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Februar - Anwaltsblatt

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l<br />

wirksamer Weise die Berufsausübungsfreiheit des Anwalts<br />

nach Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG zu beschränken. Vielmehr<br />

sind sie als unverbindliche Auslegungsrichtlinien für die<br />

berufsrechtliche Generalklausel zu qualifizieren 10 . Allein<br />

letztere stellte auch nach tradierter Judikatur eine formell<br />

ausreichende Rechtsgrundlage für Eingriffe in die anwaltliche<br />

Berufsausübung dar 11 . Vor diesem Hintergrund hatte<br />

das BVerfG den RiliRA eine rechtserhebliche Bedeutung<br />

im ehrengerichtlichen Verfahren nur noch für eine Übergangszeit<br />

bis zur Neuordnung des anwaltlichen Berufsrechts<br />

zugemessen.<br />

Zum anderen hatte das BVerfG 12 in einem weiteren Beschluß<br />

festgestellt, daß mit dem Verlust des Charakters der<br />

RiliRA als verbindliche Auslegungsrichtlinien – allein in<br />

der Regelung des § 2 RiliRA war dem Anwalt ein ausdrückliches<br />

Werbeverbot auferlegt worden 13 – auch das in<br />

§ RiliRA niedergelegte Werbeverbot nur noch für eine<br />

Übergangszeit bis zur Neuordnung des anwaltlichen Standesrechts<br />

und auch nur noch insoweit gelten dürfe, als es<br />

zur Aufrechterhaltung einer funktionsfähigen Rechtspflege<br />

unerläßlich sei.<br />

Folglich hat die Rechtsprechung in der Interimsperiode<br />

bis zur Neuordnung des anwaltlichen Berufsrechts mit der<br />

BRAO-Novelle 1994 zwar das Werbeverbot als solches aufrechterhalten<br />

14 , weil dessen Kern, die gezielte Werbung des<br />

Rechtsanwalts um Praxis und die irreführende Werbung,<br />

seit jeher zu den Pflichten der freien Berufe gerechnet worden<br />

ist 15 . Unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen<br />

Vorgaben anwaltlicher Berufsausübungs- (Art. 12<br />

Abs. 1 GG) und Meinungsäußerungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1<br />

