akut 19 - Psychopharmaka in der Suchttherapie - Die Alternative
akut 19 - Psychopharmaka in der Suchttherapie - Die Alternative
akut 19 - Psychopharmaka in der Suchttherapie - Die Alternative
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>akut</strong><br />
das Infomagaz<strong>in</strong><br />
des Vere<strong>in</strong>s DIE ALTERNATIVE<br />
<strong>Psychopharmaka</strong><br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Suchttherapie</strong>
Hilfe hat viele<br />
Gesichter<br />
Unterstützen Sie die ALTERNATIVE durch<br />
• e<strong>in</strong>e Spende<br />
• e<strong>in</strong>e Gönnermitgliedschaft o<strong>der</strong><br />
• e<strong>in</strong> Legat<br />
O<strong>der</strong> nutzen Sie unsere vielfältigen<br />
<strong>Die</strong>nstleistungen<br />
• für das Cater<strong>in</strong>g bei Ihrer nächsten Party<br />
• für <strong>in</strong>dividuelle Schre<strong>in</strong>er-, Maler-,<br />
Metall- & Textilarbeiten<br />
• für professionelle Mail<strong>in</strong>gs, Karten,<br />
kreative Werbegeschenke<br />
• o<strong>der</strong> kaufen Sie handgefertigte Produkte<br />
<strong>in</strong> unserem Onl<strong>in</strong>eShop auf<br />
www.diealternative.ch/shop<br />
Besuchen Sie unsere Webseite für mehr<br />
Informationen.<br />
Impressum<br />
Akut <strong>19</strong> 2010<br />
des Vere<strong>in</strong>s für umfassende <strong>Suchttherapie</strong><br />
DIE ALTERNATIVE und se<strong>in</strong>er Institutionen<br />
Auflage<br />
9000<br />
Redaktion<br />
Christ<strong>in</strong>e Häusermann, Jeannette Alison<br />
Layout & Grafik<br />
naef-grafik.ch & Christ<strong>in</strong>e Grünenfel<strong>der</strong><br />
Druck<br />
Albis Offset<br />
Copyright<br />
Auszüge unter Quellenangabe zu<br />
Informationszwecken erlaubt
Inhalt<br />
Das eigene Leben zu eigen machen 02 - 05<br />
Peter Burkhard, Gesamtleiter DIE ALTERNATIVE<br />
Therapie mit unterschiedlichen Vorzeichen 06 - 11<br />
Barbara Sachia Kilchenmann, Co-Bereichsleitung ULMENHOF<br />
Im Spannungsfeld von Beruhigung und Entwicklung 12 - 15<br />
Aus <strong>der</strong> Sicht <strong>der</strong> Hausärzte Dres. med Urs Glenck und<br />
Evel<strong>in</strong>e Breidenste<strong>in</strong><br />
«Nüchtern durchs Leben gehen 16 - 20<br />
und trotzdem Spass dabei haben»<br />
Zwei Klienten und ihre Sichtweisen<br />
Interview von Roger Kunz und Jeannette Alison<br />
<strong>Die</strong> Fotos im Text zeigen nicht die realen Personen.
Peter Burkhard, Gesamtleiter DIE ALTERNATIVE<br />
02<br />
Das eigene Leben zu eigen machen<br />
Gesellschaft und Individuum – Drogenpolitik und die Betroffenen<br />
Im vorliegenden Bericht geht Peter Burkhard auf die verän<strong>der</strong>ten Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Suchtarbeit e<strong>in</strong>, zeigt die gestiegenen Anfor<strong>der</strong>ungen sowohl<br />
bei Betreuten als auch Betreuenden auf und benennt Ungereimtheiten, die uns<br />
alle als Gesellschaft betreffen.<br />
Vom ‚Entwe<strong>der</strong> o<strong>der</strong>’ zum ‚Sowohl als<br />
auch’ – so könnte man <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er absoluten<br />
Kürzestfassung die Entwicklung <strong>der</strong> schweizerischen<br />
Drogenpolitik <strong>in</strong> den vergangenen<br />
40 Jahren beschreiben. Gab es <strong>in</strong> den<br />
Anfängen <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Drogenpolitik<br />
nur Abst<strong>in</strong>enz o<strong>der</strong> Strafe, so ist heute die<br />
Suchtarbeit mit e<strong>in</strong>er breiten Interventionspalette<br />
ausgestattet. Menschen, denen<br />
es (noch) nicht gel<strong>in</strong>gt aus <strong>der</strong> Sucht auszusteigen,<br />
erhalten vom Psychiater o<strong>der</strong><br />
Arzt sowohl ihre Drogen verordnet als auch<br />
therapeutische Betreuung – zum Beispiel<br />
