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ULMENHOF News - Die Alternative

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Jubiläumsausgabe<br />

<strong>ULMENHOF</strong> <strong>News</strong><br />

Stationäre Suchttherapie aus der Sicht von Betroffenen<br />

20 JAHRE SÜCHTIG, 1 JAHR CLEAN<br />

Heute weiss ich nicht mehr,<br />

was mir die Kraft gab, trotz<br />

meiner Sucht zu arbeiten. Ich<br />

funktionierte zwar nur noch,<br />

doch das half mir, den Boden<br />

nicht ganz unter meinen Füssen<br />

zu verlieren. Ich arbeitete<br />

15 Jahre lang in den verschiedensten<br />

Berufen. Manchmal<br />

hatte ich schlechte Tage:<br />

Am Morgen schlief ich dann<br />

einfach weiter oder meldete<br />

mich krank.<br />

Mein Beschaffungsstress war<br />

gross. Da ich so abgelegen<br />

wohnte, musste ich mit bis zu<br />

fünf Stunden rechnen bis ich<br />

wieder daheim war. Meistens<br />

arbeitete ich bis um 18 Uhr<br />

und machte mich dann auf<br />

den Weg nach Zürich. Gegen<br />

Mitternacht war ich wieder<br />

zu Hause und konnte endlich<br />

etwas Ruhe geniessen. Dann<br />

war Schlafen dran und um<br />

6.30 Uhr musste ich wieder<br />

aufstehen und zur Arbeit. So<br />

lebte ich die ganze Zeit.<br />

Auch Freunde hatte ich keine.<br />

<strong>Die</strong> meisten Bekannten<br />

leben leider nicht mehr. Als<br />

ich anfing zu konsumieren,<br />

gab es den Platzspitz. Danach<br />

hatte ich 7 Jahre lang<br />

privat einen Ort. Dann war<br />

wieder Zürich dran.<br />

Ich war nie richtig krank, aber<br />

auch nicht gesund. Auch die<br />

Ernährung liess zu wünschen<br />

übrig. Wenn ich nicht zu meinen<br />

Eltern essen gehen konnte,<br />

dann gab ich das Geld für<br />

Drogen aus. Wenn ich eine<br />

Stelle im Service hatte, konnte<br />

ich wenigsten dort essen.<br />

Ganz schlimm wurde es in<br />

der Heroinabgabe. Ich hatte<br />

aufgehört zu leben. Ich hatte<br />

zwar am Anfang weniger<br />

Beschaffungsstress, doch danach<br />

kam das Kokain. Das<br />

war mein Untergang. Ich hatte<br />

Grenzen überschritten, die<br />

ich nie überschreiten wollte.<br />

Ich schäme mich heute noch<br />

für diese Dinge. Es ist eine<br />

ganz andere Art süchtig zu<br />

sein. Für mich jedenfalls. Ich<br />

bekam nie genug. Wenn meine<br />

IV-Rente kam, hatte ich<br />

zwei Tage später schon kein<br />

Geld mehr. Am Anfang lebte<br />

ich, oder besser gesagt, schlief<br />

ich in den Tag hinein. Am<br />

Morgen um 8.30 Uhr in die<br />

Abgabe, dann nach Hause<br />

wieder schlafen bis um 17.00<br />

Uhr und wieder in die Abgabe.<br />

Das hatte ich fast ein Jahr<br />

so gemacht. Dann fing ich<br />

an, die Tabletten zu verkaufen,<br />

um mir so das Kokain<br />

zu finanzieren. Bis ich dann<br />

nur noch den ganzen Tag im<br />

K+A war und gedealt hatte.<br />

Dann kam die riesengrosse<br />

Veränderung in meinem Leben.<br />

Ich erfuhr, dass ich im<br />

vierten Monat schwanger<br />

war. Früher habe ich grosskozig<br />

gesagt: «Wenn ich<br />

einmal schwanger bin, dann<br />

konsumiere ich sofort überhaupt<br />

nichts mehr.» Doch ich<br />

hatte meinen Mund zu voll<br />

genommen. Ich konnte zwar<br />

reduzieren, doch aufhören<br />

schaffte ich nicht. Ich fing<br />

an, gesund und viel zu essen.<br />

Denn die ersten vier Monate<br />

waren ganz schlimm für mein<br />

ungeborenes Kind: Ich wuss-<br />

te, es war zu leicht. Trotzdem<br />

konnte ich mich nicht vom<br />

alten Leben lösen. Trotzdem<br />

war für mich klar, mein Kind<br />

will ich behalten!<br />

Es gab bei mir dann<br />

Komplikationen und ich<br />

musste stationär im Uni<br />

Spital behandelt werden.<br />

Nach fünf Wochen<br />

kam dann der Schock:<br />

Mein Kind hatte Atem-<br />

aussetzer und musste zur<br />

Sicherheit mit einem Notkaiserschnitt<br />

geholt werden.<br />

Ich nahm das alles nicht<br />

richtig wahr. Alles ging so<br />

schnell und ich hatte riesengrosse<br />

Angst vor dem Kaiserschnitt.<br />

Mein Sohn kam am 21. August<br />

im Uni-Spital zur Welt.