GG) wurde die weiterbestehende Wettbewerbsrestriktion jedoch<br />

auf das Verbot einer „berufswidrigen Werbung“ reduziert.<br />

Dessen gesetzliche Grundlage wurde in § 43 BRAO<br />

sowie im anwaltlichen Berufsbild gesehen. Als Begründung<br />

des Verbots einer berufswidrigen Werbung wurde angenommen,<br />

daß dessen Einhaltung schon immer unangefochten zu<br />

den anwaltlichen Pflichten gezählt habe, da es seinen<br />

Grund darin finde, einer Verfälschung des anwaltlichen Berufsbildes<br />

durch Verwendung von Werbemethoden der<br />

gewerblichen Wirtschaft zu begegnen. Zwar übten auch<br />

Rechtsanwälte eine auf Erwerb gerichtete Tätigkeit aus.<br />

Doch müsse vermieden werden, daß durch reklamehaftes<br />

und sensationelles Sich-Herausstellen mit unüberprüfbaren<br />

Werbeaussagen und Selbsteinschätzungen bei den Rechtsuchenden<br />

unrichtige Erwartungen in bezug auf die angebotenen<br />

Leistungen entstehen 16 .<br />

2. BRAO-Novelle und Satzungskompetenz<br />

Die BRAO-Novelle vom 2.9.1994 (Gesetz zur Neuordnung<br />

des Berufsrechts der Rechtsanwälte und Patentanwälte)<br />

17 sieht in der verfassungskonformen Regelung des<br />

§ 43b nunmehr vor, daß Werbung dem Anwalt (nur) erlaubt<br />

ist, soweit sie über die berufliche Tätigkeit in Form und Inhalt<br />

sachlich unterrichtet und nicht auf die Erteilung eines<br />

Auftrags abzielt 18 . § 43b BRAO stellt klar, daß dem Anwalt<br />

auch nach der grundlegenden Reform des anwaltlichen Berufsrechts<br />

eine Mandatswerbung verwehrt und allein eine<br />

Informationswerbung, die über sein Dienstleistungsangebot<br />

sachlich unterrichtet, gestattet ist. Die Regelung des § 43b<br />

BRAO verbietet eine gezielte Werbung um Praxis (mithin<br />

ein unaufgefordertes direktes Herantreten an einen bestimmten<br />

Personenkreis) 19 und erst recht eine irreführende<br />

Werbung sowie eine solche unsachlicher Natur 20 . Im übrigen<br />

sind auch alle reklamehaften, mit einem Herausstellen<br />

AnwBl 2/98<br />

Aufsätze<br />

der eigenen Person verbundenen Werbemethoden nach<br />

§ 43b BRAO verboten 21 . Damit umschreibt die erstmals gesetzlich<br />

statuierte Werberegelung den Kern des anwaltlichen<br />

Werbeverbots in seinen seit jeher unangefochtenen<br />

Bereichen.<br />

Als Werbeformen, die nach Form und Inhalt das gesetzlich<br />

normierte Berufsbild des Rechtsanwalts verfälschen,<br />

können aufdringliche Werbemethoden angesehen werden,<br />

die als Ausdruck eines rein geschäftsmäßigen, ausschließlich<br />

am Gewinn orientierten Verhaltens zu werten sind, wie<br />

etwa ein unaufgefordertes und direktes Herantreten an potentielle<br />

Mandanten (gezielte Werbung um Praxis) bzw. ein<br />

sensationelles oder reklamehaftes Sich-Herausstellen des<br />

Anwalts 22 . Nachdem das Verbot „reklamehafter Werbung“,<br />

wie es noch im Regierungsentwurf zur BRAO-Novelle enthalten<br />

war 23 , letztlich keinen Niederschlag mehr in der<br />

Regelung des § 43b BRAO gefunden hat 24 , sondern im Tatbestandsmerkmal<br />

„sachliche Unterrichtung“ aufgegangen<br />

ist, vertritt v. Falkenhausen 25 die Auffassung, daß es damit<br />

nicht mehr darauf ankomme, ob anwaltliche Werbung der<br />

Berufsaufsicht oder den Mitbewerbern unangemessen<br />

erscheint oder ob man bezüglich Stil und Geschmack verschiedener<br />

Ansicht ist: „Es kommt auch nicht darauf an, ob<br />

eine bestimmte Werbemaßnahme für den einzelnen oder die<br />

Gesamtheit der Anwaltschaft sinnvoll erscheint. Unzulässig<br />

ist Werbung nur, wenn sie unter eine der Alternativen des<br />

§ 43b BRAO fällt“ 26 . Solange ein Werbeverhalten in der<br />

10 So auch bereits schon BVerfGE 36, 212 (217); 57, 121 (132 f.); 66, 337 (356).<br />

11 So BVerfGE 26, 186 (204); 66, 337 (355 f.).<br />

12 1 BvR 362/79 = ZIP 1987, 1606 (EG Stuttgart) = EWiR 1987, 1203 (Michalski).<br />

13 § 2 Abs. 1 RiliRA hatte folgenden Wortlaut: „Der Rechtsanwalt handelt standeswidrig,<br />

wenn er um Praxis wirbt. Er darf eine ihm verbotenen Werbung<br />

auch durch Dritte nicht dulden“.<br />

14 Vgl. dazu näher Berweg, AnwBl 1989, 332; Bornkamm, WRP 1993, 643;<br />

Breuer, Anwaltliche Werbung, 1995; Büttner, Anwaltswerbung zwischen Berufsrecht<br />