<strong>in</strong> unserem Betreuungsnetz.<br />
Was heute selbstverständlicher Alltag <strong>in</strong><br />
unseren Institutionen ist, musste <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
langwierigen Prozess erstritten und erarbeitet<br />
werden. Wir haben um den «richtigen»<br />
Weg gerungen und – das sei auch<br />
gesagt – wir r<strong>in</strong>gen noch immer. Dabei<br />
wird schon lange nicht mehr um die eigentliche<br />
Substitutionsbehandlung gestritten;<br />
im Vor<strong>der</strong>grund <strong>der</strong> Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung<br />
steht vielmehr die Verschreibung<br />
verschiedenster – durchaus auch süchtig<br />
machen<strong>der</strong> – <strong>Psychopharmaka</strong>. Wie hoch<br />
soll die Dosierung ausfallen? In welchem<br />
Ausmass darf man psychische Probleme<br />
mit <strong>Psychopharmaka</strong> ‚zudecken’? Wie<br />
‚nüchtern’ müssen KlientInnen se<strong>in</strong>, damit<br />
Entwicklungen überhaupt möglich s<strong>in</strong>d?<br />
Gehören Schmerzen und Trauer auch heute<br />
noch zum Leben, obwohl man alle<br />
ungeliebten Emotionen problemlos medikamentös<br />
‚abfe<strong>der</strong>n’ kann? <strong>Die</strong>s s<strong>in</strong>d nur<br />
e<strong>in</strong>ige Fragestellungen, die uns <strong>in</strong> diesem<br />
Zusammenhang beschäftigen.<br />
Da entfachen sich schon mal hitzige Diskussionen.<br />
Enttäuschungen, unerfüllte Erwartungen<br />
hüben und Stress drüben. Immer<br />
wie<strong>der</strong> f<strong>in</strong>den Grenzverletzungen statt, <strong>der</strong><br />
Sozialtherapeut befasst sich mit Dosierungsfragen,<br />
<strong>der</strong> Arzt votiert für mehr therapeutische<br />
Interventionen und dafür tiefere<br />
Medikation, <strong>der</strong> Psychiater weiss um die<br />
beruhigende Wirkung des Medikaments<br />
und kann nicht verstehen, was dagegen<br />
e<strong>in</strong>zuwenden ist, usw. usf…. und ich b<strong>in</strong><br />
überzeugt, das ist gut so! Wir brauchen<br />
diese Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung, weil wir hier<br />
nicht e<strong>in</strong>fach von klar abgegrenzten mediz<strong>in</strong>isch-psychiatrischen<br />
Fachfragen sprechen,<br />
im Gegenteil: Es geht um viel Geld,<br />
den Arbeitsalltag, um Bevormundung und<br />
neue Abhängigkeiten. Letztlich geht es<br />
um nicht mehr und nicht weniger als<br />
um unser Verständnis vom Leben, um<br />
unser Menschenbild. Wenn Wirtschafts-
führer ihren Job nur noch aushalten, <strong>in</strong>dem<br />
sie regelmässig <strong>Psychopharmaka</strong> schlucken<br />
und gleichzeitig e<strong>in</strong>er höheren Optimierung<br />
im Betrieb das Wort reden, dann s<strong>in</strong>d das<br />
lebensrelevante Entscheide, die gegebenenfalls<br />
Tausende von Menschen betreffen.<br />
03<br />
Aktuell wird weit herum e<strong>in</strong>e neue Gattung<br />
von <strong>Psychopharmaka</strong> diskutiert – die ‚Enhancements’.<br />
<strong>Die</strong> Pille für den besseren<br />
Menschen – die Wirkung soll die Leistungsfähigkeit<br />
verbessern und darüber h<strong>in</strong>aus<br />
den Menschen kreativer, konzentrierter<br />
und merkfähiger machen. Schöne Zukunftsaussichten.<br />
Nicht mehr das Ich erbr<strong>in</strong>gt<br />
Leistungen um sich zu verbessern<br />
und zu entwickeln, son<strong>der</strong>n es braucht<br />
lediglich das Wissen, welche Pille h<strong>in</strong>sichtlich<br />
<strong>der</strong> erwünschten Wirkung e<strong>in</strong>genommen<br />
werden muss. Es dürfte e<strong>in</strong>e Frage<br />
<strong>der</strong> Zeit se<strong>in</strong>, bis bei uns die ersten Klient-<br />
Innen mit e<strong>in</strong>er entsprechenden Medikationsverordnung<br />
<strong>in</strong> die Therapie e<strong>in</strong>treten.<br />
Unkonzentriert s<strong>in</strong>d sie ja oftmals und die<br />
