März 2013 Liahona - Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage
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mir antun?“ (Psalm 56:12.) Hat nicht <strong>der</strong> Herr verheißen:<br />
„In <strong>der</strong> Welt seid ihr in Bedrängnis; aber habt Mut: Ich<br />
habe die Welt besiegt“ ( Johannes 16:33)?<br />
Vor Jahren führte ich einmal in einem Disziplinarrat<br />
den Vorsitz. Der Mann, um dessen Sünden es in diesem<br />
Rat ging, saß vor uns und erzählte von sich. Er hatte<br />
schwerwiegende Sünden begangen, aber man hatte sich<br />
auch auf furchtbare Weise gegen ihn versündigt. Während<br />
wir die Angelegenheit erörterten, war ich zutiefst beunruhigt,<br />
und ich bat darum, mich zurückziehen zu dürfen,<br />
um alleine nachzudenken und zu beten.<br />
Ich stand in meinem Büro vor einem Stuhl und flehte<br />
den Herrn an, mir begreiflich zu machen, wie jemand<br />
einem an<strong>der</strong>en etwas so Böses antun konnte. Da nahm ich<br />
einen unermesslichen Abgrund wahr, <strong>der</strong> abgedeckt war.<br />
Es war kein Bild, eher ein Gefühl. Die Abdeckung wurde<br />
an einer Ecke nur einen kurzen Augenblick lang ein wenig<br />
angehoben, und ich erahnte in dem Abgrund die Tiefe<br />
und Weite des Bösen, das auf <strong>der</strong> Welt vorhanden ist. Es<br />
überstieg meine Vorstellungskraft bei weitem. Ich hatte<br />
keine Kraft mehr und sank auf den Stuhl hinter mir. Was<br />
ich erlebt hatte, verschlug mir den Atem. Ich weinte still<br />
und fragte: „Wie kann man jemals hoffen, solch Böses zu<br />
überwinden? Wie kann man etwas so Finsteres und Erdrückendes<br />
überleben?“<br />
In diesem Moment kamen mir die Worte in den Sinn:<br />
„Habt Mut: Ich habe die Welt besiegt.“ ( Johannes 16:33.)<br />
Selten habe ich solchen Frieden verspürt, und das angesichts<br />
<strong>der</strong> Existenz des Bösen. Ich verspürte tiefere<br />
Dankbarkeit für das furchtbare Leiden <strong>Jesu</strong> und hatte eine<br />
klarere, ja beängstigende Vorstellung von dem Abgrund<br />
dessen, dem er sich stellen musste. Ich verspürte Frieden in<br />
dieser Sache. Mir war bewusst, dass <strong>der</strong> Mann, dessen Fall<br />
wir verhandelten, einen Erlöser hatte, dessen Gnade ausreichend<br />
war, ihn rein zu machen und auch das Unrecht,<br />
das ihm wi<strong>der</strong>fahren war, wie<strong>der</strong>gutzumachen. Ich wusste,<br />
dass dank <strong>Jesu</strong>s Christus das Gute triumphieren wird und<br />
dass wir ohne ihn gänzlich verloren wären. Ich verspürte<br />
Frieden, wun<strong>der</strong>baren Frieden.<br />
Der Prophet Joseph Smith kannte diesen Frieden. Er<br />
sagte: „Lasst uns frohgemut alles tun, was in unserer Macht<br />
liegt, und dann mögen wir mit größter Zuversicht ruhig<br />
stehen, um die Errettung Gottes zu sehen, und dass sein<br />
Arm offenbar werde.“ (LuB 123:17.) Denen, die sich Gott<br />
unterwerfen, ist verheißen, dass sein Arm – seine Macht –<br />
in ihrem Leben offenbar wird. Der Erretter hat gesagt:<br />
„Fürchtet euch nicht, kleine Kin<strong>der</strong>, denn ihr seid mein,<br />
und ich habe die Welt überwunden, und ihr seid von<br />
denen, die mein Vater mir gegeben hat, und keiner von denen,<br />
die mein Vater mir gegeben hat, wird verlorengehen.“<br />
(LuB 50:41,42.)<br />
Mit dieser Zuversicht zu leben ist ein Segen, <strong>der</strong> wohl<br />
größer ist, als wir es zu schätzen wissen. Wir alle werden<br />
früher o<strong>der</strong> später, in einem Augenblick drohenden<br />
Unheils o<strong>der</strong> zermürben<strong>der</strong> Verwirrung – wenn wir uns<br />
an Gott ausrichten –, voll Überzeugung singen können:<br />
„Süß ist <strong>der</strong> Friede, den das Evangelium bringt.“ 4<br />
Frieden, Freiheit, Glauben o<strong>der</strong> sonst eine Gabe von<br />
unserem Gott können wir nicht erwarten, wenn wir seine<br />
Führung nur halbherzig o<strong>der</strong> wi<strong>der</strong>willig annehmen. Geht<br />
es nur um ein Ritual und nicht um wahre Rechtschaffenheit,<br />
sollten wir keinen Lohn erwarten. Eine halbherzige,<br />
distanzierte Gefolgschaft ist für Gott überhaupt keine Gefolgschaft.<br />
Wir müssen ihm vollständig, aus ganzem Herzen<br />
und bedingungslos ergeben sein. Was Gott erwartet, ist<br />
dieselbe Hingabe, die <strong>Jesu</strong>s gezeigt hat, von dem erwartet<br />
wurde, dass er einen Kelch trinkt, <strong>der</strong> so bitter ist, dass es<br />
selbst ihn, den großen Schöpfer, bestürzte (siehe Markus<br />
14:33-36; LuB 19:17,18). Doch er trank davon, denn „<strong>der</strong><br />
Wille des Sohnes [wurde] im Willen des Vaters verschlungen“<br />
(Mosia 15:7).<br />
Ich bezeuge Ihnen, dass wir durch <strong>Jesu</strong>s Christus, den<br />
Sohn Gottes, mit Gott eins werden können, wofür <strong>Jesu</strong>s<br />
ja gebetet hat (siehe Johannes 17:20-23). Möge Ihre Treue<br />
gegenüber dem Vater und dem Sohn auf ewig Ihr Leuchtfeuer<br />
sein. ◼<br />
Aus einer Ansprache, die am 19. Oktober 1999 bei einer Andacht an <strong>der</strong><br />
Brigham-Young-Universität gehalten wurde. Den englischen Text finden<br />
Sie in voller Länge unter speeches.byu.edu.<br />
ANMERKUNGEN<br />
1. Gordon B. Hinckley, „A Principle with Promise“, Improvement Era,<br />
Juni 1965, Seite 521<br />
2. Adena Nell Swenson Gourley, „I Walked a Flowered Path“, unveröffentlichtes<br />
Manuskript, 1995, Seite 199f.<br />
3. Boyd K. Packer, „Agency and Control“, Ensign, Mai 1983, Seite 66<br />
4. „Sweet Is the Peace the Gospel Brings“, Hymns , Nr. 14<br />
<strong>März</strong> <strong>2013</strong> 19