Ich durfte ihn kurz sehen,<br />

bevor sie ihn ins Kinderspital<br />

brachten. Er war so klein.<br />

Und überall diese Schläuche.<br />

Es war so schlimm für mich.<br />

Ich strich ihm über den Kopf<br />

und sagte, dass alles gut werden<br />

würde und wir ihn ganz<br />

fest lieb hätten. Am nächsten<br />

Tag wollte ich zu ihm,<br />

doch die Schmerzen waren<br />

zu gross. So wartete ich noch<br />

einen Tag und machte mich<br />

dann mit dem Taxi auf den<br />

Weg ins Kispi. Irgendwie hat<br />

man die Kraft, wenn man<br />

sein Kind sehen möchte. Als<br />

ich bei ihm war, fing ich zu<br />

weinen an. Mir wurde erst<br />

jetzt richtig bewusst, dass ich<br />

Mutter bin.<br />

Ich brauchte noch einen weiteren<br />

Tag, um mein Kind aus<br />

der Isolette zu nehmen. Doch<br />

dann war es soweit: Ich hielt<br />

meinen Sohn das erste Mal<br />

auf den Armen. Das Gefühl<br />

war so was von gut, unbeschreiblich<br />

schön. Da merkte<br />

ich erstmals eine innere<br />

Kraft, die ich noch nie so gespürt<br />

hatte.<br />

Mein Sohn musste dann<br />

zwei Monate im Kispi bleiben<br />

und ich meldete mich im<br />

<strong>ULMENHOF</strong> an. Er konnte<br />

im November ins Kinderhaus<br />

TIPI und ich durfte im<br />

Dezember in den Ulmi einziehen.<br />

Weihnachten stand<br />

vor der Tür und mein Sohn<br />

kam endlich ganz zu mir.<br />

Für mich war die erste Zeit<br />

nur mein Kind wichtig. Ich<br />

brauchte das, um eine richtige<br />

Beziehung aufbauen zu<br />

können. Ich nahm mein Leben,<br />

und das meines Kindes<br />

in meine Hände. Suchte Hilfe<br />

wenn ich nicht mehr weiter<br />

wusste oder verunsichert<br />

war. Versuchte, die Angst<br />

um mein Kind in den Griff<br />

zu bekommen. Ging meine<br />

Probleme von früher in der<br />

Aussentherapie an. Machte<br />

mir bewusst, dass ich noch<br />

ein paar Jahre an mir intensiv<br />

arbeiten will, um mein<br />

Leben geniessen zu können<br />

und eine gute Mutter zu sein.<br />

Ohne bei Problemen wieder<br />

in die alten Muster zu fallen.<br />

2<br />

Was hat mir die Therapie im<br />

<strong>ULMENHOF</strong> gebracht?<br />

Ich musste wieder lernen<br />

mit Menschen zusammen zu<br />

sein. Nicht einfach weg zu<br />

können.<br />

Ich habe mich kennenlernen<br />

dürfen und bin zufrieden damit.<br />

Ich habe gelernt, auf mich<br />

und mein Gefühl zu hören<br />

und dazu zu stehen.<br />

Mein Kind nicht zu fest zu<br />

halten und loszulassen.<br />

Mich abzugrenzen und bei<br />

mir zu bleiben. Mir meine<br />

Ruhezeit am Abend zu nehmen.<br />

<strong>Die</strong> Teamer haben mir die<br />

Angst genommen, dass ich<br />

mit der Erziehung meines<br />

Sohnes überfordert sein<br />

könnte.<br />

Bei Überforderung sofort<br />

Hilfe anzunehmen und nicht<br />

zu warten, bis es zu spät ist.<br />

Meine Grenzen zu erkennen<br />

und wahrzunehmen, ohne<br />

das eine Welt zusammen<br />

bricht.<br />

Mich auf mich zu konzentrieren<br />

und für mein neues<br />

Leben einzustehen.<br />

Nicht aufzugeben.<br />

Mit Krisen umgehen lernen.<br />

Hilfe annehmen. Stark bleiben.<br />

Das ich auf dam richtigen<br />

Weg bin und sicher so weiter<br />

machen werde.<br />

Weiterhin intensiv an meinen<br />

Problemen in der Aussentherapie<br />

zu arbeiten.<br />

Das ich mein Selbstwertgefühl<br />

wieder finden und aufbauen<br />

konnte.<br />

Mir ist bewusst, dass ich viel<br />

geleistet habe. Jedoch werde<br />

ich mein ganzes Leben lang<br />

ein Suchtproblem haben.<br />

Mich nicht zu hohem Leistungsdruck<br />

aussetzen. Auch<br />

Nein sagen können.<br />

Ich wünsche mir, dass ich<br />

mein Suchtproblem weiterhin<br />

im Griff habe und auch<br />

in schwierigen Situationen<br />

stark bleibe.<br />

In einem Jahr werde ich anfangen,<br />

mir eine geeignete Wohnung<br />

für mein Kind und mich<br />

zu suchen und hoffentlich<br />

auch meinen Pflichten nachkommen.<br />

In 20 Jahren werde ich 60<br />

Jahre alt sein und mein Sohn<br />

fast 22 Jahre. Er wird sein<br />

eigenes Leben führen und<br />

glücklich sein.<br />

Ich werde mehr Zeit für meine<br />

Hobbys haben. Ich werde<br />

mich wieder mehr aufs Malen<br />

konzentrieren und meinen<br />

Silberschmuck herstellen.<br />