Merkfähigkeit dürfte schon verbessert werden<br />
…nur eben, soll dies dank Medikamenten<br />
erreicht werden o<strong>der</strong> sprechen wir hier<br />
von e<strong>in</strong>er Entwicklungsleistung, die eigentlich<br />
das betroffene Ich erbr<strong>in</strong>gen sollte?<br />
Dop<strong>in</strong>g im Alltag<br />
Warum nehmen gesunde Menschen leistungssteigernde<br />
Drogen, um ihren Alltag<br />
erfolgreich zu bewältigen? O<strong>der</strong> an<strong>der</strong>s<br />
gefragt: Warum ist Dop<strong>in</strong>g im Sport<br />
verboten und gleichzeitig selbstverständliche<br />
Praxis <strong>in</strong> weiten Bevölkerungskreisen?<br />
Immerh<strong>in</strong> geht aus e<strong>in</strong>er<br />
deutschen Studie hervor, dass bereits mehr<br />
als e<strong>in</strong>e halbe Million <strong>der</strong> 20 bis 50-jährigen<br />
gezielt aufputschende Medikamente<br />
Wenn die Sucht überhand nimmt: Verzweiflung,<br />
Gleichgültigkeit und Hoffungslosigkeit,<br />
prägen den Alltag. «Ist doch alles egal. Was<br />
solls? Das Leben ist sowieso scheisse.»<br />
e<strong>in</strong>nehmen, um die Stressresistenz am<br />
Arbeitsplatz zu steigern.<br />
Wo bleibt da <strong>der</strong> Aufschrei, wo die Politiker,<br />
die gezielte Abhilfe for<strong>der</strong>n? Ist das<br />
politische Schweigen etwa dadurch erklärbar,<br />
dass es sich hier nicht um Freizeitdrogen,<br />
son<strong>der</strong>n um leistungssteigernde Substanzen<br />
handelt? Kann unsere Wirtschaft<br />
nur durch Akzeptanz von Dop<strong>in</strong>g im Arbeitsalltag<br />
auf dem e<strong>in</strong>geschlagenen Weg<br />
weiterfahren? Und was passiert mit Menschen,<br />
die ke<strong>in</strong> Dop<strong>in</strong>g nehmen wollen?<br />
Ergeht es ihnen wie Spitzensportlern, die<br />
nur mit Dop<strong>in</strong>g e<strong>in</strong>e Chance auf e<strong>in</strong>en<br />
Platz auf dem Treppchen haben?<br />
Ke<strong>in</strong>e Frage: Wenn wir uns zunehmend<br />
vom Menschen als beseeltes Wesen, also<br />
e<strong>in</strong>em autonomen, e<strong>in</strong>zigartigen Subjekt<br />
verabschieden und demgegenüber an e<strong>in</strong>em<br />
Menschenbild basteln, dass den Men-
04 schen als e<strong>in</strong>en Sklaven se<strong>in</strong>er Gene und<br />
Neuronen versteht, was spricht da noch<br />
dagegen <strong>in</strong> dieses Funktionieren e<strong>in</strong>zugreifen<br />
und mittels Drogene<strong>in</strong>nahme e<strong>in</strong>e<br />
Optimierung herbeiführen zu wollen? Zugegeben<br />
– irgendwann werden sich Nebenwirkungen<br />
e<strong>in</strong>stellen, es f<strong>in</strong>det Kontrollverlust<br />
statt und wir werden neue/alte<br />
Formen von Abhängigkeiten diskutieren.<br />
Vielleicht dämmert dann den Intelligenteren<br />
unter uns, dass <strong>der</strong> Mensch nicht<br />
beliebig optimiert werden kann, dass uns<br />
Leistungsgrenzen gesetzt s<strong>in</strong>d, menschliches<br />
Leben nicht auf Effizienz ausgerichtet<br />
ist – wie wollen Sie unter solchen<br />
Bed<strong>in</strong>gungen noch lieben? Und… ja, vielleicht<br />
realisieren wir dann, dass <strong>der</strong> Mensch<br />
mehr ist als das, was wir sehen und erforschen<br />
können. Wer weiss, vielleicht entdecken<br />
wir dann die nicht verfügbare<br />
Integrität des Menschen, die E<strong>in</strong>maligkeit<br />
des Subjekts und entsprechend respektvoll<br />
werden wir den Umgang mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> gestalten.<br />
Wer hat welche Interessen?<br />
Wir besitzen viele Erfahrungswerte – und<br />
nicht erst seit gestern – wie schnell Menschen<br />
zu Medikamentenmissbrauch bereit<br />
s<strong>in</strong>d und wie schnell sich e<strong>in</strong>e Abhängigkeit<br />
e<strong>in</strong>stellen kann. Trotzdem – wir erleben<br />
