Februar - Anwaltsblatt
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Insgesamt läßt jedenfalls die enumerative Aufzählung der Vollstreckungsschutzverfahren<br />
unter Ausschluß des § 850f ZPO eine<br />
Einbeziehung im Wege der Auslegung nicht zu. Dafür spricht auch<br />
ein Vergleich mit der Fassung des § 58 Abs. 2 BRAGO. Darin ist<br />
durch das Wort „insbesondere‚ zum Ausdruck gebracht, daß es<br />
sich bei den aufgeführten Fällen nicht um eine abschließende Aufzählung<br />
handelt. Demgegenüber enthält § 58 Abs. 3 BRAGO eine<br />
entsprechende Öffnung für nicht aufgezählte Fälle gerade nicht.<br />
Eine Einbeziehung des § 850f ZPO in die Regelung des § 58<br />
Abs. 3 Nr. 3 BRAGO kann auch nicht im Wege einer Analogie erfolgen.<br />
Zwar findet sich in der Gebührenordnung für Rechtsanwälte im<br />
Gegensatz zu den Gerichtskostengesetzen kein Hinweis auf eine<br />
generelle Einschränkung oder ein Verbot der Analogie (Lappe,<br />
Analogieverbot im Justizkostenrecht, Rpfl. 1984, 337, 338). Vielmehr<br />
bestimmt § 2 BRAGO, daß, soweit über die Rechtsanwaltsgebühren<br />
nichts bestimmt ist, die Gebühren in sinngemäßer Anwendung<br />
der Vorschriften der BRAGO zu bemessen sind.<br />
Eine Analogie scheitert auch nicht bereits daran, daß es sich bei<br />
der Regelung des § 58 Abs. 3 BRAGO um eine Ausnahmeregelung<br />
der generellen Regelung des § 58 Abs. 1 handelt, wonach in der<br />
Zwangsvollstreckung jede Vollstreckungsmaßnahme zusammen mit<br />
den durch diese vorbereiteten weiteren Vollstreckungshandlungen bis<br />
zur Befriedigung des Gläubigers als eine Angelegenheit gilt und damit<br />
auch nur eine Gebühr nach § 57 Abs. 1 BRAGO auslöst. Das Vorliegen<br />
einer Ausnahmeregelung macht nicht bereits eine Analogie generell<br />
unzulässig, soweit nicht die Ausnahme zur Regel verkehrt wird<br />
und lediglich einem Sondertatbestand ein zweiter, rechtsähnlicher<br />
Sondertatbestand gleichgestellt wird (Canaris, Die Feststellung von<br />
Lücken im Gesetz, 2. Aufl., S. 181). Auch spricht die Regelung nach<br />
dem Enumerationsprinzip nicht in jedem Fall zwingend für ein generelles<br />
Analogieverbot, das nicht nur die allgemeine Rechtsanalogie erfaßt,<br />
sondern auch eine Einzelanalogie durch Übertragung der Rechtsfolge<br />
auf einen vergleichbaren Fall (Canaris, aaO, S. 184).<br />
Die für jede Analogie erforderliche planwidrige Gesetzeslücke<br />
läßt sich aber hier nicht feststellen. Insbesondere lassen sich keine<br />
Anhaltspunkte dafür finden, der Gesetzgeber habe lediglich vergessen,<br />
die Vollstreckungsschutzbestimmung des § 850f ZPO in die<br />
Aufzählung des § 58 Abs. 3 Nr. 3 BRAGO mit aufzunehmen. Die<br />
vielfachen Änderungen sowohl des § 850f ZPO (vgl. hierzu Baumbach/Lauterbach-Hartmann,<br />
ZPO, 53. Aufl., § 850f Vorbem.) als<br />
auch des § 58 BRAGO, insbesondere der Regelung des § 58 Abs. 3<br />
Nr. 3 durch Gesetz vom 30.6.1965 (BGBl. I, 577) lassen die Annahme<br />