und Wettbewerbsrecht, FS für Vieregge, 1995, S. 99; Chemnitz,<br />

AnwBl 1991, 149, v. Falkenhausen, NJW 1992, 25; Feuerich, NJW 1991,<br />

1591; Senninger, AnwBl 1991, 532.<br />

15 So für die freien Berufe der Ärzte und Steuerberater BVerfGE 33, 125 (170);<br />

60, 215 (231 f.). Vgl. im Hinblick auf den zuletzt genannten Beruf näher<br />

Ring, Werberecht der steuerberatenden Berufe, 1990, Rdnr. 20.<br />

16 BVerfG NJW 1988, 194 (196); BVerfG NJW 1991, 49 = ZIP 1991, 33 =EWiR<br />

1991, 159 (Kleine-Cosack); BGH ZIP 1991, 1515 (1516).<br />

17 BGBl. I, S. 2278 – abgedruckt in der Beilage zu Heft 35 der NJW 1994.<br />

18 Etwa in Gestalt eines unaufgeforderten und direkten Herantretens und Anbietens<br />

der anwaltlichen Dienste gegenüber potentiellen Mandanten: OLG Karlsruhe,<br />

AnwBl 1992, 492 = BRAK-Mitt. 1992, 226 = EWiR 1993, 39 (Zuck).<br />

19 a.A. zwischenzeitlich OLG Stuttgart, NJW 1997, 2529 = MDR 1997, 988<br />

(Anwaltswerbung durch Serienrundschreiben): Seit dem Inkrafttreten des<br />

durch Gesetz vom 2.9.1994 geschaffenen § 43b BRAO sei es den Rechtsanwälten<br />

nicht mehr untersagt, mit Serienrundschreiben unaufgefordert an Personen<br />

mit dem Ziel heranzutreten, ein Mandatsverhältnis anzubahnen, da dem<br />

Anwalt – neben einer unsachlichen oder irreführenden Werbung – nur die<br />

Werbung um Mandate im Einzelfall (d.h. das Bemühen um einen Vertretungsauftrag<br />

bei einem dem Rechtsanwalt bekannt gewordenen akuten Beratungsbedarf)<br />

untersagt sei. In diesem Sinne auch Kleine-Cosack, § 43b BRAO<br />

Rdnr. 22 und 39; Ders., NJW 1994, 2254; ebenso Henssler/Prütting/Eylmann,<br />

§ 43b BRAO Rdnr. 45 f.; Eylmann, AnwBl 1996, 481 (482). Demgegenüber<br />

vertritt die überwiegende Ansicht der Rechtsprechung immer noch die Auffassung<br />

eines Verbots des unaufgeforderten direkten Herantretens an potentielle<br />

Mandanten – so BGH NJW 1996, 852; OLG Celle, NJW 1996, 855; AnwGH<br />

Baden-Württemberg, AnwBl 1996, 539; so auch Feuerich/Braun, § 43b<br />

BRAO Rdnr. 3 und 67.<br />

20 So BVerfGE 82, 18 (27) = ZIP 1990, 1619 = NJW 1990, 2121 (2123) = EWiR<br />

1990, 985 (Prütting); KG NJW 1995, 2298; BGH ZIP 1997, 1514 (1515) =<br />

NJW 1997, 2522 (2523) = AnwBl 1997, 562.<br />

21 BGHZ 115, 105 (108) = ZIP 1991, 1382 = EWiR 1991, 985 (Kleine-Cosack);<br />

BGH ZIP 1994, 1210 = NJW 1994, 2284 (2285).<br />

22 BVerfG NJW 1988, 191 (195); BVerfG NJW 1994, 123.<br />

23 BT-Dr. 12/4993, S. 5.<br />

24 So die Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses, die auch Gesetz wurde –<br />

BT-Dr. 12/7656, S. 8.<br />

25 Liber Amicorum, 1995, S. 16 (17).<br />

26 v. Falkenhausen, vorstehende Fußnote, aaO.

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