e<strong>in</strong>e ungebrochene Praxis <strong>der</strong> hohen<br />
Medikamentenverschreibung. Ich habe<br />
nichts gegen Medikamente e<strong>in</strong>zuwenden,<br />
aber sie sollten – von e<strong>in</strong>igen Ausnahmen<br />
abgesehen – die Ausnahme <strong>in</strong> unserem<br />
Leben se<strong>in</strong>. Mich dünkt zunehmend, dass<br />
wir uns <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Ära bewegen, <strong>in</strong> <strong>der</strong> uns<br />
weisgemacht werden soll, dass Medikamentenkonsum<br />
etwas ganz Normales,<br />
Alltägliches sei.<br />
Wer hat eigentlich e<strong>in</strong> Interesse daran,<br />
dass die Praxis <strong>der</strong> hohen Medikamentenverschreibung<br />
aufrecht erhalten bleibt?<br />
Neben weltweit tätigen Drogenkartellen,<br />
werden sicher <strong>in</strong>ternationale Pharmaunternehmen<br />
grosses Interesse an dieser<br />
Verschreibungspraxis haben. Sie streichen<br />
die Gew<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong> und wenn <strong>der</strong> Mythos<br />
vom Medikament gesteuerten Leben <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> Gesellschaft verankert werden kann,<br />
dürfen diese Unternehmen sensationelle<br />
Gew<strong>in</strong>ne erwarten, respektive müsste man<br />
präzisierend noch anfügen, sie fahren<br />
diese Gew<strong>in</strong>ne ja bereits e<strong>in</strong>!<br />
Der Sozialstaat muss sparen und die Wirtschaft<br />
for<strong>der</strong>t dynamische, leistungsfähige,<br />
Stress resistente und angepasste Individuen….<br />
doch immer mehr Menschen<br />
kommen nicht mehr mit, s<strong>in</strong>d den gestellten<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen nicht gewachsen. Sie<br />
werden zu ‚Sand im Getriebe’, optimale<br />
Abläufe s<strong>in</strong>d nicht mehr möglich. Aus dem<br />
Und doch: «Will ich so weitermachen? Könnte<br />
ich me<strong>in</strong> Leben noch verän<strong>der</strong>n?»
Arbeitsprozess werden sie ausgeschieden<br />
und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Konsequenz oft auch aus dem<br />
Gesellschaftsprozess. Sie werden nicht<br />
mehr gebraucht und benötigt. Das löst<br />
tiefe Trauer o<strong>der</strong> Wut aus – was liegt da<br />
näher als diese Menschen ruhig zu stellen,<br />
sie könnten sonst noch Probleme machen?<br />
In <strong>der</strong> Tat, uns beschleichen ungute Gefühle,<br />
wenn uns z.B. Klienten berichten<br />
wie problemlos sie zu den gewünschten<br />
Drogen, sprich Medikamenten, kamen.<br />
Wenn aber Menschen sich verän<strong>der</strong>n und<br />
entwickeln wollen, dann ist ke<strong>in</strong> Geld mehr<br />
da: Der Sozialstaat muss sparen. Menschen,<br />
die bei uns <strong>in</strong> die Therapie e<strong>in</strong>treten, haben<br />
gerade mal e<strong>in</strong> Jahr Zeit, ihr Leben zu<br />
ordnen, aufzuarbeiten und alles auf die<br />
Reihe zu kriegen, sonst haben sie Pech<br />
gehabt… mehr gibt es nicht. So verordnet<br />
vom Sozialamt des Kantons Zürich. E<strong>in</strong><br />
längerer Aufenthalt wird nicht f<strong>in</strong>anziert,<br />
respektive nur für e<strong>in</strong>e kurze Frist wird<br />
noch e<strong>in</strong> nicht kostendecken<strong>der</strong> Beitrag<br />
bezahlt.<br />
Ist unsere Klientel im Durchschnitt<br />
schwieriger geworden?<br />
Zweifellos – die Arbeit <strong>in</strong> unseren Institutionen<br />
ist deutlich schwieriger und anfor<strong>der</strong>ungsreicher<br />
geworden weil<br />
- unsere KlientInnen noch so gerne glauben,<br />
ihr e<strong>in</strong>ziges Problem bestehe <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>er ungenügend hohen Medikamentene<strong>in</strong>nahme,<br />
- sie sich demzufolge bereits daran gewöhnt<br />
haben, dass es auf jedes Problem<br />
e<strong>in</strong>e medikamentöse Lösung gibt<br />
