Ulrich Podewils Neu Delhi - DAAD
Ulrich Podewils Neu Delhi - DAAD
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<strong>Ulrich</strong> <strong>Podewils</strong><br />
<strong>Neu</strong> <strong>Delhi</strong><br />
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<strong>Neu</strong> <strong>Delhi</strong><br />
<strong>Ulrich</strong> <strong>Podewils</strong><br />
<strong>Neu</strong> <strong>Delhi</strong><br />
„World Class“<br />
Bestünde in Indien eine Gruppe von Experten, die ein Wort des Jahres<br />
küren sollten, dann hätte im Jahr 2007 das Wort „World Class“ bei ihnen sehr<br />
wahrscheinlich große Chancen gehabt. Das Wort ist allgegenwärtig. Der Indira<br />
Ghandi International Airport werde bald diesem Anspruch gerecht werden,<br />
versprechen Plakate bei der Ankunft in <strong>Delhi</strong>. Alle neuen Bauprojekte<br />
werden so sein, suggerieren die Medien, die Metro allenthalben. Als in den<br />
ersten Tagen des Jahres 2008 Tata den lange angekündigten und mit 1.700<br />
Euro preiswertesten PKW der Welt vorstellt, scheint auf diesem Feld das Ziel<br />
erreicht zu sein, obgleich mit dem Namen „Nano“ auf die kleinstmögliche der<br />
Welten gezielt wird. Aber der Begriff steht für ein zukunftsweisendes Forschungsfeld,<br />
verbindet optimistisch ein Angebot für noch nicht so zahlungskräftige<br />
Einkommensklassen mit exzellenter Wissenschaft. Und so verspricht<br />
Wissenschaftsminister Sibal Ende Oktober Ministerin Schavan „ world class<br />
research institutes“, in denen die Mitarbeiter mit allem mithalten können, was<br />
in den führenden Labors der Welt erforscht wird.<br />
Ob die Protagonisten dem Maßstab gerecht werden, ist an dieser Stelle<br />
unerheblich zu beurteilen. Die Häufigkeit der Wortwahl allein fällt ins Auge.<br />
Dreierlei macht sie deutlich. Die Meinungsführer in Politik und Wirtschaft,<br />
vermittelt durch die Medien, sahen Indien auch im Jahr 2007 weiterhin auf<br />
einem Weg des Fortschritts, die Entwicklungskurven zeigen im internationalen<br />
Vergleich Richtung Oberklasse. Zur proklamierten Zielrichtung gehört<br />
aber auch als Eingeständnis, dass Indien eben dort noch nicht angekommen<br />
ist, sich nur auf dem Weg befindet. Mit dem Aufwärtstrend allein ist aber die<br />
ungeduldige Mittelklasse, für die der Begriff formuliert ist und der sie fasziniert,<br />
nicht zufrieden: Das Tremolo des Wortes soll das Ziel der Weltklasse<br />
quasi ersetzen. Damit kommt ein Gefühl latenter Unzufriedenheit, vielleicht<br />
auch der eigenen Unzulänglichkeit zum Ausdruck – das Eingeständnis, 2007,<br />
aber wohl auch schon zuvor, nicht alles erreicht zu haben, was eigentlich möglich<br />
gewesen wäre. Das Magazin „India Today“ beurteilt 2007 daher als „The<br />
Year of Confrontation“; vielleicht kann man abgemildert vom „Jahr der Kontroversen“<br />
sprechen.<br />
176<br />
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Das Ende der Dialektik<br />
<strong>Neu</strong> <strong>Delhi</strong><br />
Konfrontationen oder Kontroversen sind nun, zumal in Indien, ein traditionelles,<br />
normales Verfahren, um in dialektischen Schritten politische Prozesse<br />
in Gang zu halten. Eine Synthese hätte im Jahr 2007 z. B. vorgezogene<br />
<strong>Neu</strong>wahlen heißen können. Damit wurde gerechnet, bis die Communist Party<br />
of India (Marxist) (CPI (M) Kommunistische Partei Indien-Marxisten) als<br />
eine die indische Regierung tragende Partei die Nuklearverhandlungen mit<br />
den USA verhinderten. Der Kongress reagierte nicht schnell genug mit der<br />
Ankündigung und Durchführung von <strong>Neu</strong>wahlen, um dem Patt in der Regierung<br />
zu entgehen. Nach einem Sieg der Bharatiya Janata Party (BJP) in<br />
Gujarat sind die früheren Hoffnungen des Kongress auf einen Wahlsieg zerstoben.<br />
Damit hat sich auch die Auflösung des Konflikts mit den Kommunisten<br />
zerschlagen und wurde auf den regulären Wahltermin im Jahr 2009<br />
verschoben.<br />
Der erfolgreiche Abschluss der langen Verhandlungen mit den USA, über<br />
die schon im Jahresbericht für 2006 berichtet worden war, schien zum Greifen<br />
nahe. Wären die bilateralen Gespräche beendet worden, hätten im nächsten<br />
Schritt Einigungen mit der Internationalen Atomenergiebehörde erzielt<br />
werden müssen. Dann wäre von der indischen Seite alles getan worden, was<br />
von ihr erwartet worden war. Es wäre dann Aufgabe der amerikanischen<br />
Seite gewesen, die Sache zu einem guten Ende zu führen – wozu auch die<br />
Möglichkeit gehört hätte, dass die Staaten, die über die notwendigen Technologien<br />
verfügen, Indien mit den gewünschten Energieanlagen beliefern dürften.<br />
Russland und Frankreich standen dazu schon vor der Tür. Der Streit mit<br />
dem kommunistischen Regierungspartner gefährdete nicht nur den außenpolitischen<br />
Erfolg, sondern warf auch die heikle Frage auf, bei wem denn die<br />
letzte Entscheidung in außenpolitischen Fragen liege, bei der Regierung oder<br />
dem Parlament.<br />
Als die CPI (M) bemerken musste, wie sich die Siegeschancen einer geschwächten<br />
Regierungspartei im Wahlkampf um das wichtige Gujarat gegenüber<br />
der BJP, der Regierungspartei in Gujarat und Opposition in <strong>Delhi</strong>,<br />
verringerten, machte sie Anfang Dezember eine – halbe – Kehrtwende und<br />
gestand der Regierung zu, mit der Wiener Atomenergiebehörde Gespräche<br />
aufzunehmen. Der amtierende Chief Minister, Ministerpräsident Narendra<br />
