellenmechanik enthaltenden Ausdruck<br />
v = ½ (N / V) 2 (13)<br />
Mit den oben angegebenen Werten <strong>für</strong> die Protonendichte<br />
folgt aus Gl. (13) die Fusionsgeschwindigkeit im Sonnenkern<br />
v ≈ 6•10 40 /(m 3 s). − Der tatsächliche Wert ist in der Größe von<br />
nur 3•10 13 /(m 3 s), wie weiter oben gezeigt.<br />
Der Unterschied von weit über 20 Zehnerpotenzen liegt nicht<br />
in der mit der Wellenmechanik aufgebesserten klassischen<br />
Theorie der Reaktionskinetik; er ist vielmehr dadurch bedingt,<br />
dass die die Fusion auf der Sonne auslösende pp-Reaktion den<br />
schwachen Wechselwirkungen (Emission eines Neutrinos) unterliegt<br />
und daher extrem verzögert ist. Das Proton kann zwar – wie<br />
beschrieben – schnell durch den Potentialwall eines anderen<br />
hindurchtunneln, da aber die Stabilisierung des entstehenden<br />
hoch angeregten Zwischenkerns ( 2 He) durch Emission eines<br />
Elektron-Neutrino-Paars nur langsam erfolgt, kann es ebenso<br />
schnell wieder heraustunneln. Der Zusammenstoß zwischen<br />
den beiden Protonen war also erfolglos. Dies wird durch den<br />
nuklearen oder astrophysikalischen S-Faktor beschrieben, mit<br />
dem die Fusionsgeschwindigkeit nach Gl. (13) zu korrigieren ist.<br />
Er kann jedoch experimentell nur bei hohen Energien (> 1 MeV)<br />
bestimmt werden, bei denen die Reaktionsausbeute hoch genug<br />
<strong>für</strong> die Messungen ist. Bei den hier interessierenden niedrigen<br />
Energien (um 10 keV) ist er experimentell nicht zugänglich. –<br />
Wir werden jedoch im nächsten Abschnitt bei der Besprechung<br />
der Fusionsreaktion von Deuterium und Tritium, die den starken<br />
Wechselwirkungen unterliegt, sehen, dass unsere Rechnungen<br />
sehr gut mit dem Experiment übereinstimmen.<br />
So können wir hier abschließend nur qualitativ argumentieren:<br />
Die schwache Wechselwirkung verhindert, dass ein Wasserstoffstern<br />
wie unsere Sonne wie eine Wasserstoffbombe explodiert;<br />
die Sonne kann über 10 Mrd. Jahre stabil brennen.<br />
Sie hat jetzt ein Alter von etwa 4,5 Mrd. Jahren.<br />
Nach der Wasserstoff-Brennphase wird sich der Sonnenkern<br />
unter Temperatursteigung kontrahieren, dann setzt die Helium-Brennphase<br />
ein, der sich nach weiteren Kontraktionen<br />
mit Temperatursteigerungen weitere Brennphasen bis zur Si-<br />
Brennphase anschließen.<br />
135
ASPEKTE<br />
KERNRFUSION AUF ERDEN<br />
Die dt-Reaktion<br />
Wenn wir die Kernfusion auf der Erde zur Energiegewinnung<br />
realisieren wollen, brauchen wir die eben erwähnten höheren<br />
Fusionsprozesse nicht zu berücksichtigen, da bei diesen wegen<br />
der höheren Ladung der Coulomb-Abstoßungswall höher<br />
und breiter und damit <strong>für</strong> die Teilchen höherer Masse immer<br />
undurchdringlicher wird. Wir können uns also auf die Wasserstofffusion<br />
beschränken. Mit den drei Wasserstoffi sotopen H,<br />
D und T sind sechs verschiedene Fusionsreaktionen möglich,<br />
die zu 3 He bzw. 4 He führen. Von diesen ist aber nur die dt-Reaktion<br />
(Deuterium-Tritium-Reaktion) von Interesse:<br />
2 H + 3 H → 4 He + n 17,5 MeV (14)<br />
Denn sie hat die höchste Reaktionsenergie und die höchste<br />
Fusionsgeschwindigkeitskonstante , und sie unterliegt<br />
nicht den schwachen Wechselwirkungen wie die pp-Reaktion,<br />
d.h. wir können ihre Fusionsgeschwindigkeitskonstante mit<br />
den <strong>für</strong> die pp-Reaktion dargestellten Methoden berechnen.<br />
Mit den bei der dt-Reaktion entstehenden Neutronen wird Tritium,<br />
das im Gegensatz zum Deuterium in der Natur nicht in<br />
nennenswerten Mengen vorkommt, 8 gebrütet:<br />
n + 6 Li → 3 H + 4 He 4,8 MeV (15)<br />
Die Summe der Reaktionen ergibt<br />
2 H + 6 Li → 2 4 He 22,3 MeV (16)<br />
Bei den vorausgegangenen Betrachtungen der pp-Reaktion in<br />
der Sonne waren wir auf die Sonnentemperatur festgelegt, die<br />
in Bezug auf die Fusionsgeschwindigkeit keineswegs optimal<br />
ist. Bei der dt-Reaktion auf Erden können wir uns die in Bezug<br />
auf maximale Geschwindigkeit der dt-Reaktion (mehrere hundert<br />
Mio. K, Abb. 4) und technische Realisierbarkeit optimale<br />
Temperatur auswählen. Sie liegt bei 100 bis 200 Mio. K.<br />
Reaktionswahrscheinlichkeit (cm 3 /s)<br />
136<br />
10 -16<br />
10 -18<br />
10 -20<br />
10 -22<br />
O<br />
O<br />
10 100 1000 10000<br />
Temperatur (Millionen Grad)<br />
Abb. 4. Temperaturabhängigkeit der Fusionsreaktionsgeschwindigkeitskonstante<br />
9 . (Die beiden eingezeichneten Werte bei 15 und 150 Mio. K<br />
sind hier mit den <strong>für</strong> die pp-Reaktion beschriebenen Methoden berechnet).<br />
Das Lawson-Kriterium<br />
BUNSEN-MAGAZIN · 12. JAHRGANG · 4/<strong>2010</strong><br />
Der Fusionsreaktor muss mehr Energie durch Kernfusion erzeugen<br />
als zu seinem Betrieb aufzuwenden ist. Die Mindestbetriebsenergie<br />
ist gegeben durch den Energiebedarf zur Aufheizung des<br />
Brennstoffplasmas auf die Fusionstemperatur. Das Plasma mit<br />
N/V Wasserstoffatomen je m 3 (Deuterium und Tritium) enthält<br />
je ½N/V Deuteronen und Tritonen und N/V Elektronen, insgesamt<br />
also 2N/V Teilchen. Je Teilchen muss die Energie 3/2 kT<br />
zugeführt werden, um es auf die Temperatur T aufzuheizen. Die<br />
Heizenergie pro Volumeneinheit ist also 3kT•N/V.<br />
Die Fusionsgeschwindigkeit ist durch dN/dt = (N/2V) 2<br />
gegeben. Das Plasma wird während der Zeit t, der sog. Einschlusszeit<br />
(containment time) am Brennen gehalten, bevor es<br />
durch Wärmeabstrahlung soweit abgekühlt oder durch thermische<br />
Expansion soweit verdünnt ist, dass die Fusionsreaktion<br />
abstoppt. Die Anzahl der Fusionsereignisse während der Haltezeit<br />
ist also •(N/2V) 2 •t; dieser Ausdruck multipliziert mit<br />
der Energiefreisetzung je Fusionsereignis e f ergibt die Fusionsenergie<br />
je Volumeneinheit während der Haltezeit.<br />
Um als Energiequelle dienen zu können, muss im Fusionsreaktor<br />
der Energiegewinn durch die Fusion größer sein als die<br />
Betriebsenergie, wir erhalten also die Ungleichung.<br />
(N/2V) 2 t e f > 3 kT N/V (17)<br />
e f = 22,3 MeV 1,6•10 –19 As = 3,6•10 –12 J wird Gl. (16) entnommen;<br />
als Temperatur wählen wir 100 Mio. K; hat dann<br />
nach Abb. 4 den Wert 1•10 –22 m 3 /s. Nach den nicht festgelegten<br />
Variablen N/V•t aufgelöst und nach Einsatz der anderen<br />
Werte erhalten wir<br />
N/V•t > 12 k T / ( e f ) = 5•10 19 s/m 3 (18)<br />
Das ist das von Lawson aufgestellte und nach ihm benannte<br />
Kriterium, 10 das die unterste theoretische Grenze <strong>für</strong> das Produkt<br />
aus Einschlusszeit t und Teilchendichte N/V des Plasmas<br />
angibt, bei der unter idealen Bedingungen die Energiebilanz<br />
gerade positiv ist. Unter praktischen Bedingungen liegt die<br />
Grenze um das zehn- bis hundertfache höher.<br />
Damit ist das technische Problem defi niert: Das Fusionsgemisch<br />
aus Deuterium und Tritium muss auf eine Temperatur<br />
von 100 Mio. K aufgeheizt werden, das entstehende Plasma<br />
muss auf eine Mindestdichte komprimiert und in diesem Zustand<br />
<strong>für</strong> eine Mindestzeit eingeschlossen bleiben. Das heiße<br />
Plasma darf nicht mit der Wand des Reaktionsgefäßes in Kontakt<br />
kommen, da diese sonst oberfl ächlich verdampfen und<br />
damit das Plasma verunreinigen oder sogar zerstören würden.<br />
8 Tritium wird in der Atmosphäre durch Neutronen der Höhenstrah lung<br />
durch die Reaktion 14 N(n,t) 12 C gebildet. Da es mit einer Halb wertszeit von<br />
12,3 Jahren in 3 He zerfällt, liegt es in der Natur nur in geringen Mengen vor.<br />
9<br />
Die Daten der Abbildung sind durch Auswertung experimenteller Untersuchungen<br />
mehrerer Autoren gewonnen: H. -S. Bosch und G. M. Hale, Nuclear<br />
Fusion, Vol.32, No.4 (1992).<br />
10<br />
J. D. Lawson, “Some Criteria for a Useful Thermonuclear Reactor”.<br />
A.E.R.E. report GP/R 1807, December 1955.
DEUTSCHE BUNSEN-GESELLSCHAFT<br />
Zwei Möglichkeiten werden experimentell verfolgt, um dieses<br />
Ziel zu erreichen: der Trägheitseinschluss mit extrem hoher<br />
und der magnetische Einschluss des Plasmas mit sehr niedriger<br />
Teilchendichte.<br />
Trägheitseinschluss<br />
Die Massenträgheit eines aus einem Kügelchen festen Deuterium-Tritium-Gemischs<br />
durch Laserblitze erzeugten und gezündeten<br />
Deuterium-Tritium-Plasmas verzögert dessen Expansion<br />
lange genug, um die Fusionsreaktion nahezu vollständig ablaufen<br />
zu lassen. Der Vorgang wird höchstens einen Zeitraum im<br />
Nanosekundenbereich beanspruchen; das Lawson-Kriterium<br />
fordert damit unter idealen Bedingungen eine Plasmadichte<br />
von wenigstens 5•10 28 Deuterium- und Tritiumionen je m 3 . Unter<br />
praktischen Bedingen sollte die Dichte hundertfach höher sein.<br />
Bei einem Fusionszyklus wird ein Kügelchen (Pellet) von einem<br />
Durchmesser weniger Millimeter durch die simultanen<br />
Lichtimpulse einer Vielzahl von Hochleistungslasern (Pulsdauer<br />
3•10 -10 s, Gesamtenergie 3•10 6 J) allseitig bestrahlt<br />
(Abb. 5a). Die Laserenergie wird in thermische Energie umgewandelt,<br />
die nach innen weitergeleitet wird, die aber auch<br />
eine Schicht von wenigen mm aus der Oberfl äche des Pellet<br />
explosionsartig verdampft (Abb. 5b); durch die dadurch entstehende<br />
Druckwelle wird das Pellet auf ein tausendstel seines<br />
ursprünglichen Volumens komprimiert (Abb. 5c), wobei<br />
sich ein Plasma mit N/V ≈ 10 32 / m 3 und T ≈ 10 8 K bildet. Die<br />
Forderungen des Lawson-Kriteriums sind also erfüllt. Die Fusion<br />
wird gezündet, breitet sich nach außen aus und erfasst<br />
schließlich auch den Bereich des vorher verdampften Fusionsgemisches<br />
(Abb. 5d). − Es sind somit Miniwasserstoffbomben,<br />
die hier zur Energiegewinnung eingesetzt werden.<br />
a b c d<br />
a b c d<br />
Abb. 5. Laserinduzierte Fusion eines Deuterium-Tritium-Pellets (Pfeile blau:<br />
Laserstrahlung, gelb: verdampfte äußere Schicht, rot: in thermische Energie<br />
umgewandelte Laserenergie.<br />
Für ein Fusionskraftwerk von 1 GW(thermisch) müsste jede Sekunde<br />
ein Pellet von etwa 2 mg der Laserfusion zugeführt werden.<br />
Das Konzept sieht verlockend aus, aber es erscheint nicht sicher,<br />
ob es zur Energiegewinnung taugt. Um das Plasma auf<br />
die angegebene Temperatur aufzuheizen, ist pro Deuteron und<br />
Triton und den dazugehörenden zwei Elektronen, also <strong>für</strong> vier<br />
Teilchen die Energie 8,3•10 –15 J (= 4•3/2 kT) als Laserenergie<br />
aufzuwenden; die freiwerdende Fusionsenergie (s. oben) ist<br />
4,2•10 –12 J (= 26,2•10 6 V•1,6•10 –19 As); d.h. der Energiegewinn<br />
ist etwa 500-mal größer als die eingestrahlte Laserenergie.<br />
Aber der Wirkungsgrad der Hochleistungslaser ist in der Größe<br />
von nur 1 %, und bei Berücksichtigung des normalen Carnot-<br />
Umwandlungsfaktors <strong>für</strong> die Erzeugung elektrischer Energie<br />
aus thermi scher Energie ist der Bruttoenergiegewinn marginal.<br />
ASPEKTE<br />
Abb. 6. Behälter <strong>für</strong> das Trägheitsfusionsexperiment NIF: In die rund zehn<br />
Meter große Kammer werden die Strahlen von 192 Hochleistungslasern<br />
geleitet und auf ein Deuterium-Tritium-Pellet von nur wenigen Millimetern<br />
Durchmesser fokussiert (SPIEGEL ONLINE 05.03.2009).<br />
Trotzdem ist in den USA (Lawrence Livermore National Laboratories)<br />
die National Ignition Facility (NIF) mit einem Kostenaufwand<br />
von mehreren Mrd. $ gebaut worden, die mit 192 von<br />
allen Seiten auf ein Pellet von ein paar mm Durchmes ser fokussierten<br />
Lasern die Fusion auslösen soll (Abb. 6). Dabei werden<br />
kaum mehr als 5 Fusionsexperimente je Tag möglich sein. Die<br />
Anlage ist im letzten Jahr in Erprobung genommen worden mit<br />
der erfolgreichen Überprüfung des gesamten Lasersystems. 11<br />
Es gibt jedoch kritische Stimmen, die nicht an die Realisierbarkeit<br />
der wirtschaftlichen Energiegewinnung durch laserinduzierte<br />
Kernfusion mit Trägheitseinschluss glauben, sondern<br />
vermuten, dass die Untersuchungen eher militärischen Zielen<br />
dienen, z.B.: 12 „NIF …. will be able to create the extreme conditions<br />
of tempe rature and pressure that exist on Earth only in<br />
exploding nuclear weapons and that are therefore relevant to<br />
understanding the operation of our modern nuclear weapons.”<br />
Als Alternative zur laserinduzierten Fusion wird diskutiert, die<br />
Kompression und Aufhei zung der Pellets mit Hilfe von Schwerionenbeschleunigern<br />
zu erzwingen. 13 Die Versuche hier<strong>für</strong> sind<br />
jedoch noch nicht soweit fortgeschritten wie beim Laserverfahren;<br />
die Schwierigkeiten aber erscheinen immens: um etwa die<br />
gleiche Beschleuniger leistung wie mit den 192 Hochleistungslasern<br />
des NIF zu erzeugen (3•10 6 J in 3•10 -10 s, d.h. ≈ 10 16<br />
W) müsste bei einer Beschleunigungsspannung von z.B. 10 GV<br />
ein Ionenimpulsstrom von 1 MA erzielt werden!<br />
Magnetischer Einschluss 14<br />
Das Konzept, das Plasma in einer magnetischen „Flasche“ einzuschließen,<br />
erscheint dagegen eher realisierbar.<br />
11 D. Clery, Science, Band 327, S. 514 (<strong>2010</strong>)<br />
12<br />
Plasma <strong>2010</strong> Commity, Plasma Sciende: Adcvancing knowledge in the<br />
National Interest. National Research Council, 2007.<br />
Physik Journal, 9 (<strong>2010</strong>), Nr. 6.<br />
13<br />
GSI-Nachrichten 3/99, S. 18.<br />
14<br />
Kernfusion, Berichte aus der Forschung: Max-Planck-Institut <strong>für</strong> Plasmaphysik,<br />
2002.<br />
137
ASPEKTE<br />
Bewegte geladene Teilchen werden in einem Magnetfeld durch<br />
die Lorentzkraft auf Kreis- und Schraubenbahnen um die Feldlinien<br />
gezwungen. Die Teilchen sind auf diese Weise an die<br />
Feldlinien angebunden. In Längsrichtung der Magnet feldlinien<br />
können sie sich dagegen unbeeinfl usst bewegen. In einem ringförmig<br />
geschlossenen Magnetfeldkäfi g kann ein Plasma daher<br />
eingeschlossen werden. Allerdings nimmt die Feldstärke nach<br />
außen hin ab, die Teilchen können daher dem magnetischen<br />
Einschluss doch entkommen. Erst durch die Verdrillung der<br />
Feldlinien wird ein dauerhafter Einschluss des Plasmas möglich.<br />
Dies wird experimentell mit zwei verschiedenen Anordnungen<br />
angestrebt.<br />
a) Tokamak: (russische Abkürzung <strong>für</strong> Toroidale Kammer mit<br />
Magnetspulen). A. Sacharow 15 konzipierte 1952 den toroidalen<br />
Fusionsreaktor mit magnetischem Einschluss, dessen erste<br />
Prototypen im Kurtchatov Institut in Moskau entwickelt wurden.<br />
Der Torus (ein Hohlring wie ein Schwimmreifen, rot/gelb<br />
in Abb. 7) ist auf seinem Umfang von einer Vielzahl Toroidalfeldspulen<br />
umschlossen, die in Ringrichtung ein magnetisches<br />
Feld (toroidales Feld) erzeugen.<br />
Abb. 7. Schema des Tokamak mit Toroidal- und Vertikalspulen, so wie den<br />
Primärtrafospulen und dem Torus (rot), der mit dem Plasma die Sekundärtrafospule<br />
bildet. Die Vertikalspulen dienen der Stabilisierung des Plasmarands.<br />
Bei einem mit der Zeit steigendem Strom durch die Primärtrafospulen<br />
im Zentrum des Torus wird in diesem, als der Sekundärspule<br />
des Trafos, ein toroidaler Ringstrom im Plasma induziert<br />
(mehrere Mio. A), der ein poloidales Magnetfeld erzeugt (kreisförmige<br />
Magnetfeldlinien gleicher Geometrie wie die Torodialspulen).<br />
Torodiales und poloidales Feld überlagern sich zum<br />
verdrillten Feld, in das das Plasma eingeschlossen wird.<br />
Das Plasma wird durch den induzierten Plasmaringstrom auf<br />
20 bis 30 Mio. K. aufgeheizt; dann aber wird sein elektrischer<br />
Widerstand so klein, dass die Ohmsche Heizung nicht mehr<br />
wirksam ist. Zusätzliche Heizung ist erforderlich, um die zur<br />
Fusion erforderlichen 100 Mio. K zu erreichen.<br />
Verschiedene Methoden werden hier<strong>für</strong> erprobt:<br />
138<br />
BUNSEN-MAGAZIN · 12. JAHRGANG · 4/<strong>2010</strong><br />
1) magnetische Kompression durch Erhöhung des einschließenden<br />
Magnetfelds; die Kompression bewirkt gleichzeitig<br />
eine Erhöhung der Fusionsgeschwindigkeit infolge der Erhöhung<br />
der Teilchenzahl.<br />
2) Injektion schneller Atome des Fusionsgemisches, die durch<br />
Beschleunigung der entsprechenden Ionen und anschließender<br />
Neutralisation hergestellt werden. Die Atome können<br />
die Magnetfelder durchqueren und werden, sobald sie<br />
ins Plasma eintreten, wieder ionisiert.<br />
3) Mikrowellenheizung mit Zyklotronresonanzfrequenzen, 10<br />
bis 100 MHz <strong>für</strong> die Ionen, 60 bis 150 GHz <strong>für</strong> Elektronen<br />
(entsprechend den Frequenzen der Kreisbewegungen der<br />
Teilchen um die Magnetfeldlinien).<br />
Der Primärtrafostrom, der den Plasmaringstrom und damit verbunden<br />
das poloidale Magnetfeld erzeugt, kann nicht beliebig<br />
gesteigert werden, vielmehr muss der Trafohub, das ist der mit<br />
der Zeit ansteigende Strom, unterbrochen werden, der Plasmaeinschluss<br />
geht verloren und die Fusion setzt aus. Erst durch<br />
erneuten Trafohub und erneute Aufheizung wird die Plasmafusion<br />
wieder gezündet. Der Tokamak lässt sich also auch nur<br />
diskontinuierlich betreiben.<br />
Mit Einschlusszeiten von Sekunden folgt aus dem Lawson-Kriterium<br />
die Mindestteilchendichte von Deuteronen plus Tritonen) N/V<br />
≈ 3•10 19 /m 3 ; das entspricht einem guten Hochvakuum (Zum Vergleich:<br />
Teilchendichte unter Normalbedingungen: 2,7•10 25 /m 3 ,<br />
aber entsprechend der hohen Temperatur hat das Plasma (Ionen<br />
+ Elektronen) doch einen Druck in der Größe von einem bar). Die<br />
Leistungsdichte eines so verdünnten Fusionsplasmas ist natürlich<br />
gering, kaum größer als die einer Glühbirne, wie die Autoren<br />
des MPI-Kernfusionsberichtes schreiben 14 (mit N/V ≈ 10 20 /m 3 ,<br />
≈ 10 -21 m 3 /s und der Fusionsenergie aus Gl. (14) ergibt sich<br />
eine Leistungsdichte von wenigen Watt je cm 3 ).<br />
Etwa 30 Versuchsanlagen nach dem Tokamak-Prinzip sind seit<br />
Mitte des vorigen Jahrhunderts gebaut worden, 20 davon sind<br />
noch in Betrieb; sie dienen der Grundlagenforschung sowie der<br />
Entwicklung technischer Details. Abb. 8 mag einen Eindruck<br />
über die Größe einer solchen Versuchsanlage geben.<br />
b) Stellarator: 16 Im Tokamak wird die Verdrillung der Feldlinien,<br />
die <strong>für</strong> den Einschluss des Plasmas notwendig ist, durch Über-<br />
15 Sacharow (1921 – 1989), Russischer Kernphysiker, bekannt als Vater der<br />
sowjetischen Wasserstoffbombe, hat auch den Vorschlag <strong>für</strong> die kontrollierte<br />
Kernfusion durch Trägheitseinschluss erarbeitet, sowie den <strong>für</strong> die sog. kalte,<br />
durch Myonen katalysierte Kernfusion. – Um 1955 entwickelte sich Sacharow<br />
zum Dissidenten und Menschenrechtler, die Sowjetregierung verbot ihm die<br />
Reise nach Oslo, sodass er den ihm 1975 zuerkannten Nobelpreis <strong>für</strong> seine<br />
Friedensbemühungen nicht entgegennehmen konnte; 1980 wurde er verhaftet<br />
und nach Gorki (Nischni Nowgorod) verbannt. 1986 bat ihn M. Gorbatschow<br />
nach Moskau zurückzukehren und seine politische Tätigkeit fortzusetzen.<br />
16<br />
Das Konzept des Stellarators wurde 1951 von L. Spitzer in Princeton entworfen.<br />
Seine erste Anlage, Modell A, die auf einem Labortisch aufgebaut wurde,<br />
erreichte 1952 eine Temperatur von 1 Mio. K. Schon Anlage D sollte eine<br />
energieliefernde Maschine sein. Anderen Ortes war man vorsichtiger in der<br />
Formulierung der Ziele; die erste in Los Alamos geplante Versuchsanlage hatte<br />
den Namen „Perhapsatron“.