- heute Therapie, wie wir sie verstehen,<br />
dem Sozialstaat zu teuer ist und die<br />
notwendige Zeit nicht mehr zur Verfügung<br />
steht,<br />
- die Zunahme <strong>der</strong> Dualdiagnose-Klient-<br />
Innen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em direkten Zusammenhang<br />
mit den Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen und <strong>der</strong><br />
kulturellen Entwicklung <strong>in</strong> unserer Gesellschaft<br />
steht und diese Belastungen<br />
nicht medikamentös behandelt werden<br />
können,<br />
- die Räume eng geworden s<strong>in</strong>d. Der<br />
Normalitätsbegriff bezieht sich auf hochselektive<br />
Eigenschaften und Möglichkeiten,<br />
die lange nicht allen Menschen<br />
eigen s<strong>in</strong>d, schon gar nicht unseren<br />
KlientInnen. Das merken wir jeweils<br />
spätestens wenn wir die betroffenen<br />
Menschen wie<strong>der</strong> entlassen müssen und<br />
Wohn- und Arbeitsmöglichkeiten abklären.<br />
Und trotzdem<br />
- unsere Institutionen s<strong>in</strong>d voll. Bei allen<br />
Widrigkeiten: Menschen entscheiden<br />
sich immer wie<strong>der</strong>, sich ihrem eigenen<br />
Leben zu stellen. In e<strong>in</strong>er anfor<strong>der</strong>ungsreichen<br />
und manchmal auch sehr<br />
mühsamen Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung machen<br />
sie sich das eigene Leben zu<br />
eigen und übernehmen Schritt um<br />
Schritt wie<strong>der</strong> Eigenverantwortung.<br />
Peter Burkhard leitet die<br />
Geschäfte und Geschicke <strong>der</strong><br />
ALTERNATIVE seit bald 40 Jahren.<br />
05
Barbara Sachia Kilchenmann,<br />
06<br />
Co-Bereichsleitung Sozialtherapeutische Geme<strong>in</strong>schaft ULMENHOF<br />
<strong>Suchttherapie</strong><br />
mit verän<strong>der</strong>ten Vorzeichen<br />
Wie sieht die Milieutherapie mit unterschiedlichen Zielgruppen aus? Wie wird<br />
die Klienten gerechte Individualisierung <strong>der</strong> Therapie unter dem geme<strong>in</strong>samen<br />
Dach <strong>der</strong> stationären <strong>Suchttherapie</strong> vollzogen? Welche Auswirkungen hat die<br />
Medikation <strong>der</strong> Klienten auf die Therapie? Der folgende Bericht gibt Auskunft.<br />
An Weihnachten <strong>19</strong>99 trat bei uns die<br />
erste substituierte Mutter mit K<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>.<br />
<strong>Die</strong>sem e<strong>in</strong>fachen Fakt waren heftige fachliche<br />
Diskussionen vorangegangen. S<strong>in</strong>d<br />
substituierte KlientInnen therapierbar?<br />
Verraten wir jetzt die hehre abst<strong>in</strong>ente<br />
Drogentherapie und beteiligen uns am<br />
Tanz ums goldene Kalb des schnöden<br />
Mammons wegen? O<strong>der</strong> passen wir uns<br />
e<strong>in</strong>fach <strong>der</strong> Realität <strong>der</strong> Klientel und <strong>der</strong><br />
Gesellschaft an? Gleich zu Beg<strong>in</strong>n zeigte<br />
sich im Alltag, dass unsere Befürchtungen<br />
bezüglich <strong>der</strong> Mischung substituierter und<br />
nicht substituierter KlientInnen unter<br />
e<strong>in</strong>em Dach unbegründet waren. Es entstand<br />
ke<strong>in</strong>e Zwei-Klassen-Geme<strong>in</strong>schaft,<br />
im Gegenteil: die e<strong>in</strong>en motivierten die<br />
an<strong>der</strong>en. Das Team gewann an Sicherheit<br />
und konzeptuell führten wir die Zusatzproblematik<br />
«Substitution» e<strong>in</strong>. <strong>Die</strong>ser<br />
Öffnung folgte als logische Konsequenz<br />
e<strong>in</strong>e stetige Zunahme von KlientInnen mit<br />
Dualdiagnosen. Heute im Juni 2010 s<strong>in</strong>d<br />
die meisten unserer KlientInnen diesen<br />
Gruppen zuzuordnen. <strong>Die</strong> prozentuale<br />
Anzahl hat sich im Laufe <strong>der</strong> Jahre erhöht<br />
und die konzeptuellen Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