Das magische Band<br />

Meine Ratschläge<br />

Bleibt standhaft, seht euren<br />

Problemen in die Augen und<br />

arbeitet hart und intensiv daran.<br />

Bleibt bei euch, auch wenn<br />

es nicht immer einfach sein<br />

wird.<br />

Ihr macht die Therapie für<br />

euch und nicht für die andern.<br />

Es ist und bleibt eine harte<br />

Arbeit. Um an euren Problemen<br />

zu arbeiten, auch<br />

nach der Therapie, wünsche<br />

ich euch viel Kraft, Mut und<br />

Stärke.<br />

Ihr macht es nur für euch!!!<br />

Anonym<br />

Sie waren da, gingen mit mir,<br />

egal was geschah.<br />

Sie nahmen mich ein, sagten,<br />

du bist mein.<br />

Merkte nicht, was passierte,<br />

zu spät war es, als ich reagierte.<br />

Sie liessen mich nicht gehn,<br />

so blieb ich stehn.<br />

Irgendwann nahm mich jemand<br />

an der Hand,<br />

erst dann ging kaputt<br />

das magische Band.<br />

Sie sind fort, und ich stehe<br />

nicht mehr dort.<br />

Ich bin nicht mehr ihr, stehe hier,<br />

und gehe mit mir.<br />

Maris


Zweiter Frühling<br />

<strong>Die</strong> Zwei-Generationen-<br />

Therapie des Ulmenhofs<br />

bringt es mit sich, dass nicht<br />

nur Mütter und Väter mit<br />

Kindern hier ihr Leben in<br />

den Griff zu bekommen versuchen,<br />

sondern auch Paare<br />

– mit wie ohne Kinder.<br />

Beziehungen zwischen süchtigen<br />

Menschen dauern mitunter<br />

erstaunlich lang. Das<br />

Gefühl, niemandem sonst<br />

auf der Welt trauen zu können,<br />

die Erleichterungen im<br />

täglichen Kampf oder aber<br />

schlicht und einfach Trägheit,<br />

die einen daran hindert,<br />

etwas Vertrautes zu<br />

beenden, sorgen dafür, dass<br />

man trotz allen Widrigkeiten<br />

zusammen bleibt. <strong>Die</strong> über<br />

die Jahre eingspielten Muster<br />

zerbrechen jedoch mit<br />

dem Moment, da sich beide<br />

zu einem Entzug und<br />

einer Therapie entschliessen.<br />

Nüchtern, beraubt der<br />

fragwürdigen Romantik des<br />

illegalen Lebens und nicht<br />

zuletzt unter dem Druck,<br />

eigene Verhaltensmuster zu<br />

überdenken, erkennt man<br />

den Partner oder die Partnerin<br />

plötzlich ganz neu<br />

oder aber man gewahrt mit<br />

schmerzlicher Schärfe altvertraute<br />

Schwächen, die<br />

zuvor durch den Dunst der<br />

Drogen durchaus erträglich<br />

gewirkt hatten. Kommt dann<br />

noch ein gemeinsames Kind<br />

hinzu, vervielfachen sich die<br />

möglichen Konfliktpunkte:<br />

Verschiedene Erziehungsauffassungen,<br />

aber auch die Tatsache,<br />

dass man nicht mehr<br />

zu zweit, sondern zu dritt ist,<br />

zusammen mit einem Wesen,<br />

das an beide Elternteile<br />

lautstark Forderungen stellt,<br />

machen es schwer, die Beziehung<br />

auf ein neues Fundament<br />

zu stellen. Positiv<br />

hingegen wirkt sich das neu<br />

gewonnene Selbstvertrauen<br />

aus, schliesslich hat man etwas<br />

zusammen erreicht, auch<br />

wenn der Weg, der vor einem<br />

liegt, noch lang ist. Und das<br />

Wissen, dass man als Eltern<br />

daran arbeitet, dem gemeinsamen<br />

Kind, das oft einen<br />

schwierigen Start ins Leben<br />

hatte, ein lebenswertes Leben<br />

zu bieten, gibt Kraft und<br />

schweisst zusammen.<br />

Therapie als Partnerbörse?<br />

Doch auch jene, die nicht in<br />

einer Beziehung lebten, als<br />

sie sich zu Entzug und The-<br />

rapie entschlossen, lernen<br />

sich selber nüchtern wieder<br />

ganz neu kennen. <strong>Die</strong> Gefühle,<br />

die entweder gänzlich<br />

abgestumpft oder aber unter<br />

einem Berg von schlechtem<br />

Gewissen und fehlendem<br />

Selbstvertrauen schliefen, erwachen<br />

mit einem Mal wieder<br />

machtvoll zum Leben.<br />

Entsetzt stellt man fest, dass<br />

Monate, vielleicht Jahre oder<br />

gar Jahrzehnte vergangen<br />

sind, seit man zum letzten<br />

Mal bedingungslos verliebt<br />

gewesen ist, und nicht zuletzt<br />

stellt auch die Sexualität, die<br />

während der Sucht im besten<br />

Fall eine Nebenrolle gespielt<br />

hatte, wieder ihre Ansprüche.<br />

Zudem ist Zeit da, viel Zeit,<br />

die verbracht werden kann.<br />

Und nicht zuletzt lernt man<br />

seine Mit-Klientinnen und<br />

-Klienten durch die verschiedenen<br />

Therapie-Gefässe zum<br />