DEUTSCHE BUNSEN-GESELLSCHAFT<br />
Abb. 8. Blick in das Plasmagefäß der Versuchsanlage ASDEX des Instituts<br />
<strong>für</strong> Plasmaphysik der MPG in Garching 14 . Die Anlage, die seit 1991 in Betrieb<br />
ist, hat ein Gesamtvolumen (äußere Abmessungen) von 2800 m 3 . Das<br />
Plasma im inneren der Kammer nimmt ein Volumen von etwa 13 m 3 ein und<br />
enthält 3 mg Wasserstoff (N/V ≈ 7 10 19 m -3 ; Plasmastrom 1,4 MA, Plasmatemperatur<br />
100 Mio. K, Magnetfelder 3,9 Tesla.<br />
lagerung des durch Magnetspulen erzeugten toroidalen Feldes<br />
und des durch den Plasmastrom erzeugten poloidalen Feldes<br />
erzwungen. Im Stellarator wird die schraubenförmige Verdrillung<br />
der Feldlinien um die Torusseele durch ein System speziell<br />
geformter Einzelspulen erreicht, die poloidal um den Torus<br />
angeordnet sind (Abb. 9 oben).<br />
Deshalb kann auf den Plasmastrom, der durch die Primärtrafospulen<br />
im Torus induziert wird, verzichtet werden. Und damit ist<br />
es auch möglich, den Stellarator kontinuierlich zu betreiben. Und<br />
Plasmainstabilitäten, die durch den Plasmastrom hervorgerufen<br />
werden können, sind hier natürlich auch nicht zu erwarten.<br />
Zur Aufheizung des Plasmas bis zur Zündung muss – wie beim<br />
Tokamak beschrieben – Energie von außen zugeführt werden,<br />
entweder durch Injektion schneller Atome oder durch Mikrowellenheizung.<br />
Abb. 9 zeigt eine Stellaratoranordnung mit Vertikalfeld- und<br />
weiteren Zusatzspulen, mit denen die Feldverdrillung verändert<br />
und das Plasma korrigiert werden kann.<br />
Neutral-<br />
Teilchen-<br />
Heizung<br />
Plasma<br />
Vertikalfeldspulen<br />
Zuatzspulen<br />
Stellaratorspulen<br />
Plasmagefäß<br />
Abb. 9. Schematische Darstellung des Stellaratortorus mit dem verdrillten<br />
Plasma (oben); Stellaratortorus mit Zusatzspulen und Plasmaheizung durch<br />
Neutralteilchen.<br />
ASPEKTE<br />
Lange Zeit galt das Tokamakkonzept als die bessere Lösung; infolge<br />
der großen Fortschritte bei der Gestaltung der Stellaratorspulen<br />
in den letzten Jahren erscheinen Stellarator- und Tokamakkonzept<br />
gleichwertig. Der neueste Stellarator-Versuch, der<br />
jetzt vom Institut <strong>für</strong> Plasmaphysik der MPG in Greifswald aufgebaut<br />
wird (Wendelstein 7X), soll die Kraftwerkstauglichkeit<br />
der Stellaratoren belegen. In den Abmessungen, im Plasmavolumen<br />
und Plasmagewicht übertrifft dieser Versuchsneubau<br />
den Vorgänger (Abb. 10), der in Garching betrieben wird.<br />
Abb. 10. Aufbau der Stellaratorversuchsanlage Wendelstein 7AS des Instituts<br />
<strong>für</strong> Plasmaphysik der MPG in Garching. Die Anlage wurde 1988 in<br />
Betrieb genommen. Bei einem äußeren Volumen von 670 m 3 kann sie mit<br />
einem Magnetfeld bis 2,5 Tesla ein Plasmavolumen von 1 m 3 mit 1 mg Wasserstoff<br />
aufnehmen.<br />
INTERNATIONAL THERMONUCLEAR<br />
17, 18<br />
EXPERIMENTAL REAKTOR<br />
Die Abkürzung <strong>für</strong> den neuen internationalen experimentellen<br />
Fusionsreaktor, ITER, ist an das lateinischen Wort <strong>für</strong> „Weg“<br />
angelehnt und soll den Weg zu neuen Energien weisen. Aber<br />
der Weg bis jetzt war lang und er wird bis zum Erreichen des<br />
Ziels wohl auch noch lang sein. Abb. 11 veranschaulicht die<br />
Entwicklung der vorausgegangenen 50 Jahre. Gegen die Plasmatemperatur<br />
ist das sog. Fusionsprodukt der bisherigen Experimente<br />
aufgetragen, das ist das Produkt aus erzielter Plasmadichte,<br />
Plasmahaltezeit und Plasmatemperatur.<br />
Die Fusion im Plasma aus Deuterium und Tritium zündet nur<br />
und wird dann ohne Energiezufuhr aufrecht erhalten, wenn<br />
das Fusionsprodukt bei vorgegebener Temperatur in einem<br />
Bereich liegt, der in der Abbildung rot gekennzeichnet ist,<br />
also z.B. bei 100 Mio. K muss das Fusionsprodukt > 2,5•10 28<br />
m -3 s K sein. Bei einer Einschlusszeit von 1 sec. folgt daraus die<br />
Mindestteilchendichte zu etwa 2,5•10 20 je m 3<br />
Die Zündgrenze ist gegeben durch die Forderung, dass die<br />
beim Fusionsprozess an das Plasma abgegebene Energie grö-<br />
17 P. Gruss und F. Schüth, Herausgeber, Die Zukunft der Energie. Ein Report<br />
der Max-Planck-Gesellschaft. C. Beck, München, 2008.<br />
18<br />
G. Janeschitz, Technik der Kernfusion. Manfred-Eigen-Nachwuchswissenschaftler-Gespräche<br />
„Chemie und Energie“, Herrenalb, 2008.<br />
139
ASPEKTE<br />
Fusionsprodukt (m -3 s K)<br />
ßer ist als die Energie zur Aufheizung des Plasmas. Wir erhalten<br />
damit eine Ungleichung analog der des Lawson-Kriteriums<br />
Gl. (17 und 18); aber anstelle der Gesamtfusionsenergie von<br />
22,3 MeV nach Gl. (16) dürfen wir hier nur den Energiebetrag<br />
einsetzen, der im Plasma verbleibt; das ist die kinetische<br />
Energie des 4 He aus Gl. (14); sie ist entsprechend dem Impulssatz<br />
nur 1/5 der Gesamtenergie, 4/5 der Energie wird vom<br />
ladungsfreien Neutron aus dem Plasma herausgetragen.<br />
Im Verlauf der letzten knapp 50 Jahre konnten Temperatur<br />
und Fusionsprodukt der Experimente von etwa 2 Mio. K und<br />
2•10 23 m -3 s K (links unten, Moskau) bis auf etwa 500 Mio. K<br />
und 8•10 27 m -3 s K (rechts oben, Princeton und Naka (Japan))<br />
gesteigert werden. Mit dem Joint European Torus (JET) in Culham,<br />
Großbritannien, an dem fast alle europäischen Staaten<br />
beteiligt sind, ist in den letzten Jahren die Zündgrenze fast erreicht<br />
worden.<br />
ITER wurde seit über einem Jahrzehnt unter Beteiligung von<br />
China, den Europäischen Ländern, Indien, Japan, Russland,<br />
Südkorea und der USA mit den Erfahrungen, die weltweit und<br />
jahrelang mit den Tokamak-Experimenten gesammelt worden<br />
sind, geplant; vor einem Jahr haben die Bauarbeiten in Cadarache<br />
(Departement Bouches-du-Rhône, nahe Marseille) begonnen,<br />
der Versuchsbetrieb soll 2018 aufgenommen werden<br />
(vergl. Abb. 13 in Ref. 2).<br />
Ein paar Daten mögen die Größe des Versuchsreaktors belegen:<br />
Plasmavolumen 840 m 3 , Plasmamasse 500 mg Deuterium-Tritiumgemisch,<br />
Plasmatemperatur 100 - 200 Mio. K, Magnetfeld<br />
5,4 Tesla, maximaler Plasmastrom 15 MA.<br />
Aus den gegebenen Daten <strong>für</strong> Plasmavolumen, -Masse und<br />
-Temperatur folgt, dass das Zündkriterium schon bei einer<br />
Einschlusszeit von etwa 1 sec. erfüllt ist; bei den geplanten<br />
vielfach höheren Einschlusszeiten ist also mit Sicherheit zu erwarten,<br />
dass das Fusionsgemisch zündet und die Fusion ohne<br />
weitere Energiezufuhr aufrecht erhalten werden kann. – Bei<br />
einer Fusionsleistung von 0,5 GW (rein rechnerisch folgt aus<br />
140<br />
E29<br />
E27<br />
E25<br />
E23<br />
Wendelstein<br />
Abb. 11. Fusionsprodukt (Produkt aus Plasmadichte, -Einschlusszeit und<br />
-Temperatur) der Fusionsexperimente seit 1965. Damit das dt-Plasma zündet,<br />
müssen Werte im eingezeichneten roten Bereich erreicht werden.<br />
JET<br />
Garching<br />
geplant<br />
bis 2002<br />
bis 1986<br />
bis 1977<br />
bis 1965<br />
1 10 100 200 500<br />
Plasmatemperatur (Mio. K)<br />
BUNSEN-MAGAZIN · 12. JAHRGANG · 4/<strong>2010</strong><br />
den gegebenen Daten eine Leistung von 1,5 GW) soll ein Energiegewinnungsfaktor<br />
von etwa 10 erzielt werden, d.h. etwa das<br />
zehnfache der zur Plasmaaufheizung aufgewandten Energie<br />
wird als Fusionsenergie gewonnen.<br />
Mit ITER wird erstmalig auch die Gewinnung von Tritium getestet,<br />
das neben dem Deuterium als Fusionsbrennstoff<br />
eingesetzt wird. Hierzu ist der Torus umgeben von einem<br />
Lithium-haltigen Mantel (Blanket), in dem die energiereichen<br />
Neutronen aus Gl. (14), die 80 % der Energie mit sich führen,<br />
abgebremst werden und dann in der Reaktion nach Gl. (15)<br />
mit 6 Li Tritium bilden. Dieses wird laufend aus dem Blanket<br />
ausgespült und – mit Deuterium gemischt – dem Brennstoffkreislauf<br />
zugeführt.<br />
Mit den Fusionsneutronen alleine ist ein Tritiumbrüten mit<br />
Überschuss, der die unvermeidlichen Neutronen- und Verarbeitungsverluste<br />
decken könnte, nicht möglich, da die Fusionsreaktion<br />
nur genau 1 Neutron pro verbrauchtem Tritiumatom<br />
liefert. Deshalb müssen die Neutronen im Blanket um etwa<br />
30 % bis 50 % vermehrt werden. Hierzu eignen sich Beryllium<br />
oder Blei, da die (n,2n)-Kernreaktion an diesen Materialien relativ<br />
niedrige Energieschwellen hat.<br />
Die im Blanket freiwerdende Wärme, das sind knapp 19 MeV<br />
je Fusionsereignis (Neutronenenergie aus Gl. (14) + Energie<br />
aus Gl. (15)) wird mit Helium abgeführt und über Wärmeaustauscher,<br />
Dampferzeuger und Turbogeneratoren in elektrische<br />
Energie umgewandelt. – Das Blanket ist von einer abschirmenden<br />
Hülle umgeben, die die supraleitenden Magnetspulen und<br />
die weitere Ausrüstung gegen Strahlungen aus dem Blanket<br />
und dem Plasma schützt.<br />
Durch außerhalb des Torus angebrachter Magnetspulen<br />
wird das äußere Feld im Torus so verändert, dass Ionen höherer<br />
Ladung, also das bei der Fusion entstehende Helium<br />
und sonstige Verunreinigungen, z.B. Luft, aus dem Plasma<br />
ausgelenkt und auf Prallplatten geleitet werden, wo sie neutralisiert<br />
und als normale Gase abgepumpt werden können<br />
(Divertoren). Denn wenn diese im Fusionsgas auf zu hohe<br />
Konzentration ansteigen, wird der Fusionsprozess gestoppt.<br />
Etwa 10 % Luft sind in einem dt-Plasma von 150 Mio. K<br />
tolerierbar.<br />
Das klingt nicht sehr dramatisch; aber es ist doch eine technische<br />
Herausforderung: 500 mg Fusionsgas, also 0,2 Mol in<br />
einem Volumen von 837 m 3 haben unter Normalbedingungen<br />
einen Druck von 5 mbar; der Luftdruck im Torus darf deshalb<br />
0,5 mbar nicht überschreiten. Diese wenigen Zahlen beleuchten<br />
die Anforderungen in Bezug auf die Vakuumdichtigkeit des<br />
fast tausend Kubikmeter großen Torus und die Pumpleistung,<br />
die zur Aufrechterhaltung des Vakuums erforderlich ist. Hier<br />
sind Kryopumpen vorgesehen.<br />
Zur Ergänzung von durch die Fusion verbrauchtem Brennstoff<br />
kann das D/T-Gasgemisch durch Düsen in den Torus eingeblasen<br />
werden; wegen der schnellen Ionisation wird es allerdings<br />
nur in den Plasmarandschichten angereichert. Als aussichtsreiche<br />
Alternative gilt die schon erprobte Möglichkeit, mgschwere<br />
Pellets von gefrorenem D/T-Gemisch mittels Gaska-
DEUTSCHE BUNSEN-GESELLSCHAFT<br />
nonen oder Zentrifugen ins Plasma hineinzuschießen. Mit der<br />
in Garching entwickelten Pelletzentrifuge können bis zu 80 Pellets<br />
je sec. mit Geschwindigkeiten bis zu 1200 m/s ins Plasma<br />
injiziert werden. Wegen der langsamen Verdampfung gelangen<br />
die Pellets bis zur Plasmamitte – sie werden keinesfalls wie bei<br />
der laserinduzierten Fusion infolge des Trägheitseinschlusses<br />
explodieren.<br />
Auf weitere Einzelheiten soll nicht eingegangen werden; wir<br />
wollen jedoch in Abb. 12 die Gesamtgröße des Experimental-<br />
Fusions-Reaktors (und damit verknüpft die Größe der technischen<br />
Probleme) zeigen: unten rechts im Kreise ist maßstabsgetreu<br />
ein Mensch eingezeichnet.<br />
ITER ist das weltweit zweitgrößte wissenschaftlich-technische<br />
Experiment. Aber Größe hat Ihren Preis. Ursprünglich war ITER<br />
mit einer Leistung von 1500 MW geplant. Wegen der immensen<br />
Kosten wurde die Planung auf 500 MW reduziert. Bei Vertragsunterzeichnung<br />
der teilnehmenden Staaten 2005 lagen<br />
die Kostenabschätzungen bei 5 Mrd. € <strong>für</strong> die Investitionen<br />
und nochmals 5 Mrd. € <strong>für</strong> die zwanzigjährige Betriebsperiode<br />
(40 % der Investitionskosten sollen von den Europäern übernommen<br />
werden, 10% alleine von Deutschland). Nach jüngsten<br />
Schätzungen der Europäischen Kommission liegen die<br />
Investitionskosten nunmehr bei 15 Mrd. € – unter anderem<br />
Primär-<br />
Trafospulen<br />
Blanket<br />
Toroidalspulen<br />
Torusvolumen V: 840 m 3<br />
Fusionsleistung: > 500 MW<br />
ASPEKTE<br />
wegen gestiegener Rohstoffpreise und neuer Sicherheitsanforderungen.<br />
Dazu ein Kommentar der deutschen Presse 19 : „Scheitert eines<br />
der größten Forschungsvorhaben der Welt an Geldmangel? .....<br />
die Baukosten explodieren ….. die Bundesregierung geht jetzt<br />
auf Distanz zu dem Mega-Projekt ….. Aus dem Forschungsministerium<br />
heißt es, die Bundesregierung stehe weiter zur<br />
Fusionsforschung – um sich <strong>für</strong> die Energieversorgung möglichst<br />
viele Optionen offen zu halten. „Das gilt aber nicht um<br />
jeden Preis“, warnt Ministerin Schavan.“<br />
ITER wird in Bezug auf die Kosten nur noch von der International<br />
Space Station (ISS) übertroffen. Aber von ITER erwarten wir<br />
praktische Ergebnisse, die wir verwerten können. Bei ISS ist in<br />
dieser Hinsicht Skepsis angebracht.<br />
PROBLEME DES FUSIONSREAKTORS UND IHRE LÖSUNG<br />
Abschließend müssen wir noch einige Themen streifen, die mit<br />
dem Betrieb eines Kernfusionskraftwerks zusammenhängen.<br />
19 SPIEGEL ONLINE, 21.05.<strong>2010</strong>.<br />
Abb. 12. Schematische Darstellung des International Thermonuclear Experimental Reactor (ITER).<br />
Plasmastrom : 15 MA<br />
Toroidalfeld : 5,4 T<br />
Toroidales<br />
Vakuumgefäß<br />
Kryopumpe<br />
Divertor<br />
141
ASPEKTE<br />
Brennstoffbereitstellung<br />
Für eine elektrische Leistung von 1000 MW verbraucht ein<br />
Fusionskraftwerk bei einem Wirkungsgrad von 30 % pro Jahr<br />
knapp 100 kg Deuterium und 150 kg Tritium bzw. 300 kg 6 Li,<br />
aus dem im Reaktorblanket durch die Brutreaktion mit Neutronen<br />
das Tritium hergestellt wird. Die Beschaffung dieser<br />
Brennstoffe bereitet keine Schwierigkeit.<br />
a) Deuterium ist in den Weltmeeren in praktisch unerschöpfl ichen<br />
Mengen vorhanden.<br />
b) Lithium ist weniger reichlich vorhanden, aber die bekannten<br />
Lagerstätten würden ausreichen, den globalen Energiebedarf<br />
durch Kernfusion <strong>für</strong> Zehntausende Jahre zu decken; neuerdings<br />
wird jedoch be<strong>für</strong>chtet, dass der Bedarf an Li-Ionen-Akkus<br />
<strong>für</strong> die jetzt propagierten Elektroautomobile bald zu einer<br />
Erschöpfung der wenigen leicht zugänglichen Li-Lagerstätten<br />
führen könnte, 20 aber in den Ozeanen steht dann noch immer<br />
eine tausendfach größere Menge zur Verfügung.<br />
Die Fusionsbrennstoffe können also aus den allen Staaten zugänglichen<br />
Weltmeeren gewonnen werden. Konfl ikte über Energiequellen<br />
sollte es damit in Zukunft nicht mehr geben. – Allerdings<br />
ist es notwendig, die benötigten Isotope anzureichern.<br />
Deuterium muss von seiner natürlichen Häufi gkeit 0,015 % auf<br />