wurden an die mit Substitution und/o<strong>der</strong><br />
mit <strong>Psychopharmaka</strong> behandelten KlientInnen<br />
angepasst. War z.B. zu Beg<strong>in</strong>n<br />
gefor<strong>der</strong>t, die Substitution <strong>in</strong> <strong>der</strong> Moratoriumsfrist<br />
abzubauen, so wird das heute<br />
auch bei Therapieende nur noch bei<br />
e<strong>in</strong>er entsprechenden Ressourcenlage und<br />
genügen<strong>der</strong> Suchtstabilität als Ziel anvisiert.<br />
<strong>Die</strong> Entwicklung vollzog sich <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en<br />
Schritten und rückblickend schmunzelt<br />
man über den e<strong>in</strong>en o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en damals<br />
grossen Verän<strong>der</strong>ungswurf. Der Wandel<br />
<strong>der</strong> <strong>Suchttherapie</strong> <strong>in</strong> den letzten 15 Jahren<br />
spiegelt sich im Bild des ULMENHOF auf<br />
allen Ebenen.<br />
Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Zielgruppe<br />
In allen Institutionen zeigt sich das gleiche<br />
Bild: <strong>Die</strong> Klientel verfügt mehrheitlich<br />
über deutlich weniger Ressourcen und<br />
mehr Problemlagen. Dualdiagnosen, ob<br />
durch ärztliche Berichte erhärtet o<strong>der</strong> im<br />
Alltag beobachtbar, s<strong>in</strong>d an <strong>der</strong> Tagesordnung.<br />
KlientInnen mit erheblichen<br />
psychiatrischen Krankheitsbil<strong>der</strong>n und<br />
e<strong>in</strong>er Suchtgeschichte, die sich verän<strong>der</strong>n<br />
wollen, passen nur <strong>in</strong> wenige Institutionen.<br />
Immer wie<strong>der</strong> stellt sich für uns die<br />
Frage: Ist <strong>der</strong> ULMENHOF e<strong>in</strong>e Chance<br />
o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Überfor<strong>der</strong>ung? Ausschliessende<br />
Faktoren für den ULMENHOF s<strong>in</strong>d:
07<br />
«E<strong>in</strong>e stationäre Therapie machen? Ich würde es für mich tun. B<strong>in</strong> ich das wert? Würde ich das<br />
überhaupt aushalten o<strong>der</strong> sogar schaffen?»<br />
Selbst- und Fremdgefährdung, Pädophilie,<br />
Pyromanie und <strong>akut</strong>e psychotische Zustände.<br />
<strong>Die</strong> <strong>in</strong>tensive Zusammenarbeit mit<br />
Ärzten und Psychiater ab dem Intake-<br />
Verfahren ist unerlässlich. Das ehemals<br />
kle<strong>in</strong>e «Medischäftli» mit e<strong>in</strong> paar Kopfweh-<br />
und Grippetabletten wurde durch<br />
e<strong>in</strong>en grossen Medikamententresor ersetzt.<br />
Medikamenten-Abgabezeiten gehören zum<br />
geregelten Tagesablauf – vor 10 Jahren<br />
undenkbar <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Drogentherapie.<br />
Konsequenzen <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Teamzusammensetzung<br />
<strong>19</strong>98 war das Team re<strong>in</strong> aus Sozialpädagogen<br />
zusammengesetzt. Heute besteht<br />
das Kernteam aus MitarbeiterInnen aus<br />
<strong>der</strong> Psychiatrie, Psychologie und Sozialpädagogik/Sozialarbeit.<br />
Alle machen grundsätzlich<br />
die gleiche Arbeit mit spezifischen<br />
Aufgaben entsprechend ihrer Ausbildung.<br />
<strong>Die</strong> Mehrfachproblematik <strong>der</strong> Klientel erfor<strong>der</strong>t<br />
diese Interdiszipl<strong>in</strong>arität. Im Team<br />
treffen die drei unterschiedlichen Berufsgruppen<br />
mit ihren spezifischen Ansätzen<br />
aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong>, die es zu vere<strong>in</strong>en gilt. Das<br />
for<strong>der</strong>t von allen immer wie<strong>der</strong> viel Flexibilität,<br />
fachliches Wissen und Können und<br />
Respekt vor <strong>der</strong> jeweils an<strong>der</strong>en Sichtweise<br />
zu Gunsten <strong>der</strong> Klientel. Zahlenmässig<br />