Teil recht nah kennen. In der<br />

Selbsterfahrung, beim Vorstellen<br />

der eigenen Lebenslinie<br />

etwa, stehen wir alle nackt<br />

und verletzlich da, so echt<br />

und unverfälscht, wie wir uns<br />

sonst kaum zeigen würden.<br />

Daraus entsteht vielleicht<br />

Mitleid, zuweilen erkennen<br />

wir uns auch in Elementen<br />

der Lebensgeschichte eines<br />

oder einer anderen wieder –<br />

in jedem Falle empfinden wir<br />

Sympathie und Hochachtung<br />

für die Offenheit, mit der uns<br />

begegnet wird. Zum Verlieben<br />

ist es dann oft nur noch<br />

ein kleiner Schritt.<br />

3


Ich. Du – und sonstige Abgründe.<br />

Auf den ersten Blick wirkt<br />

die Ulmenhof-Regel, wonach<br />

neue Liebesbeziehungen<br />

grundsätzlich nicht<br />

erwünscht sind, befremdlich.<br />

Ist es nicht ein Zeichen<br />

der Normalität, der Lebensfreude<br />

und -Bejahung, wenn<br />

man sich neu verliebt? Und<br />

sind wir nicht alle erwachsen<br />

und also alt genug, um zu<br />

wissen, wer einem gut tut –<br />

und wer nicht. Und, last but<br />

not least, wer glauben die<br />

Betreuerinnen und Betreuer<br />

im Ulmenhof überhaupt zu<br />

sein, dass sie sich das Recht<br />

anmassen, zu bestimmen,<br />

ob und in wen wir uns verlieben<br />

dürfen? Schliesslich<br />

sind wir alle erwachsen und<br />

haben also das gute Recht,<br />

über unser Leben frei zu bestimmen.<br />

So, wie wir es die<br />

letzten Jahre ja auch gehalten<br />

haben, ganz frei. Völlig<br />

frei, oder etwa nicht? Aber<br />

war da nicht etwas, das uns<br />

in der Freiheit unserer Entschlüsse<br />

und unserer Lebensgestaltung<br />

mehr als nur<br />

ein wenig beeinträchtigte?<br />

Eben. Und ist somit nicht<br />

die Frage berechtigt, ob unserer<br />

Urteilskraft wirklich so<br />

sicher ist, wie wir glauben.<br />

Jahrelang hatte bei jeder<br />

Entscheidung, die wir trafen,<br />

die Droge ein Mitsprache-<br />

oder gar Vetorecht. Sind<br />

4<br />

wir wirklich schon darüber<br />

hinweg? Und dabei sprechen<br />

wir noch nicht einmal<br />

von der grössten Gefahr, die<br />

eine neue Liebesbeziehung<br />

mit sich bringt: Dass nämlich<br />

die Therapie nur noch<br />

ein Ort ist, an dem man<br />

den oder die neue PartnerIn<br />

sieht, während alles andere<br />

zur Nebensache wird, der<br />

wir uns nur noch unterziehen,<br />

weil wir keine Konflikte<br />

heraufbeschwören möchten.<br />

Konflikte passen schlecht<br />

zur neuen Liebe, und also<br />

gehen wir in auch den inneren<br />

Konflikten aus den Weg,<br />

die uns hierher gebracht haben.<br />

Wir spüren sie ja kaum<br />

noch. Wie leicht trägt sich<br />

doch plötzlich der Rucksack<br />

mit allen Schmerzen,<br />

Enttäuschungen, verpassten<br />

Gelegenheiten, wenn wir<br />

neu verliebt sind. Zu leicht<br />

vielleicht, zumindest im Moment.<br />

Nur, dadurch, dass<br />

wir mit der Grossmut der<br />

Liebe über solche „Kleinigkeiten“<br />

hinwegsehen, schaffen<br />

wir sie nicht aus der<br />

Welt. Schön wär‘s. Vielmehr<br />

lassen wir sie einfach ruhen,<br />

bis wir sie nicht mehr unter<br />

dem Deckel halten können.<br />

Und wie das Leben so<br />

spielt, kommen sie dann oft<br />

im dümmsten Moment an<br />

die Oberfläche, etwa nach<br />

der Therapie und, wer weiss,<br />

vielleicht auch nach der<br />

vermeintlich grossen Lie-<br />

be. Und dann ist nichts da,<br />

was einen auffangen könnte,<br />

nichts ausser der schönen,<br />

alten Hölle.<br />

Leonardo<br />

He Mami<br />

He Mami, ich entschludige mich<br />

für dä ganzi „Scheiss“.<br />

He Mami, es tuet mir würklich<br />

mega leid.<br />

He Mami, ich han immer über Dich<br />

glacht, doch ich weiss, ich han sehr<br />

viel Fähler gmacht.<br />

Es isch alles guet gange bist zu<br />

mim erschte Schock, dänn han ich<br />

defür büesst und bin im Gfängnis<br />

ghockt.<br />

Was ich dir jetzt säge, tönt recht<br />

schräg, aber ich bin wieder ufem<br />

rechte Wäg.<br />

Am 13. März isch en Engel<br />

gebore und a däm Tag han ich mir<br />

für immer gschwore,<br />

dass ich mich ändere,<br />

susch bin ich verlore.<br />

Dario


Vor dem Übertritt in die Therapiephase schreibt jeder Bewohner einen Therapieantrag – hier einige Beispiele:<br />