99 %, 6 Li von 7,5 % auf 50 bis 90 % angereichert werden. – Für<br />
die erstmalige Inbetriebnahme eines Fusionsreaktors muss das<br />
Tritium aus anderen Quellen bereitgestellt werden, z.B. durch<br />
Abtrennen aus tritiumhaltigen Prozessströmen einer Kernbrennstoff-Wiederaufbereitungsanlage.<br />
Für die Anreicherung der Isotope gibt es verschiedene Verfahren,<br />
die sich in der Vergangenheit bewährt haben. Es sei<br />
hier bescheiden eingefügt, dass wir <strong>für</strong> die drei erwähnten<br />
Isotopentrennaufgaben neue Verfahren konzipiert haben, von<br />
denen eines auch im großtechnischen Maßstab eingesetzt<br />
worden ist. 21<br />
Umweltbelastung<br />
a) Klimaschädlichkeit: Wie beim Kernspaltungsreaktor ist<br />
auch beim Fusionsreaktor die Energieproduktion frei von der<br />
Emission von Kohlendioxid. Die beim Bau eines Fusionsreaktors<br />
anfallende Kohlendioxidmenge dürfte in der gleichen Größenordnung<br />
liegen wie beim Spaltungsreaktor, umgerechnet<br />
kleiner als 30 g/kWh (zum Vergleich: über 1000 g(CO 2)/kWh<br />
bei Braunkohlekraftwerken, etwa 520 g(CO 2)/kWh beim deutschen<br />
Energiemix).<br />
b) Radioaktive Abfälle: Einzelne Bauelemente, wie die Divertoren<br />
und das Blanket sind einem intensiven Fluss energiereicher<br />
Neutronen ausgesetzt; das führt zu einer langsamen<br />
Zerstörung der Mikrostruktur der Bauelemente, sie müssen<br />
deshalb während der Laufzeit des Reaktors mehrfach ausgetauscht<br />
werden. Die Bauteile sind wegen der Neutronenbestrahlung<br />
radioaktiv und müssen daher sicher gelagert werden.<br />
Zusammen mit den bei späterem Abriss des Reaktors<br />
anfallenden Materialien entsteht ein Abfallvolumen in ver-<br />
142<br />
BUNSEN-MAGAZIN · 12. JAHRGANG · 4/<strong>2010</strong><br />
gleichbarer Größe wie bei Spaltreaktoren gleicher Leistung.<br />
Dessen Abfälle enthalten aber die hoch aktiven Spaltprodukte<br />
mit teilweise sehr langen Zerfallshalbwertszeiten, die über<br />
Jahrtausende in einem Endlager untergebracht werden müssen.<br />
Die Abfälle der Fusionsreaktoren haben dem gegenüber<br />
eine erheblich niedrigere Aktivität mit kürzeren Halbwertszeiten,<br />
ihre Lagerung über maximal ein Jahrhundert erscheint<br />
unproblematisch.<br />
c) Tritium: Im Kernfusionsreaktor wird Tritium als Brennstoff<br />
im Torus verbraucht und im Blanket durch die Brutreaktion<br />
wieder erzeugt. Es läuft also nur im Inneren des Kraftwerks<br />
um. Trotzdem enthält ein Fusionsreaktor ein Tritiuminventar<br />
von ein paar kg, also vielleicht eine Wochenration, die fest in<br />
Speichern gebunden sind. Nach den bisherigen technischen<br />
Erfahrungen wird angenommen, dass pro Jahr nur etwa 1 g<br />
aus dem Kraftwerk entweichen kann, was durchaus tolerierbar<br />
erscheint. – Die plötzliche Freisetzung des gesamten Tritiuminventars<br />
durch einen Flugzeugabsturz, ein Erdbeben oder<br />
einen terroristischen Akt wäre der GAU eines Fusionsreaktors.<br />
Bei Wind, der konstant in eine Richtung weht, würde eine zwei<br />
km 2 große Fläche so stark durch Tritium verseucht, dass sich<br />
dort aufhaltende Personen im Verlauf einer Woche durch Bestrahlung<br />
und Einatmen einer Strahlenbelastung von 0,5 Sv<br />
(Sievert) ausgesetzt werden. Hier wären Evakuierungsmaßnahmen<br />
einzuleiten (Evakuierungsgrenze 0,1 Sv).<br />
Reaktorsicherheit<br />
a) Energieinhalt eines Fusionsreaktors: Das Reaktorunglück<br />
in Tschernobyl (1986) mit der weltweiten Verbreitung von radioaktiven<br />
Spaltprodukten hat viel zur Ablehnung der Kernenergie<br />
beigetragen. Und da den Kernfusionreaktoren die gleiche<br />
Reaktion zugrunde liegt wie den Wasserstoffbomben mit<br />
ihrem mächtigen Zerstörungspotential, könnte auch die Energiegewinnung<br />
durch Kernfusion auf Ablehnung stoßen.<br />
Ein Fusionsreaktor ist aber keine Wasserstoffbombe. Wie<br />
vorher dargestellt, läuft die kontrollierte Fusion in einem von<br />
Magnetfeldern eingeschlossenen hoch verdünnten Plasma ab.<br />
Eine äußere Störung, sei es durch einen Flugzeugabsturz, ein<br />
Erdbeben oder einen terroristischen Akt oder eine interne Störung,<br />
sei es durch Versagen der Kontrolleinrichtungen, Ausfall<br />
der Stromversorgung oder ein Leck im Torus, wird immer zum<br />
Zusammenbruch des Plasmas führen und damit zum Abbruch<br />
der Fusionsreaktion.<br />
Das Brennstoffi nventar des Plasmas eines Fusionsreaktors<br />
reicht <strong>für</strong> etwa 1000 Betriebssekunden; im Vergleich zu einem<br />
Kernspaltungsreaktor, dessen Brennstoffi nventar <strong>für</strong> mehre-<br />
20 FOCUS ONLINE, 06.011.2009.<br />
21 S. Walter und U. Schindewolf, Chem. Ing. Tech.<br />
(1965), 37, 1185. (Schwerwasseranreicherung).<br />
U. Schindewolf und Th. Reheis, Ber. der Bunsenges.<br />
(1996), 100, 1280. ( 6 Li-anreicherung).<br />
U. Schindewolf und H. Mangold, Chem. Ing. Tech.<br />
(1988), 60, 557. (Tritiumabtrennung).
DEUTSCHE BUNSEN-GESELLSCHAFT<br />
re Betriebsjahre reicht, ist das sehr wenig. Aber bei einem 1<br />
GW(e)-Reaktor entspricht es doch dem Energieinhalt von 1 to<br />
TNT (Faustformel 1 kg TNT = 1 Mcal = 4,18 MJ). Deshalb ist es<br />
doch beruhigend zu wissen, dass ein Fusionsreaktor nicht außer<br />
Kontrolle geraten kann. – Zum Vergleich: die größten amerikanischen<br />
und russischen Wasserstoffbomben haben eine<br />
Sprengkraft von 25 bzw. 50 Mio. t TNT!<br />
b) Nachwärme: Beim Harrisburg-Reaktor fi el 1979 das Kühlsystems<br />
aus, worauf der Reaktor sofort automatisch abgeschaltet<br />
wurde; die durch den radioaktiven Zerfall akkumulierter<br />
Spaltprodukte entstehende Nachwärme verursachte jedoch<br />
die Kernschmelze, durch die große Radioaktivitätsmengen frei<br />
gesetzt wurden. Auch bei einem Fusionsreaktor führt der Ausfall<br />
des Kühlsystems durch die Nachwärme, die durch die neutronenaktivierten<br />
und damit radioaktiven Bauelemente (s. o.)<br />
bedingt ist, zu einem Temperaturanstieg bis zu 900 °C. Die den<br />
Neutronen ausgesetzten Bauteile müssen deshalb aus Materialen<br />
mit hohem Schmelzpunkt und niedrigem Neutroneneinfangwahrscheinlichkeit<br />
hergestellt werden.<br />
KOSTEN DER FUSIONSENERGIE<br />
Ziel von ITER ist nicht nur, die technische Durchführbarkeit der<br />
Energiegewinnung durch Kernfusion zu belegen, sondern auch<br />
ihre ökonomische Durchführbarkeit.<br />
ITER könnte mit seiner Fusionsleistung von 500 MW bei einem<br />
Umwandlungswirkungsgrad von 35 % und einer Betriebszeit von<br />
8000 h/a (Auslastung 91 %) jährlich 1,4 Mrd. kWh elektrischer<br />
Energie erzeugen. Bei einem Zinssatz von 5% auf das investierte<br />
Kapital von 15 Mrd. € ergäben sich jährlich 750 Mio. €<br />
Kapital kosten, hinzu kämen die jährlichen Betriebskosten von<br />
250 Mio. €. Die Energiekosten von ITER wären also 0,7 €/kWh.<br />
Die Voraussagen der Planer des Experiments und der Kostenfachleute<br />
22 gehen aber davon aus, dass Kernfusionsenergie<br />
um die nächste Jahrhundertwende mit anderen Energieerzeugungsmethoden<br />
konkurrenzfähig sein wird.<br />
Diese Aussagen basieren auf folgenden realistischen Voraussetzungen:<br />
a) Steigende Weltbevölkerung und steigender Energieverbrauch<br />
des Einzelnen führen in den nächsten 50 Jahren zu<br />
einer Verdreifachung des weltweiten Primärenergiebedarfs.<br />
22<br />
SERF, Socio-Economic Research on Fusion, 1998 vom europäischen<br />
Fusionsprogramm gegründet.<br />
ASPEKTE<br />
Dem stehen die begrenzten Weltvorräte an Erdgas und Erdöl<br />
gegenüber. Die Folgen von beidem sind Energiepreissteigerungen.<br />
Eine weitere Preissteigerung ergibt sich durch die Forderung,<br />
dass der Kohlendioxidausstoß der konventionellen Kraftwerke<br />
weiterhin deutlich reduziert werden soll.<br />
b) Kommerzielle Fusionsanlagen werden bis zum zehnfachen<br />
der Leistung von ITER erbringen, wodurch sich eine erhebliche<br />
Verminderung der spezifi schen Investitions- und Betriebskosten<br />
ergibt. – Mit den durch ITER und späteren Versuchseinrichtungen<br />
gewonnenen Erkenntnissen (Lerneffekt) wird sich eine<br />
weitere Kostenverminderung ergeben.<br />
Und so ist zu erwarten, dass sich die Kurven der mit der Zeit<br />
steigenden Energiekosten und abnehmenden Kernfusionsenergiekosten<br />
schneiden werden und damit die Kernfusion<br />
konkurrenzfähig sein wird. Das kann allerdings bis zur nächsten<br />
Jahrhundertwende dauern.<br />
AUSBLICK<br />
Nach zehnjährigem Betrieb von ITER sollen genügend Informationen<br />
und Erfahrungen gesammelt sein, um 2028 mit der<br />
Planung von DEMO zu beginnen, eines Kraftwerks, mit dem<br />
demonstriert werden soll, dass die Kernfusion technisch zur<br />
Energiegewinnung eingesetzt werden kann: DEMO soll ab 2<strong>04</strong>0<br />
im Langzeitbetrieb Energie erzeugen, auch wenn es noch nicht<br />
wirtschaftlich arbeiten wird. Mit dem Bau eines kommerziellen<br />
Fusionskraftwerks wird kaum vor 2050 gerechnet.<br />
Die Überschrift dieses Aufsatzes hatten wir mit einem Fragezeichen<br />
versehen: “Kernfusion – die Energiequelle der Zukunft?“.<br />
Erst nach Ablauf der Experimente der nächsten 40 Jahre werden<br />
wir wissen, ob wir das Fragezeichen durch ein Ausrufungszeichen<br />
ersetzen können, ob die Kernfusion unsere Energieprobleme<br />
lösen wird.<br />
Manch einer von uns wird es nicht mehr erleben – aber im Interesse<br />
unserer Nachkommen hoffen wir auf den technischen und<br />
wissenschaftlichen Erfolg der weltweiten Bemühungen um die<br />
Kernfusion.<br />
Die erneuerbaren Energien werden in Zukunft zwar einen Teil<br />
unseres Energiehungers stillen, aber die Grundlast werden<br />
sie nicht decken können. Und da der Verbrauch fossiler Energien<br />
wegen der Problematik der Kohlendioxid-Emission eingeschränkt<br />
und die Kernkraftwerke wegen der Problematik<br />
der Endlagerung der radioaktiven Abfälle ganz abgeschaltet<br />
werden sollen, bleibt uns die Hoffnung auf die Kernfusion,<br />
das ewige Feuer der Sonne auf unserer Erde.<br />
143
TAGUNG<br />
Katharina Al-Shamery<br />
Goethe war fasziniert vom Harz und bereiste ihn als Forschungsreisender<br />
in den Bereichen Geologie und Bergbau<br />
gleich drei Mal. Auch sein literarisches Werk blieb von seinen<br />
Eindrücken nicht unberührt. Berühmt ist die Walpurgisfeier auf<br />
dem Brocken in seinem Meisterwerk „Faust“. Sicher nicht so<br />
wild, da<strong>für</strong> aber mindestens ebenso inspirierend ging es pünktlich<br />
zur Walpurgisnacht auf der Tagung „Aus den Hexenküchen<br />
der Materialwissenschaften“ am 30.4.<strong>2010</strong> zu, die nunmehr<br />
zum zweiten Mal im Museumsbergwerk und UNESCO-Weltkulturerbe<br />
Rammelsberg bei Goslar stattfand. Das Thema war,<br />
wie sollte es in diesem Jahr auch anders sein, „Energie“. Die<br />
Tagung wurde breit von der <strong>Deutsche</strong>n Bunsen-Gesellschaft,<br />
dem Arbeitskreis Chancengleichheit in der Chemie (AKCC) der<br />
GDCh und dem Center of Interface Science der Universitäten<br />
Oldenburg, Osnabrück und Bremen getragen.<br />
40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus 8 Ländern lauschten<br />
den ausschließlich weiblichen Referentinnen in der urigen<br />
Schmiede des Bergwerkes bei brennendem Schmiedefeuer.<br />
Nach der Begrüßung durch den Oberbürgermeister der Stadt<br />
Goslar, Henning Binnewies, gab Frau Professor Dr. Angelika<br />
Heinzel vom Institut <strong>für</strong> Technische Thermodynamik an der<br />
144<br />
BUNSEN-MAGAZIN · 12. JAHRGANG · 4/<strong>2010</strong><br />
AUS DEN HEXENKÜCHEN<br />
DER MATERIALWISSENSCHAFTEN II<br />
Die Referentinnen mit einigen TagungsteilnehmerInnen<br />
(Foto Christiane Lienau).<br />
Prof. Dr. Katharina Al-Shamery<br />
Carl v. Ossietzky Universität Oldenburg und Center of Interface Science<br />
Postfach 2503, D-26111 Oldenburg<br />
Telefon: +49-441-798 3853, FAX: +49-441-798 2809<br />
E-Mail: Katharina.Al.Shamery@uni-oldenburg.de<br />
„Ideen“-Schmiede des Museumsbergwerks Rammelsberg bei Goslar<br />
(Foto Christiane Lienau).<br />
Universität Duisburg-Essen, gleichzeitig Direktorin des Center<br />
for Fuel Cell Technology, den fulminanten Auftakt zu den<br />
Vorträgen mit ihrer Vorstellung, wie sich das Thema „Energie“<br />
aus heutiger Sicht darstellt und wie der Bedarf von morgen<br />
ist. Frau Dr. Anke Hagen stellte anschließend eindrücklich vor,<br />
wie man an ihrem Institut, dem National Laboratory for Sustainable<br />
Energy, Risøe DTU in Roskilde in der Fuel Cell and Solid<br />
State Division, deren Leitung sie innehat, von der Grundlagenforschung<br />
auf dem Gebiet der SOFC-Brennstoffzellen 1 zur<br />
Marktanwendung gelangt. Frau Professor Dr. Pooi See Lee von<br />
der Nanyang Technological University, die den langen Weg von<br />
Singapur nach Deutschland nur <strong>für</strong> die eintägige Tagung auf<br />
sich genommen hatte, brillierte mit ihrem Beitrag über oxidbasierte<br />
Energiespeicher. Die erst kürzlich mit einem Emmy-<br />
Noether-Stipendium ausgezeichnete und frischgebackene Professorin<br />
an der Universität Stuttgart, Frau Professor Dr. Sabine<br />
Ludwigs faszinierte mit ihren Arbeiten über nanostrukturierte<br />
Block-Copolymere <strong>für</strong> organische Solarzellen. Ertl-Schülerin<br />
Frau Dr. Dai Zhang von der Universität Tübingen zeigte auf,<br />
was heutzutage weltweites „state of the art“ ist, wenn man mit<br />
Nano meteraufl ösung die lokale Photophysik an den Grenzfl ächen<br />
in organischen Solarzellen verstehen möchte. Passend<br />
dazu wurden die Zeitabläufe in Energietransferprozessen auf<br />
1 SOFC=solid oxide fuel cell
DEUTSCHE BUNSEN-GESELLSCHAFT<br />
der unteren Femtosekundenskala von Humboldt-Stipendiatin<br />
und Schlumberger Preisträgerin Frau Dr. Parinda Vasa von der<br />
Carl v. Ossietzky Universität Oldenburg dargestellt. Aus den<br />
Posterbeiträgen wurde ein Beitrag ausgewählt, der als „selected<br />
young researcher contribution“ von einer jungen Doktorandin<br />
als Vortrag vorgestellt werden durfte. Ausgewählt wurde<br />
Henry Ford-Preisträgerin Frau Martina Neises vom Institut <strong>für</strong><br />
Technische Thermodynamik der DLR in Köln. Sie zeigte auf,<br />
auf welchem Stand die heutige solarthermische Wasserspaltung<br />
ist und welche Probleme es noch zu lösen gibt. Für viele<br />
ungewöhnlich war der Abschluss der Tagung mit einem Beitrag<br />
von Frau Professor Dr. Ilka Parchmann, kürzlich zur Leiterin des<br />
Departments <strong>für</strong> Chemiedidaktik an einem der beiden bundesweit<br />
bestehenden Leibniz-Institute, dem IPN in Kiel ernannt.<br />
Frau Parchmann begeisterte mit ihrer Darstellung am Beispiel<br />
der Energiethematik, wie spannend heutzutage Chemieunterricht<br />