nicht zu, die Nichteinbeziehung des § 850f ZPO in den Katalog<br />
der besonderen Angelegenheiten sei lediglich aufgrund eines<br />
immer wieder übersehenen anfänglichen gesetzgeberischen Versehens<br />
erfolgt. Es muß vielmehr davon ausgegangen werden, daß<br />
bestimmte Sonderfälle, wie § 850f, § 850g und § 850i ZPO nach<br />
dem Willen des Gesetzgebers nicht in den Kreis der Ausnahmeregelung<br />
aufgenommen werden, sondern daß die jeweiligen Tätigkeiten<br />
durch die Gebühr des § 57 BRAGO abgegolten sein sollten.<br />
Daß demgegenüber vergleichbare Fälle wie der Pfändungsschutz<br />
für Landwirte (§ 851a ZPO) und für Miet- und Pachtzinsen<br />
(§ 851b ZPO) als besondere Angelegenheiten bestimmt worden<br />
sind, kann nicht als Versehen, sondern nur als bewußte Entscheidung<br />
des Gesetzgebers angesehen werden, die durch die Erstrekkung<br />
auf ähnliche Sachverhalte nicht korrigiert werden darf. Die<br />
Aufnahme des Verfahrens nach § 850f ZPO in den Kreis der besonderen<br />
Angelegenheiten i. S. d. § 58 BRAGO wäre nicht lediglich<br />
eine noch zulässige Gleichbehandlung eines rechtsähnlichen<br />
Sondertatbestandes mit einem im Gesetz ausdrücklich erwähnten,<br />
sondern eine unzulässige Durchbrechung des gesetzlich enumerativ<br />
festgelegten Katalogs durch eine von dem Gesetzesanwender selbst<br />
aufgestellte Generalklausel, die der Gesetzgeber gerade nicht gewählt<br />
hat, obwohl sich ihre Verwendung bei entsprechendem gesetzgeberischem<br />
Willen angeboten hätte.<br />
Nach alledem muß davon ausgegangen werden, daß die Aufzählung<br />
der Ausnahmen in § 58 Abs. 3 Nr. 3 BRAGO nach Wortlaut,<br />
Gesetzesgeschichte und Systematik eindeutig eine abschließende<br />
Regelung darstellt und damit einer analogen Anwendung<br />
auf den Fall des § 850f ZPO entgegensteht.<br />
Mitgeteilt von Rechtsanwalt Martin Frenzl. Frankfurt am Main<br />
AnwBl 2/98<br />
Rechtsprechung<br />
BRAGO § 84 Abs. 2, § 105 Abs. 1; §12<br />
1. Die Anwendbarkeit des § 84 Abs. 2 BRAGO im Bußgeldverfahren<br />
ist gesetzgeberischer Wille und entspricht wohl der herrschenden<br />
Meinung in Rechtsprechung und Literatur.<br />
2. Bei einer überdurchschnittlichen Verkehrsordnungswidrigkeit<br />
aufgrund der drohenden Rechtsfolgen und unter Berücksichtigung<br />
der finanziellen Situation des Kl ist eine Mittelgebühr angemessen.<br />
(LS der Red.)<br />
AG Borken, Urt. v. 24.4.1997 – 3a C 237/97<br />
Aus den Gründen: Die Klage ist begründet.<br />
Der Kl ist aktivlegitimiert. Er macht ein fremdes Recht im eigenen<br />
Namen geltend (gewillkürte Prozeßstandschaft). Die Zulässigkeitsvoraussetzungen<br />
sind gegeben. Er hat ein schutzwürdiges<br />
Eigeninteresse, da er gegenüber den Rechtsanwälten B zur Zahlung<br />
verpflichtet ist. Die Zustimmung der Rechtsinhaberin zur aktiven<br />
Prozeßführung liegt vor.<br />
Das Gericht hält den § 84 Abs. 2 BRAGO für anwendbar. Die<br />