Ein langer Weg<br />

Ich bin nun vier Monate im<br />

Ulmenhof. Zwei Monate<br />

nach meinem Eintritt habe<br />

ich diesen Bericht schon<br />

einmal geschrieben. Er war<br />

hauptsächlich unbeschwert<br />

und beschrieb kaum die<br />

schwierigen Momente einer<br />

Therapie. Ich konnte noch<br />

gar nicht einschätzen, was<br />

alles auf mich zukommen<br />

würde. Nun betrachte ich<br />

das Ganze aus einem anderen<br />

Blickwinkel. Seit ich an<br />

dieser Zeitung mitarbeite,<br />

betrachte ich das Ganze auch<br />

etwas kritischer. Es macht<br />

mir Freude etwas zu gestalten<br />

ohne äussere Einflüsse.<br />

An dieser Zeitung sind ausschliesslich<br />

Bewohner des<br />

Ulmenhofs beteiligt.<br />

<strong>Die</strong> ersten Schritte auf<br />

meinem Weg.<br />

Wenn man sich für eine Drogentherapie<br />

entscheidet, ist<br />

der erste Schritt getan. Doch<br />

darauf folgen viele weitere.<br />

Ich habe für mich genau den<br />

richtigen Zeitpunkt erwischt.<br />

Meine Zeit mit der Sucht zu<br />

leben war an einem Punkt angelangt,<br />

der ohne Hilfe nicht<br />

zu lösen war. Jetzt bin ich<br />

hier und habe die nötige Unterstützung,<br />

um mein Leben<br />

wieder in geordnete Bahnen<br />

zu leiten. <strong>Die</strong> ersten zwei<br />

Monate verbringt man hauptsächlich<br />

im Ulmenhof. <strong>Die</strong>se<br />

Zeit benötigte ich, um anzukommen<br />

und zu mir zu finden.<br />

Das war auch die Zeit,<br />

als ich noch nicht wusste, was<br />

da alles auf mich zukommt.<br />

Erst seit ich alleine raus kann<br />

und das „normale“ Leben<br />

wieder kenne lerne, merke<br />

ich, wie hart es sein kann.<br />

Es stellen sich plötzlich Fragen<br />

wie: Was fange ich mit<br />

meiner Freizeit an? Habe ich<br />

noch Freunde ausserhalb der<br />

Szene? Welche Zukunftsperspektiven<br />

habe ich? Da kann<br />

man sehr unsicher werden<br />

und an sich zweifeln. Wir haben<br />

glücklicherweise genug<br />

Zeit und Unterstützung, um<br />

auf diese Fragen Antworten<br />

zu finden und sie umzusetzen.<br />

Ich habe das Glück,<br />

noch viele Leute zu kennen,<br />

die nichts mit der Szene zu<br />

tun haben. Dadurch ist es<br />

einfacher für mich, wieder<br />

ein stabiles Netz aufzubauen.<br />

Doch das ist keine Selbstverständlichkeit.<br />

Viele müssen<br />

sich ganz neu orientieren<br />

und das ist nicht einfach. Es<br />

tut auch weh, zu merken dass<br />

niemand da ist, zu dem man<br />

am Wochenende hin kann,<br />

ohne abzurutschen. Deshalb<br />

ist es sehr wichtig, seine Ausflüge<br />

genau zu planen und<br />

ehrlich zu sich zu sein. Ich<br />

muss mich auf allfällige Gefahren<br />

vorbereiten. Im besten<br />

Fall reagiere ich so, wie ich es<br />

mit meiner Bezugsperson besprochen<br />

habe. Und wenn ich<br />

doch rückfällig werde, weiss<br />

ich, ich kann zurückkommen<br />

und mir wird geholfen. Ich<br />

brauche mich nicht dafür zu<br />

verurteilen oder mich aufzugeben.<br />

Ein Rückfall kann<br />

auch sehr konstruktiv sein,<br />

wenn man seine Schwächen<br />

erkennt und daraus lernt.<br />

Nicht aufgeben<br />

Während der Therapie beschäftigt<br />

man sich intensiv<br />

mit sich selbst. Man spürt sich<br />

plötzlich wieder – für mich ein<br />

unglaublicher Gewinn. Ich erlebe<br />

mich wieder klar und reagiere<br />

auf meine Umwelt. Das<br />

bedeutet: Ich spüre auch, wie<br />

meine Umwelt auf mich reagiert.<br />

Wir leben hier auf sehr<br />

engem Raum zusammen und<br />

müssen miteinander zurecht<br />

kommen. Man kann hier nicht<br />

flüchten oder sich mit Drogen<br />

betäuben, so wie wir es draussen<br />

gemacht haben. Wir müssen<br />

lernen, mit schwierigen<br />

Situationen umzugehen und<br />

unsere Fights auszutragen.<br />

Das zeigt mir Grenzen auf<br />

und weist mich auf Probleme<br />

hin. Ich selber sehe nicht immer,<br />

wo ich was ändern oder<br />

verbessern muss. Doch ich<br />

lerne ständig dazu. Ich profitiere<br />

auch immer wieder von<br />

Erfahrungen anderer. Ein<br />

wichtiger Teil der Therapie<br />

sind die Gruppengefässe. In<br />

der Selbsterfahrung wird von<br />

jedem Bewohner die Lebenslinie<br />

und die Suchtgeschichte<br />

vorgestellt. Hier bietet sich<br />

Raum, sich mit sich selbst und<br />

aktuellen Themen auseinanderzusetzen.<br />

Das kann sehr<br />

aufwühlend sein, kann einen<br />

aber gleichzeitig unglaublich<br />

weiterbringen. Es geht darum<br />

zu erkennen, woran man arbeiten<br />

