Höhere Mathematik
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89. Ableitungsbegriff und Ableitungsregeln 457<br />
(e) Die Ableitung von f(x) =e x erhält man, indem<br />
man f als Umkehrfunktion von g(x) :=lnx auffaßt und<br />
dann die Umkehrregel anwendet; es ergibt sich f ′ (x) =<br />
(g −1 ) ′ (x) =1/g ′� f(x) � =1/ � 1/f(x) � = f(x) =e x .Die<br />
Funktion f ist also – wie bereits in (89.10) durch direkte<br />
Rechnung hergeleitet – ihre eigene Ableitung.<br />
(f) Die Ableitung der für x>0 definierten Funktion<br />
f(x) =x x = e x ln x ist nach Teil (e) und der Ketten- und<br />
der Produktregel gegeben durch f ′ (x) =e x ln x · (ln x +<br />
x/x) =x x (1 + ln x). �<br />
Es folgt ein Beispiel dafür, daß die Ableitungsfunktion<br />
einer differentiierbaren Funktion nicht zwangsläufig<br />
stetig sein muß.<br />
(89.15) Beispiel. Wir betrachten die Funktion<br />
f(x) :=<br />
� x 2 sin(1/x), falls x �= 0;<br />
0, falls x =0.<br />
Man überzeugt sich leicht davon, daß f auf ganz R differentiierbar<br />
ist mit<br />
f ′ (x) =<br />
� 2x sin(1/x) − cos(1/x), falls x �= 0;<br />
0, falls x =0.<br />
Wir sehen, daß f ′ an der Stelle 0 zwar definiert, aber nicht<br />
stetig ist. (Die folgenden Abbildungen zeigen die Graphen<br />
von f und f ′ mit einer Skalierung um den Faktor 10.)<br />
0.2<br />
0.15<br />
0.1<br />
0.05<br />
-0.2 -0.15 -0.1 -0.05 0.05 0.1 0.15 0.2<br />
-0.05<br />
-0.1<br />
-0.15<br />
-0.2<br />
Abb. 89.4: Graph der Funktion f(x) =10x 2 sin(1/x).<br />
-0.2 -0.15 -0.1 -0.05 0.05 0.1 0.15 0.2<br />
Verlag Harri Deutsch – Karlheinz Spindler: <strong>Höhere</strong> <strong>Mathematik</strong> – Ein Begleiter durch das Studium – (978-3-8171-1872-4)<br />
10<br />
5<br />
-5<br />
-10<br />
Abb. 89.5: Graph der zugehörigen Ableitungsfunktion<br />
f ′ (x) =20x sin(1/x) − 10 cos(1/x).<br />
Aus der Funktion dieses Beispiels läßt sich leicht eine<br />
Funktion konstruieren, die an einer Stelle x0 zwar eine positive<br />
Ableitung besitzt (deren Graph an dieser Stelle also<br />
positive Steigung hat), die aber auf keiner Umgebung von<br />
x0 monoton wächst, nämlich f(x) :=x+10x 2 sin(1/x) für<br />
x �= 0 und f(0) := 1. Anhand dieser Funktion sieht man<br />
auch, daß in der Umkehrregel (89.13) die Existenz der Umkehrfunktion<br />
explizit vorausgesetzt werden muß und nicht<br />
schon aus der Bedingung f ′ (x0) �= 0folgt. �<br />
0.1<br />
0.05<br />
-0.1 -0.05 0.05 0.1<br />
-0.05<br />
-0.1<br />
Abb. 89.6: Verlauf von f(x) =x +10x 2 sin(1/x).