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PJ-Bericht<br />
Innere-Tertial<br />
Kapstadt, Südafrika<br />
G F <strong>Jooste</strong> <strong>Hospital</strong><br />
28.11.2005 - 19.03.2006<br />
(Heimatuniversität: Würzburg)<br />
Warum das PJ ausgerechnet in Kapstadt verbringen?? Es gibt viele Gründe die mich dazu bewogen<br />
haben:<br />
Zu aller erst wäre meine große Liebe und Sehnsucht für Afrika zu nennen, die ich schon verspüre seit<br />
ich denken kann und welche sich noch verstärkt hat nachdem ich 2003 in Tansania famuliert habe. Die<br />
große Ursprünglichkeit dieses Kontinents zieht mich immer wieder in ihren Bann. Außerdem halte ich<br />
auch die dortige Art medizinische Probleme anzugehen, die - zwar aus der Not heraus - mit sehr viel<br />
bodenständigerem Denken, einem größeren Schwerpunkt auf der körperlichen Untersuchung, ohne<br />
unsere abgehobene Gerätemedizin funktionieren muß (und es auch tut - meistens..) für besser um<br />
Medizin von Grund auf zu lernen, und, wie ich finde, damit auch sehr viel besser zu verstehen.<br />
Allerdings hatte ich nach meiner “Irgendwo-im-Nirgendwo-Erfahrung” in Tansania auch nichts gegen<br />
ein klein wenig mehr Zivilisation einzuwenden, Englisch sollte die Sprache sein mit der man sich,<br />
zumindest mit den meisten Menschen verständigen kann (auch das eine Lehre aus der Busch-<br />
Erfahrung..) und zu guter Letzt haben mich ganz einfach auch die Bilder dieser einmaligen Landschaft<br />
sowie die begeisterten Erzählungen derer die schon dort gewesen sind dazu bewegt.<br />
Es ist auf jeden fall von Nöten sich ausreichend lange im Voraus zu bewerben (Minimum 1½, besser 2<br />
Jahre). Die Vergabe der Plätze läuft über die zentrale Stelle an der Uni bei Mrs. Jacobs (e-mail:<br />
elective@curie.uct.ac.za), im <strong>Jooste</strong> <strong>Hospital</strong> selber ist Mrs. Petersen (Epeterse@pawc.vcape.gov.za)<br />
für die “Elective Students” (Bewerbung für eine “Elective Period) zuständig. Für die 16 Wochen mußte<br />
ich ca 1000 € Studiengebühren bezahlen, was dazu beiträgt dass der Aufenthalt dort nicht gerade ein<br />
preisgünstiges Vergnügen ist. Als Visum hatte ich ein “study permit”. Dieses Studentenvisum muß<br />
rechtzeitig beantragt werden und bringt außerdem auch noch ne ganze Menge Papierkrieg, sowie die<br />
Hinterlage einer Kaution mit sich. Das Studentenvisum ist offiziell für einen Zeitraum von mehr als 9<br />
Wochen notwendig und bringt auch Vergünstigungen bei Eintritten z.B. in Nationalparks mit sich. Ich<br />
habe aber auch ein paar Leute kennen gelernt die es umgangen sind. Sie hatten nur ein normales<br />
Touristenvisum und mußten deshalb zur Halbzeit aus dem Land aus- und wieder neu einreisen. Haben<br />
sich also ihren Urlaub in die Mitte gelegt und sind z.B. nach Namibia oder Mozambique gefahren.<br />
Meiner Ansicht nach ist das allerdings zu viel Umstand.<br />
An sonstigen Vorbereitungen habe ich nur mein Englisch mit Büchern und Filmen ein bisschen<br />
aufgefrischt und schon im Vorhinein ein wenig in dem Buch “Medical English” geschmökert.<br />
Ein Auto ist äußerst empfehlenswert um das Krankenhaus zu erreichen, auch wenn, solang keine<br />
Semesterferien sind, ein Pendelbus zwischen Universität und dem <strong>Jooste</strong> verkehrt. Dieser Bus fährt<br />
nämlich nur einmal am Tag hin und auch nur einmal wieder zurück, was sich nicht sonderlich gut mit<br />
den äußerst flexiblen Arbeitszeiten vereinbaren läßt. Und zur Uni muß man schließlich auch irgendwie<br />
kommen (man kann aus der Stadt kommend “Taxis“ = Minibusse nach Observatory nehmen, aber bitte<br />