sein kann. Da im Hörsaal Frauen aus den unterschiedlichsten<br />
Ländern aus Europa, Asien, dem mittleren Osten und<br />
Jakob Bierwagen<br />
Thema der Tagung war die Wechselwirkung von Licht und Materie<br />
aus physikochemischer Sicht. Die Tagung fand in den hervorragend<br />
da<strong>für</strong> geeigneten Räumlichkeiten der Robert Bosch<br />
Stiftung im Heidehof, der historischen Villa von Robert Bosch<br />
statt. Nach einer kurzen Begrüßung durch die Organisatoren<br />
Herr Prof. von Rybinski (DBG), Herr Dr. Alkemade (Bosch), Herr<br />
Dr. Geelhaar (Merck) und Herr Prof. Meerholz (Uni Köln) hielt<br />
Herr Prof. Hell (MPI BPC) einen sehr eindrucksvollen Vortrag.<br />
Er zeigte die Entwicklung der Lichtmikroskopie hin zur Nanoskopie<br />
auf, wobei durch die Ausnutzung der physikochemischen<br />
Eigenschaften von Fluoreszenzfarbstoffen Abbes Auflösungsgrenze<br />
durchbrochen werden konnte. Im Anschluss<br />
verdeutlichte Herr Prof. Müllen (MPI Polymerforschung), wie<br />
man durch chemische Veränderung solcher Fluorophore ge-<br />
TAGUNG<br />
Nordafrika saßen, die in den verschiedensten politischen Regimen<br />
sozialisiert worden sind, stellte sie die Frage, warum diese<br />
Frauen sich <strong>für</strong> Chemie begeistert haben. Die Antwort war verblüffend,<br />
denn die überwiegende Mehrzahl wurde durch engagierte<br />
Lehrerinnen und Lehrer geprägt. In der anschließenden<br />
Postersitzung konnte man sich über diese und andere wissenschaftliche<br />
Fragen nochmals richtig intensiv austauschen. Die<br />
lebhaften Gespräche wurden beim Conference Dinner, einem<br />
zünftigen Hexenessen, fortgesetzt, und Netzwerke wurden gesponnen.<br />
Den Abend ließen viele noch in dem regen Treiben<br />
der Walpurgisnacht in den mittelalterlichen Gässchen Goslars<br />
ausklingen. Das durchwegs positive Feedback macht klar: Im<br />
nächsten Jahr muss es wieder eine Hexenküchentagung geben.<br />
Da der 30.4.2011 auf einen Samstag fällt, werden viele<br />
Frauen ihre Kinder mitbringen, denen ein tolles Programm im<br />
Museumsbergwerk geboten werden wird. Das Schwerpunktthema<br />
steht auch schon fest: biofunktionalisierte Grenz- und<br />
Oberfl ächen.<br />
ERLEBNISBERICHT ZU DEN NACHWUCHS-<br />
WISSENSCHAFTLER GESPRÄCHEN DER<br />
DEUTSCHEN BUNSEN-GESELLSCHAFT <strong>2010</strong><br />
Dipl. Chem. Jakob Bierwagen<br />
Max Planck Institute for biophysical Chemistry<br />
Am Faßberg 11, D-37077 Göttingen<br />
Telefon: +49-551-201 2517, FAX: +49-551-201 2505<br />
E-Mail: jbierwa@gwdg.de<br />
Der Schirmherr Herr Prof. Eigen beim Gespräch mit den Nachwuchswissenschaftlern<br />
am Abend (Foto: Ulrich Alkemade).<br />
145
TAGUNG<br />
zielt bathochrome Effekte einstellen kann. Eine spannende<br />
Einführung in die aktuelle Energiepolitik und die Möglichkeiten<br />
zur umweltfreundlichen Strom- und Wasserversorgung der<br />
Maghreb-Staaten und Europas durch das DESERTEC-Projekt<br />
haben wir durch Herrn Prof. Müller-Steinhagen (DLR Stuttgart)<br />
bekommen. Dieser Vortrag zeigte, wie viel Einfl uss die Forschung<br />
zur Wechselwirkung von Licht und Materie auf gesellschaftliche<br />
Belange hat und welchen Nutzen sie haben kann,<br />
wenn man sie auch fördert. Bei dem anschließenden Dinner<br />
gab der Schirmherr und Namensgeber Herr Prof. Eigen (MPI<br />
BPC) einen sehr interessanten und humoristisch eingefärbten<br />
Einblick in seine Karriere als Nachwuchswissenschaftler in<br />
Göttingen kurz nach dem 2. Weltkrieg. So erzählte er, dass sich<br />
die Doktoranden von Herrn Prof. Eucken aus einer „geheimen“<br />
Flasche in Deutschland nicht erhältliches Quecksilber abzapften,<br />
um ihre Barometer und Thermometer zu füllen, aber die<br />
Flasche, damit der Betrug nicht auffl og, mit einem Silberspiegel<br />
versahen. Nachdem der Betrug aber dann doch auffl og,<br />
hat Herr Eucken wochenlang nicht mit seinen Doktoranden<br />
gesprochen.<br />
Herr Prof. Psaltis (EPFL Lausanne) gab am nächsten Morgen<br />
eine gute Zusammenfassung von nichtlinearen Abbildungsverfahren<br />
wie 2-Photonenmikroskopie und Structured-Illumination-<br />
Microscopy (SIM). Bei der SIM wird die Probe in mehreren Achsen<br />
mit einem gleichmäßigen Muster beleuchtet, wodurch mit<br />
Hilfe mathematischer Entfaltung der Abbildung die Aufl ösung<br />
erhöht werden kann. Im Anschluss konnte Herr Prof. Sandoghdar<br />
(ETH Zürich) auf eindrucksvolle Weise zeigen, wie dramatisch<br />
sich die Eigenschaften von Farbstoffmolekülen in extrem<br />
kalter Umgebung sowie durch Nahfeldeffekte benachbarter metallischer<br />
Nanopartikel verändern können. Herr Prof. Schlemmer<br />
(Uni Köln) gab einen Vortrag über Laser-induzierte Reaktionen<br />
unter Bedingungen wie sie in interstellaren Nebeln vorgefunden<br />
werden, wodurch eine dramatische Deuteriumanreicherung in<br />
größeren (organischen) Molekülen verstanden werden konnte.<br />
Nach dem Mittagessen wurden in zwei Vorträgen von Herrn Prof.<br />
Weller (Uni Hamburg) und Frau Prof. de Cola (Uni Münster) neue,<br />
nicht organische Fluorophorklassen vorgestellt. Einerseits aus<br />
Halbleitermaterialien bestehende Quantumpunkte, die durch geschickte<br />
Verwendung von verschiedenen Hüllen sehr stabil und<br />
blink-arm sind und andererseits Metallkomplexe, hier insbesondere<br />
Iridium- und Rutheniumkomplexe, die besonders in organischen<br />
Lösungsmitteln herausragende optische Eigenschaften<br />
zeigen. Nach diesen hochinteressanten Vorträgen wurde der Tag<br />
mit einer Exkursion in das städtische Weingut von Stuttgart beschlossen,<br />
bei der noch viele interessante Gespräche und Diskussionen<br />
entstanden.<br />
Am letzten Tag waren noch zwei Vorträge angesetzt. Herr Prof.<br />
Giessen (Uni Stuttgart) hat die in der letzten Zeit häufi ger in<br />
den Medien auftauchenden Metamaterialien vorgestellt und<br />
die physikalischen Grundlagen sowie die sich nun weit öffnenden<br />
Anwendungsmöglichkeiten sehr einleuchtend erklärt. Einen<br />
besonderen Fokus hat er dabei auf Quanteneffekte gelegt<br />
die durch die neuen Materialien nun fast makroskopische Ausmaße<br />
bekommen. Bei dem Vortrag von Herrn Dr. Pankert (Philips)<br />
stand schließlich die Entwicklung in der Beleuchtungstechnik<br />
im Zentrum. So entwarf er ein Szenario, nach dem in<br />
ca. 10-15 Jahren 90 % aller verkauften Leuchtkörper auf LED<br />
146<br />
BUNSEN-MAGAZIN · 12. JAHRGANG · 4/<strong>2010</strong><br />
beziehungsweise OLED-Basis beruhen werden, was mit sich<br />
bringt, dass sich die Industrie einerseits vollständig umstellen<br />
muss, andererseits aber auch riesige Effi zienzsteigerungen<br />
bei der Lichtausbeute erreicht werden können. Des Weiteren<br />
wird sich die Beleuchtungstechnik verstärkt auf Unterhaltungsmedien<br />
einstellen, wodurch der Austausch einer Lampe nicht<br />
mehr durch ihre Lebensdauer bestimmt wird, sondern durch<br />
die Entwicklung neuer Nachfolgeprodukte wie dies schon bei<br />
den Computern der Fall ist.<br />
Die Tagung hat mir als Teilnehmer sehr viel gebracht. Als Doktorand<br />
im ersten Jahr habe ich viele interessante Ideen mitbekommen<br />
und auch neue Kooperationspartner gefunden, mit<br />
denen ich in Zukunft zusammenarbeiten werde. Da die Tagung<br />
auf relativ wenige und nur angehende Wissenschaftler ausgelegt<br />
ist, konnte man mit allen leicht in Kontakt kommen. Auch<br />
die Diskussion mit den Vortragenden nach den Vorträgen sowie<br />
in den Pausen waren dabei sehr lebendig, was vielleicht in<br />
einem größeren Rahmen nicht möglich gewesen wäre. Daher<br />
habe ich es als Ehre empfunden an der Tagung teilnehmen<br />
zu dürfen und wünsche <strong>für</strong> die nächsten Jahre diesem Projekt<br />
der Bunsen-Gesellschaft viel Erfolg dabei, auch weiterhin so<br />
hochkarätige Vortragende zu gewinnen. Auch möchte ich den<br />
Unterstützern dieser Veranstaltung, der Robert Bosch GmbH<br />
und der Merck KGaA herzlich danken, die durch ihre fi nanzielle<br />
und logistische Hilfe eine kostenlose Teilnahme und den reibungslosen<br />
Ablauf der Tagung ermöglichten.<br />
Die Teilnehmer der Manfred-Eigen Nachwuchswissenschaftler Gespräche<br />
mit den Organisatoren (Foto: Ulrich Alkemade).
DEUTSCHE BUNSEN-GESELLSCHAFT<br />
Emil Roduner<br />
Die Sonne strahlt das 10 000-fache des gesamten Weltenergiebedarfs<br />
auf die Erde ein und bietet damit eine äußerst<br />
attraktive Möglichkeit, die fossilen Energiequellen langfristig<br />
durch CO 2-neutrale, regenerierbare Alternativen zu ersetzen.<br />
Die Nutzung der Solarenergie zur Stromgewinnung war bisher<br />
vor allem eine Sache <strong>für</strong> Ingenieure und Halbleiterphysiker,<br />
alternative Projekte aber beruhen mehr und mehr auf chemischen<br />
Prinzipien und stellen eine attraktive Herausforderung<br />
an die kommende Generation von Chemikern dar.<br />
Der aktuelle Anlass der Tagung<br />
war der 100. Jahrestag der Geburt<br />
von Theodor Förster am 15.<br />
Mai 1910. Förster war von 1951<br />
bis zu seinem viel zu frühen Tod<br />
am 20. Mai 1974 Inhaber des<br />
Lehrstuhls in <strong>Physikalische</strong>r Chemie<br />
an der TU Stuttgart. Zu seinen<br />
größten wissenschaftlichen Verdiensten<br />
gehören die Beschreibung<br />
des Förster-Zyklus, die Entdeckung<br />
der Excimere sowie des<br />
nach ihm benannten Resonanten<br />
Energie-Transfers (FRET) elektronisch<br />
angeregter Moleküle, der<br />
Prof. Dr. Emil Roduner<br />
Institut <strong>für</strong> <strong>Physikalische</strong> Chemie<br />
Universität Stuttgart<br />
Pfaffenwaldring 55, 70569 Stuttgart<br />
E-Mail: e.roduner@ipc.uni-stuttgart.de<br />
Tel. +49 (0)711/685-64490, Fax +49 (0)711/685-64495<br />
TAGUNG<br />
INTERNATIONALE BUNSEN DISKUSSIONSTAGUNG:<br />
LIGHT HARVESTING AND SOLAR ENERGY CONVERSION<br />
29. - 31. MÄRZ <strong>2010</strong>, STUTTGART-HOHENHEIM<br />
Theodor Förster<br />
15.05.1910 – 20.05.1974.<br />
ohne Emission und Reabsorption eines Photons strahlungslos<br />
durch Dipol-Dipol-Wechselwirkung über Distanzen im Bereich<br />
von 0.5 - 1.0 nm stattfi ndet. Dieser Mechanismus spielt eine<br />
große Rolle in den Lichtsammelkomplexen der Photosynthese,<br />
der Biolumineszenz sowie beim Betrieb organischer Halbleiter<br />
in Leuchtdioden und Lasern.<br />
Die Tagung begann mit einer Gedenksitzung,<br />
zu der zusätzlich zu<br />
den rund 75 regulären Teilnehmern<br />
über 50 ehemalige Mitarbeiter<br />
Theodor Försters sowie seine<br />
beiden Söhne Eberhard und<br />
Dietrich mit deren Familien anreisten.<br />
Horst E. A. Kramer rief die<br />
wesentlichen wissenschaftlichen<br />
Verdienste Försters in Erinnerung,<br />
und Herbert Dreeskamp ergänzte<br />
sie durch persönliche Erinnerungen.<br />
Gion Calzaferri, Inhaber der<br />
Theodor-Förster-Gedächtnisvorlesung<br />
2007, leitete mit seinem<br />
Vortrag über die Manipulation<br />
der Energietransferprozesse von<br />
Lichtsammelmolekülen in den<br />
H.E.A. Kramer,<br />
Schüler von Theodor Förster.<br />
Kanälen von Zeolithen in den wissenschaftlichen Teil der Tagung<br />
über.<br />
Thematisch befasste sich die Tagung mit den spektroskopischen<br />
Grundlagen des Lichtsammelns in biologischen, biomimetischen<br />
und technischen Systemen in der vollen Breite, mit<br />
deren theoretischem Verständnis sowie mit den Anwendungen<br />
in der Photovoltaik und der solaren Wasserspaltung. Bei<br />
diesen Vorgängen läuft eine Vielzahl komplex zusammenspielender<br />
Teilprozesse ab, beispielsweise die effi ziente Diffusion<br />
positiver und negativer Ladungsträger, welche in der Photovoltaik<br />
<strong>für</strong> die Ladungstrennung unerlässlich ist. Die beteiligten<br />
Zustände müssen in ihrer Energetik und die Vorgänge in ihrer<br />
Geschwindigkeit detailliert aufeinander abgestimmt sein,<br />
damit der Gesamtprozess mit hoher Effi zienz geführt werden<br />
kann.<br />
147
TAGUNG<br />
Schema der solaren Wasserspaltung an Halbleiter-Nanopartikeln.<br />
Bei der solaren Wasserspaltung, die oft auch artifi zielle Photosynthese<br />
genannt wird, faszinierte Akihiko Kudo die Zuhörer<br />
mit seinem Bericht über die Entwicklung einfacher, kostengünstiger<br />
Pulverkatalysatoren, die unter Licht in wässriger Lösung<br />
spontan zu Blasenentwicklung führen, was die Spaltung<br />
von Wasser eindrücklich nachweist. Zentral <strong>für</strong> die Funktion<br />
ist der Photokatalysator, der die Lichtanregung mit anschließender<br />
Ladungstrennung erlauben und an der Oberfl äche getrennte<br />
aktive Plätze <strong>für</strong> die Bildung von Wasserstoff und Sauerstoff<br />
zur Verfügung stellen muss. Mit Genugtuung wurde der<br />
grundlegende Fortschritt auf diesem <strong>für</strong> Chemiker vielleicht<br />
wichtigsten Gebiet der solaren Energieforschung zur Kenntnis<br />
genommen.<br />
Hand in Hand mit der Aufklärung<br />
der Grundlagen geht die praktische<br />
Umsetzung. Arndt Jäger<br />
von OSRAM setzte als Vertreter<br />
der Industrie den Fokus auf anwendungsbezogene<br />
Aspekte wie<br />
die Erhöhung der Lebensdauer<br />
durch die Vermeidung von Degradationsprozessen<br />
in organischen<br />
Leuchtdioden (OLEDs), sozusagen<br />
inversen Solarzellen, in de-<br />
nen Licht aus Strom statt Elektrizität aus Licht gewonnen wird.<br />
Das Auditorium ließ sich beeindrucken vom quecksilberfreien,<br />
angenehm weißen Flächenstrahler, der bei einer Lebensdauer<br />
von 5000 Stunden – deutlich mehr als bei einer Halogenlampe<br />
– mit relativ kleinem Verlust elektrische Energie in Licht<br />
umwandelt und in naher Zukunft als Tisch- oder Zimmerbeleuchtung<br />
eingesetzt werden soll.<br />
148<br />
Weiße OLED-Leuchte ORBEOS TM<br />
von OSRAM.<br />
BUNSEN-MAGAZIN · 12. JAHRGANG · 4/<strong>2010</strong><br />
Auf bemerkenswert hohem Niveau trugen die Konferenzteilnehmer<br />
mit Kurzvorträgen und Postern ihren Teil zum Erfolg der Tagung<br />
bei. Die drei besten Poster wurden mit einem von der Royal<br />
Society of Chemistry gestifteten Posterpreis ausgezeichnet. Als<br />
Jüngste unter den Teilnehmern waren auch Carolin Huber und<br />
Benedikt Rau vom Schlossgymnasium in Kirchheim unter Teck,<br />
die im vergangenen Jahr bei Jugend forscht mit einer Arbeit<br />
zur lichtinduzierten Wasserspaltung als Landessieger Baden-<br />
Württemberg hervorgegangen waren. Zusammen mit weiteren<br />
Studenten und Nachwuchswissenschaftlern stehen sie <strong>für</strong> die<br />
Generation der Jugend, die sich von der Tagung haben inspirieren<br />
lassen, das zentrale Problem der Energieversorgung unserer<br />
Gesellschaft auf nachhaltige Weise zu lösen.<br />
Jane Hordern von der RSC und der Tagungsvorsitzende überreichen die<br />
Posterpreise.