muss, um sich weiter<br />

zubringen im Leben. In der<br />

Kreativtherapie bereitet man<br />

sich auf diese Themen vor.<br />

Mit verschiedenen Hilfsmitteln<br />

wie Farben, Ton, Speckstein<br />

usw. kann man seine<br />

Gefühle zu Ausdruck bringen.<br />

Manch Einer hat sich schon<br />

gewundert, was da alles zu<br />

Vorschein kommt. <strong>Die</strong> Bilder<br />

und andern Gegenständen, die<br />

im Laufe der Zeit zusammen<br />

kommen, werden ab und zu in<br />

einer Ausstellung vorgestellt.<br />

Ein Ziel vor Augen<br />

Neben der Therapie muss<br />

man sich eine Freizeitbeschäftigung<br />

suchen. Viele<br />

Bewohner haben in dieser<br />

Beziehung Probleme, denn<br />

jahrelang waren nur noch die<br />

Drogen im Vordergrund und<br />

liessen keinen Platz für etwas<br />

Anderes. Ich habe wieder angefangen<br />

zu singen. Es hat<br />

mich überrascht, wie viel mir<br />

das gibt und wie es mich ausfüllt.<br />

Jeder muss für sich das<br />

Richtige finden. Ausserdem<br />

ist es eine gute Möglichkeit<br />

neue Leute kennen zu lernen<br />

und eine gewisse Struktur<br />

in sein Leben zu bringen.<br />

Das Wichtigste ist, dass man<br />

ein Ziel vor Augen hat, worauf<br />

man hinarbeiten kann.<br />

Es werden immer wieder<br />

schwierige Situationen auftauchen,<br />

die wir überwinden<br />

müssen. Darum ist es wichtig,<br />

Stärke und Willenskraft<br />

zu entwickeln, um im richtigen<br />

Moment das Richtige<br />

zu tun. <strong>Die</strong>se Therapie ist<br />

das Beste, was ich bisher für<br />

mein Leben getan habe. Ich<br />

schaffe es.<br />

Nava<br />

5


<strong>Die</strong> Chance nochmals packen!<br />

Ich schreibe diesen Antrag<br />

jetzt zum zweiten Mal. Ich<br />

bin voller Enthusiasmus hier<br />

angekommen. Ich wollte<br />

mein Leben, wie ich es bis<br />

jetzt führte, ändern. <strong>Die</strong>mo<br />

und ich haben nur noch<br />

vor uns hin vegetiert, das<br />

nötigste erledigt und konsumiert.<br />

Finanziell gab es<br />

eigentlich keinen Anreiz für<br />

mich aus diesem Leben auszusteigen.<br />

Doch was gab es<br />

noch für mich zu erwarten?<br />

Nichts ausser das sichere<br />

Verelenden in einem Sumpf<br />

aus dealen, konsumieren<br />

und fernsehen. Deshalb entschieden<br />

wir uns für eine<br />

Therapie. Im April traten<br />

wir in den Entzug ein. Nach<br />

vier Wochen Aufbau begann<br />

meine Therapie im Mai im<br />

Ulmenhof. Es war Sommer,<br />

und ich erinnere mich genau<br />

wie die Glyzinien am Galleriegeländer<br />

blühten und so<br />

wohlriechend dufteten. Wie<br />

lange hatte ich diese Dinge,<br />

die das Leben bieten, nicht<br />

mehr wahrgenommen? Ich<br />

genoss jeden Tag, den ich<br />

ohne Mühe um 7 Uhr Morgens<br />

aufstand und wieder<br />

6<br />

De Rückfall<br />

Freude am Leben hatte. Es<br />

lief alles so gut, dass ich dabei<br />

meine Sucht völlig vergass.<br />

Und dieser Umstand<br />

holte mich böse ein. Ich<br />

hatte einen schweren Rückfall,<br />

der mich richtig krass<br />

aus der Bahn warf. Ich war<br />

so perplex über die Macht,<br />

die die Drogen über mich<br />

haben, dass ich fast wieder<br />

den selbigen verfiel. Nach<br />

einer sehr eindrücklichen<br />

6wöchigen Time Out Phase<br />

kehrte ich in den Ulmenhof<br />

zurück. Es war ein für mich<br />

sehr schwieriger Neustart.<br />

Ich fand nicht mehr zu dem<br />

alten Antrieb zurück. Bis<br />

heute noch nicht. Das verwirrt<br />

mich. Was ist jetzt anders<br />

als vorher? Habe ich mir<br />

so etwas vorgespielt, dass ich<br />

erst jetzt zulasse, die wahren<br />

Probleme von mir zum Vorschein<br />

zu bringen? Ich frage<br />

mich, wie kann ich das alles<br />

in so kurzer Zeit bewältigen?<br />

Bringe ich die Kraft auf meinen<br />

Weg zu gehen? Ich weiss<br />

im tiefsten Innern, dass ich<br />

es kann. Doch ich lass mich<br />

so schnell von äusseren Umständen<br />

beeinflussen, dass<br />

<strong>Die</strong> Problem, wo mich belaschtet sind wie än schwäre Stei;<br />

au wänn mich viieli Lüüt understützed, fühl ich mich allei.<br />

Ich han einfach use wellä go konsumierä,<br />

und mir isch bewusst gsi, was ich tun riskierä.<br />

Eifach frei sii und abschalte, und s’gedankechreisä ahaltä.<br />

Alli Problem sind verflogä, zwar nume uf dä Mäntig verschobe.<br />

Dann kömmets no viel schlimmer, will es isch wiä immer.<br />

Nach de Sunne chunt dä Räge, doch es hätt guet ta ämal nume chönne z’si, han<br />