Modi, siegte Ende Dezember unangefochten. Mit dem Wahlsieg war die BJP,<br />
die Monate zuvor als eingebrochen galt, wieder gestärkt. Bundeswahlen vor<br />
Mai 2009 sind nicht mehr zu erwarten.<br />
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<strong>Neu</strong> <strong>Delhi</strong><br />
Geschehen kann bis dahin nicht mehr viel. Erforderliche Reformen, die<br />
nicht nur auf Zustimmung in der Bevölkerung gestoßen wären, müssen liegen<br />
bleiben, nachdem nicht nur der Kongress durch die Kommunisten, sondern<br />
auch diese selbst geschwächt worden sind. In ihrem Kernland West-Bengalen,<br />
in dem sie seit Jahrzehnten die Regierung stellen, wurden sie durch zwei Ereignisse<br />
schwer angeschlagen. Das wirtschaftsschwache Land wollte an der<br />
Erfolgsgeschichte anderer Teile Indiens teilhaben und öffnete ausländischen<br />
Investoren die Türen. Tatsächlich beginnt Bengalen, insbesondere Kolkata,<br />
zu boomen. Äußerlich erkennbar wird diese Entwicklung allein schon bei der<br />
Fahrt vom Flughafen in die Innenstadt, die durch die neuen Stadtviertel führt:<br />
Bei jedem Besuch in den letzten zwölf Monaten wuchsen Gebäude und Infrastruktur<br />
in kaum zu fassender Schnelligkeit. Für den weiteren Ausbau plante<br />
die Regierung in Kolkata unter Leitung von Buddadeb Bhattacharya, Ministerpräsident<br />
Bengalens, die Einrichtung einer weiteren Wirtschaftszone. Dazu<br />
war der Ort Nandigram im Weg, er hätte geräumt werden müssen. Nachdem<br />
die Bewohner aber nicht freiwillig weichen wollten, wurde die Räumung von<br />
Nandigram angeordnet. In der zweiten Novemberhälfte musste erstmals nach<br />
15 Jahren die Armee nach Kolkata gerufen werden, um Unruhen in Teilen der<br />
Stadt begegnen zu können, wobei auch Ausgehverbote verhängt wurden, die<br />
das Leben in der Stadt teilweise lahm legten – gerade an jenem Tag fand der<br />
„German Language Day“ statt (dazu unten mehr).<br />
Der Aufruhr war von muslimischen Gruppen inszeniert worden, um die<br />
Macht der nach Nandigram geschwächten Regierung in West-Bengalen auszutesten.<br />
Äußerlicher Anlass war aber etwas anderes. Es ging um die Texte<br />
von Taslima Nasreen, der muslimischen Autorin aus Bangladesh. Schon bei<br />
einer Veranstaltung des Journalistenclubs in Hyderabad war sie von Mitgliedern<br />
muslimischer Oppositionsparteien des Staates Karnatakas tätlich angegriffen<br />
worden. Nach den Ereignissen in Kolkata forderte die Regierung sie<br />
auf, West-Bengalen zu verlassen, um den Anlass der Unruhen zu beseitigen.<br />
In Jaipur ging es ihr nicht viel anders, auch Rajasthan sah sich nicht in der<br />
Lage, etwas zu ihrem Schutz tun zu wollen. Schließlich brachte die Zentralregierung<br />
Taslima Nasreen sicher in <strong>Delhi</strong> unter. Dem <strong>DAAD</strong> ist Taslima<br />
Nasreen nicht unbekannt. Sie war 1995 nach ihrer Flucht aus Bangladesh vom<br />
Berliner Künstlerprogramm des <strong>DAAD</strong> aufgenommen worden.<br />
„Frauen an der Macht“<br />
Neben diesen und anderen Kontroversen gab es aber auch viele positive<br />
Ereignisse. Das war mit dem Gewinn der Asienmeisterschaften im Hockey so<br />
wie auch im September beim Sieg des Kricketteams beim erstmals ausgetra-<br />
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<strong>Neu</strong> <strong>Delhi</strong><br />
genen Twenty20 World Cup – zumal in Johannesburg der Sieg über Pakistan<br />
gelang. Knapp drei Wochen später verkündete dann das Komitee in Oslo, dass<br />
der Friedensnobelpreis zur Hälfte an die zwischenstaatliche Gruppe der UN<br />
zum Klimaschutz ginge. Geleitet wird die Gruppe von Rajendra Pachauri,<br />
der in <strong>Delhi</strong> als Direktor von TERI tätig ist, einer Forschungseinrichtung und<br />
gleichzeitig Hochschule zu Umweltschutzfragen. Seitdem ist TERI im nahe<br />
beim <strong>DAAD</strong>-Büro gelegenen India Habitat Center ein begehrtes Besuchsziel<br />
ausländischer Besucher aus Politik und Wissenschaft. Dass von TERI auch<br />
zahlreiche Bewerber um ein Stipendium des <strong>DAAD</strong> kommen, soll hier nicht<br />
unerwähnt bleiben.<br />
Die politisch mächtigste Frau in Indien ist Sonia Ghandi. Im Sommer<br />
wurde sie jedoch von dieser Position durch die erste Frau auf dem Stuhl des<br />
Staatsoberhaupts Indiens, Pratibha Patil, verdrängt. Aber nur formal, denn<br />
als Kandidatin auf die Präsidentschaft wurde die damalige Gouverneurin<br />
von Rajasthan eben von Sonia Ghandi selbst ausgewählt und durchgesetzt.<br />
Mit mächtigen Frauen an der Spitze bestehen Parallelen zwischen Indien und<br />
Deutschland; daher lautet auch das Thema in unserem Essaywettbewerb für<br />
2008: „Frauen an der Macht“.<br />
Ruhe im Sturm<br />
Pratibha Patil präsidiert nun ein Land, an dem es an vielen Ecken brennt,<br />
dem Sinne nach und buchstäblich. Am 18. Februar wurde „der Zug nach Pakistan“<br />
in die Luft gesprengt: 67 Tote, zumeist Pakistaner. In Hyderabad erlagen<br />
am 18. Mai sieben Menschen einem Attentat an der historischen Mekka<br />
Moschee, am 24. August dann 40 Personen bei zwei Explosionen auf einem<br />
Picknickplatz und in einem Vergnügungspark. In Uttar Pradash explodierten<br />
am 23. November zeitgleich vor Gerichten in Lucknow, Faizabad und Varanasi<br />
drei Bomben und töteten 13 Personen. Mitte August, am 10. und 12. wurden<br />
Hindi sprechende Inder, insgesamt 28, in Assam bei Bombenexplosionen<br />