DEUTSCHE BUNSEN-GESELLSCHAFT<br />
H. Kuhn, H.-D. Försterling, D.H.Waldeck<br />
Principles of Physical Chemistry<br />
1036 Seiten, 2. Aufl age<br />
John Wiley&Sons, 105,99 €<br />
The second edition of “Principles of Physical Chemistry” by H.<br />
Kuhn, H.-D. Försterling and D. H. Waldeck aims to unify knowledge<br />
in the fi eld of physical chemistry. The book has clear pedagogical<br />
intentions: the authors aim to provide a global scientifi<br />
c methodology for the comprehension of chemical systems<br />
at different length scales, solidly based on general principles.<br />
The authors choose to progress along the length scale from<br />
atoms to their assemblies, molecules, and from individual<br />
molecules to their assemblies, gas and condensed phases,<br />
rather than treating the subjects independently. For this purpose,<br />
they build bridges from the quantum theory of atoms to<br />
complex molecular assemblies.<br />
Their goal is reached mainly due to the way in which the book<br />
is organized. In each chapter, the authors remind the reader<br />
of the current position on the path, summarize what has been<br />
learnt and show in which direction the argument will proceed.<br />
The unity of the approach is thus clearly visible. The book<br />
therefore achieves something which is not possible in the usual<br />
series of lectures on physical chemistry, where subjects are<br />
taught by different lecturers at different times during a scientifi<br />
c education.<br />
The fi rst two chapters, where the authors educate the reader<br />
about the fundamentals of the scientifi c approach, are particularly<br />
important. These two chapters are especially enjoyable,<br />
and teachers in particular will benefi t from thinking about the<br />
ideas expounded in these pages. The way in which wave-particle<br />
duality and the concept of the wave function are introduced<br />
is based on simple physical arguments about waves and is particularly<br />
instructive.<br />
The authors want the reader to develop an intuitive understanding<br />
of chemical phenomena. They show that theories<br />
are built step by step, with examples given throughout the<br />
text. The authors thus do not wait for a theory to be formally<br />
derived before using it to explain experimental facts. Complexity<br />
is shown to arise from simple building blocks. In this respect,<br />
the example of the particle in a box plays a central role<br />
in the fi rst part of the book, where one progresses from the<br />
fundamentals of quantum theory to intermolecular forces. The<br />
authors take advantage of the simplicity of this model to introduce<br />
several concepts of the quantum theory of atoms and<br />
molecules. It is also used to describe π-electrons in molecular<br />
systems and the emission of light. It is employed in such a way<br />
that it appears natural to introduce electron density functional<br />
Dr. Frédéric Leroy<br />
Theoretical Physical Chemistry Group,<br />
Eduard-Zintl-Institute for Inorganic and Physical Chemistry, Darmstadt University of Technology<br />
Petersenstraße 22, D-64287 Darmstadt<br />
E-Mail: f.leroy@theo.chemie.tu-darmstadt.de<br />
BUCHBESPRECHUNG<br />
theory and one is not astonished to see it again in the quantum<br />
approach to the chemistry of solids.<br />
By the end of Chapter 13, the authors have fi nished treating<br />
quantum theory, from wave-particle duality to the electronic<br />
structure of molecules. A quantitative view of chemical bonding<br />
has been introduced and the absorption and emission of light<br />
has been covered. Several spectroscopic methods have been<br />
introduced and related to the quantum mechanical properties<br />
of molecules and intermolecular forces.<br />
Starting from the fourteenth chapter, the authors begin to set<br />
up the basis of thermodynamics. Here again they follow their<br />
initial approach of introducing ideas about how an assembly<br />
of molecules behaves on the basis of what has been learnt<br />
from their individual description. This allows the gradual introduction<br />
of statistical mechanical concepts. The idea of entropy<br />
and its application to phase equilibria then sound natural.<br />
Although formal thermodynamics is given an entire chapter,<br />
it comes after concepts such as heat, work, and energy have<br />
been introduced and fully discussed.<br />
It is a characteristic of the book that mathematics are never<br />
given a dominant role. Nevertheless, rigorous and detailed<br />
derivations can be found on the supporting CD-ROM, where<br />
the authors take care not to neglect any step in a derivation.<br />
The CD-ROM also contains problems, as well as conventional<br />
and interactive Mathcad exercises.<br />
The central role played by thermodynamics is convincingly illustrated<br />
in the chapter devoted to reaction equilibria in aqueous<br />
solutions and biological systems. The chapter dealing with electrochemical<br />
cells illustrates the interplay between fundamental<br />
and practical concepts in the conversion of energy. There are<br />
also chapters dealing with real gases and equations of states,<br />
real solutions, chemical kinetics, and transition state theory.<br />
The two chapters that introduce soft matter complement very<br />
well the aim of presenting a unifi ed approach. A chapter devoted<br />
to supramolecular machines puts the reader in contact<br />
with current applied research.<br />
The book ends with Chapter 29, entitled: “Origin of Life: Matter<br />
Carrying Information”. The statistical approach and the other<br />
concepts introduced in the book are used here to discuss the<br />
physical approach to the ultimately complex system: life. This<br />
chapter is as enjoyable to read as the fi rst two. Here, all that<br />
which makes this book unique can be found.<br />
The book is broadly intended for scientists whose activities are<br />
related to physical chemistry. It is also intended for undergraduate<br />
and graduate students, although only the most advanced<br />
of these will be able to fully benefi t from its contents.<br />
Frédéric Leroy<br />
149
BUNSENTAGUNG/AKTUELLES<br />
150<br />
ANSPRACHE DES<br />
ERSTEN VORSITZENDEN ZUR<br />
ERÖFFNUNGSSITZUNG DER<br />
109. HAUPTVERSAMMLUNG<br />
DER DEUTSCHEN<br />
BUNSEN-GESELLSCHAFT FÜR<br />
PHYSIKALISCHE CHEMIE<br />
IN BIELEFELD, 13. MAI <strong>2010</strong><br />
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder und Freunde<br />
der Bunsen-Gesellschaft, liebe Gäste!<br />
Im Namen des Vorstandes der Bunsen-Gesellschaft <strong>für</strong> <strong>Physikalische</strong><br />
Chemie möchte ich Sie sehr herzlich in Bielefeld<br />
begrüßen und es ist mir eine besondere Ehre, die Bunsentagung<br />
offi ziell eröffnen zu können. Ich freue mich, dass so viele<br />
Freunde der <strong>Physikalische</strong>n Chemie zur diesjährigen Bunsentagung<br />
gekommen sind - trotz des langen Wochenendes und<br />
des Feiertags. Ich hoffe daher, dass sich <strong>für</strong> Sie alle der Einsatz<br />
lohnt, und dass Sie hier bei der Bunsentagung wieder ein<br />
spannendes Forum fi nden, bei dem Sie Ihre Ergebnisse vorstellen,<br />
neue Resultate aus anderen Arbeitsgruppen erfahren,<br />
alte Kontakte vertiefen und neue knüpfen können.<br />
Das Hauptthema der Tagung in diesem Jahr lautet:<br />
“Interfacial Systems Chemistry: Out of the Vacuum, Through<br />
the Liquid, Into the Cell”<br />
Die Chemie an Grenzfl ächen bestimmt in entscheidender Weise<br />
die Funktion unzähliger technischer und natürlicher Systeme<br />
bis zu uns trivial erscheinenden Alltagsanwendungen. Wir sind<br />
alle heute schon, auch wenn wir nicht wissenschaftlich tätig waren,<br />
mit Grenzfl ächen in Kontakt gekommen, so beim Frühstück<br />
oder beim morgendlichen Duschen. Die <strong>Physikalische</strong> Chemie<br />
hat nur in wenigen anderen Gebieten von Forschung und Technologie<br />
so deutliche Erfolge auch als Brückenfunktion gezeigt<br />
wie in der Grenzfl ächenforschung, wobei zunehmend komplexere<br />
Fragestellungen einbezogen werden. Traditionsgemäß ist<br />
bei diesem Gebiet eine enge Zusammenarbeit zwischen Grundlagenforschung<br />
und Anwendung gegeben und ich hoffe, dass<br />
sehr viele Gelegenheiten bestehen werden <strong>für</strong> einen intensiven<br />
Austausch zwischen Forschern beider Richtungen, was wie viele<br />
wissen, mir als Vertreter der industriellen Forschung besonders<br />
am Herzen liegt. Das Thema „Grenzfl ächen“ wird in den<br />
nächsten zwei Tagen sicher unsere ganze Aufmerksamkeit ha-<br />
BUNSEN-MAGAZIN · 12. JAHRGANG · 4/<strong>2010</strong><br />
ben und ich danke Herrn Prof. Dr. Armin Gölzhäuser und Herrn<br />
Prof. Dr. Christof Wöll sehr herzlich <strong>für</strong> die wissenschaftliche<br />
Vorbereitung dieser hochaktuellen Tagung.<br />
Bei der letzten Bunsentagung haben wir zum ersten Mal die Eröffnung<br />
auf den Donnerstagabend verlegt. Hintergrund hier<strong>für</strong><br />
war unser Bestreben, dem wissenschaftlichen Programm, der<br />
Diskussion und den Postern so viel Platz wie möglich einzuräumen.<br />
So werden wir heute Abend auch noch das Vergnügen haben,<br />
dass zunächst Herr Prof. Dr. Thomas Müller-Kirschbaum<br />
zur industriellen Anwendung sprechen und anschließend Herr<br />
Prof. Dr. George M. Whitesides von der Harvard University uns in<br />
einem Festvortrag das Thema „Interfacial Systems Chemistry“<br />
näher bringen wird.<br />
Ich danke speziell auch Frau Dr. Paula Barreleiro und Herrn Dr.<br />
Klaus Griesar, die diesmal das Industriesymposium vorbereitet<br />
haben. Diese Veranstaltung erweitert seit einigen Jahren das<br />
Programm der Bunsentagung und soll die Zusammenarbeit<br />
mit Forschern aus der Anwendung vertiefen. Als Vertreter der<br />
industriellen Forschung hoffe ich natürlich auf rege Teilnahme<br />
an dem Industriesymposium und interessante Gespräche. Es<br />
ist eine wichtige Aufgabe, die Bunsen-Gesellschaft <strong>für</strong> junge<br />
Leute noch attraktiver zu machen. Junge Wissenschaftlerinnen<br />
und Wissenschaftler sind bei der Bunsentagung oft diejenigen,<br />
die vortragen, oder noch häufi ger diejenigen, die Poster<br />
über Ihre Arbeit vorstellen.<br />
Damit ihre Poster noch sichtbarer werden, gibt es wie im vergangenen<br />
Jahr die von PCCP gestifteten Posterpreise und bis<br />
zu 10 „hot Topic“ Poster. Alle ausgewählten Poster werden in<br />
der Abschluss-Plenarsitzung kurz vorgestellt.<br />
Wie kommt man vom Postdoc zum Professor? Das Karriere forum<br />
der Bunsen-Gesellschaft hat sich dieser Zielgruppe gewidmet.<br />
Begonnen haben wir mit dieser Aktivität in Graz. In diesem Jahr<br />
wurde das Thema erweitert. In der gerade zu Ende gegangenen<br />
Veranstaltung wurde über Karrierewege zwischen Industrie und
DEUTSCHE BUNSEN-GESELLSCHAFT<br />
Hochschule diskutiert. Das Karriereforum ist dieses Jahr mit<br />
über 150 Anmeldungen auf ein außergewöhnlich hohes Interesse<br />
gestoßen. Ich möchte an dieser Stelle Herrn Dr. Harry Hoster,<br />
der diese Veranstaltung federführend organisiert hat, sehr<br />
herzlich danken. Besonderer Dank gebührt aber allen, die diese<br />
Tagung hier vor Ort erfolgreich vorbereitet haben – stellvertretend<br />
möchte ich Frau Prof. Dr. Katharina Kohse-Höinghaus sowie<br />
Herrn Dr. Andreas Brockhinke und Herrn Prof. Dr. Armin Gölzhäuser<br />
nennen, die diesen Dank den vielen Studierenden und<br />
weiteren Helfern hier in Bielefeld weiterleiten werden.<br />
Obwohl der Schwerpunkt der Tagung natürlich das wissenschaftliche<br />
Programm ist, möchte ich Ihnen nun noch in selektiver<br />
persönlicher Sicht einige Ereignisse und Themen in unserer<br />
Gesellschaft aus dem Jahr seit der letzten Bunsentagung<br />
in Köln berichten. Dies soll aufzeigen, dass die Bunsentagung<br />
zwar ein wichtiges Event der Bunsen-Gesellschaft ist, aber<br />
darüber hinaus auch viele weitere wichtige Aktivitäten laufen.<br />
Bevor ich dazu komme, möchte ich zuerst zu den Mitgliedern<br />
und Veränderungen bei dem Mitgliederstand der Bunsen-Gesellschaft<br />
etwas sagen. Seit Mai 2009 haben wir wiederum<br />
viele neue Mitglieder gewinnen können. Es freut mich besonders,<br />
hierbei auch zahlreiche junge Wissenschaftler zu fi nden,<br />
die sich <strong>für</strong> uns entschieden haben.<br />
Aber wir trauern auch um Kollegen aus unserem Kreis, die seit<br />
der letzten Bunsentagung in Köln verstorben sind. Wir sollten<br />
ein ehrendes Andenken an sie bewahren.<br />
Zum Thema Kommunikation ist zu berichten, dass die Bunsen-<br />
Gesellschaft seit der letzten Bunsentagung wiederum zahlreiche<br />
erfolgreiche Konferenzen mit getragen hat. Bereits zum<br />
3. Mal fanden die Manfred-Eigen Nachwuchswissenschaftlergespräche<br />
der Bunsen-Gesellschaft diesmal zum Thema „Wechselwirkung<br />
von Licht und Materie“ unter Teilnahme des Schirmherrn,<br />
Herr Prof. Dr. Manfred Eigen im Bosch-Haus in Stuttgart<br />
statt. Sehr renommierte Experten zu verschiedenen Gebieten<br />
fanden sich zu einer Diskussion mit jungen Wissenschaftlern<br />
in kleinem Kreis. Ich danke Herrn Prof. Dr. Klaus Meerholz,<br />
Herrn Dr. Ulrich Alkemade und Herrn Dr. Thomas Geelhaar <strong>für</strong><br />
die Organisation und den Sponsoren, insbesondere der Robert-<br />
Bosch GmbH und der Merck KGaA <strong>für</strong> ihre Unterstützung, so<br />
dass eine kostenlose Teilnahme und Verpfl egung möglich war.<br />
Sie, die jungen Leute, die von dieser Veranstaltung profi tieren<br />
konnten, hoffen wir überzeugt zu haben, dass sich eine Mitgliedschaft<br />
und aktive Mitarbeit bei uns lohnt.<br />
Wir bemühen uns und haben auch – wie ich glaube – großen<br />
Erfolg damit, das Bunsen-Magazin ansprechend und anregend<br />
zu gestalten, und Ihnen mit Leitartikeln und aktuellen Beiträgen<br />
eine nützliche und gern gelesene Mitgliederzeitschrift zu bieten.<br />
An dieser Stelle möchte ich unserem langjährigen Schriftleiter,<br />
Herrn Prof. Dr. Peter Schmidt, Darmstadt, sehr herzlich <strong>für</strong> sein<br />
herausragendes Engagement danken. Seine Nachfolge hat Herr<br />
Prof. Dr. Rolf Schäfer, ebenfalls aus Darmstadt, angetreten und<br />
ich freue mich auf eine weiterhin sehr gute Zusammenarbeit mit<br />
ihm und die Weiterentwicklung des Formats des Bunsen-Magazins.<br />
PCCP als unsere wissenschaftliche Zeitschrift ist erfolgreicher<br />
und schneller als jemals zuvor. Ich möchte Sie auf das spezielle<br />
Themenheft aufmerksam machen, das gerade erschienen<br />
BUNSENTAGUNG/AKTUELLES<br />
ist mit Artikeln zum Hauptthema dieser Bunsentagung.<br />
Meine Damen und Herren dies ist ein kurzer Überblick über Aktionen<br />
und Ereignisse der Bunsen-Gesellschaft – wenn Sie diese<br />
Aktivitäten gut und wichtig fi nden: engagieren Sie sich, sagen<br />
Sie es weiter, machen Sie Vorschläge. Wir unterstützen Sie<br />
dabei, die Bunsen-Gesellschaft lebt aber von Ihren Mitgliedern!<br />
Kommen wir nun zurück zu aktuellen Herausforderungen und<br />
Themen. In einer Zeit, in der sich langfristige Fragen den Naturwissenschaften<br />
stellen, wie das Thema Nachhaltigkeit oder eine<br />
gesicherte Energieversorgung, muss eine physikalisch-chemische<br />
Gesellschaft ein Ort der Diskussion und des Wissens über<br />
entsprechende quantitative Zusammenhänge sein. Hierbei ist<br />
wiederum die enge Interaktion zwischen Grundlagenforschung<br />
und Anwendung von herausragender Bedeutung, um die Rolle<br />
der <strong>Physikalische</strong>n Chemie weiter zu stärken. Wir beteiligen uns<br />
aktiv an der aktuellen Diskussion um die Bachelor- und Masterstudiengänge.<br />
So haben wir u.a. eine gemeinsame Erklärung<br />
