Garantie - Mormon Bikers

SERVICE GARANTIE/GEWÄHRLEISTUNG
Mehr Gewährleistung garantiert
Am ersten Januar 2002 tritt das neue Kaufrecht in Kraft. Es
wird die Rechte von Endverbrauchern bei Geschäften mit
kommerziellen Händlern deutlich stärken. Vielleicht ein Grund,
mit manchen Käufen noch bis ins neue Jahr zu warten ...
Z um
Jahresbeginn 2002 tritt
ohne Übergangsfristen
auch in Deutschland eine
EU-Richtlinie zum Kauf von
Verbrauchsgütern in Kraft, mit
der die Gewährleistungsfrist
von sechs Monaten auf zwei
Jahre vervierfacht wird. Zusammen
mit der vom Bundestag
beschlossenen Schuldrechts-Reform
werden die Auswirkungen
auf den Fahrzeughandel
und das Kfz-Handwerk
gewaltig sein.
»Gewährleistung« und »Garantie«
sind dabei nicht identisch:
»Gewährleistung« ist
die vom Gesetzgeber verlangte
Haftung eines gewerblichen
Verkäufers für die Fehlerfreiheit
eines von ihm verkauften
Produkts. Sie beinhaltet für den
Käufer bei groben Produkt-
Mängeln das Recht auf Rücktritt
vom Kauf oder Preismin-
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derung. »Garantie« dagegen
ist die von einem Hersteller oder
Händler oder freiwillig angebotene
Verpflichtung, innerhalb
eines festgelegten Zeitraums
auftretende Fehler zu
beheben.
Die meisten
Motorradhersteller
bieten bereits bisher
zwei Jahre
Garantie auf ihre
Neumotorräder an.
Der Vorteil einer Garantie ist,
dass EU-weit jeder Händler der
Marke die Reparatur kostenfrei
ausführt. Zur Gewährleistung
hingegen ist nur der Händler
verpflichtet, der die Maschine
verkauft hat.
Die Gewährleistung bezieht
sich auch auf Bekleidung und
Zubehörartikel. Überdies gilt
selbst bei Reparaturen durch
gewerbliche Werkstätten und
Händler ab 2002 die neue
Gewährleistungsfrist – unabhängig
davon, ob gebrauchte
oder neue Teile eingebaut wurden.
Darauf weist Anne Hahn
vom ADAC hin. Doch die
Werkstatt darf vertraglich die
Gewährleistungsfrist auf ein
Jahr verkürzen. Kostenvoranschläge
dürfen die Werkstätten
grundsätzlich nicht mehr ge-
Die Gewährleistung
umfasst auch Zubehör
und Bekleidung
sondert in Rechnung stellen.
Sogar für gebrauchte Produkte
müssen gewerbliche
Händler ab 1. Januar mindestens
ein Jahr haften. Gebraucht-
Fahrzeuge dürfen also nicht
mehr wie bisher üblich »unter
Ausschluss jeglicher Gewährleistung«
verkauft werden.
Dabei spielt es keine Rolle, wie
alt das Fahrzeug ist oder wie
viele Kilometer bereits damit
Was guckst du? Mit Schulterzucken ist es
nicht getan – professionelle Händler haften ab
Januar zwei Jahre für ihr verkauftes Produkt.
abgespult wurden. Natürlich
kann niemand bei einer 15 Jahre
alten Maschine noch Wunder
erwarten. Entsteht ein Streit
über die Ursache eines Schadens,
so wird während des
ersten halben Jahres die Beweislast
beim Händler liegen.
Tritt ein Mangel innerhalb
der ersten sechs Monate nach
Übergabe der Ware auf, so vermutet
die neue Rechtsprechung,
der Fehler habe bereits
beim Kauf vorgelegen. Zur Abwehr
der Kunden-Ansprüche
müsste der Händler nachweisen,
dass der Defekt auf mangelnde
Wartung oder falschen
Gebrauch zurückzuführen ist,
was in den meisten Fällen
schwierig werden dürfte. In den
folgenden eineinhalb Jahren
der Gewährleistungsfrist muss
wie bisher der Käufer belegen,
dass der Mangel bereits beim
Kauf vorhanden war.
Alle diese Neuregelungen
betreffen nur Geschäfte zwischen
Gewerbetreibenden und
Endverbrauchern. Privatver-
Fotos: Markus Biebricher, Felix von Canstein

käufe bleiben davon unberührt.
Ein gewerblicher Verkäufer
haftet wie bisher ab Aushändigung
der Ware für deren »Vertragsmäßigkeit«.
Das bedeutet
beim Kauf eines neuen
Motorrads, dass die Maschine
mit dem Vorführ-Modell übereinstimmen
und die zugesicherten
Eigenschaften haben
muss. Dazu gehören etwa Leistung,
Topspeed oder Verbrauch
(sofern angegeben).