nur bei Tageslicht). Mit Auto erreicht man das Krankenhaus dann über die N2, Abfahrt Heideveld,<br />
Vanguard Drive. Die Strecke geht nur über sehr große, gut einsehbare Strassen, man braucht sich also<br />
nicht zu viele Sorgen zu machen, auch wenn das Krankenhaus in den Townships, also sprich in den<br />
Slums liegt.<br />
Der Schwerpunkt im Departement der Internal Medizine liegt in dieser Gegend eindeutig auf HIV,<br />
Tuberkulose sowie den anderen HIV-assoziierten Infektionen, ansonsten werden natürlich auch alle<br />
anderen Gebiet der Basis-Inneren abgedeckt, mit den gleichen Krankheitsbildern die wir auch bei uns<br />
so kennen. Der Unterschied ist allerdings dass die Patienten dort meist erst sehr viel später kommen,<br />
was zu dramatischeren Bildern führt.<br />
Als Elective Student wird man, wie die südafrikanischen Studenten auch, so genannten “firms”,<br />
bestehend aus einem Intern, einem Registrar und ein paar Studenten, zugeteilt. Jede firm ist alle 4 Tage<br />
“on call”, das heißt in der “casualty” für die Aufnahmen zuständig. Es steht einem frei die Nacht für<br />
den Dienst zu bleiben (ich habe es nicht so sehr häufig getan, sind doch nur die gleichen<br />
Krankheitsbilder wie tagsüber, so als Erfahrung aber schon mal empfehlenswert) oder am nächsten<br />
morgen um 7 Uhr zur “post intake ward round” zu kommen. Eine je nach Oberarztbesetzung ziemlich
lange Visite bei der das Behandlungsregime für jeden der neuen (und auch alten) Patienten sehr genau<br />
durchgesprochen wird. Kann sehr interessant, aber auch langatmig sein. Jeder der einen Patienten<br />
aufgenommen hat ist auch für ihn für den kompletten Aufenthalt verantwortlich (auch - oder - gerade<br />
die Studenten) und sollte sich morgens möglichst immer gleich auf den neusten Stand bzgl. dessen<br />
Befinden, mit neuen Laborwerten usw. bringen. Die Patienten einer firm sind nicht wie hierzulande alle<br />
auf einer Station untergebracht, sondern bunt gemischt mit denen der anderen firms auf die “male bzw.<br />
female ward” verteilt. Zur Orientierung wo wer mit was liegt dient das so genannte “Jimmy-Book”.<br />
Was man dort im Endeffekt so alles machen kann hängt in erster Line von einem selber ab. Wer die<br />
Zeit im Krankenhaus eher als etwas Lästiges empfindet kommt mit n paar Zugängen und<br />
Blutabnahmen davon, wem das Ganze mehr Spaß bereitet kann ohne Weiteres auch das komplette Feld<br />
verschiedenster Punktionen, wo auch immer, bedienen. Ich persönlich war am Anfang sehr eifrig,<br />
wurde aber irgendwann durch die wachsende Zahl Studenten etwas ausgebremst. Am Bett Schlange<br />
stehen ist etwas das ich als äußerst unangenehm empfunden habe..<br />
Die Kommunikation mit den Patienten ist nicht immer völlig unkompliziert, was an der Vielzahl an<br />
Landessprachen sowie an dem ziemlich niedrigen sozialen Status der Patienten liegt. Es ist keine<br />
Seltenheit wenn ein Patient ausschließlich Xhosa oder Afrikaans spricht. So kann man etweder seine<br />
Fähigkeiten in „Hand-und-Fuß-Kmmunikation“ schulen oder aber auch eine der Schwestern, Studenten<br />
oder sonst wen als Dolmetscher zur Hilfe zu holen.<br />
Rausgekommen bin ich zwischen 12 und 18 Uhr,das hängt eben auch wieder von der eigenen<br />
Motivation ab.<br />
Handschuhe, Nadeln usw gibt es meist ausreichend, möglicherweise nicht in der passenden Größe,<br />
wenn nicht gerade Monatsende ist.<br />
Um den Standart des Hauses etwas zu beschreiben: ein Thorax-Röntgen wird von den Patienten meist<br />