verschiedener Gesellschaften zur Bedeutung der Promotion in<br />
den Natur- und Ingenieurwissenschaften in Deutschland mit<br />
erstellt, eine Stellungnahme der GDCh und der DPG zum Stand<br />
des Bologna-Prozesses unterstützt, aber auch eine eigene Initiative<br />
zur Erstellung von Empfehlungen zur Vereinheitlichung<br />
der Modulgrößen der Bachelor- und Promotionsstudiengänge<br />
im Bereich der <strong>Physikalische</strong>n Chemie gestartet.<br />
In den vergangenen Jahren haben wir das Thema Energie und<br />
die damit zusammenhängenden physikalisch-chemischen Vorgänge<br />
intensiv verfolgt. Ich erinnere an unsere Energiebroschüre<br />
oder auch nochmals an unsere Manfred-Eigen Nachwuchswissenschaftlergespräche.<br />
Diese Aktivitäten sind <strong>für</strong> mich als Industrievertreter<br />
von besonderem Stellenwert, da sie unseren jungen<br />
Wissenschaftlern die Bedeutung der <strong>Physikalische</strong>n Chemie <strong>für</strong><br />
die Anwendung aufzeigen und wir mit ihnen gemeinsam aktuelle<br />
Fragestellungen aus industrieller und wissenschaftlicher Sicht<br />
diskutieren und bearbeiten können. Das ist ein Aufgabengebiet,<br />
dem sich die <strong>Deutsche</strong> Bunsen-Gesellschaft auch in Zukunft<br />
weiterhin intensiv widmen muss, damit dringende gesellschaftliche<br />
Probleme durch gut ausgebildete Wissenschaftler zielstrebig<br />
und fundiert angegangen werden können. Die Begeisterung<br />
der jungen Wissenschaftler <strong>für</strong> die <strong>Physikalische</strong> Chemie und<br />
ihre Anwendungen in der Industrie ist dabei selbstverständlich<br />
nur ein Aspekt – genauso wichtig ist die gute wissenschaftliche<br />
Ausbildung unseres Nachwuchses an den Hochschulen und die<br />
Fähigkeit, eigene Ideen in Projekten zielstrebig zu verfolgen.<br />
Hier sehe ich die <strong>Deutsche</strong> Bunsen-Gesellschaft mit ihren spezifi<br />
schen Veranstaltungen wie auch dem Karriereforum bereits<br />
gut aufgestellt. Ich werde mich mit dem Vorstand der Bunsen-<br />
Gesellschaft da<strong>für</strong> einsetzen, dass wir auch in Zukunft unserem<br />
wissenschaftlichen Nachwuchs die Möglichkeiten <strong>für</strong> die Karriereplanung<br />
sowohl in der Industrie als auch in der Hochschule<br />
mit all ihren Vorteilen und Risiken aufzeigen und ihn bestmöglich<br />
auf seinem Weg begleiten.<br />
Meine Damen und Herren, ich möchte damit meinen zusammenfassenden<br />
Überblick über die Aktivitäten der Bunsen-Gesellschaft<br />
beenden und uns allen spannende und angenehme<br />
Tage mit interessanten Diskussionen wünschen.<br />
Wolfgang von Rybinski<br />
151
Fotos:<br />
Andreas Brockhinke<br />
Heiko Link<br />
Impressionen<br />
Bunsentagung <strong>2010</strong><br />
in Bielefeld
PREISE/EHRUNGEN<br />
Dr. Henning Schmidgen<br />
[Foto: Heiko Link]<br />
Arbeitsplatz der Wissenschaftler.<br />
154<br />
PAUL-BUNGE-PREIS <strong>2010</strong><br />
AN DR. HENNING SCHMIDGEN<br />
Wissenschaftliche Instrumente<br />
sind Teil unseres wissenschaftlich–kulturellen<br />
Erbes. Sie liefern<br />
Erkenntnisse über die Genese<br />
von Wissen und über die<br />
Beziehungen zwischen Wissenschaft,<br />
Wirtschaft, Kultur und<br />
Gesellschaft. Ihre historische<br />
Erforschung ist ein junges Arbeitsgebiet<br />
der Wissenschaftsgeschichte.<br />
Ausgangspunkt in<br />
den 1980er Jahren war die<br />
Erfahrung einer nachhaltigen<br />
Transformation der Forschungspraxis<br />
durch den Einzug von<br />
Elektronik und Computer am<br />
Von der <strong>Deutsche</strong>n Bunsen-Gesellschaft und der Gesellschaft<br />
<strong>Deutsche</strong>r Chemiker gemeinsam getragen, fördert die Hans R.<br />
Jenemann-Stiftung die historische Erforschung wissenschaftlicher<br />
Instrumente. Von Hans R. Jenemann, dem 1996 verstorbenen<br />
Sammler und Historiker der Chemischen Analysenwaage,<br />
ins Leben gerufen, verleiht die Stiftung seit 1993 den<br />
international ausgeschriebenen Paul-Bunge-Preis. Der Name<br />
des Preises erinnert an den bedeutendsten Konstrukteur chemischer<br />
Analysenwaagen im 19. Jahrhundert.<br />
Der diesjährige Preisträger ist Dr. Henning Schmidgen. Als<br />
Psychologe ausgebildet und mit einem Zweitstudium in Philosophie,<br />
nach der Promotion zunächst <strong>für</strong> zwei Jahre in der<br />
klinischen Psychologie tätig, arbeitet er seit 1997 am Max-<br />
Planck-Institut <strong>für</strong> Wissenschaftsgeschichte in Berlin – unterbrochen<br />
durch Forschungsaufenthalte und Gastprofessuren<br />
an der École des Hautes Études en Sciences Sociales in<br />
Paris, der Stanford University und der Harvard University. Im<br />
Rahmen eines Projekts zur Geschichte der Experimentalisierung<br />
der Lebenswissenschaften bearbeitet Schmidgen die<br />
Instrumentalisierung der kognitions- und neurophysiologischen<br />
Forschung im 19. und 20. Jahrhundert. Daneben ist er<br />
maßgeblich an der Schaffung einer Bild- und Text-Datenbank<br />
zur Geschichte von Experiment und Instrument beteiligt, die<br />
als „Virtual Laboratory“ als<br />
Referenz international genutzt wird. Von 2000 bis 2005 war<br />
Schmidgen Gründungsmitglied der „Jungen Akademie“ an der<br />
Berlin- Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und<br />
der <strong>Deutsche</strong>n Akademie der Naturforscher Leopoldina.<br />
Die wissenschaftlichen Arbeiten von Henning Schmidgen sind<br />
von theoretischen Überlegungen geleitete historisch-empirische<br />
Fallstudien zur Instrumentalisierung des Labors im 19. Jhdt. Im<br />
Zentrum stehen die damit verbundenen Experimentalpraktiken.<br />
BUNSEN-MAGAZIN · 12. JAHRGANG · 4/<strong>2010</strong><br />
Besondere Aufmerksamkeit gilt der Messung rasch ablaufender<br />
Sinnesvorgänge, ein Gebiet an der Schnittstelle von Philosophie,<br />
Psychologie, Physiologie und Experimentalphysik, dem<br />
in der 2. Hälfte des 19. Jhdts. ein ähnlicher Stellenwert zukam<br />
wie der Kognitions- und Hirnforschung heute. Schmidgens Aufsätze<br />
zum Hippschen Chronoskop und zur Donders-Maschine,<br />
Apparate zur Messung der Geschwindigkeit psychophysischer<br />
Reaktionen, gelten bereits heute als Klassiker. Sie gehen aus<br />
von konkreten Objekten, rekonstruieren die Praxisbezüge, in<br />
denen diese verwendet wurden, das materielle und technologische<br />
Umfeld, ohne das sie nicht möglich gewesen wären,<br />
ferner den methodologischen und philosophischen Diskurs<br />
und stellen schließlich theoretische Fragen wie die nach der<br />
Grenze zwischen individuellem Instrument, Experimentalsystem<br />
und technisch-materiellem Kontext.<br />
In seinem kürzlich erschienenen Buch „Die Helmholtz’ Originalkurven:<br />
Auf der Spur der verlorenen Zeit“ (Berlin: Merve-<br />
Verlag, <strong>2010</strong>) geht Schmidgen aus von einem singulären<br />
Archivfund: Helmholtz’ Originalkurven von 1850/51 zur Fortpfl<br />
anzungsgeschwindigkeit der Nervenreizung, einem der<br />
Schlüsselexperimente <strong>für</strong> die Begründung der modernen Lebenswissenschaften.<br />
Helmholtz’ Zeitexperimente untersuchen<br />
das Intervall zwischen Reiz und Reaktion, Wahrnehmung und<br />
Handlung, und machen die „verlorene Zeit“ zur intrinsischen<br />
Dimension des Organismus. Die Arbeit stellt Helmholtz’ Untersuchungen<br />
in den historischen Kontext der Experimentalisierung<br />
und Instrumentalisierung von Wahrnehmungsprozessen<br />
sowie in den systematischen Kontext des wechselseitigen<br />
Bezugs von digitalen und analogen Inskriptions- bzw. Repräsentationspraktiken.<br />
Dabei kontextualisiert Schmidgen die<br />
Kymograph nach Carl Ludwig mit fortlaufendem Registrierstreifen; aus: Elie<br />
de Cyon, Atlas zur Methodik der Physiologischen Experimente und Vivisectionen<br />
(Giessen/St. Petersburg: Ricker, 1876). [Quelle: http://vlp.mpiwgberlin.mpg.de]
DEUTSCHE BUNSEN-GESELLSCHAFT<br />
Experimentalpraktiken der Physiologen mit den Vernetzungs-<br />
und Dynamisierungstechnologien des 19. Jhdts. (Telegraphie,<br />
Zentraluhren, Publikationsmedien), der Geschichte von Photographie,<br />
Kinematographie und künstlerischen Bewegungsstudien<br />
und weitet den Blick damit zu einer Kultur- und Mediengeschichte<br />
der Wahrnehmung, die zunehmend als instrumentell<br />
vermittelte Wahrnehmung zu verstehen ist.<br />
Prof. Dr. Christoph Meinel<br />
Lehrstuhl <strong>für</strong> Wissenschaftsgeschichte<br />
Universität Regensburg<br />
D-93<strong>04</strong>0 Regensburg, Germany<br />
Tel. +49-941-943 3661, Fax +49-941-943 1985<br />
http://www-wissenschaftsgeschichte.uni-regensburg.de<br />
PREISE/EHRUNGEN<br />
Für diese Arbeiten und <strong>für</strong> den Aufbau des „Virtual Laboratory“<br />
wurde Dr. Henning Schmidgen im Rahmen der 109. Hauptversammlung<br />
der <strong>Deutsche</strong>n Bunsen-Gesellschaft <strong>für</strong> <strong>Physikalische</strong><br />
Chemie in Bielefeld am 13. Mai <strong>2010</strong> der Paul-Bunge-<br />
Preis verliehen.<br />
VERLEIHUNG DES<br />
NERNST-HABER-BODENSTEIN-PREISES<br />
AN PROF. DR. JENS MICHAELIS<br />
Prof. Dr. Jens Michaelis<br />
[Foto: Heiko Link]<br />
Der Nernst-Haber-Bodenstein-<br />
Preis wird von der Bunsen-Gesellschaft<br />
jährlich ausgeschrieben<br />
und zur Anerkennung<br />
hervorragender wissenschaftlicher<br />
Leistungen in der <strong>Physikalische</strong>n<br />
Chemie im Gedächtnis<br />
an Max Bodenstein, Fritz<br />
Haber und Walther Nernst an<br />
jüngere Wissenschaftler verliehen.<br />
Der Nernst-Haber-Bodenstein-Preis<br />
ging in diesem<br />
Jahr an Herrn Prof. Dr. Jens<br />
Michaelis, München. Mit dem<br />
Preis wurden seine Arbeiten<br />
auf dem Gebiet der Entwick-<br />
lung modernster Einzelmolekülfl uoreszenztechniken und deren<br />
Anwendung auf die strukturelle Untersuchung von Proteinkomplexen<br />
ausgezeichnet.<br />
Herr Michaelis studierte Physik in Ulm und Oregon. Sein Studium<br />
schloss er 1996 mit dem Master of Science der Universität<br />
Oregon ab und promovierte im Jahr 2000 bei Herrn Prof. Mlynek<br />
in Konstanz. Anschließend kehrte Herr Michaelis zurück in die<br />
USA an die Universität von Kalifornien in Berkeley, wo er in der<br />
Gruppe von Prof. Bustamante als Postdoktorand forschte.<br />
Nach seiner Rückkehr nach Deutschland arbeitete er an der<br />
LMU München anfangs als Leiter der Arbeitsgruppe “Nanomechanics“<br />
und seit Ende 2008 auf einer W2 Tenure Track Professur<br />
am Department of Chemistry and Biochemistry.<br />
Sein Arbeitsgebiet besteht in der Entwicklung modernster Einzelmolekülfl<br />
uoreszenzmethoden, die er sehr erfolgreich auf<br />
verschiedene biophysikalische Problemstellungen anwendet.<br />
Besonders herausragend ist die Struktur- und Funktionsaufklärung<br />
von Proteinkomplexen. Hier ist es Herrn Michaelis<br />
erstmals gelungen, durch Einzelmolekülfl uoreszenznachweis<br />
die Struktur und Position von fl exiblen Bereichen in den Proteinkomplexen<br />
zu ermitteln.<br />
In einem zweiten Ansatz hat er ein anderes zentrales Thema<br />
zum Verständnis der Expression des Genoms aufgenommen.<br />
Wiederum mit Hilfe von Einzelmolekülfl uoreszenzspektroskopie<br />
konnte er die Konformationsumwandlungen von ATPase<br />
während des mechano-chemischen Zyklusses entschlüsseln.<br />
Diese Entschlüsselung bildet die Grundlage <strong>für</strong> das heutige<br />
Verständnis der Positionierung von Nukleosomen in Eukaryonten,<br />
die <strong>für</strong> die Bindung von Proteinen an bestimmte DNA<br />
Sequenzen verantwortlich sind.<br />
Für diese grundlegenden Beiträge zur biophysikalischen Chemie<br />
wurde er auf der Bunsentagung in Bielefeld mit dem<br />
Nernst-Haber-Bodenstein-Preis ausgezeichnet.<br />
155
PREISE/EHRUNGEN<br />
156<br />
POSTERPREISE<br />
DER BUNSENTAGUNG <strong>2010</strong><br />
BUNSEN-MAGAZIN · 12. JAHRGANG · 4/<strong>2010</strong><br />
Mit über 200 Postern präsentierte die Posterausstellung einen wesentlichen Teil des wissenschaftlichen Programms der Bunsentagung<br />
<strong>2010</strong>. Damit die Poster noch sichtbarer werden, wurden durch ein Gutachtergremium nicht nur die drei Posterpreise ausgewählt,<br />
sondern auch „hot Topic“ Poster. Alle ausgewählten Poster wurden in der Abschluss-Plenarsitzung von den Posterautoren<br />
mit aussagekräftigen Folien vorgestellt.<br />
POSTERPREISE<br />
Posterpreisträger (von links) Konrad Meister, Wolfgang Christen, Sebastian<br />
Weiße mir Erstem Vorsitzenden der Bunsen-Gesellschaft Wolfgang von<br />
Rybinski (rechts).<br />
P16<br />
Metal-carbonyl complexes as a new modality for label-free live<br />
cell imaging by Raman microspectroscopy<br />
Konrad Meister, Johanna Niesel, Ulrich Schatzschneider, Nils<br />
Metzler-Nolte, Diedrich A. Schmidt, Martina Havenith<br />
With the help of confocal Raman microspectroscopy we were<br />
able to localize the biological active metal compound [Mn(tpm)<br />
(CO) 3]Cl in living cells. The goal of the collaboration between<br />
the research groups of Professor Havenith and Professor Metzler-Nolte<br />
within the Research Department of Interfacial Systems<br />
Chemistry in Bochum is to provide new insights into the<br />
mode of actions of metal-containing drugs.<br />
3D Raman intensity images of HT29 colon cancer cells incubated<br />
with an aqueous solution of [Mn(tpm(CO) 3]Cl show that this<br />
compound penetrates the cell and selectively accumulates in<br />
the nuclear membrane and the nucleolus. The C ≡ O stretching<br />
vibration of the compound serves as an intrinsic spectroscopic<br />
marker since the C≡O bond is in a region where no cellular<br />
bands are present. This work shows that a label-free detection<br />
of metal-carbonyls in living cells is possible. The localization of<br />
the compound in the nucleus gives the synthetic chemists new<br />
valuable hints on the biological mode of action and possible<br />
improvements of the compound.<br />
See e .g.: K. Meister, J. Niesel, U. Schatzschneider, N. Metzler-Nolte,<br />
D. A. Schmidt, M. Havenith, “Label-Free Imaging of solvated Metal-<br />
Carbonyl Complexes in Live Cells by Raman Microspectroscopy”,<br />
Angewandte Chemie International Edition 49, 3310-3312 (<strong>2010</strong>)<br />
P74<br />
4D-Tracking of pathogens by Digital In-line Holographic Microscopy<br />
Sebastian Weiße, Matthias Heydt, Niko Heddergott, Markus<br />
Engstler, Michael Grunze, Axel Rosenhahn<br />
The blood parasite Trypanosoma brucei is the causative agent<br />
of the lethal African Sleeping Sickness. One possible mechanism<br />
by which the parasite evades the host’s immune system<br />
is based on the self-propulsion of the pathogen (Engstler et<br />
al., Cell 2007). Since to date there is not known much about<br />
the complex swimming patterns of Trypanosoma brucei we<br />
investigate the organism‘s motility by using digital in-line holographic<br />
microscopy (Xu et al., Opt Lett 2003; Heydt et al., Journal<br />
of Adhesion 2007). This technique enables us to conduct<br />
a fully three-dimensional and therefore quantitative motility<br />
analysis. We developed a transportable holographic microscope<br />
allowing measurements under the control of experimental<br />
parameters such as temperature and viscosity under<br />
fl ow or static conditions and therefore a systematic variation<br />
of these factors.<br />
Engstler, M. et al. „Hydrodynamic fl ow-mediated protein sorting<br />
on the cell surface of trypanosomes.“ Cell 131, 505-515<br />
(2007).<br />
Heydt, M et al. „Digital in-line holography as a three-dimensional<br />
tool to study motile marine organisms during their exploration<br />
of surfaces.“ Journal of Adhesion 83, 417-430 (2007).<br />
Xu, W. et al. „Tracking particles in four dimensions with in-line<br />
holographic microscopy.“ Optics Letters 28, 164-166 (2003).
