Jahresthemen 2012 - Veranstaltungskalender für Körper Geist und ...
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Mitgefühl<br />
Die tiefe Kraft<br />
der Heilung<br />
Von Falk-Björn Kuhfuhs<br />
Mitgefühl ist eine w<strong>und</strong>ersame Kraft. Sie ist in unserer<br />
christlichen, abendländischen Welt ganz sanft, fast unbemerkt<br />
eingekehrt. In den deutschen Übersetzungen<br />
der buddhistischen Literatur in den 30er <strong>und</strong> später in<br />
den 50er Jahren wurde sie im christlichen Kontext als<br />
Mitleid übersetzt.<br />
So wie bei allen spirituellen kulturellen Importen<br />
wurde auch das Mitgefühl erst mal so verstanden, wie<br />
es unsere Kultur gewohnt war zu verstehen. Es wurde<br />
als eine asiatische Form des Leiden Christi aufgefasst.<br />
Dabei geht es um etwas ganz anderes.<br />
Die Basis von Mitgefühl ist Herzenswärme<br />
<strong>und</strong> innerer Reichtum<br />
Mitgefühl ist, technisch gesehen, eins der Hauptmittel<br />
zur Überwindung von Leiden. Genauso wie der<br />
gesamte Buddhismus, wenn wir ihn in seiner essenziellen<br />
Form betrachten, vor allem eins ist: Ein klarer<br />
<strong>und</strong> scharf gezeichneter Weg, aus unseren Leiden <strong>und</strong><br />
Verstrickungen auszusteigen. Wir könnten ihn auch als<br />
höchst menschliche Form eines Befreiungspragmatismus<br />
bezeichnen.<br />
Mitgefühl ist, spirituell gesehen, etwas ganz anderes,<br />
als sich in die W<strong>und</strong>e Christi zu legen. Es basierte vor<br />
allen darauf, dass es dir gut geht. Dass dir sogar sehr,<br />
sehr gut geht <strong>und</strong> dass du aus diesem Reichtum deines<br />
Herzens handelst. Es basiert darauf, dass du fest in<br />
der Liebe bist <strong>und</strong> aus dieser Haltung der Welt auf ihr<br />
Leiden antwortest.<br />
Hört sich schön an, wirst du jetzt sagen, aber wie<br />
kommt ich in diesen Zustand. Ich würde sagen, du<br />
bekommst Ihn von jemand anderem angeboten, wie<br />
eine gute, warme Tasse Tee, die dir ein Fre<strong>und</strong> gekocht<br />
hat. Ich habe viele Tassen Tee von meinem Lehrer gebraucht,<br />
bis ich gelernt habe, ihn selbst zuzubereiten.<br />
Wie sich das Mitgefühl vom Meditationskissen<br />
in meine Praxis schlich<br />
Bis vor ungefähr 4 Jahren waren lange buddhistische<br />
Meditationsretreats <strong>und</strong> meine Arbeit zwei getrennte<br />
Dinge in meinen Leben. In meiner Praxis benutzte ich<br />
meine therapeutischen Fähigkeiten sicher <strong>und</strong> gekonnt.<br />
In meiner Freizeit studierte ich Buddhismus <strong>und</strong> übte<br />
mich in tiefer Meditationspraxis des Vipassana Stils, in<br />
spiritueller Begleitung des Mönchs Bhante Sujiva.<br />
Damals war meine therapeutische Überzeugung<br />
davon geprägt, dass je schwerer ein Fall ist, ich um so<br />
mehr tun muss, um meinen Klienten helfen zu können.<br />
Die Gleichung, die ich gelernt hatte war: Je schwieriger<br />
der Fall, um so kreativer, aufrüttelnder oder sanfter oder<br />
schlauer musste ich sein. Aber dann kamen Mitgefühl<br />
<strong>und</strong> Achtsamkeit auf leisen Sohlen in meine Praxis<br />
geschlichen <strong>und</strong> zwangen mich dazu, meinen ganzen<br />
Arbeitsstil zu reformieren.<br />
Ich sage: Zwang – denn ich kenne keinen Therapeuten,<br />
<strong>und</strong> damit meine ich vor allen mich selbst, der auch<br />
nur das kleinste Stück seines tollen, therapeutischen<br />
Egos freiwillig wieder hergeben würde. Aber manchmal<br />
zwingt eine Krise nicht nur unsere Patienten in eine<br />
Situation, in der sie wirklich etwas lernen müssen,<br />
sondern auch uns als Therapeuten.<br />
In meinen Fall geschah dieser Prozess über eine<br />
Klientin, die mit einem großen Glauben an mich ausgestattet<br />
war <strong>und</strong> unter extremen Angstzuständen litt.<br />
Wenn du so etwas mal ganz nah an dich heran gelassen<br />
hast, weißt du, wie schlimm Angst sein kann.<br />
KGSBerlin 01/<strong>2012</strong><br />
Foto: © Sven Weber - Fotolia.com