Bei erheblichen Abweichungen
von den zugesicherten Eigenschaften
muss der Händler
kostenlos Hand anlegen – soweit
möglich – oder ein neues
Motorrad liefern und darüber
hinaus für anfallende Transport-
und Wegekosten aufkommen.
Weist die neue Maschine
dieselben Defizite auf, so kann
der Käufer auf Auflösung des
Kaufvertrags oder auf Minderung
des Kaufpreises pochen.
Bei einer Auflösung des Vertrags
werden für bereits gefahrene
Kilometer Abschläge bei
der Rückerstattung des Kaufpreises
angesetzt.
Auf einen endlosen Nachbesserungsmarathon
muss sich
der Kunde nicht einlassen.
Schlägt auch die zweite Reparatur
desselben gravierenden(!)
Mangels fehl, kann er den Kauf
rückgängig machen. So hat das
Nürnberger Oberlandesgericht
entschieden (AZ 8U204/82;
BB1983,212).
Inwieweit jedoch im Streitfalle
einklagbar ist, was die
Werbung des Herstellers verspricht,
bleibt unklar. Wie weit
Im ersten halben Jahr schlägt
sich die zukünftige
Rechtsprechung eindeutig
auf die Verbraucherseite
– nicht nur bei
kapitalen Motorschäden.
Selbst bei Reparaturen in gewerblichen Werkstätten wird die
Gewährleistungsfrist auf sechs Monate verlängert.
die Grenzen in der Werbung
gesteckt sind, muss sich in der
Rechtsprechung der kommenden
Jahre erst noch herauskristallisieren.
Über die Gewährleistung hinaus
geben alle Motorradschmieden
Garantie auf ihre
Neufahrzeuge, deren Dauer sie
oft nach Hubraumklassen staffeln.
Einige Marken geben die
Option auf eine verlängerte
Garantiefrist (siehe Info-Kasten).
So bietet BMW zwar bislang
als einer der wenigen Hersteller
nur ein Jahr Werks-Garantie;
aber gegen rund 350
Mark Aufpreis verlängert sich
diese um weitere zwei Jahre –
sofern der Antrag dazu rechtzeitig
gestellt wird. An die Garantie
muss sich der Hersteller
generell nur dann halten, wenn
der Kunde die vorgeschriebenen
Inspektionsintervalle eingehalten
hat und dies mit seinem
Serviceheft belegen kann.
Grobe Fahrlässigkeit führt zum
Verlust des Garantie-
Anspruchs. Wer mit zu wenig
Öl fährt, muss im Falle eines
Motorschadens also selber zahlen.
Von der Garantie nehmen
(fast) alle Hersteller generell
die Verschleißteile aus. Dazu
zählen Reifen, Glühlampen,
Kettensätze, Zündkerzen oder
Kupplungs- und Bremsbeläge.
Angesichts derzeit noch nicht
genau gesetzlich festgelegter
Ausführungsbestimmungen
prüfen viele Importeure noch,
ob sie ihre Garantiebestimmungen
ändern werden. Etwa
bei der Frage, »ob auch Batterien
künftig unter die zweijährigeGewährleistungsklausel
fallen«, wie Uli Bonsels,
Kundendienstleiter bei Triumph
Deutschland, erläutert.
Typische Gebrauchsspuren
oder Korrosion durch Salzfraß
müssen wohl weiterhin toleriert
werden. »Bei unsachgemäßer
Behandlung oder dem Einsatz
in motorsportlichen Wettbewerben
besteht keine Gewährleistungsverpflichtung«,
warnt
Yamaha. Ebenso wie andere
Marken nimmt Kawasaki von
der Garantie solche Schäden
aus, »die auf Teile zurückzuführen
sind, die nicht von
Kawasaki bezogen wurden«.
Dazu gehören Leistungsumrüstungen
durch Tuning, Nachrüst-Auspuffanlagen
oder Rahmenbrüche
nach Montage von
Gepäckträgersystemen.
Bei Schäden kurz nach Ablauf
der Garantiefrist entschei-
Für den Fall
der Fälle
urch die Neuregelung
Ddes Kaufrechts dürften
private Garantieversicherungen
wie beispielsweise
die »CarGarantie« für kommerzielle
Händler interessant
werden. Diese trägt –
gegen Aufpreis – die Reparaturkosten
im Schadensfall.
Und zwar bei Neumotorrädern
bis zu drei Jahre über
die Herstellergarantie hinaus
und bei Gebrauchtmotorrädern
bis zu 24 Monate.
