Online Aquarium-Magazin Mai 2010 - Die Wirbellosen
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Algen im <strong>Aquarium</strong> / Algenmittel<br />
Algenvernichtungsmittel im <strong>Aquarium</strong><br />
Es gab in der Vergangenheit vereinzelt tatsächlich rein<br />
biologisch wirkende, also ungiftige "Algenmittel" im Fachhandel.<br />
Dazu kann man Nitrat und Phosphat reduzierende<br />
Filtermaterialien, Torf-Rindenextrakte, Präparate auf Basis<br />
von Stroh-Extrakten und / oder direkt aus Stroh hergestellte<br />
Präparate zählen. All diese Mittel und Präparate<br />
dürfen aber heute nicht mehr als Algenmittel in Verkehr<br />
gebracht werden. Zwingend vorgeschrieben ist nämlich bei<br />
Algenmitteln, das / die Algizid(e) zu deklarieren.<br />
Im einfachsten Fall werden Kupfersulfat oder andere<br />
Kupferverbindungen verwendet. Kupfer wirkt bereits in<br />
sehr geringen Konzentrationen toxisch auf Algen, aber<br />
selbstverständlich auch auf höhere Pflanzen. Besonders<br />
fatal ist es, wenn diese Mittel bei sehr harten Algen<br />
angewendet werden und gleichzeitig algenfressende Tiere<br />
(Fische und Wirbellose) eingesetzt werden. <strong>Die</strong> Algen<br />
nehmen die Gifte auf, zerfallen aber aufgrund ihrer stabilen<br />
Struktur nicht sofort. Nun werden die Algen von den Tieren<br />
gefressen und diese vergiften sich durch ihre Nahrung und<br />
sterben. Da dies alles nicht sofort und schlagartig passiert,<br />
bringen viele Aquarianer den Tod ihrer Tiere fast nie in den<br />
eigentlich klaren Zusammenhang mit der Anwendung<br />
solcher Algenmittel. Zumal ja auch fast alle Hersteller nicht<br />
müde werden, zu betonen, dass ihr Algenmittel "weder<br />
Fischen noch Pflanzen" schadet.<br />
Hanns-Jürgen KRAUSE schreibt in seinem Buch "Handbuch<br />
Aquarienwasser" zur Giftigkeit von Kupfer:<br />
"Bei Dauereinwirkung muss ab 0,2-0,5 mg/l Cu2+ mit Todesfällen<br />
bei Fischen gerechnet werden. Schädigungen<br />
sind zu erwarten ab<br />
0,03 mg/l bei Algen, Bakterien (Filter!),<br />
0,08 mg/l bei Höheren Wasserpflanzen,<br />
0,10 mg/l bei Fischen<br />
Insbesondere bei weichem Wasser gelten daher bereits<br />
0,03 mg/l Kupfer als bedenklich und erfordern Gegenmaßnahmen."<br />
Erstaunlich, wie ein Giftstoff wie Kupfersulfat intelligent<br />
entscheidet, welche Pflanzen er umbringen darf und welche<br />
nicht. Nach Behauptung vieler Hersteller ist genau<br />
dies aber problemlos möglich.<br />
Selbst Herbizide, also schlicht „Unkrautvernichtungsmittel“,<br />
die jedoch den verharmlosenden Namen „Pflanzenschutzmittel“<br />
bekommen haben, werden zur Algenbekämpfung<br />
im <strong>Aquarium</strong> eingesetzt und sollen angeblich<br />
anderen Pflanzen und Tieren nicht schaden.<br />
Das Herbizid Monolinuron (ein Harnstoffderivat) findet<br />
man derzeit (Stand 6. Juni 2009) in 63 Algenmitteln.<br />
Wer wissen möchte, ob sein verwendetes Algenbekämpfungsmittel<br />
unter den 63 Treffern ist, braucht nur in der<br />
folgenden Suchmaske unter "Name des Wirkstoffs" Monolinuron<br />
eingeben: https://www.biozid-meldeverordnung.de/offen/suchmaske.php<br />
Gibt man in einer neuen<br />
Suchmaske die jeweils genannte Registriernummer ein,<br />
erfährt man, ob Monolinuron als einziger Wirkstoff, oder<br />
mit anderen kombiniert, verwendet wird. Beliebt ist<br />
beispielsweise die Kombination Monolinuron und Kupfersulfat.<br />
Natürlich kommt bei Kritik sofort der entwaffnende<br />
Einwand, dass ja schon Paracelsus sagte, dass die Dosis das<br />
Gift mache. Tatsache ist aber doch ohne jeden Zweifel, dass<br />
man als Hersteller solcher Algenmittel damit auch Algen<br />
vernichten, also töten will. Und Algen sind nun einmal<br />
Wasserpflanzen.<br />
Monolinuron selbst darf nur mit den vorgeschriebenen<br />
Kennzeichnungen und Gefahrenhinweisen in Verkehr<br />
gebracht werden. Z. B.: "Schädlich für Wasserorganismen.<br />
Kann umweltgefährlich sein, vor allem für Algen und<br />
Wasserpflanzen. Freisetzung in die Umwelt bei normalem<br />
Gebrauch möglich. Zusätzliche Freisetzung, z.B. durch<br />
ungeeignete Entsorgung, sollte sorgfältig vermieden<br />
werden." Monolinuron ist in die Wassergefährdungsklasse<br />
(WGK) 3, "stark wassergefährdend" eingeteilt. Es trägt die<br />
Gefahrstoffkennzeichnungen Xn = Gesundheitsschädlich<br />
und N = Umweltgefährlich. Bei "Zubereitungen" die solche<br />
Algizide beinhalten, müssen leider nicht zwingend alle<br />
Gefahrenhinweise vorhanden sein.<br />
Falls Sie hier den Link zu einer Kurzgeschichte zum Thema<br />
Algenvernichtung vermissen: Er musste auf Wunsch des<br />
Autors nach Intervention des Herstellers eines gleichnamigen<br />
Algenvernichtungsmittels mit dem Wirkstoff<br />
Terbutryn (ebenfalls ein Herbizid, in o. g. Datenbank<br />
derzeit 238 Treffer) entfernt werden. <strong>Die</strong> Nerven scheinen<br />
zunehmend blank zu liegen ...<br />
Fazit<br />
Algen im <strong>Aquarium</strong>, Teil 11<br />
Aegagropila linaei (Cladophora aegagropila), die „Mooskugel“<br />
ist eine erwünschte Grünalge, obwohl dies vielen<br />
Aquarianern aufgrund des Namens überhaupt nicht<br />
bewusst ist. Gerade an diesem Beispiel wird aber deutlich,<br />
wie unsinnig es ist, Algen mit irgendwelchen chemischen<br />
Mitteln ausrotten zu wollen. Je näher unsere Wasserpflanzen<br />
den Algen sind, desto schneller wirken sich chemische<br />
Mittel zur Algenvernichtung auch auf sie aus. Bekannt sind<br />
solche spontan nach dem Einsatz von „Algenkillern“ auftretende<br />
Totalverluste bei Vallisneria, Cabomba, Limnophila,<br />
Egeria und vielen weiteren Unterwasserpflanzen.<br />
Großblättrige, langsam wachsende Arten werden zwar<br />
ebenfalls geschädigt, doch zeigt sich dies meistens erst,<br />
wenn man die Algenbekämpfung längst vergessen hat.<br />
<strong>Online</strong> <strong>Aquarium</strong>-<strong>Magazin</strong> www.aquariummagazin.de Ausgabe <strong>Mai</strong> <strong>2010</strong> Seite 17