getötet, Ende Dezember dann bei einer Zugexplosion fünf Passagiere. Damit<br />
sind nur die spektakulären Ereignisse aufgezählt.<br />
Aber es brennt auch sozial. Im Herbst zogen über 20.000 Landlose von<br />
Gwalior nach <strong>Delhi</strong>, um auf ihre hoffnungslose Lage aufmerksam zu machen.<br />
Zwar hatte Premierminister Manmohan Singh Ende Mai beim jährlichen<br />
Treffen des Nationalen Entwicklungsrats Hilfen für die Landwirtschaft von<br />
umgerechnet knapp 5 Mrd. Euro angekündigt, niemand weiß aber, ob die Hilfen<br />
auch greifen. Zwei Drittel der indischen Bevölkerung sind nach Umfragen<br />
davon überzeugt, dass staatliche Hilfen nie bei den Zielgruppen ankommen.<br />
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<strong>Neu</strong> <strong>Delhi</strong><br />
Aber dennoch bleibt das Land Indien gelassen, als ob es all diese Brände<br />
absorbieren könne. Indien ist in der Region der stabile und ruhende Pol, während<br />
es um das Land herum wirklich brennt. Das gilt nicht für Bhutan, wo<br />
für März 2008 Wahlen angekündigt wurden, mit denen der vom regierenden<br />
König betriebene Übergang zu einer konstitutionellen Monarchie vollzogen<br />
und abgeschlossen werden soll.<br />
In Nepal beschloss dagegen das provisorische Parlament am Ende des<br />
Jahres, das Königtum, die älteste Hindumonarchie der Erde, abzuschaffen.<br />
Zwei Tage später kehrten die Maoisten in die Regierung zurück, nachdem<br />
sie sie drei Monate zuvor verlassen hatten. Ende September gingen 50.000<br />
Mönche und ebenso viele Zivilisten in Myanmar auf die Straße, um gegen das<br />
herrschende Militärregime zu protestieren. Auf Sri Lanka konnte die Liberation<br />
Tigers of Tamil Eelam (LTTE) im Frühjahr erstmals Luftangriffe auf drei<br />
Flughäfen durchzuführen, während die Regierungstruppen Anfang November<br />
den politischen Vordenker der Tiger tötete. Und in Bangladesh wurden<br />
die Wahltermine über das ganze Jahr hin immer wieder verschoben; das Land<br />
wird von einer von der Verfassung für einen solchen Fall vorgesehenen Übergangsregierung<br />
verwaltet, deren Mitglieder keiner der sich zur Wahl stellenden<br />
Parteien nahe stehen dürfen. Da dieser Fall höchst unwahrscheinlich ist,<br />
finden Unruhen kein Ende. Das Land wurde zudem von einem Zyklon heimgesucht,<br />
bei dem Anfang November beinahe 2.500 Menschen umkamen.<br />
Zu Pakistan muss eigentlich gar nichts mehr gesagt werden, alles ist bekannt.<br />
Die Absetzung des für Präsident Musharraf unbequem gewordenen<br />
obersten Richter Chaudhary, seine Wiederernennung und anschließende erneute<br />
Absetzung mit der gleichzeitigen Erklärung des Ausnahmezustands am<br />
3. November, der dann am 15. Dezember aufgehoben wurde; die Proteste der<br />
Anwälte; die Erstürmung der Roten Moschee; die Wiederwahl von Musharraf<br />
zum Präsidenten am 6. Oktober; die Einreise des früheren Premierministers<br />
Sharif, seine sofortige Ausweisung durch die Regierung, seine dann<br />
doch vom Obersten Gericht zugelassene Wiedereinreise; die Rückkehr der<br />
früheren Premierministern Benazir Bhutto und die Bombenexplosion bei der<br />
Feier ihrer Rückkehr mit über 140 Toten am 19. Oktober und schließlich ihre<br />
Ermordung am 27. Dezember spiegeln das Bild eines zerrissenen Landes wider<br />
– um es mit einem unscharfen Adjektiv vorsichtig zu beschreiben.<br />
Quoten und Erweiterungen: Hochschulen<br />
Indien hat eine immer noch nach Kasten gegliederte Gesellschaft. Nach<br />
der Verfassung sind sie eigentlich abgeschafft. Die Wirklichkeit auszuglei-<br />
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<strong>Neu</strong> <strong>Delhi</strong><br />
chen und Nachteile abzufedern, war immer das Ziel einer Politik der Quotenregelungen.<br />
Daher kann die Zugehörigkeit zu einer unteren Kaste Vorteile<br />
bieten. Anfang Juni demonstrierten Gujjars in Rajasthan mit Gewalt für<br />
eine Anerkennung als eine untere Kaste. In Tamil Nadu wurde Muslimen<br />
und Christen eine Quote von sieben Prozent in Behörden und im Erziehungssystem<br />
zugebilligt; sie gehören also in jenem Staat zu den „Other Backward<br />
Classes“, zu den OBC.<br />
Zu der Frage der Quotierung für OBC an Hochschulen, die von der Zentralregierung<br />
getragen werden, ist ausführlich im Bericht zu 2006 berichtet<br />
worden. Zu der vorgesehenen Einführung im akademischen Jahr 2007 ist es<br />
indessen nicht gekommen. Die Quotierungsfrage ist immer noch offen. Sie<br />
blieb wie in 2006 eine der drei wichtigen Themen der indischen Hochschulpolitik.<br />
Dies gilt auch für die Frage der Zulassung ausländischer Hochschulen in<br />
Indien, über die ebenfalls schon im Bericht zu 2006 geschrieben wurde. Ein<br />
Gesetzentwurf gelangte nicht ins Parlament, wenn auch die Frage intensiv<br />
erörtert wurde. Die alte Befürchtung, dass vom Ausland her nach Indien gedrängt<br />
werde, um letztlich mit Ausbildung lediglich Gewinn trächtige Geschäfte<br />
zu machen, blieb unverändert bestehen.<br />
Manche teilen in diesem Kontext indische Studenten in zwei Gruppen ein:<br />
Mitglieder der einen wollen eine sehr gute internationale Ausbildung und verfügen<br />
über die notwendigen Mittel, um im Ausland zu studieren. Die anderen<br />
haben dasselbe Ziel, aber nicht dieselben Mittel. Sie suchen über Partnerschaften<br />
der eigenen Hochschulen mit ausländischen Einrichtungen Möglichkeiten,<br />
internationale Erfahrungen zu sammeln, durchlaufen dabei aber nicht<br />