Dabei übernimmt die Versicherung
die Lohnkosten zu
100 Prozent und die Materialkosten
bis 50.000 km Laufleistung
ebenfalls zu 100
Prozent. Bei höherem Kilometerstand
werden dem Besitzer
je nach Laufleistung
bis zu 60 Prozent der Materialkosten
berechnet. Generell
ausgenommen sind
Komponenten, die erhöhtem
Verschleiss unterliegen, wie
Auspuff, Bremsscheiben,
etc. Info-Tel. 0761/45480.
den die Hersteller von Fall zu
Fall, ob sie die Kosten ganz oder
zumindest teilweise auf »Kulanz«
übernehmen.
Beim privaten Verkauf des
Motorrads oder des Zubehörs
vor Ablauf der Gewährleistungsfrist
gehen die Ansprüche
in der Regel automatisch auf
den Käufer über. Allerdings
muss dies schriftlich im Kaufvertrag
zwischen den beiden
Privatleuten festgehalten werden.
Auch Garantien sind maschinen-
und nicht personenbezogen.
Sie gehen damit auf
den Zweiteigentümer über.
Manche Hersteller verlangen
dafür eine Registrierung des
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neuen Eigners, die im Falle von
Aprilia und Moto Guzzi sogar
kostenpflichtig ist.
Die Neuregelung gilt wie erwähnt
auch für Zubehörartikel.
Wenn etwa der schöne neue
Kofferträger wegen fehlerhafter
Schweißnähte bricht, so
steht der Händler mit Nachbesserung
oder Ersatzlieferung in
der Pflicht. Ein Mangel liegt
selbst bei unsachgemäßer
Montagevor, sofern diese vom
Verkäufer oder einem Dritten
unter dessen Verantwortung
vorgenommen wurde. Jedoch
muss die Montage dafür Bestandteil
des Kaufvertrags sein.
Wenn zu einer Ware eine
missverständliche oder fehlerhafte
Montageanleitung geliefert
wird, haben sogar Hobbyschrauber
die erwähnten Ansprüche,
wenn sie z. B. den neuen
Kofferträger selbst anbauen.
Dies dürfte einen positiven
Effekt auf die Qualität der oft
unverständlichen Bauanleitungen
haben. Die Beweislast liegt
auch in diesem Fall beim Hersteller,
der Händler muss dafür
geradestehen.
Professionelle Gebraucht-
Händler konnten bisher in
ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen
(AGB) eine Gewährleistung
ganz ausschließen.
Künftig haften Gewerbetreibende
für die Vertragsmäßigkeit
gebrauchter Ware mindestens
ein ganzes Jahr – und
sogar für komplette zwei Jahre,
wenn sie dies nicht in ihren
AGB ausdrücklich ausschließen.
Potenzielle Käufer sollten
daher vor dem Kauf gründlich
das Kleingedruckte studieren.
Klärt der Verkäufer vor dem
Kauf (beweisbar!) über Fahrzeugdefekte
auf, so können
diese später natürlich nicht als
gewährleistungspflichtige
Mängel vom Käufer eingeklagt
werden. Dennoch könnten auf
Gebrauchthändler erhöhte Aufwendungen
zukommen, die
eventuell zu höheren Gebrauchtpreisen
führen. Vielleicht
wird das Gros der Gebrauchthändler
nur noch junge
Bikes anbieten, was ältere
Motorräder komplett auf den
80 Tourenfahrer 12/2001
Garantie der Hersteller
Hersteller Dauer / Autom. Übergang Option auf Verlängerung Vorgeschriebene
auf Zweiteigentümer der Garantie Inspektionsintervalle
Aprilia*
Bis 80 ccm: 1 Jahr, über
80 ccm: 2 Jahre / Nein**
Nein
Nach 1000 km, danach alle 4000 km
bzw. alle 6000 km (bis (bis 250 ccm)
650 ccm) bzw. alle 7500 km (1000 ccm)
BMW*
12 Monate / Ja
Ja: 1 Jahr ca. 270 Mark;
2 Jahre ca. 350 Mark
Erstinspektion bei 1000 km; danach alle
10.000 km abwechselnd Pflegedienst und
Inspektion; Ausnahme C 1-Modelle alle 7500 km
Ducati 2 Jahre, Teile und
Bekleidung 1 Jahr / Ja
Nein
Nach 1000 km oder 1/2 Jahr, danach
alle 10.000 km oder 1 Jahr
Harley- 2 Jahre, auch auf Zubehör, Beklei- Nein, jedoch 1 Jahr Garantie Nach 1600 km (Springer-Softail: 800 km),