Rechtsauffassung des Kl entspricht wohl der herrschenden Meinung<br />
in Rechtsprechung und Literatur. Das Gericht vermag nicht<br />
zu erkennen, daß der § 105 Abs. 1 BRAGO eine abschließende Regelung<br />
enthält. Die Anwendbarkeit des § 84 Abs. 2 BRAGO über<br />
§ 105 Abs. 3 BRAGO ist gesetzgeberischer Wille. Der Gedanke<br />
eines Anreizes für den Rechtsanwalt, frühzeitig daran mitzuwirken,<br />
daß eine gerichtliche Verhandlung nicht durchgeführt wird, ist<br />
im Bußgeldverfahren von gleicher Bedeutung wie im Strafverfahren.<br />
Die Rechtsanwälte B haben an der Einstellung mitgewirkt. Sie<br />
haben einen Antrag auf Übersendung des Originalfotos gestellt, sodann<br />
wurde das Bußgeldverfahren eingestellt. Der Zusammenhang<br />
ist offensichtlich. Angesichts der Gesetzesformulierung „es sei<br />
denn, daß ein Beitrag zur Förderung des Verfahrens nicht ersichtlich<br />
ist“, reicht dies aus.<br />
Die Klageforderung ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden.<br />
Geltend gemacht wird in etwa eine Mittelgebühr. Es hat sich<br />
hinsichtlich der drohenden Rechtsfolgen um eine eher überdurchschnittliche<br />
Verkehrsordnungswidrigkeit gehandelt. In Berücksichtigung<br />
der finanziellen Situation des Kl erscheint die geltend gemachte<br />
Gebühr angemessen.<br />
Mitgeteilt von Rechtsanwalt Derk Röttgering, Gescher<br />
BRAGO § 84 Abs. 2, § 105, § 12 Abs. 1<br />
1. Der Rechtsanwalt, der im Bußgeldverfahren einen zunächst<br />
eingelegten Einspruch zurücknimmt, kann gem. §§ 105 Abs. 1,<br />
Abs. 3, 84 Abs. 2 BRAGO die Rahmengebühr des § 83 Abs. 1<br />
Nr. 3 BRAGO als Vergütung verlangen.<br />
2. Zur Statthaftigkeit einer höheren Gebühr als die Mittelgebühr.<br />
(LSe der Red.)<br />
AG Iserlohn, Urt. v. 24.6.1997 – 42 C 172/97<br />
Aus den Gründen: Die zulässige Klage ist – mit Ausnahme eines<br />
Teiles der Zinsforderung – begründet.<br />
I. Der Anspruch des Kl gegen die Bekl auf Freistellung in dem<br />
aus dem Tenor ersichtlichen Umfange ist aus dem zwischen den<br />
Parteien bestehenden Rechtsschutzversicherungs-Vertrag i. V. m.<br />
§§ 21 Abs. 4, 2 Abs. 1 Buchst. b) ARB begründet.<br />
Die seitens des Prozeßbevollmächtigten des Kl für jenen entfaltete<br />
Tätigkeit im Bußgeldverfahen bei dem Kreis Unna unterfällt<br />
dem Versicherungsschutz im Rahmen des § 21 Abs. 4 Buchst. c).<br />
Auch stellt das mit Rechnung vom 10.1.1997 geltend gemachte<br />
Rechsanwaltshonorar die gesetzliche Vergütung i. S. d. § 2 Abs. 1<br />
Buchst. a) dar.<br />
Der Rechtsanwalt, der – wie hier – im Bußgeldverfahren vor<br />
der Verwaltungsbehörde einen zunächst eingelegten Einspruch zurücknimmt,<br />
kann nämlich gem. §§ 105 Abs. 1, Abs. 3, 84 Abs. 2<br />
BRAGO die Rahmengebühr des § 83 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO als Vergütung<br />
verlangen.<br />
Denn auch § 84 Abs. 2 BRAGO ist gem. § 105 Abs. 3 BRAGO<br />
anzuwenden.