einen als qualitativ hochwertiger angesehenen internationalen Studiengang,<br />
sondern können allenfalls international „schnuppern“. In diesem Kontext<br />
kommen die auch von der deutsch-indischen Beratergruppe vorgeschlagenen<br />
Studiengänge mit dualen oder gemeinsamen Abschlüssen ins Spiel, also Studiengänge,<br />
welche von einer indischen und einer ausländischen Hochschule<br />
gemeinsam getragen werden. Auf diese Überlegungen reagiert das Programmpaket<br />
des <strong>DAAD</strong> „A New Passage to India“ (dazu unten mehr).<br />
Nur zehn Prozent eines Jahrgangs besuchen in Indien eine Hochschule.<br />
Angesichts der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes ist dieser Anteil<br />
nicht ausreichend, der Anteil in anderen Entwicklungs- und Schwellenländern<br />
liegt bei mindestens 20 Prozent. Ziel des elften Fünfjahresplans, der<br />
2007 ausgearbeitet wurde, ist daher in einem ersten Schritt eine Erhöhung auf<br />
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<strong>Neu</strong> <strong>Delhi</strong><br />
15 Prozent. Dazu sollen einerseits die vorhandenen Hochschulen mit zusätzlichen<br />
finanziellen Förderungen ihr mögliches Studienplatzpotenzial besser<br />
nutzen können, in erster Linie sollen aber neue Hochschulen gegründet werden.<br />
Zu den vorhanden 378 Universitäten – von denen 19 Zentraluniversitäten<br />
sind, also Einrichtungen, die von <strong>Delhi</strong> und nicht von den Einzelstaaten finanziert<br />
werden – sollen 30 Zentraluniversitäten hinzukommen. 16 von ihnen<br />
sollen, so sehen es die Planungen vor, in Regionen aufgebaut werden, die<br />
noch nicht über eine Zentraluniversität verfügen. Die weiteren 14 sollen Modellcharakter<br />
haben. Vorbilder sind die Jawaharlal Nehru University (JNU) in<br />
<strong>Delhi</strong> und das idealtypische Modell einer amerikanischen Hochschule; der organisatorische<br />
Aufbau folgt der JNU, Studienverlauf und -inhalte dem amerikanischen<br />
System. Ferner sollen sieben weitere Indian Institutes of Technology<br />
(IIT) und ebenso viele Indian Institutes of Management (IIM), zehn<br />
National Institutes of Technology (NIT), fünf Indian Institutes of Science,<br />
Education and Research, 20 Indian Institutes of Information Technology (TripeI<br />
ITs) und zwei Architekturhochschulen errichtet werden – ehrgeizige Pläne.<br />
Die Frage stellt sich, wie das erforderliche Lehrpersonal rekrutiert werden<br />
kann und woher es kommen soll. Das indische Hochschulsystem leidet unter<br />
dem Mangel an Hochschullehrernachwuchs; statt zu promovieren, gehen die<br />
guten Studenten sofort in die Wirtschaft, wo sie ganz andere Verdienstmöglichkeiten<br />
erwarten. Einige Hochschulen wie das IIT <strong>Delhi</strong> wollen nun gegensteuern<br />
und mit besseren Stipendien sowie internationalen Kooperationen<br />
die Promotion und damit eine sich anschließende Hochschullehrerlaufbahn<br />
attraktiver machen. Eine Erweiterung der vorhandenen Master-Programme<br />
in den Promotionsbereich hinein böte dem <strong>DAAD</strong> die Möglichkeiten einer<br />
partnerschaftlichen Mitgestaltung dieses Prozesses.<br />
Stipendiaten des IIT Master Sandwich Programms 2007/08, TU Darmstadt<br />
182<br />
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Passages to India 1<br />
<strong>Neu</strong> <strong>Delhi</strong><br />
Die Zahl der Besuche aus der deutschen Wirtschaft und Politik ist im Berichtszeitraum<br />
erheblich gestiegen, die deutschen Vertretungen in Indien waren<br />
gut beschäftigt. Für die Zusammenarbeit in Hochschule und Wissenschaft<br />
ragen zwei Besuche im Frühjahr und im Herbst heraus. Von beiden sind Impulse<br />
ausgegangen, die den akademischen Austausch auf eine andere Ebene<br />
heben werden.<br />
Während der EU-Präsidentschaft der Bundesrepublik kam die Bundesministerin<br />
für Bildung und Forschung, Annette Schavan, im Februar an der<br />
Spitze einer hochrangigen Wissenschaftsdelegation nach <strong>Neu</strong> <strong>Delhi</strong>. Der<br />
<strong>DAAD</strong> war in der Delegation nicht vertreten, auch nicht bei den einzelnen<br />
Besuchsstationen, obgleich ein Treffen der Ministerin und des indischen<br />
Staatspräsidenten Kallam mit indischen Nachwuchswissenschaftlern von der<br />
Außenstelle unterstützt worden war. Dennoch kam es nach einer Präsentation<br />
des gemeinsam von AvH, <strong>DAAD</strong> und DFG getragenen „German Center<br />
of Research and Higher Education“ vor der gesamten Delegation zu einem<br />
Meinungsaustausch mit Abgeordneten des Ausschusses für Bildung und Forschung,<br />
in dessen Verlauf Ideen zu einer Verstärkung des Austauschs von<br />
Studenten erörtert wurden. Bei einer Anhörung vor dem Ausschuss im April<br />
konnte der <strong>DAAD</strong> dann den Entwurf eines Programms mit dem Namen „A<br />
New Passage to India“ vorlegen.<br />
Die Zielrichtung des Programms weist geographisch von West nach Ost.<br />
Das bisher sehr geringe Interesse an einem Aufenthalt an einer indischen wissenschaftlichen<br />
Einrichtung soll erhöht, die Zusammenarbeit attraktiver gestaltet<br />
werden. Das neue Programm kombiniert akademische, praxisorientierte<br />
und institutionelle Aspekte: Erhöhung der Stipendien für Deutsche und<br />
Förderung von gemeinsamen Studiengängen; Praktika in Indien und an deutschen<br />
Hochschulen; Aufbau eines gemeinsamen Exzellenzzentrums am IIT<br />
