Sprachkontakte - Universität Konstanz
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(vi) Doppelung von Objekt-NPs durch Pronomina:<br />
− Beispiel:<br />
Bulgarisch<br />
(39) Na pacienta mu predpisacha stroga dieta.<br />
auf Patient.COM er.DAT vorschreiben.AOR.3.PL strenge Diät<br />
,Dem Patienten hat man eine strenge Diät verschrieben.’<br />
(vii) Zusammenfall von Genitiv und Dativ<br />
Die gerade genannten sieben Merkmale (insgesamt auch bekannt als „Balkanismen“) sind nun<br />
allerdings nicht alle gleichwertig, insofern als nicht alle wirklich in allen der zuvor genannten<br />
Balkansprachen vorkommen. Das Gewicht der Merkmale nimmt, grob geschätzt, von (i) bis<br />
(vii) ab. Folgende Einschränkungen lassen sich vorbringen:<br />
• Im Bulgarischen ist das possessive Perfekt (im Gegensatz zum Makedonischen) nur<br />
sehr schwach vertreten.<br />
• Im Griechischen ist der definite Artikel nicht postponiert.<br />
• Bulgarisch und Makedonisch besitzen generell keine morphologischen Kasus mehr,<br />
weshalb Merkmal (vii) für sie nicht aussagekräftig ist 3 .<br />
• Die Regeln für die Doppelung von Objekt-NPs variieren unter diesen Sprachen (zum<br />
Teil deutlich), am striktesten scheinen sie im Makedonischen zu sein.<br />
Als wirklich „harter Kern“ der sog. Balkanismen erweisen sich damit nur die Merkmale (i-iii).<br />
Wiederum sind aber schon in der nördlichen (gegischen) Variante des Albanischen auch<br />
Infinitive möglich. Summa summarum: die Merkmale (i-vii) ergeben keine wirklich<br />
einheitliche Isoglossen-Bündelung.<br />
Abschließend zu diesen Ausführungen sei noch bemerkt, dass der Begriff des Sprachbunds<br />
auch deshalb problematisch ist, weil man keine objektive Richtlinie dafür hat, wie viele<br />
derartiger Merkmale (Isoglossen) ausreichen, um eine areal angegrenzte Zone zu bestimmen.<br />
Ebensowenig gibt es einschlägige Kriterien dafür, welcher Art diese Merkmale sein sollten.<br />
Offenbar gilt einfach der Grundsatz ‘je mehr, desto besser’ und ‘je unabhängiger und<br />
vielfältiger, desto besser’. Außerdem sollte es neben grammatischen Übereinstimmungen<br />
auch lexikalisch identische (und typologisch seltene) „Quellausdrücke“ für Phänomene in der<br />
Grammatik geben (s. 3.1).<br />
3<br />
Es sei denn, man betrachtet die Verwendung der Präposition na als „Ersatz“; sie steht vor NPs in typischen<br />
Genitiv- und Dativ-Funktionen, s. etwa Bsp. 39.<br />
4