hat sich das Kernteam nicht vergrössert,<br />
im Gegenteil. Der Spardruck <strong>in</strong> <strong>der</strong> Sozialpolitik<br />
ist überall spürbar. <strong>Die</strong> Erwartungen<br />
<strong>der</strong> Kostenträger s<strong>in</strong>d enorm gestiegen:<br />
<strong>in</strong> kürzerer Zeit (sprich billiger) immer<br />
schwerer belastete KlientInnen wie<strong>der</strong>
08 funktionstüchtig machen. Der Druck auf<br />
das Team und die KlientInnen nahm stetig<br />
zu und steigt weiter an. Schwankungen<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Belegung müssen personell aufgefangen<br />
werden, was zusätzliche Probleme<br />
und Anfor<strong>der</strong>ungen stellt. Arbeiten <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
stationären Drogenarbeit setzt – wie <strong>in</strong><br />
ihren Anfängen – e<strong>in</strong> soziales Engagement<br />
voraus und das Interesse am Menschen<br />
und <strong>der</strong> Glaube an se<strong>in</strong>e Entwicklungsmöglichkeiten<br />
stehen vor dem Interesse<br />
an <strong>der</strong> Lohntüte.<br />
Konzeptuelle Verän<strong>der</strong>ungen<br />
In <strong>der</strong> Sozialtherapeutischen Geme<strong>in</strong>schaft<br />
ULMENHOF werden nach wie vor alle vier<br />
Lebensfel<strong>der</strong> ersetzt: Primärgruppe, Freizeit,<br />
Arbeit und Bildung (Milieutherapie).<br />
Durch die Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Klientel waren<br />
grundsätzlich Anpassungen <strong>in</strong> allen Bereichen<br />
erfor<strong>der</strong>lich. <strong>Die</strong> grösste Herausfor<strong>der</strong>ung<br />
ist die Individualisierung im Rahmen<br />
e<strong>in</strong>es Gruppenkonzeptes. KlientInnen mit<br />
Dualdiagnosen (Persönlichkeitsstörungen,<br />
Depression, ADHS, Schizophrenie etc.)<br />
reagieren z.B. verwirrt und überfor<strong>der</strong>t<br />
auf Grossgruppen und müssen vorsichtig<br />
daran herangeführt werden. <strong>Die</strong> unterschiedlichen<br />
KlientInnen erfor<strong>der</strong>n also<br />
ebensolche Arbeitsweisen. In <strong>der</strong> folgenden<br />
Tabelle aus dem Jahr 2002 ist <strong>der</strong><br />
Unterschied zwischen <strong>der</strong> traditionellen<br />
Suchtbehandlung versus Dualdiagnosebehandlung<br />
ersichtlich:<br />
Sucht<br />
Psychopathologische Problematik<br />
Ressourcen<br />
Vorausgesetzt werden<br />
Zu berücksichtigende E<strong>in</strong>schränkungen<br />
Eigenverantwortung <strong>in</strong> Lebenspraxis<br />
Gruppenfähigkeit<br />
Konfliktfähigkeit<br />
Frustrationstoleranz<br />
Durchhaltevermögen<br />
Krankheitse<strong>in</strong>sicht<br />
Behandlungse<strong>in</strong>sicht<br />
Interventionsstil<br />
Konfrontativ<br />
Ressourcen orientiert vertiefend<br />
Fehlende Ressourcen<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Alltagsbewältigung<br />
Überfor<strong>der</strong>ung <strong>in</strong> Gruppen<br />
Ger<strong>in</strong>ge Konfliktfähigkeit<br />
Tiefe Frustrationstoleranz<br />
Wenig Durchhaltevermögen<br />
Fehlende E<strong>in</strong>sicht <strong>in</strong> Krankheit<br />
Ke<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>sicht <strong>in</strong> die Notwendigkeit<br />
<strong>der</strong> Behandlung<br />
Unterstützend<br />
Ressourcen för<strong>der</strong>nd
Aus <strong>der</strong> heutigen Sicht s<strong>in</strong>d die damals<br />
vorausgesetzten Ressourcen aus <strong>der</strong> traditionellen<br />
Suchtbehandlung <strong>in</strong> den wenigsten<br />
Fällen noch so vorhanden. Vor<br />
allem <strong>in</strong> den Bereichen Gruppenfähigkeit,<br />
Konfliktfähigkeit, Frustrationstoleranz und<br />
Durchhaltevermögen s<strong>in</strong>d deutlich tiefere<br />
Niveaus festzustellen. Um e<strong>in</strong>e generelle<br />
ser Zeit soweit wie möglich zur Ruhe kommen<br />