Madras und Unterstützung der Indienforschung an deutschen Universitäten.<br />
Als Ende Oktober Bundeskanzlerin Angela Merkel Indien besuchte, verkündete<br />
die sie begleitende Bundesministerin Schavan das Programm und<br />
beauftragte den <strong>DAAD</strong> mit seiner Umsetzung ab 2009. Der Präsident des<br />
<strong>DAAD</strong> Prof. Theodor Berchem, offizielles Mitglied der Delegation, bewertete<br />
das Programm als Meilenstein. „A New Passage to India“ stellt das erste<br />
Programmset von abgestimmten Maßnahmen dar, das in einem Schritt und<br />
nicht „tröpfchenweise“ im Rahmen der deutsch-indischen Hochschulzusammenarbeit<br />
umgesetzt werden soll.<br />
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<strong>Neu</strong> <strong>Delhi</strong><br />
Wissenschaft war einer der beiden Schwerpunkte des Kanzlerinnenbesuchs.<br />
Neben der Verkündung von „A New Passage“ wurden zahlreiche Abkommen<br />
zu wissenschaftlichen Kooperationen unterzeichnet. Die vereinbarte<br />
bilaterale Förderung von gemeinsamen anwendungsorientierten Forschungsprojekten<br />
stellt dabei sicher die umfassendste und spektakulärste dar. Unter<br />
dem Namen „Indo-German Research Center“ vereinbarten beide Seiten,<br />
in den nächsten fünf Jahren paritätisch 10 Mio. Euro für ausgewählte Forschungsprojekte<br />
zur Verfügung zu stellen.<br />
Prof. Berchem unterzeichnete für den <strong>DAAD</strong> drei Abkommen: Mit der<br />
University Grants Commission (UGC) wurde ein Wissenschaftleraustauschprogramm<br />
(WAP) in den Geistes- und Sozialwissenschaften vereinbart, ein<br />
weiteres WAP, nun für die Natur- und Ingenieurwissenschaften, mit dem Department<br />
of Science and Technology (DST). Soweit das DST internationale<br />
Sommerschulen für den naturwissenschaftlichen Nachwuchs einrichten<br />
wird, soll das dritte Abkommen die Teilnahme von Gruppen deutscher Nachwuchskräfte<br />
ermöglichen.<br />
Im Oktober unterzeichnen der <strong>DAAD</strong>-Präsident Prof. Berchem und Prof. Thorat, Vorsitzender<br />
der University Grants Commission, ein Abkommen zur Einführung eines Wissenschaftleraustauschprogramms<br />
für die Geistes- und Sozialwissenschaften.<br />
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Science Express<br />
<strong>Neu</strong> <strong>Delhi</strong><br />
Den Höhepunkt des Wissenschaftsteils des Besuchs von Kanzlerin Angela<br />
Merkel bildete dann die Zeremonie, bei der sie gemeinsam mit ihrem<br />
indischen Kollegen Manmohan Singh den Science Express vom Bahnhof Safdarjang<br />
in New <strong>Delhi</strong> für acht Monate auf den Weg durch 56 indische Städte<br />
schickte. Der Zug mit einer Ausstellung aus allen Gebieten der Wissenschaft<br />
war von der Max-Planck-Gesellschaft entwickelt worden. Die indische Seite<br />
war schon seit längerem an der Ausstellung interessiert, um über sie mehr<br />
Schüler für eine Ausbildung in den Natur- und Ingenieurwissenschaften zu<br />
begeistern. Die deutschen Interessen lassen sich mit der Präsentation deutscher<br />
Wissenschaft und der Gewinnung von wissenschaftlichem Nachwuchs<br />
beschreiben. Während der Rundfahrt durch Indien lässt der <strong>DAAD</strong> mehrere<br />
hunderttausend Broschüren verteilen, in denen über Studium und Forschung<br />
in Deutschland, über die Voraussetzungen zu studieren und zu forschen, sowie<br />
über die dazu angebotenen Fördermöglichkeiten unterrichtet wird. An<br />
ausgesuchten Haltepunkten des Zuges sind zusätzliche Informationsveranstaltungen<br />
bei Partnereinrichtungen vorgesehen, teilweise gemeinsam mit der<br />
DFG und der AvH. Da die Materialien nicht im Zug mitgeführt werden können,<br />
sondern von Haltepunkt zu Haltepunkt neu angeliefert werden müssen,<br />
bildet dieses Projekt für die Außenstelle eine der größten logistischen Herausforderungen<br />
der letzten Jahre.<br />
Im Oktober schicken Premierminister Singh, Bundeskanzlerin Merkel, Wissenschaftsminister<br />
Sibbal und Bildungsministerin Schavan den Science Express für acht Monate auf seinen Weg<br />
durch 56 indische Städte<br />
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<strong>Neu</strong> <strong>Delhi</strong><br />
Welche Wirkungen vom Science Express letztlich ausgehen werden, kann<br />
erst in einigen Jahren beurteilt werden. Zurzeit stagniert die Zahl indischer<br />
Studierender an deutschen Hochschulen. Ob große Marketingmaßnahmen<br />
wieder eine Aufwärtsbewegung auslösen werden, muss also abgewartet werden.<br />
Diese Maßnahmen werden aber in jedem Fall nicht ausreichen. Premierminister<br />
Singh beklagte in einem Interview während des Kanzlerinnenbesuchs,<br />
dass bei den Indern der Eindruck bestünde, in Deutschland nicht<br />
willkommen zu sein. Indische Studierende suchen im Ausland nicht nur die<br />
Ausbildung an der Hochschule, sondern auch die ergänzende Möglichkeit,<br />
nach dem Hochschulabschluss für eine begrenzte Zeit in der Wirtschaft des<br />
Gastlandes Erfahrungen sammeln und Verbindungen aufbauen zu können.<br />
Und dies ist bei der gegenwärtigen Gesetzeslage nicht oder nur sehr erschwert<br />
möglich.<br />
Indischer Nachwuchs sucht das Paket von Theorie und Praxis und geht<br />
vornehmlich dorthin, wo dieses ihm angeboten wird. In Deutschland gibt es<br />
dieses Angebot so – noch – nicht.<br />
Sysiphos Fragezeichen<br />
Auch wenn dieses Angebot bestünde, wären Informations- und Überzeugungsarbeit<br />
nicht überflüssig.<br />