DEUTSCHE BUNSEN-GESELLSCHAFT<br />
P99<br />
Supersonic Beams at High Particle Densities Chemical Physics<br />
beyond the Ideal Gas Approximation<br />
Wolfgang Christen, Björn Kobin, Oliver Korup, Tim Krause,<br />
Klaus Rademann<br />
We are investigating the physicochemical properties of nanosized<br />
particles employing high pressure supersonic jet expansions.<br />
Both neutral and singly charged clusters from molecules<br />
such as H 2O, CO, CO 2, C xH y with sizes between 2 and 20,000<br />
units serve as well defi ned, wall-free test tubes. Advanced<br />
mass spectrometric methods are combined with ultrahigh<br />
vacuum surface science techniques for the exploration of fundamental<br />
processes such as homogeneous and heterogeneous<br />
condensation, collision-induced dissociation, metastable<br />
fragmentation, ion-molecule, molecule-surface, and clustersurface<br />
reactions. These studies are relevant for analytical<br />
and atmospheric chemistry, and also for materials science and<br />
chemical engineering.<br />
http://clusterlab.de<br />
Representative publications are: J. Phys. Chem. A 102, 9420<br />
(1998); Int. J. Mass Spectrom. Ion Proc. 174, 35 (1998).<br />
J. Chem. Phys. 125, 174307 (2006); Phys. Scr. 80, <strong>04</strong>8127<br />
(2009).<br />
HOT TOPIC POSTER<br />
PREISE/EHRUNGEN<br />
P35<br />
Multi-scale modeling of solid oxide fuel cells: From pattern anodes<br />
to a hybrid power plant system<br />
W. G. Bessler, F. Leucht, M. Henke, V. Yurkiv, M. Vogler<br />
P39<br />
Towards the engineering of functional molecular architectures:<br />
the infl uence of substrate-molecule and molecule-molecule interactions<br />
on the assembly of porphyrins on different surfaces<br />
Florian Buchner, Elisabeth Zillner, Michael Röckert, Stephanie<br />
Gläßel, Hans-Peter Steinrück, Hubertus Marbach<br />
P48<br />
Freestanding polymer carpets<br />
André Beyer, Ihsan Amin, Martin Steenackers, Ning Zhang, Xianghui<br />
Zhang, Rainer Jordan, Armin Gölzhäuser<br />
P110<br />
Chemistry of hydrated transition metal cluster and their reactivity<br />
with nitrogen oxides in the gas phase<br />
Christian van der Linde, Robert F. Höckendorf, O. Petru Balaj,<br />
Martin K. Beyer<br />
P125<br />
Photon Density Wave spectroscopy for in-line particle sizing<br />
Dorit Munzke, Roland Hass, Oliver Reich<br />
P127<br />
Annealing effects on the magnetic properties of Mn-doped<br />
CdSe/CdS semiconductor nanoparticles<br />
Shih-Hao Kung, Christina Graf, Andreas Hofmann, Krischan<br />
Jeltsch, Christine Boeglin, Eckart Rühl<br />
P170<br />
In situ SEM study of the electrode system Pt(O 2)YSZ<br />
Hendrik Pöpke, Eva Mutoro, Bjoern Luerßen, Jürgen Janek<br />
P178<br />
Detailed investigation of the growth kinetics and mechanism of<br />
ZnO nanorods in methanol<br />
Martin Klaumünzer, Michael Voigt, W. Peukert<br />
P208<br />
Predicting enthalpies of vaporization of Imidazolium-based<br />
ionic liquids from far Infrared spectra<br />
Alexander Wulf, Koichi Fumino, Ralf Ludwig, S. P. Verevkin, A.<br />
Heintz<br />
P216<br />
In situ assembly of macromolecular comlexes triggered by light<br />
Christian Grunwald, Katrin Schulze, Annett Reichel, Victor U.<br />
Weiss, Dieter Blaas, Jacob Piehler, Karl-Heinz Wiesmüller,<br />
Robert Tampé<br />
157
BUNSENTAGUNG/AKTUELLES<br />
Harry Hoster<br />
Als „Karriere“ (von französisch „carrière“) bezeichnet man<br />
die persönliche Laufbahn eines Menschen in seinem Berufsleben.<br />
Wörtlich kann man „Karriere“ mit „Fahrstraße“ übersetzen.<br />
Das Karriereforum, das seit 2007 jährlich im Rahmen<br />
der Bunsentagung stattfi ndet, richtete sich als Informationsveranstaltung<br />
zunächst an alle Fahrer auf jener Straße, die in<br />
der <strong>Physikalische</strong>n Chemie von der Promotion bis zur ersten<br />
Professur führt. Dass diese Straße abschnittsweise weniger<br />
dem Champs-Élysées als dem Brenner gleicht, hat sich herumgesprochen.<br />
Klar ist aber auch, dass niemand gezwungen<br />
ist, sich als autodidaktischer Einzelkämpfer auf diesen Weg<br />
zu machen. Als Netzwerk promovierter Physikochemiker 1 hat<br />
sich der so genannte „aktive Kern des Karriereforums“ gebildet,<br />
dem momentan zwölf Wissenschaftler zuzurechnen sind<br />
(Namensliste siehe unten). Sowohl der aktive Kern als auch<br />
das Karriereforum als Informationsveranstaltung sucht mittlerweile<br />
zum erweiterten Wissens-, Informations- und Erfahrungsaustausch<br />
bewusst auch den Kontakt zu Kollegen, die sich <strong>für</strong><br />
eine Tätigkeit in der freien Wirtschaft entschieden haben. Einige<br />
Ideen und Gedanken aus der Mitte dieses Netzwerkes sind<br />
in den vergangenen Jahren in Form von Artikeln im Bunsenmagazin<br />
(5/2008, 2/2009, 3/2009, 4/2009) oder den Nachrichten<br />
aus der Chemie (11/2009) sichtbar geworden.<br />
Wie in den drei Jahren zuvor war auch das Karriereforum <strong>2010</strong><br />
darauf ausgerichtet, den etwa 80 Teilnehmern dabei zu helfen,<br />
sich klarer über die eigenen berufl ichen Ziele zu werden und<br />
sie mit den Verkehrsregeln und möglichen Antriebshilfen auf<br />
dem Weg dorthin vertrauter zu machen. In einem von vielen<br />
Fragen begleiteten Beitrag gab Wiltrud Christine Radau vom<br />
<strong>Deutsche</strong>n Hochschulverband eine Übersicht über „Qualifi kationsprofi<br />
le und –wege <strong>für</strong> Nachwuchs wissenschaftler“. Schwerpunkt<br />
waren die verschiedenen, <strong>für</strong> promovierte Wissenschaftler<br />
in Frage kommenden Arbeitsverhältnisse sowie damit<br />
verbundene Rechte und Pfl ichten, Probleme und Perspektiven.<br />
Besonders wichtig: die Beschränkung der Beschäftigungsdau-<br />
158<br />
BUNSEN-MAGAZIN · 12. JAHRGANG · 4/<strong>2010</strong><br />
KARRIEREWEGE ZWISCHEN<br />
INDUSTRIE UND HOCHSCHULE –<br />
EIN RÜCKBLICK AUF DAS KARRIEREFORUM<br />
AUF DER BUNSENTAGUNG <strong>2010</strong><br />
Dr. Harry Hoster<br />
Universität Ulm, Institut <strong>für</strong> Oberfl ächenchemie und Katalyse<br />
89069 Ulm<br />
Tel.: +49 (0)731/50-25469, Fax: +49 (0)731/50-25452<br />
E-Mail: harry.hoster@uni-ulm.de<br />
er in einem befristeten Arbeitsverhältnis auf maximal 12 Jahre<br />
(§2 Abs. 1 WissZeitVG). Vielen ist nicht bewusst, dass in diese<br />
12 Jahre auch die Promotionszeit eingeht, selbst wenn diese<br />
nicht mit einem Angestelltenverhältnis verknüpft, sondern z.B.<br />
über ein Stipendium fi nanziert war. Abziehbar sind lediglich<br />
längere Auslandsaufenthalte. Auch die Segnungen des Föderalismus<br />
kamen zur Sprache, die den ohnehin fi nanzstarken<br />
Bundesländern über die länderspezifi sche Professorenvergütung<br />
weitere (potenzielle) Vorteile im Wettbewerb um die besten<br />
Köpfe verschaffen. Skurril muten auch andere Folgen einiger<br />
jüngerer Reformen an: wer als frisch berufener Professor<br />
das Glück hat, in seiner neuen Position auf die Unterstützung<br />
durch einen nach A-Besoldung bezahlten akademischen Rat<br />
zählen zu können, sollte nicht zögern, diesen bei Gelegenheit<br />
auch um fi nanziellen Beistand zu bitten – denn der Rat verdient<br />
vermutlich mehr als sein neuer Vorgesetzter.<br />
Als Referentin <strong>für</strong> Chemie und Verfahrenstechnik bei der DFG<br />
gab anschließend Kathrin Winkler einen Überblick über Förderprogramme<br />
mit besonderer Relevanz <strong>für</strong> Naturwissenschaftler<br />
vor der ersten Berufung. Hier gab es eine Reihe von Rückfragen<br />
zu den Konzepten der Nachwuchsgruppen oder auch der<br />
Heisenberg- und Lichtenbergprofessuren. Dabei stellte sich<br />
heraus, dass man sich um viele individuelle Förderprogramme<br />
möglichst schon bei Abgabe der Dissertation kümmern sollte,<br />
um dann nach der Promotion in den Genuss einer möglichst<br />
nahtlosen Anschlussfi nanzierung kommen zu können.<br />
Wie die Überschrift dieses Artikels andeutet, lag der thematische<br />
Schwerpunkt des Karriereforums <strong>2010</strong> jedoch nicht auf<br />
rein akademischen Berufsbildern. Vielmehr wollten wir einen<br />
Eindruck gewinnen, wie durchlässig denn in Deutschland die<br />
Barrieren zwischen akademischer Forschung einerseits und<br />
Arbeit in der Industrie andererseits sind. Hierzu hatten wir vier<br />
Wissenschaftler, die beide Seiten kennen, zu einer Podiumsdiskussion<br />
eingeladen. Dies waren Michael Dröscher (Apl. Pro-<br />
1 Wir weisen darauf hin, dass die im Text der Einfachheit halber verwendeten<br />
maskulinen Formen (Physikochemiker, Kollege, Wissenschaftler, Professor,<br />
Gruppenleiter, Mitarbeiter etc.) Frauen und Männer gleichermaßen<br />
umfassen.
DEUTSCHE BUNSEN-GESELLSCHAFT<br />
fessor an der Uni Münster | Corporate Senior Vice President<br />
Innovation Management bei Evonik), Yvonne Joseph (Gastdozentin<br />
<strong>für</strong> <strong>Physikalische</strong> Chemie an der Uni Stuttgart | Wissenschaftlerin<br />
bei Sony Deutschland), Hubert Gasteiger (Professor<br />
<strong>für</strong> technische Elektrochemie an der TU-München, vormals<br />
Technical Manager <strong>für</strong> Brennstoffzellenmaterialentwicklung<br />
bei General Motors), und Peter Broekmann (Dozent <strong>für</strong> Elektrochemie<br />
und Gruppenleiter an der Uni Bern | Berater des<br />
BASF Kupferplating-Teams). Die Diskussion orientierte sich an<br />
den folgenden fünf Leitfragen:<br />
1. Welches sind Einsatzgebiete von Physikochemikern in<br />
der Industrie?<br />
2. Welche Qualifi kationsprofi le sind in der Industrie besonders<br />
gefragt?<br />
3. Welche Erfahrungen und Qualifi kationen kann nur die Industrie<br />
bieten?<br />
4. Welche Hindernisse gibt es beim Wechsel in die eine oder<br />
andere Richtung?<br />
5. Wie gefragt sind Kandidaten aus der Industrie bei Berufungsverfahren?<br />
Die wesentlichen Antworten zu jeder dieser fünf Fragen sind im<br />
Folgenden zusammengefasst.<br />
Welches sind Einsatzgebiete von Physikochemikern in der<br />
Industrie?<br />
Physikochemiker werden generell als vielseitig einsetzbar<br />
wahrgenommen. Bedingt vor allem durch das stark gestiegene<br />
Interesse an der elektrochemischen Energiewandlung besteht<br />
momentan insbesondere ein Bedarf an Elektrochemikern.<br />
Weitere wichtige fachspezifi sche Aufgabengebiete liegen in der<br />
Materialcharakterisierung (Spektroskopie/Mikroskopie), der<br />
Entwicklung diagnostischer Prozeduren sowie der Einbindung<br />
solcher Prozeduren in komplexere Gesamtprozesse. Physikochemiker<br />
werden eher in fachübergreifenden Teams als in zentralen<br />
Prüf- und Untersuchungslabors eingesetzt. Generell gilt,<br />
dass die eigentlichen PC-Fachqualifi kationen nur in den ersten<br />
Jahren einer Industrietätigkeit zum Tragen kommen.<br />
Welche Qualifi kationsprofi le sind in der Industrie besonders<br />
gefragt?<br />
Zum stark branchen- und konjunkturabhängigen Bedarf an<br />
Spezialqualifi kationen (z.B. Elektrochemie, s.o.) sind keine<br />
generellen Aussagen zu machen. Klar ist aber, dass Persönlichkeit<br />
und Auftreten eines Bewerbers mindestens ebenso<br />
wichtig sind wie fachliche Qualifi kationen. Wichtig erschienen<br />
den Podiumsteilnehmern vor allem Fähigkeiten a) zum Aufbau<br />
und zur Leitung interdisziplinärer Teams, b) zum analytischen<br />
Denkvermögen und zur systematischen Planung und Dokumentation<br />
von Projektarbeiten sowie c) zur interdisziplinären<br />
Kommunikation, was nicht zuletzt <strong>für</strong> die Vermittlung von Ergebnissen<br />
an höhere Hierarchieebenen bedeutsam ist. Eng<br />
mit den genannten Punkten verknüpft sind ein erwünschter<br />
hoher Enthusiasmus und eine hohe Motivation, die im Idealfall<br />
auch auf Mitarbeiter ausstrahlen sollte.<br />
BUNSENTAGUNG/AKTUELLES<br />
Welche Erfahrungen und Qualifi kationen kann nur die Industrie<br />
bieten?<br />
Der vormals akademisch tätige Forscher hat in der Industrie<br />
oft seine erste Berührung mit betriebswirtschaftlichen Konzepten.<br />
Auch Fragen des Patentrechts oder Produktmarketings<br />
waren vormals oft nicht seine zentrale Herzensangelegenheit.<br />
Statt wissenschaftlicher Originalität zählen in der Industrie die<br />
ökonomische Relevanz von Forschungsergebnissen: neue, verbesserte,<br />
oder verbilligte Produkte. Ferner wächst der Druck,<br />
sich ein effektives Zeit- und Personalmanagement anzueignen.<br />
Der Forscher mutiert also zum Forschungsmanager. Für<br />
diesen sollte die Forschung dann auch weniger Herzens- als<br />
Kopfsache sein, da selbst das erfolgreichste Projekt, wie Michael<br />
Dröscher zu berichten wusste, von höherer Stelle aus<br />
heiterem Himmel <strong>für</strong> beendet erklärt werden kann – und dann<br />
sollte man ihm keine Träne nachweinen.<br />
Sehr positiv wurden die ausgezeichneten Ressourcen (technische<br />
Ausstattung und Humankapital) gesehen, die in der Industrie<br />
zur Verfügung stehen. Hubert Gasteiger betonte besonders<br />
den Wert der Horizonterweiterung durch die Zusammenarbeit<br />
mit anderen Firmen und fachlich anders spezialisierten Kollegen.<br />
So war es an ihm, den mit ihm arbeitenden Ingenieuren<br />
zu erklären, wie Protonen in einer Brennstoffzellenmembran<br />
gebremst werden, während diese ihm schonend beizubringen<br />
hatten, dass nicht jede Brennstoffzellen konstruktion die erste<br />
Vollbremsung eines Fahrzeuges mechanisch überleben würde.<br />
Industriespezifi sche Erfahrungen behalten ihren Wert auch<br />
nach einer Rückkehr in die akademische Forschung. Sie helfen,<br />
weniger wertvolle Tätigkeiten als solche zu erkennen und<br />
die darin investierte Zeit entsprechend anzupassen. Auch die<br />
Strategien zur zielorientierten Kommunikation, ohne die kein<br />
Vorstand vom Sinn eines Vorhabens zu überzeugen ist, werden<br />
bei der nächsten wissenschaftlichen Begutachtung sicher<br />
nicht von Schaden sein. Fazit: Die Tätigkeit eines erfolgreichen<br />
Hochschulprofessors gleicht mit wachsendem Rang immer<br />
stärker der eines Forschungsmanagers als der eines Forschers.<br />
Erfahrungen in der freien Wirtschaft sind vor diesem<br />
Hintergrund eher gut investierte als verlorene Zeit.<br />
Welche Hindernisse gibt es beim Wechsel in die eine oder<br />
andere Richtung?<br />
Einem Wechsel in die Industrie kann, so die einhellige Meinung<br />
der Podiumsteilnehmer, allenfalls eine mangelnde Bereitschaft<br />
zur ggf. notwendigen Anpassung des eigenen Arbeitsverhaltens<br />
im Wege stehen. Akademisch erfahrene und entsprechend<br />
spezialisierte Kandidaten sollten darauf achten, sich in der<br />
Industrie möglichst nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip zu bewerben,<br />
sprich, auf Stellen, in denen ihre fachliche Erfahrung<br />
die Einstufung in eine adäquate Hierarchiestufe zulässt. Überqualifi<br />
zierte Mitarbeiter, die sich insgeheim als unter Wert eingestellt<br />
fühlen, gelten als Gift <strong>für</strong> das Arbeitsklima.<br />
Der Wechsel zurück an die Hochschule wurde hingegen deutlich<br />
kritischer gesehen. Peter Broekmann brachte <strong>für</strong> die notorische<br />
Geringschätzung anwendungsnaher Forschung in<br />
akademischen Kreisen den Begriff der „europäischen Krankheit“<br />
ein. Für den Weg zurück an die Hochschule sind vor allem<br />
zwei Dinge entscheidend. Erstens hilft eine gute Sichtbarkeit<br />
159
BUNSENTAGUNG/AKTUELLES<br />
der eigenen Tätigkeit, die sich am ehesten durch einen wenn<br />
auch verminderten so doch nicht versiegenden Fluss von Publikationen<br />
erreichen lässt. In der Praxis stellt hier Zeitmangel<br />
das größte Hindernis dar. Zweitens wollen die akademischen<br />
Netzwerke gepfl egt sein, die entweder bereits existieren,<br />
oder die es andernfalls aufzubauen gilt. Hier dürften sich<br />
Kooperations projekte mit Hochschulen oder Forschungsinstituten<br />
als hilfreich erweisen. Yvonne Joseph brachte außerdem<br />
Mentoringprogramme zur Sprache, in denen Doktorarbeiten an<br />
Hochschulen beratend von erfahrenen Industriemitarbeitern<br />
begleitet werden. Entsprechende Organisations- und Vermittlungskonzepte<br />
existieren, und eine Intensivierung entsprechender<br />
Aktivitäten im Bereich der <strong>Physikalische</strong>n Chemie könnte<br />
mit Hilfe der Bunsen-Gesellschaft vorangetrieben werden.<br />
Wie gefragt sind Kandidaten aus der Industrie bei Berufungsverfahren?<br />
Hier gibt es einen großen Unterschied zwischen technisch und<br />
naturwissenschaftlich orientierten Fakultäten und Universitäten.<br />
Während die ersteren in den Firmenkontakten, die ein Bewerber<br />
aus der Industrie mit in eine Professur bringen könnte,<br />
einen Bonus sehen, scheinen sich die letzteren eher auf die<br />
Haare in der Suppe zu konzentrieren, sprich, die geringeren<br />
Publikationsleistungen und die geringeren Erfahrungen in Drittmitteleinwerbung<br />
und Lehre (letzteres wird weniger kritisch gesehen).<br />
Hier machte Hubert Gasteiger auf die deutlich offenere<br />
Einstellung nordamerikanischer Universitäten aufmerksam,<br />
in denen industrielle und akademische Erfahrungen als mindestens<br />
ebenbürtig angesehen werden. Entsprechend durchlässiger<br />
ist dort das System Industrie|Hochschule, und zwar<br />
160<br />
BUNSEN-MAGAZIN · 12. JAHRGANG · 4/<strong>2010</strong><br />
in beide Richtungen. In Deutschland ist, wie Michael Dröscher<br />
hervorhob, die Dynamik des Wechsels auch eigentlich nicht primär<br />
durch eine mangelnde Nachfrage der Hochschulen nach<br />
Industriebewerbern eingeschränkt, sondern vor allem auch<br />
durch das starre Besoldungssystem. Überspitzt ausgedrückt ist<br />
eine mäßig bezahlte W2-Stelle mit Option zur Erreichung der<br />
Arbeitsfähigkeit über selbst einzuwerbende Drittmittel sicher<br />
nicht der Köder, um den sich Kandidaten aus gut bezahlten und<br />
ausgestatteten Industrieposten balgen werden.<br />
In einer Gesamtbilanz waren sich Michael Dröscher, Yvonne<br />
Joseph, Hubert Gasteiger und Peter Broekmann einig: sie würden<br />
den Schritt in die Industrie, ob <strong>für</strong> immer oder auf Zeit, jederzeit<br />
wieder gehen. Klar ist auch: Industrie und akademische<br />
Forschung würden beide von einer stärkeren Quervernetzung<br />
profi tieren. Wichtiger Knotenpunkt hier<strong>für</strong> könnte die Bunsen-<br />
Gesellschaft sein – und nicht zuletzt das Karriereforum 2011.<br />
Das Karriereforum versteht sich als Plattform zum Erfahrungs-, Informations-<br />
und Gedankenaustausch unter Physikochemikern mit Karriereabsichten<br />
im akademischen Bereich oder in der freien Wirtschaft. Den aktiven<br />
Kern des Karriereforums bilden momentan die folgenden Personen:<br />
Naoufal Bahlawane, Wolfgang Bessler, Andreas Brockhinke, Ute Dawin, Katrin<br />
Domke, Elke Goos, Harry Hoster, Yvonne Joseph, Gregor Jung, Jochen<br />
Küpper, Thomas Risse, Thomas Zeuch<br />
Das Karriereforum ist im Ständigen Ausschuss der Bunsen-Gesellschaft<br />
vertreten durch Wolfgang Bessler und Harry Hoster. Erreichbar sind wir<br />
unter karriereforum@bunsen.de.