mich so wohl und frei g’fühlt däbi.<br />

Ich hoffe jetzt mit neuer Energie, isch das schwarzi Loch schnäll verbi.<br />

Und ich muess nüme dä ganzi Tag a Droge dänke,<br />

lahne mich von nüüt meh ablänke.<br />

Probier eis Problem nach em anderä z’bearbeitä,<br />

da laht sich hie und dä as Tüüf nöd vermeidä.<br />

Viellicht würdet mini Träum ja mal wahr,<br />

das liet i minerä Hand, das isch mer klar.<br />

Wetii wieder d‘Sunne im Herz, dänn isch vergässe all dä Schmerz!<br />

Anonym<br />

es so schwierig ist, das Wesentliche<br />

im Auge zu behalten.<br />

Ich wusste schon immer,<br />

dass meine Vergangenheit<br />

eine unbewältigte Sache ist,<br />

doch dass sie mich so einholen<br />

wird, war mir nicht bewusst.<br />

Ich war bis jetzt immer<br />

mehr oder weniger auf<br />

mich allein gestellt und hatte,<br />

so dachte ich, auch keine<br />

Mühe damit. Jetzt plötzlich<br />

auf Hilfe angewiesen zu sein<br />

und diese auch anzunehmen,<br />

fällt mir enorm schwer. Dass<br />

meine Zeit hier so schwer<br />

sein kann, konnte ich mir<br />

kaum vorstellen. All die Vorschriften,<br />

die Anweisungen<br />

und to do´s im Moment will<br />

ich nur flüchten. Im Nachhinein<br />

begreife ich dann zwar<br />

immer warum das alles,<br />

doch währenddessen könnte<br />

ich schreien. Als würde sich<br />

mein Verstand in diesen Momenten<br />

total ausschalten.<br />

Wieso kann ich das alles<br />

nicht einfach annehmen, wie<br />

zu Anfang? Ich kämpfe so<br />

mit mir, dass ich manchmal<br />

fast verzweifle. Das Einzige,<br />

was mich am davonlaufen<br />

hindert, sind meine Ziele.<br />

Obwohl sie mir im Moment<br />

wie ein schier unbezwingbarer<br />

Berg erscheinen, weiss<br />

ich doch ich habe die Kraft<br />

sie zu erreichen. Doch der<br />

Weg bis zum Gipfel ist ein<br />

langwieriger. Und deshalb<br />

brauche ich Unterstützung.<br />

Und die bekomme ich hier.<br />

Ich will nie wieder so leben,<br />

wie bevor ich hierher kam.<br />

Also weiss ich, was ich zu<br />

tun habe. Durchbeissen und<br />

alles aus der Zeit hier für<br />

mich nutzen. Und deshalb<br />

möchte ich meine Therapie<br />

hier zu Ende machen.<br />

Nava<br />

Neuanfang<br />

Bevor ich hier in den Ulmenhof<br />

kam war ich am Boden<br />

zerstört. Vor einem Jahr war<br />

ich noch so überheblich zu<br />

denken, dass ich eh nie wieder<br />

abstürze und ich das Ganze<br />

nicht brauche. Im August<br />

hatte ich den schlimmsten<br />

Absturz den ich je hatte. Ich<br />

hatte meine Hoffnungen,<br />

meine Ziele, den Kontakt zu<br />

meinem Sohn verloren. Das<br />

Klettern, mein Geschäft,<br />

einfach alles was je für mich<br />

von Bedeutung war, habe ich<br />

verloren. Ich fühlte in mir ein<br />

tiefes leeres Loch, welches<br />

mich auffrass. <strong>Die</strong> einzige<br />

Medizin war ein Cocktail<br />

oder Zug Base. Mir jedem<br />

Cocktail wurde es für kurze<br />

dreissig Sekunden warm in<br />

mir, die Sorgen waren verflogen.<br />

Doch nach diesen dreissig<br />

Sekunden schrie meine<br />

Seele und mein Körper nach<br />

mehr und mehr ich trat in<br />

dieser Zeit von September<br />

bis Oktober sechs bis sieben<br />

Mal in eine Entzugsstation<br />

ein. Ich hatte einfach keine<br />

Kraft, keine Lust mehr<br />

zu kämpfen. Als ich in dem


Ulmenhof kam träumte ich<br />

fast zwei Wochen lang von<br />

Drogen, etwas was mit seit<br />

10 Jahren nicht mehr passierte.<br />

Ich lebte von Tag zu Tag<br />

und hoffte einfach wieder auf<br />

meine innere Kraft und ganz<br />

langsam kam sie wieder. Ich<br />

kommunizierte und spasste.<br />

Alberte mit den Leiten hier,<br />

trainierte, ging in die Sauna,<br />

las Bücher über Bergsteiger<br />

und so kam mir die<br />

Einsicht: Lebe den Moment,<br />

die Gegenwart, denn das Vergangene<br />

kannst du en nicht<br />

ändern. Konzentriere deine<br />

Energie einfach auf das Heute<br />

und das Jetzt. Mein Ziel<br />

ist ein drogenfreies Leben zu<br />

führen.<br />

Jorge<br />