recht zügig (in afrikanischen Dimensionen) angefertigt, um das Sono muß man kämpfen und fürs CT<br />
müssen die Patienten ins Groote Schuur <strong>Hospital</strong> (Uni-Klinik) gebracht werden. Meist beansprucht<br />
somit die Bildgebung deutlich zu viel Zeit. Allerdings hat das Haus ein Labor, eine „Highcare-Unit“<br />
und sogar eine eigene „Stroke-Unit“.<br />
Zur Fortbildung dienten einmal pro Woche ein „X-Ray-meeting“, sowie ein „Journal-Club“. Je<br />
nachdem welchem Arzt man zugeteilt ist kommt man auch in den Genuß mehr oder weniger lehrreicher<br />
„Beside-Teachings“.<br />
Insgesamt it das <strong>Jooste</strong> für ein „Elective“ meiner Ansicht nach auf jeden Fall absolut empfehlenswert.<br />
Wenn man sich erst an Land und Leute und die etwas anders tickenden Uhren gewöhnt hat, läuft alles<br />
wie von selbst. Allerdings sollte man sich schon auch voeher klar machen daß einen die Arbeit dort<br />
psychisch ganz schön mitnehmen kann. HIV ist nunmal eine unheilbare Krankheit, die sich auch nur zu<br />
gerne äußerst dramatisch und unschön präsentiert.<br />
Weiter zum Praktischen:<br />
Gewohnt habe ich in mit einer Südafrikanerin zusammen in einer WG in Gardens. Also sehr zentral<br />
und ca eine halbe Stunde Fahrt vom <strong>Jooste</strong> entfernt. Die Gegend ist sehr zu empfehlen.<br />
Verhältnismäßig sicher, schön und sowohl in die Stadt wie auch an die Strände ist es nur ein<br />
Katzensprung. Gefunden hatte ich das allerdings über Freunde von Freunden von Freunden.. Kann hier<br />
also keine Tips bezüglich der Organisation geben.<br />
Das Auto habe ich bei „Rent-a-Merc“ (Tel: 0027-844446656) gemietet, eine Firma von zwei netten<br />
Brüdern (Eric & Siegfried) in Belleville die alte Mercedes für 2200 R monatlich vermieten. Mein Auto<br />
war trotz seines Jahrganges (1979) gut in Schuss und als doch mal was war wurde sofort mit Reparatur<br />
bzw einem anderem Wagen weitergeholfen. Hätte ich das ganze noch mal vor mir würde ich allerdings<br />
ein Auto kaufen. Damit kommt man meistens eben doch günstiger weg.<br />
Für die Finanzen hatte ich zwar Traveller Checks dabei, das wäre aber nicht wirklich nötig gewesen.<br />
Die beste und billigste Methode ist einfach mit EC-Karte möglichst größe Summen abzuheben.<br />
Es war eine unglaublich fantastische Zeit von der ich noch sehr lange zehren werde. Der Freizeitwert<br />
der Region ist einmalig, die Landschaft bilderbuchschön, die Stadt aufregend und ich habe viele<br />
Freundschaften, sowohl zu anderen PJ'lern als auch zu Südafrikanern geschlossen. Jedoch habe ich als<br />
ich dort war nicht alles als so völlig unkompliziert empfunden. Es läßt sich einfach bis heute oft noch<br />
sehr deutlich sehen und fühlen daß Südafrika ein von der Aparheit stark gebeuteltes und geprägtes<br />
Land ist. Das wird einem jeden Tag im <strong>Hospital</strong> deutlich wenn man aus seinem „Bonzenviertel“ in die<br />
Townships in eine so völlig andere Welt fährt. Tagtäglich ein Sprung aus der „Ersten“ in die „Dritte<br />
Welt“. Diese Gegensätze habe ich bis zum Schluß als sehr schwierig empfunden. Und auch wenn die<br />
Gastfreundschaft insgesamt groß und der Großteil der Leute sehr freundlich ist, lassen sich doch auch
echt häufig aus Blicken und Worten deutliche Ressentiments herausfühlen. Diese sind zwar mehr als<br />
verständlich, angenehm deswegen aber noch lange nicht.<br />
Trotzdem und gerade deswegen: auf mit Euch, Ihr werdet eine einmalige und facettenreiche Erfahrung<br />
machen! Viel Spaß!!!!<br />
Eventuelle Fragen beantworte ich gerne via mail: s.k.keller@web.de