DEUTSCHE BUNSEN-GESELLSCHAFT<br />
EHRUNGEN/PREISE/<br />
AUSZEICHNUNGEN<br />
Prof. Dr. Rudi van Eldik, Institut <strong>für</strong> Anorganische<br />
Chemie, Universität Erlangen,<br />
Mitglied der Bunsen-Gesellschaft, erhielt<br />
den Inorganic Mechanisms Award<br />
der RSC, London, <strong>für</strong> seine Arbeiten bei<br />
der Anwendung von Hochdrucktechniken<br />
zur Untersuchung anorganischer<br />
Reaktionsmechanismen und <strong>für</strong> seine<br />
mechanistischen Studien der Reaktionen<br />
zweiatomiger Substrate mit Übergangsmetallzentren.<br />
Prof. Dr. Hartmut Herrman, Leibnitz-<br />
Institut <strong>für</strong> Troposphärenforschung, Mitglied<br />
der Bunsen-Gesellschaft, erhielt<br />
den Gay-Lussac-Humboldt-Forschungspreis<br />
<strong>für</strong> seine Arbeiten zur atmosphärischen<br />
Multiphasenchemie durch Laboruntersuchungen,<br />
Modellierungen und<br />
Felduntersuchungen sowie <strong>für</strong> seine<br />
Verdienste um die deutsch-französische<br />
Forschungszusammenarbeit in der Chemie<br />
der Atmosphäre.<br />
Prof. Dr. Manfred<br />
Martin, Inhaber des<br />
Lehrstuhls <strong>für</strong> <strong>Physikalische</strong><br />
Chemie I<br />
der RWTH Aachen,<br />
Mitglied der Bunsen-<br />
Gesellschaft, wurde<br />
von der Akademie<br />
der Wissenschaften zu Göttingen, die<br />
jährlich die Wilhelm-Jost-Gedächtnisvorlesung<br />
zur Wahrung des Andenkens<br />
an Wilhelm Jost und zur Förderung der<br />
<strong>Physikalische</strong>n Chemie vergibt, zum<br />
Vortragenden der Wilhelm-Jost-Gedächtnisvorlesung<br />
<strong>2010</strong> ausgewählt.<br />
RUFE, BERUFUNGEN,<br />
ERNENNUNGEN, WAHLEN<br />
Prof. Dr. Martina Havenith-Newen,Inhaberin<br />
des Lehrstuhls <strong>für</strong><br />
<strong>Physikalische</strong> Chemie<br />
II der Ruhr-Universität<br />
Bochum, Mitglied der<br />
Bunsen-Gesellschaft,<br />
wurde zum 1. April<br />
<strong>2010</strong> in den Vorstand der <strong>Deutsche</strong>n<br />
<strong>Physikalische</strong>n Gesellschaft (DPG) gewählt.<br />
Dr. Jochen Küpper,<br />
Fritz-Haber-Institut<br />
der MPG, Berlin, Mitglied<br />
der Bunsen-Gesellschaft,<br />
hat einen<br />
Ruf auf eine W2-Professur<br />
am Center for<br />
Free Electron Laser<br />
Science (CFEL), DESY und Universität<br />
Hamburg, erhalten.<br />
GEBURTSTAGE<br />
IM JULI <strong>2010</strong><br />
Michael Brenk, Dr.,<br />
Wiesbaden:<br />
60. Geburtstag am 06.07.<br />
Rüdiger Iden, Prof. Dr.,<br />
Ludwigshafen:<br />
60. Geburtstag am 16.07.<br />
Valeri Grigoryan, Dr.,<br />
Saarbrücken:<br />
60. Geburtstag am 20.07.<br />
Peter Sckuhr, Dr.,<br />
Neuötting:<br />
70. Geburtstag am <strong>04</strong>.07.<br />
Wolfgang Laqua, Prof. Dr.-Ing.,<br />
Fernwald:<br />
75. Geburtstag am 07.07.<br />
Helmut Knözinger, Prof. Dr.,<br />
München:<br />
75. Geburtstag am 10.07.<br />
Wolfgang Göring, Dr.,<br />
Münster:<br />
80. Geburtstag am 13.07.<br />
Hartmann Rüppel, Prof. Dr.,<br />
Berlin:<br />
80. Geburtstag am 22.07.<br />
Rolf E. Bühler, Prof. Dr.,<br />
Zürich:<br />
80. Geburtstag am 27.07.<br />
GEBURTSTAGE<br />
IM AUGUST <strong>2010</strong><br />
Volker Benz, Dr.,<br />
Höchst:<br />
60. Geburtstag am 28.08.<br />
NACHRICHTEN<br />
Rudi Eldik, Prof. Dr. Dr.h.c.,<br />
Erlangen:<br />
65. Geburtstag am 08.08.<br />
Horst H. Klump, Prof. Dr.,<br />
Rondebosch:<br />
70. Geburtstag am 03.08.<br />
Jürgen Troe, Prof. Dr. Dr.h.c.mult.,<br />
Göttingen:<br />
70. Geburtstag am <strong>04</strong>.08.<br />
Dieter Meuser, Dr.,<br />
Erftstadt:<br />
70. Geburtstag am 09.08.<br />
Ernst Ohmes, Dr.,<br />
Freiburg:<br />
70. Geburtstag am 27.08.<br />
Werner Seiler, Prof. Dr.,<br />
Berlin:<br />
75. Geburtstag am 05.08.<br />
Klaus Mangold, Prof. Dr.,<br />
Steinfurt:<br />
75. Geburtstag am 21.08.<br />
Ulrich Neumann, Dr.,<br />
Kaiserslautern:<br />
80. Geburtstag am 21.08.<br />
Eberhard Klein, Prof. Dr.,<br />
Bergisch Gladbach:<br />
85. Geburtstag am 12.08.<br />
GEBURTSTAGE<br />
IM SEPTEMBER <strong>2010</strong><br />
Karl-Heinz Feller, Prof. Dr.,<br />
Jena:<br />
60. Geburtstag am 05.09.<br />
Nikolaus P. Ernsting, Prof. Dr.,<br />
Berlin:<br />
60. Geburtstag am 26.09.<br />
Peter Bachmann, Dr.-Ing.,<br />
Aachen:<br />
60. Geburtstag am 28.09.<br />
Harald Morgner, Prof. Dr.,<br />
Leipzig:<br />
65. Geburtstag am 02.09.<br />
Gerhard Kreysa, Prof. Dr.,<br />
Frankfurt:<br />
65. Geburtstag am 21.09.<br />
161
NACHRICHTEN<br />
Joachim Heitbaum, Prof. Dr.,<br />
Bonn:<br />
70. Geburtstag am 30.09.<br />
Karl H. Becker, Prof. Dr.,<br />
Wuppertal:<br />
75. Geburtstag am 21.09.<br />
Manfred Zeidler, Prof. Dr.,<br />
Aachen:<br />
75. Geburtstag am 25.09.<br />
Fritz Thieme, Prof. Dr.,<br />
Hamburg:<br />
85. Geburtstag am 10.09.<br />
VERSTORBEN<br />
Dr. Hans-Werner Jochims, Berlin,<br />
im Alter von 67 Jahren<br />
NEUANMELDUNGEN<br />
ZUR MITGLIEDSCHAFT<br />
Marco Esters,<br />
Im Johannistal 30,<br />
52064 Aachen<br />
Jun.-Prof. Dr. Thomas Kühne,<br />
Johannes Gutenberg-Universität Mainz,<br />
Staudingerweg 9,<br />
55128 Mainz<br />
Dr. Christoph Nottbohm,<br />
Technische Universität Darmstadt,<br />
<strong>Physikalische</strong> Chemie,<br />
Petersenstr. 20,<br />
64287 Darmstadt<br />
Jakob Sidoruk,<br />
Georg-August-Universität Göttingen,<br />
Tammannstr. 6,<br />
37077 Göttingen<br />
Dr. rer. nat. Michael Schmitt,<br />
Universität des Saarlandes,<br />
<strong>Physikalische</strong> Chemie,<br />
Campus B22,<br />
66123 Saarbrücken<br />
Prof. Dr. Frank Schreiber,<br />
Eberhard-Karls Universität Tübingen,<br />
Institut <strong>für</strong> Angewandte Physik,<br />
Auf der Morgenstelle 10,<br />
72076 Tübingen<br />
162<br />
VERANSTALTUNGEN/EVENTS<br />
Tagungen der <strong>Deutsche</strong>n<br />
Bunsen-Gesellschaft<br />
Bunsentagung 2011<br />
2.-4. Juni, Berlin<br />
Thema: „Analyse und Steuerung ultraschneller<br />
photoinduzierter Prozesse“<br />
Wissenschaftliche und lokale Organisation:<br />
E. Rühl (Berlin)<br />
Bunsentagung 2012<br />
17.-19. Mai, Leipzig<br />
Thema: „Ionische Flüssigkeiten“<br />
Wissenschaftliche Vorbereitung: F. Endres<br />
(Clausthal-Zellerfeld), P. Wasserscheid<br />
(Erlangen), M. Antonietti (Golm)<br />
Lokale Organisation: B. Abel (Leipzig)<br />
Allgemeine Informationen zu den Bunsentagungen:<br />
www.bunsen.de oder Geschäftsstelle<br />
der <strong>Deutsche</strong>n Bunsen-Gesellschaft<br />
AUSSCHREIBUNGEN<br />
BUNSEN-MAGAZIN · 12. JAHRGANG · 4/<strong>2010</strong><br />
Bunsen Kolloquien<br />
Grenzfl ächen in Lithium Ionen Batterien<br />
24./25.03.2011, Goslar<br />
Organisation: Frank Endres (TU-Clausthal)<br />
WEITERE TAGUNGEN<br />
<strong>Deutsche</strong> Bunsen-Gesellschaft <strong>für</strong> <strong>Physikalische</strong> Chemie<br />
awards the<br />
3 rd EuCheMS Chemistry Congress<br />
Chemistry – the Creative Force<br />
29. August - 2. September <strong>2010</strong>, Nürnberg<br />
www.euchems-congress<strong>2010</strong>.org<br />
Electrochemistry: From microscopic<br />
understanding to global impact<br />
13.-15. September <strong>2010</strong>, Universität<br />
Bochum<br />
Organisation: Wolfgang Schuhmann<br />
(Ruhr-Universität Bochum);<br />
Gunther Wittstock (Universität Oldenburg)<br />
www.gdch.de/vas/tagungen/tg/5407/<br />
prog__e.htm<br />
NERNST-HABER-BODENSTEIN PRIZE 2011<br />
in memory of Max Bodenstein, Fritz Haber and Walter Nernst. The prize will<br />
be presented at the 110 th Annual General Meeting of the German Bunsen-<br />
Society from 2-4 June 2011 in Berlin.<br />
The prize will be awarded to a distinguished younger scientist (of up to 40<br />
years of age) for outstanding scientifi c achievements in the fi eld of physical<br />
chemistry. Suitable candidates of international visibility in their research fi eld<br />
will be evaluated by a high level expert selection panel with respect to the<br />
scientifi c quality, originality and independence of their research. Candidates<br />
should come from a German-speaking region of Europe or work there at the<br />
time of their nomination.<br />
Nominations from established scientists in the area of physical chemistry<br />
should include a short CV of the candidate, an overview of the candidate’s<br />
scientifi c achievements and publications, and a supporting statement.<br />
Nominations should be submitted by 1 October <strong>2010</strong> to<br />
<strong>Deutsche</strong> Bunsen Gesellschaft <strong>für</strong> <strong>Physikalische</strong> Chemie e.V.<br />
Erika Wöhler<br />
Theodor-Heuss-Allee 25<br />
6<strong>04</strong>86 Frankfurt am Main<br />
Germany
DEUTSCHE BUNSEN-GESELLSCHAFT<br />
INHALT HEFT 5 (<strong>2010</strong>)<br />
A. Emelianov, A. Eremin, H. Jander, H. Gg. Wagner<br />
Formation of Condensed Particles in Premixed Flames<br />
Catalyzed by Metal Carbonyls 715<br />
G. Bandyopadhyay, S. Dutta, S. C. Lahiri<br />
Determination of Surface Tension, Structural and Related<br />
Properties of Aquo-alcoholic Mixtures at 298 K 729<br />
E. Molinari, M. Tomellini<br />
The Interplay of Energy Disposal and Reaction Rates in<br />
Exoergic Processes at Metal Surfaces: Desorption Rates<br />
in Vibrationally Excited Adlayers 743<br />
DEUTSCHE BUNSEN-GESELLSCHAFT<br />
Ziel meines Artikels (Bunsenmagazin, <strong>2010</strong>, Heft1, S. 23-26),<br />
zu dem die o. g. Stellungnahme von Herrn Kollegen Plieth im<br />
Bunsenmagazin abgedruckt ist, war nicht in erster Linie die<br />
Herleitung der grundlegenden Gleichung D r G = –n e F E. Ziel war<br />
vielmehr, auf falsche Aussagen und Fehlschlüsse in den kritisierten<br />
Lehrbüchern hinzuweisen. Dazu gehören (i) die Aussage,<br />
dass allgemein die EMK einer elektrochemischen Zelle<br />
die Differenz der Galvanispannungen (Differenz der Galvanipotentiale<br />
von Metall und Elektrolytlösung) der Elektroden sei,<br />
und (ii) die Behauptung – meist implizit in den Lehrbuchtexten<br />
enthalten –, dass das chemische Potential der Elektronen in<br />
allen Metallen den gleichen Wert aufweise. Die o. g. Gleichung<br />
ZEITSCHRIFT FÜR<br />
PHYSIKALISCHE CHEMIE<br />
E. Molinari, M. Tomellini<br />
Evidence for Vibrational Excitation of the Adlayer in<br />
Exoergic Processes at Metal Surfaces: H-atom Abstraction<br />
and Recombination and Adsorption-stimulated<br />
Desorption of CO 761<br />
B. Erdem, A. İzci<br />
Heterogeneous Catalysed Esterifi cation of Propionic Acid<br />
with n-Amyl Alcohol over a Microporous Cation-exchange<br />
Resin Dowex 50Wx4 781<br />
B. Marczewska, K. Marczewski<br />
First Glass Electrode and its Creators F. Haber and<br />
Z. Klemensiewicz – On 100 th Anniversary 795<br />
LESERBRIEFE<br />
ANMERKUNGEN ZU DER STELLUNGNAHME VON WALDFRIED PLIETH<br />
BUNSENMAGAZIN, <strong>2010</strong>, HEFT 3, S. 112<br />
ergibt sich in meinem Artikel zwangsläufi g, sozusagen nebenbei.<br />
Im Hinblick auf diese Zielsetzung war die Kenntnis des<br />
Lehrbuches von Herrn Kollegen Plieth nicht relevant.<br />
Die Herleitung und Begründung der Gleichung D r G = –n e F E<br />
habe ich in der Grundvorlesung der <strong>Physikalische</strong>n Chemie in<br />
ähnlicher Weise vorgebracht, wie sie Herr Plieth in seiner Stellungnahme<br />
skizziert. Allerdings habe ich die in seinem Beitrag<br />
aufgestellte Gleichung argumentativ begründet.<br />
Prof. Dr. Bruno Boddenberg<br />
163
<strong>Deutsche</strong> Bunsen-Gesellschaft Mitgliederverwaltung:<br />
<strong>für</strong> <strong>Physikalische</strong> Chemie e.V. Fax: 069/7564-622<br />
Theodor-Heuss-Allee 25 e-mail: woehler@bunsen.de<br />
6<strong>04</strong>86 Frankfurt am Main<br />
Antrag auf Mitgliedschaft<br />
in der <strong>Deutsche</strong>n Bunsen-Gesellschaft <strong>für</strong> <strong>Physikalische</strong> Chemie Jahresbeitrag<br />
persönliches, studentisches Mitglied (bitte Studienbescheinigung beifügen) 30 €<br />
persönliches Jungmitglied (bis zu 3 Jahren nach erfolgter Promotion/Eintritt in das Berufsleben) 65 €<br />
persönliches Doppelmitglied mit Mitglied in der DECHEMA, DPG, GDCh (Mitglieds-Nr.:) _________________________ 75 €<br />
persönliches, ordentliches Mitglied 100 €<br />
nichtpersönliches Mitglied (Institute, Bibliotheken, Firmen usw.) 485 €<br />
in der Flüssigkristall-Gesellschaft<br />
persönliches, studentisches Mitglied (bitte Studienbescheinigung beifügen) 8 €<br />
persönliches, ordentliches Mitglied 16 €<br />
in der AG Theoretische Chemie<br />
persönliches, ordentliches Mitglied 13 €<br />
_______________________________________________________________________________________________________________<br />
geworben von: _________________________________________________ Mitglieds-Nr.:___________________________<br />
___________________________________________________________________________________________________<br />
_<br />
Daten zur Person<br />
Frau Herr <br />
Name ______________________________________ Vorname _________________________ Titel ________________________<br />
Geburtsdatum _______________________________ Geburtsort _________________________ Land (LKZ) __________________<br />
Privatanschrift Universitäts- bzw. Dienstanschrift<br />
___________________________________________ ___ Firma ________________________________________________________<br />
___________________________________________ ___ _____________________________________________________________<br />
___________________________________________ ___ _____________________________________________________________<br />
Strasse _____________________________________ ___ Strasse ______________________________________________________<br />
Postfach ________________________________________ Postfach _____________________________________________________<br />
PLZ _____ Ort _____________________ Land ________ PLZ _______ Ort ________________________________ Land _________<br />
Kommunikationsdaten privat Kommunikationsdaten dienstlich<br />
Tel.:(__________) ____________________________ Tel.: (___________) __________________________________<br />
Fax (__________) ____________________________ Fax: (___________) __________________________________<br />
E-Mail ______________________________________ E-Mail _____________________________________________<br />
Bitte senden Sie die Mitteilungen und Zeitschrift(en) an meine Privatanschrift Dienstanschrift<br />
Datenschutz<br />
Ich bin damit einverstanden, dass meine Daten zu Zwecken der Mitgliederverwaltung und Mitgliederbetreuung<br />
elektronisch gespeichert und verarbeitet werden.<br />
Aufnahme in das Mitgliederverzeichnis<br />
Ich bin mit der Aufnahme meines Geburtsdatums und meiner Adress- und Kommunikationsdaten in gedruckte Mitgliederverzeichnisse der<br />
<strong>Deutsche</strong>n Bunsen-Gesellschaft <strong>für</strong> <strong>Physikalische</strong> Chemie einverstanden.<br />
ja nein<br />
Ich bin mit der Aufnahme meines Geburtsdatums und meiner Adress- und Kommunikationsdaten in Onlinemitgliederverzeichnisse der<br />
<strong>Deutsche</strong>n Bunsen-Gesellschaft <strong>für</strong> <strong>Physikalische</strong> Chemie einverstanden.<br />
ja nein<br />
Studium /Ausbildung<br />
Studienfach/Ausbildung _____________________ Studien-/Ausbildungsbeginn (tt.mm.jj) ___________ Abschluss (tt.mm.jj) ___________<br />
Bestehende Doppelmitgliedschaften<br />
Promotion (tt.mm.jj) _____________ Berufseintritt (tt.mm.jj) _________<br />
________________________________________________________________________________________________________________<br />
Ort/Datum _______________________ Unterschrift __________________________________________________<br />
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