Davidson dung und Sammelobjekte / Nein*** auf Gebrauchtmaschinen danach alle 4000 km
Honda
Über 49 ccm: 2 Jahre, auch
auf montiertes Zubehör / Ja
Nein
Nach 1000 km, danach alle 4000 km (bis
125 ccm) bzw. alle 6000 km (über 125 ccm)
- Zeitlimit je nach Modell
KTM*
Sportmodelle: nach 3 Betriebsstunden (BS),
Sportmodelle: 30 Tage
Straßenmodelle: 12 Monate / Ja
Nein
danach alle 15 BS (400,520) bzw. alle 20 BS
(125,200,250,300,380) Straßenmodelle: nach
1000 km, nach 5000 km, dann alle 5000 km
Kawasaki* Bis 125 ccm: 1 Jahr, ab 250 ccm:
2 Jahre (außer KLX 300R, - 650R) / Ja
Ja, durch Fremdanbieter Nach 1000 km, danach alle 6000 km
Moto Guzzi
Nach 1000 km oder 6 Monaten, danach alle
2 Jahre / Nein** Nein
5000 km (750er) bzw. alle 10.000 km
(alle anderen Modelle)
MV Agusta,
Cagiva 125 ccm: 1 Jahr, andere: 2 Jahre / Ja
Nein*
(Kulanzregelung in Planung)
Bei 1000 km, danach alle 3000 km (Mito, Planet)
bzw. 6000 km (F4) bzw. 10.000 km (Canyon,
Gran Canyon), 12.000 km (Navigator, Raptor)
MZ 2 Jahre, mittlerweile auch auf Zweitakter
und Elektroroller Charly / Ja
Nein Nach 1000 km, danach alle 6000 km
Piaggio
Nach 1000 km oder 4 Monaten und alle 4000 km
12 Monate / keine Angaben keine Angaben
oder 1 Jahr (Gilera GSM) bzw. alle 5000 km oder
1 Jahr (50-ccm-Roller außer Leader, PX, PK, andere
Gileras) Viertakter: alle 6000 km oder 1 Jahr
Sachs
2 Jahre / Ja Nein*
Nach 1000 km, danach alle 4000 km (125er
Zweitakter) bzw. alle 6000 (restliche Modelle)
Suzuki*
Bis 250 ccm: 1 Jahr, ab 250 ccm: 2 Jahre,
Zubehör und Bekleidung: 1 Jahr / Ja
Nein
Nach 1000 km, danach alle 3000 km (bis 125
ccm) bzw. alle 4000 km (bis 250 ccm und Roller)
bzw. alle 6000 km (über 250 ccm)
Triumph
Ja, aufpreispflichtig, Nach 800 km, danach alle 6000 km oder jährlich
2 Jahre / Ja
gestaffelt nach Erstattungs- (TT600, Bonneville, Bonneville America) bzw.
höhe pro Schaden 10.000 km oder jährlich (alle anderen Modelle)
Voxan 2 Jahre, 3 Jahre auf Ersatzteile
(ohne Arbeitszeit) / Ja
Nein Nach 1000 km, danach alle 5000 km
Yamaha Bis 240 ccm: 1 Jahr; Ab 250 ccm: 2 Jahre Nach 1000 km, danach alle 6000 km (bis 240 ccm)
Plus 1 Jahr, aufpreispflichtig
außer WR,YZ,TZ; Zubehör: 6 Monate / Ja bzw. 10.000 km (ab 240 ccm) oder Jahresinspektion
Die mit * gekennzeichneten Hersteller denken über eine Änderung der Garantiebedingungen nach,
**Kostenpflichtige Umschreibung nötig (Aprilia 10 Mark; Moto Guzzi 5 Euro), ***Kostenfreie Umschreibung nötig
privaten Markt verdrängen
würde – wo die Gewährleistungsregelung
nicht greift.
Wer sich beim Händler ein
neues Fahrzeug oder neues
Equipment zulegen will, sollte
möglichst den ersten Januar
abwarten. Aber Achtung: Dieser
Stichtag ist nur
relevant für den Zeitpunkt
des Vertragsabschlusses,
nicht
für die Ausliefe-
Die genauen Garantiebedingungen
samt Wartungsintervallen
finden sich in
Bedienungsanleitungen und
Kundendienst-Heften.
rung. Wer noch 2001 eine Ware
bestellt, die im neuen Jahr geliefert
wird, für den greift das bisherige
Recht. In diesem Falle
empfiehlt es sich, eine verlängerte
Gewährleistungsfrist auszuhandeln
und schriftlich im
Kaufvertrag festzuhalten.
Alles in allem schafft der
Gesetzgeber zukünftig besseren
Verbraucherschutz. Selbst
derjenige, der im neuen Jahr einen
veralteten Kaufvertrag
unterschreibt, ist abgesichert:
Bindend ist ab Januar
einzig und allein die neue
Rechtsprechung, selbst
wenn die Juristen noch über
den Details brüten.
Tom Mendle