Im Berichtsjahr wurden zahlreiche Projekte auf diesen Arbeitsfeldern umgesetzt.<br />
Geleistet wurden die Beteiligungen an allein 25 Bildungsmessen und<br />
die Durchführung von 30 Informationstagen an Hochschulen, in allen Teilen<br />
des Subkontinents. Daran war aber nicht nur die Außenstelle beteiligt, sondern<br />
auch die fünf Informations-Center und Informations-Punkte in Chennai,<br />
Mumbai, Bangalore, Hyderabad und Kolkata.<br />
Die logistische Herausforderung, Hunderttausende von Informationsbroschüren<br />
über den Science Express zu verteilen, wurde schon beschrieben. Eine<br />
der Broschüren ist das Magazin „Study and Research in Germany“. Dessen<br />
Herausgabe und Finanzierung war ein Gemeinschaftsprojekt der Deutschen<br />
Botschaft sowie der Außenstellen der DFG und des <strong>DAAD</strong> in New <strong>Delhi</strong>. Das<br />
Magazin war ursprünglich allein dafür entwickelt worden, um es als Beilage<br />
der Times of India in einer Auflage von 200.000 Exemplaren während des<br />
Besuchs der Bundeskanzlerin in Regionen mit hohem Akademikeranteil zu<br />
verteilen; die Tageszeitung hat das Magazin übrigens später nochmals in derselben<br />
Auflagenhöhe gestreut. Deutsche Hochschulen, die Anzeigen in dem<br />
186<br />
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<strong>Neu</strong> <strong>Delhi</strong><br />
Magazin geschaltet hatten, konnten anschließend einen steigenden Besuch<br />
auf ihren Internet-Seiten aus Indien verzeichnen. Das Magazin war also so<br />
überzeugend, dass es nun auch über den Express noch weiter gestreut wird.<br />
Ein noch größerer Empfängerkreis konnte mit einer Fernsehproduktion<br />
des Nachrichtenkanals CNN-IBN erreicht werden. Der zwanzigminütige Beitrag<br />
beschreibt die Gründe für ein Studium in Deutschland und stellt dar,<br />
was einen Studenten aus Indien in Deutschland innerhalb und außerhalb der<br />
Hochschule erwartet. Er wurde mehrfach im Sender angekündigt und drei<br />
Mal ausgestrahlt.<br />
Und auch über den Wolken haben wir informiert. Einen Monat lang konnten<br />
die Passagiere der Indian Airlines während ihrer Inlandsflüge in der Bordzeitung<br />
„SWAGAT“ alles nachlesen, was sie für das Studium ihrer Kinder in<br />
Deutschland wissen müssen.<br />
Passages to India 2<br />
Im Sog wachsenden wirtschaftlichen Austauschs entdecken die deutschen<br />
Hochschulen Indien. Überproportional wuchsen die Zahl der Anfragen nach<br />
möglichen Partnern und die Bitten um Unterstützung bei der Gestaltung von<br />
Erkundungsreisen durch die indische Hochschullandschaft. Dabei sind es in<br />
erster Linie Fachhochschulen, die sich hier umsehen. Dennoch sind es vier<br />
große Universitäten, die im Jahr 2007 große Schritte in Richtung Bharat India<br />
gemacht haben. Göttingen und die FU Berlin haben sich mit einem international<br />
ausgerichteten Konzept im Exzellenzwettbewerb hervorgetan, Heidelberg<br />
wurde ein Forschungscluster zu Südasien bewilligt. Als vierte Universität ist<br />
Tübingen zu nennen. Heidelberg wird das Verbindungsbüro seines Südasien-<br />
Instituts in <strong>Delhi</strong> gemeinsam mit der Außenstelle neu positionieren. Tübingen<br />
und Göttingen sind beide in Pune aktiv, wobei Göttingen sogar ein eigenes<br />
Verbindungsbüro dort plant. Ein solches Büro hat die FU Berlin schon seit<br />
Oktober bei der Außenstelle in <strong>Delhi</strong> eingerichtet.<br />
Wie stark sich die Auslandsorientierung aller deutschen Hochschulen<br />
entwickelt, konnte bei der Netzwerkkonferenz beobachtet werden, die der<br />
<strong>DAAD</strong> Ende Juni in Bonn durchführte. Beim Auftakt der Veranstaltung wurde<br />
die erste Nummer einer geplanten Reihe von „Länderprofilen“ vorgestellt,<br />
die als Handreichung für die Auslandsarbeit gedacht ist. Die erste Ausgabe<br />
galt Indien.<br />
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187
<strong>Neu</strong> <strong>Delhi</strong><br />
Aus Indien unterrichtet die Außenstelle deutsche Interessierte mit dem<br />
2006 eingerichteten elektronischen Newsletter „Die Me(h)rfahrt“. Sechs Ausgaben<br />
erreichten 2007 jeweils rund 600 Abonnenten.<br />
Zu den Netzwerken des <strong>DAAD</strong> in Indien zählen auch die beiden Informationszentren<br />
in Chennai und Mumbai sowie die Informationspunkte in Bangalore,<br />
Hyderabad und Kolkata. Dieses Netz soll noch erweitert werden. 2007<br />
fiel die Entscheidung, das Informations-Center in Mumbai im nächsten Jahr<br />
nach Pune zu verlagern; der weiterhin wichtige Standort Mumbai wird als<br />
Informations-Punkt beibehalten. Pune, das „Oxford“ Indiens, bildet eine der<br />
drei Regionen, aus denen sich Nachwuchswissenschaftler um ein Stipendium<br />
des <strong>DAAD</strong> bewerben. Wichtige deutsche Hochschulen finden Partner in der<br />
Region; über Göttingen und Tübingen wurde schon berichtet. Und die Germanistik<br />
der Pune University entwickelte sich zu einem wichtigen Brückenbauer<br />
zu deutschen Universitäten. Gute Gründe sprechen also für eine stärkere<br />
Präsenz des <strong>DAAD</strong> in der Stadt.<br />
Lektorate<br />
Informationszentren sind mit Lektoraten verbunden. Die Lektorate waren<br />
2007 Sorgenkinder, da sie gar nicht oder nur kurzfristig besetzt werden konnten.<br />
Das Germanistiklektorat an der JNU blieb erneut unbesetzt, die Auswahlkommission<br />
konnte unter den sehr wenigen Bewerbern keinen geeigneten<br />
benennen. Das IC-Lektorat in Chennai war nur bis November besetzt.<br />