Richtungsänderung<br />

Im August bin ich von zu<br />

Hause ausgezogen, um mit<br />

meinem Leben abzuschliessen.<br />

Ich wusste weder wohin<br />

noch wozu mein Leben<br />

noch wert sein sollte. Ich<br />

irrte durch Zürich, ging zwei<br />

bis dreimal am Tag ins Heroinprogramm<br />

und dröhnte<br />

mich bis oben hin zu, damit<br />

ich ja keine Sekunde über<br />

meine Situation nachdenken<br />

konnte. Ich war wirklich völlig<br />

fertig, mich interessierte<br />

absolut nichts mehr, ich<br />

war am Ende angekommen<br />

und es war finster. Nach<br />

einem langen Gespräch mit<br />

einer mir vertrauten Person<br />

liess ich mich drei Wochen<br />

später in die psychiatrische<br />

Anstalt PUK einweisen. <strong>Die</strong><br />

Diagnose lautete: schwere<br />

Depression, nach zwei Wochen<br />

war ich bereits wieder<br />

so hergestellt, dass ich raus<br />

sollte. Genau da besuchte<br />

mich meine Schwester Andrea<br />

und erinnerte mich an<br />

meine von mir verdrängte<br />

Vergangenheit. Durch das<br />

Gespräch mit ihr kamen all<br />

die Tatsachen nach oben, die<br />

ich vergessen hatte. Ich entschied<br />

mich sehr spontan für<br />

das Leben und wollte vorerst<br />

nicht aus der PUK austreten.<br />

Ich fing an mich über Therapien<br />

zu informieren und<br />

erfuhr sehr viel Gutes vom<br />

Ulmenhof. Ich machte mit<br />

Gedanken, wie oder wozu<br />

und in welcher Richtung ich<br />

wieder am Leben teilnehmen<br />

wollte. Schliesslich bin ich<br />

hier eingetreten und durfte<br />

hoffen, dass doch alles noch<br />

gut wird. Ich fühlte mich zu<br />

Beginn nicht am richtigen<br />

Ort. Durch klärende Gespräche<br />

und die Einsicht,<br />

dass ich meinem Leben ganz<br />

klare Linien geben muss,<br />

kam ich zum Entschluss,<br />

hier zu bleiben und für meine<br />

Therapie weiter zu kämpfen.<br />

Ich bin sehr froh, hier<br />

auch die Liebe neu entdeckt<br />

zu haben, Delsy ist eine Bereicherung<br />

von unschätzbarem<br />

Wert! Durch unsere<br />

Beziehung lerne ich, Konflikten<br />

nicht mehr auszuweichen<br />

und mich abzugrenzen.<br />

<strong>Die</strong> Motivation zur Therapie<br />

ist da und die Entscheidung<br />

für das Leben getroffen. Daran<br />

halte ich fest.<br />

René<br />

7


Das Letzte ...<br />

Das Geschenk<br />

Vorsichtig begibst du dich in ein Gespräch und hoffst,<br />

dass dein Gegenüber an deinen tiefen Seiten interessiert ist.<br />

Du trägst Kostbarkeiten in dir und bist nicht willig,<br />

sie vor irgendwem auszubreiten, wie wertlose Ware.<br />

Dein echtes Wesen in seiner Tiefe<br />

ist dein Geschenk an den anderen.<br />

Dein Herz offenbarst du nur denen,<br />

die selbst ein Herz haben und bereit sind, es zu zeigen.<br />

Weil du echt sein willst, wirft man dir vor,<br />

dass du vieles falsch machst und begreifen dabei nicht,<br />

dass wir einander nur soweit fi nden,<br />

wie wir uns selbst gefunden haben.<br />

Wir überwinden die tiefe Kluft zum anderen nur über<br />

die Brücken der Selbsterkenntnis.<br />

In dem Masse, wie wir uns selbst verstehen,<br />

werden wir einander verstehen.<br />

Stefanie<br />

Kate Moss war in Arizona.<br />

Impressum<br />

Unabhängige Zeitung der Bewohner der<br />

Therapiestation <strong>ULMENHOF</strong>.<br />

Das hier Geschriebene muss nicht mit den Vorstellungen<br />

des Vereins DIE ALTERNATIVE übereinstimmen.<br />

Auflage:<br />

4000<br />

Sie können das in Ottenbach.<br />

Redaktion:<br />

BewohnerInnen des <strong>ULMENHOF</strong>S<br />

Bilder:<br />

Aus der Maltherapie<br />

Leserbriefe an:<br />

contact@diealternative.ch<br />

Für Perspektiven im Leben:<br />

KANU<br />

Beratung und Nachsorge<br />

Zurlindenstrasse 134<br />

8003 Zürich<br />

Tel 044 454 40 50<br />

Mo - Fr: 8.30 - 12.00 Uhr, 13.00 - 17.00 Uhr<br />

kanu@diealternativech<br />

www.diealternative.ch<br />

Das KANU-Team zeigt Wege aus der Sucht auf. Ein Anruf genügt: Tel 044 454 40 50

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