Für Anfang Januar 2008 ist nun die Umsetzung von Dr. Thomas Schwarz von<br />
Pune zur JNU in <strong>Delhi</strong> vorgesehen. Sein in Pune freies Lektorat wird zum<br />
IC-Lektorat umgewandelt. Ein Auswahlverfahren, auch für das IC-Lektorat<br />
am IIT Madras, wird Ende Januar 2008 stattfinden. Das Lektorat an der <strong>Delhi</strong><br />
University war unverändert mit Frau Dr. Ursula Egyptien besetzt.<br />
In den letzten beiden Jahren konnten vier Fachlektorate ausgeschreiben<br />
werden, die ersten dieser Art in Indien. Leider blieben auch diese weitgehend<br />
unbesetzt, da es an Bewerbern fehlte. Eine Ausnahme bildete das Fachlektorat<br />
für Forstwissenschaft am Forest Research Institute in Dehra Dun, eine<br />
Einrichtung mit langer Deutschlandtradition. Lektor dort wurde Dr. Ernst<br />
Kürsten. Das Lektorat am IIT Kanpur in den Wirtschaftswissenschaften blieb<br />
frei, wird aber ab dem Akademischen Jahr 2008/09 durch Prof. Axel Eggert<br />
ausgefüllt. Für die Nanotechnologie am IIT Bombay fanden sich keine Bewerber;<br />
dieses Lektorat wird ab 2008 für ein breiteres Gebiet erneut ausgeschrieben.<br />
Und ganz neu ist ein Fachlektorat in den Rechtswissenschaften an<br />
der West Bengal National University of Juridical Sciences in Kolkata; hierzu<br />
läuft die Ausschreibung.<br />
188<br />
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Deutsch ist in<br />
<strong>Neu</strong> <strong>Delhi</strong><br />
Die Nachfrage nach Deutschunterricht steigt ungebrochen. Um Deutschlehrer<br />
an Schulen und Colleges fortzubilden und zu unterstützen, fand 2007<br />
nun zum dritten Mal ein Tag der deutschen Sprache, der „German Language<br />
Day“ statt. Wie schon im letzten Jahr beteiligten sich Vertretungen aus allen<br />
Deutsch sprechenden Ländern an der Durchführung der Veranstaltungen, die<br />
erstmals mehrfach und auch außerhalb New <strong>Delhi</strong> stattfanden, nämlich Ende<br />
November an der Schweizer Botschaft in <strong>Delhi</strong> und an den Max Müller Bhavans<br />
(MMB) in Bangalore und Kolkata. <strong>Delhi</strong> und Kolkata waren große Erfolge,<br />
und auch in Kolkata behinderten die oben beschrieben Ausgehverbote<br />
den Zuspruch in keiner Weise. Zum Erfolg trugen im Wesentlichen die Beiträge<br />
von Prof. Hermann Funk, Jena, Prof. Adolph Johannes Fischer, Linz,<br />
und der Schweizer Schriftstellerin Brigitte Schaer bei. Das erfreuliche Ergebnis<br />
lud die Organisatoren zu einer Fortsetzung der Tage im September des<br />
nächsten Jahres ein.<br />
Bei einer vierten Veranstaltung in einer ununterbrochenen Reihe kann<br />
schon von einer Tradition gesprochen werden. Das Germanistenkolloquium<br />
für Mphil- und Promotionsstudierende der indischen Germanistik fand<br />
zum ersten Mal außerhalb von <strong>Delhi</strong> statt, nämlich Ende September im SET<br />
Bhavan der Pune University. Von der Partneruniversität in Tübingen kam als<br />
Moderatorin Prof. Dorothee Kimmich, die 60 Teilnehmer zu einem überwiegenden<br />
Teil aus Pune selbst und von den beiden Universitäten in <strong>Delhi</strong> mit<br />
Germanistikstudiengängen.<br />
Die Sprachausbildung an den Universitäten wird durch <strong>DAAD</strong>-Sprachassistenten<br />
unterstützt. Im akademischen Jahr 2007/08 unterrichteten an der<br />
JNU Frau Kathrin Warnke, an der <strong>Delhi</strong> University Frau Katharina Lüring<br />
und an der Panjab University in Chandigarh Herr Lars-Eric Padderatz. Ab<br />
2008 soll auch in Pune ein Sprachassistent eingesetzt werden.<br />
Den Essaywettbewerb, über den die Auswahl für das Programm „Sommerkurse<br />
an deutschen Hochschulen“ läuft, gewannen 2007 14 Germanistikstudierende<br />
aus Indien und zwei aus Sri Lanka. Sie schrieben zum Thema<br />
„Unabhängigkeit“; für 2008 lautete das Thema des Wettbewerbs „Frauen an<br />
der Macht“.<br />
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<strong>Neu</strong> <strong>Delhi</strong><br />
Alumni<br />
Rund 550 ehemalige Stipendiaten trafen sich mit dem Leiter der Außenstelle<br />
bei Besuchen in Kharagpur, Hyderabad, Warangal, Dehra Dun, Roorkee<br />
und Kolkata. Der <strong>DAAD</strong> unterstützte drei Veranstaltungen von Alumni,<br />
nämlich im April einen „Workshop on Sustainable Resource Management“<br />
in <strong>Neu</strong> <strong>Delhi</strong>; einen weiteren, ebenfalls im April, zu „Globalization and its<br />
Impact on Education“ des ADFI in Kolkata; sowie Ende Juli zu „Facing the<br />
Facts of Societal Health“ von IGNA Hyderabad.<br />
Prof. Roonwal, Koorganisator und <strong>DAAD</strong>-Alumnus; der Außenstellenleiter; Prof. Domrös,<br />
Koorganisator und Dr. Goel, Staatssekretär im Ministry of Earth Science, eröffnen den Alumni-Workshop<br />
„Sustainable Resource Management“ im April<br />
3.400 Ehemalige erhielten ein für sie herausgegebenes Blatt, den „Exchange“,<br />
der 2007 ein Mal erschien. Neben diesem gedruckten Blatt wurde<br />
der elektronische Newsletter, der ebenfalls vornehmlich für Ehemalige gedacht<br />
ist, monatlich an nun 3.600 Abonnenten verschickt.<br />
Die Außenstelle<br />
Die Außenstelle <strong>Neu</strong> <strong>Delhi</strong> wird jünger, der Generationswechsel schreitet<br />
voran. Nach 44 Jahren bei der Außenstelle ging Herr Jagat Singh Verma im<br />
August in den Ruhestand. Er war die personifizierte Geschichte des <strong>DAAD</strong><br />
in Indien. Er hat alle Direktoren erlebt. Wir haben ihn herzlich im privaten<br />
Kreis verabschiedet.<br />
190<br />
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<strong>Neu</strong> <strong>Delhi</strong><br />
Im April kam Meenal Goel an die Außenstelle und übernahm von Yasmin<br />
Chaudry die Aufgabe als Information Officer. Yasmin Chaudry war dann bis<br />
zu ihrem Ausscheiden im Oktober für Stipendienprogramme zuständig. Diese<br />
Position füllt nun seit November Anubhuti Rana aus. Pradeep Singh Gusain<br />
ist seit September Mitarbeiter in IT- und Verwaltungsangelegenheiten.<br />
Mit den Kolleginnen und Kollegen vom Büro der DFG haben wir am letzten<br />
Novembertag einen gemeinsamen Betriebsausflug ins Land von Krishna<br />
nach Vrindavan und Mathura unternommen. Die vielstündige Bootsfahrt von<br />
Vrindavan zum heiligen Mathura auf dem ebenfalls heiligen Yamuna wird<br />
unvergessen bleiben.<br />
Und was war 2007 noch? Vor 150 Jahren fand der Aufstand der Sepoys<br />
statt, die „Mutiny“ oder „Uprising“. Im selben Jahr 1857 wurden die ersten<br />
(europäischen) Universitäten in Indien gegründet, in Bombay, in Calcutta und<br />
in Madras.<br />
Das Team der Außenstelle<br />
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<strong>Neu</strong> <strong>Delhi</strong><br />
Statistischer Überblick Indien<br />
1. Grunddaten<br />
Gesamtfläche des Landes 3.287.590 km²<br />
Bevölkerungszahl 1,1 Mrd.<br />
Bevölkerungsdichte 342 Einw./km²<br />
Bevölkerungswachstum 1,6%<br />
Urbanisierungsgrad bei Entwicklungsländern<br />
2. Wirtschaftsdaten<br />
192<br />
28%<br />
BIP in US-Dollar 2.965 Mrd.<br />
BIP pro Kopf in US-Dollar 2.700<br />
Anteil am globalen BIP 4,5%<br />
Knowledge Economy Index (KEI) Rang 101<br />
Wirtschaftswachstum 8,5%<br />
Inflation 5,9%<br />
3. Daten zum Hochschul- und Bildungswesen<br />
Staatliche Bildungsausgaben (Bildungsetat)<br />
in US-Dollar im Jahr 2006/07<br />
ca. 3,1 Mrd.<br />
Hochschultypen Central Universities<br />
State Universities<br />
Deemed-to-be<br />
Institutes of National Importance<br />
Anzahl der Hochschulen gesamt 367<br />
staatlich 359<br />
privat 8<br />
Anzahl Hochschullehrer 488.000<br />
Eingeschriebene Studierende im Jahr<br />
2006/07<br />
11 Mio.<br />
Frauenanteil 40,4%<br />
Anteil ausländischer Studierender k. A.<br />
Studierende der Naturwissenschaften 19,42%<br />
Studierende der Geisteswissenschaften 42,88%<br />
Doktoranden 70.137<br />
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Abschlüsse im Jahr 2006/07<br />
Bachelor’s Degree k. A.<br />
Master’s Degree k. A.<br />
Doctorate 17.898<br />
Studiengebühren (pro Studienjahr) in US-Dollar im Jahr 2007<br />
an staatlichen Institutionen 50-1.000<br />
an privaten Institutionen 1.000-5.000<br />
Ausländische Studierende gesamt nach<br />
Herkunftsländern<br />
13.267<br />
1. Vereinigte Arabische Emirate 11%<br />
2. Nepal 10%<br />
3. Iran 8%<br />
4. Bangladesh 7%<br />
5. Oman 5%<br />
Studierende mit Studienaufenthalt an<br />
einer Hochschule im Ausland<br />
123.559<br />
davon in Deutschland 4.237<br />
Die fünf beliebtesten Zielländer für Studierende<br />
1. USA 80.000<br />
2. Australien 16.000<br />
3. Großbritannien 15.000<br />
4. Deutschland 4.237<br />
5. <strong>Neu</strong>seeland 1.345<br />
Quellen:<br />
University Grants Commission; www.ugc.ac.in<br />
siehe Vorwort S. 5<br />
<strong>Neu</strong> <strong>Delhi</strong><br />
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193
<strong>Neu</strong> <strong>Delhi</strong><br />
Vorläufige Länderstatistik 2007<br />
813<br />
Indien<br />
194<br />
geförderte Ausländer geförderte Deutsche<br />
2007 2007<br />
gesamt neu gesamt neu<br />
A Studierende und Graduierte 567 439 357 343<br />
1 Jahres- und Semesterstipendien<br />
1.1. Allgemeine Jahresstipendien (Auswahl<br />
durch den <strong>DAAD</strong>)<br />
1.2. Jahresstipendien Sur-Place und im Drittland<br />
1.3. Regierungsstipendien in <strong>DAAD</strong>-Betreuung<br />
1.4. Sonstige regional- und fachspezifische Jahresstipendien<br />
1.5. Semesterstipendien<br />
2. Kurzstipendien 18 18 30 25<br />
240<br />
36<br />
3. Fach- und Sprachkurse 25 28<br />
4. Praktikantenförderung 42 42 155 155<br />
5. Gruppenprogramme 27 27 115 115<br />
6. Internationale Studien- und Austausch-<br />
programme (ISAP)<br />
7. Weitere Partnerschafts- und Hochschul-<br />
programme<br />
8. Stipendien- und Betreuungsprogramme<br />
(STIBET)<br />
9. Sonstige Förderungen<br />
204<br />
115<br />
14<br />
101<br />
17<br />
6<br />
5<br />
6<br />
12<br />
4<br />
8 5 19 16<br />
47 47 19 19<br />
157 157<br />
B Wissenschaftler, Künstler, Administratoren 154 151 86 83<br />
1. Lektoren 4 1<br />
2. Postdoc-Programme 1 3<br />
3. Langzeitdozenten, Gastdozenten, Lehrstühle 6 5<br />
4. Kurzzeitdozenten 10 10<br />
5. Bilateraler Wissenschaftleraustausch 12 12 4 4<br />
6. Austausch in Projekten (PPP) 59 59 49 49<br />
7. Weitere Partnerschafts- und Hochschulprogramme<br />
8. Forschungs- und Arbeitsaufenthalte,<br />
Wiedereinladungen<br />
9. Berliner Künstlerprogramm<br />
32 32<br />
25 24<br />
10. Informationsaufenthalte, Fortbildung 28 28 10 10<br />
11. Sonstige Förderungen<br />
A+B Studierende, Graduierte, Wissenschaftler,<br />
Künstler, Administratoren<br />
721 590 443 426<br />
gesamt neu<br />
SUMME Ausländer und Deutsche 1.164 1.016<br />
EU-Mobilitätszuschüsse<br />
1. SOKRATES/ERASMUS<br />
2. LEONARDO<br />
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3<br />
5