können und nicht unnötig e<strong>in</strong>em<br />
Rehabilitationsdruck ausgesetzt werden.<br />
Heute ist noch wesentlicher, dass wir die<br />
Entwicklung <strong>der</strong> KlientInnen <strong>in</strong> allen Bereichen<br />
sicht- und beschreibbar machen können.<br />
Dazu eignet sich das Wirk<strong>in</strong>strument<br />
beson<strong>der</strong>s. <strong>Die</strong> Wirkdimensionen Selbstbezug,<br />
Beziehungs- und Kon-<br />
Nivellierung <strong>der</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
nach unten zu verfliktverhalten,<br />
Wohnfähig-<br />
«Verraten wir<br />
h<strong>in</strong><strong>der</strong>n, war und ist e<strong>in</strong>e<br />
entsprechende Individualisierung<br />
unumgänglich. Es<br />
muss zweierlei versucht werden:<br />
jetzt die hehre<br />
abst<strong>in</strong>ente<br />
Drogentherapie?»<br />
keit und Selbstadm<strong>in</strong>istration<br />
werden den vorhandenen<br />
Ressourcen o<strong>der</strong> Defiziten<br />
entsprechend geför<strong>der</strong>t.<br />
KlientInnen mit e<strong>in</strong>er höheren Res-<br />
sourcenlage müssen <strong>in</strong> <strong>der</strong> gleichen Weise<br />
wie bis anh<strong>in</strong> gefor<strong>der</strong>t und geför<strong>der</strong>t<br />
werden, jene mit e<strong>in</strong>er tieferen brauchen<br />
Verständnis, Rücksichtnahme, mehr Unterstützung<br />
im lebenspraktischen Bereich<br />
und (eigentlich!) mehr Zeit. <strong>Die</strong> Massgabe<br />
für den Prozess soll sowohl die beim E<strong>in</strong>tritt<br />
bestehende Ressourcenlage wie die<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Therapieplanung festgelegten Ziele<br />
(Wirk<strong>in</strong>strument) se<strong>in</strong>. E<strong>in</strong>e Überprüfung<br />
soll im ersten Standortgespräch (Ende <strong>der</strong><br />
Moratoriumsphase, nach 3 Monaten) geschehen<br />
und <strong>der</strong> weitere Verlauf festgelegt<br />
<strong>Die</strong> Individualisierungen im Bereich Arbeit<br />
s<strong>in</strong>d über angepasste Arbeitszeiten und<br />
Arbeits<strong>in</strong>halte zu erreichen, ebenso die<br />
berufliche Re<strong>in</strong>tegration. Im Bereich Sucht<br />
werden grundsätzlich bei allen die gleichen<br />
Themen bearbeitet, wie z.B. eigene Suchtgeschichte,<br />
präventive Massnahmen, psychotherapeutische<br />
Vertiefung und Aufarbeitung<br />
persönlicher Traumen <strong>in</strong> <strong>in</strong>dividueller<br />
Aussentherapie. Entsprechend <strong>der</strong><br />
persönlichen Suchtstabilität wird die Exposition<br />
angepasst und <strong>in</strong>dividuell aufgebaut.<br />
Konsumrückfälle gehören nach wie vor zu<br />
den meisten Entwicklungsprozessen.<br />
werden. Von diesem Zeitpunkt an ist e<strong>in</strong><br />
Übertritt <strong>in</strong> die Therapiephase möglich. Es<br />
werden die allgeme<strong>in</strong>en und <strong>in</strong>dividuellen<br />
Ziele <strong>in</strong> <strong>der</strong> Therapievere<strong>in</strong>barung festgehalten.<br />
<strong>Die</strong> folgenden Wochen und Monate<br />
können <strong>der</strong> Zielerreichung zwecks Übero<strong>der</strong><br />
Austritt dienen. Für jene Bewohner-<br />
Innen, bei welchen e<strong>in</strong> Wechsel <strong>in</strong> die<br />
Therapiephase als unerreichbar ersche<strong>in</strong>t,<br />
wird Schritt für Schritt e<strong>in</strong>e Austrittsplanung<br />
entwickelt. <strong>Die</strong>se KlientInnen sollen <strong>in</strong> die-<br />
Substitution und/o<strong>der</strong> <strong>Psychopharmaka</strong><br />
– und trotzdem Entwicklungsmöglichkeiten<br />
Das Heil- o<strong>der</strong> Ganzwerden als Individuum<br />
und das im E<strong>in</strong>klang mit se<strong>in</strong>er Umwelt leben,<br />
hat den Menschen von je her angetrieben.<br />
Zufrieden und manchmal glücklich se<strong>in</strong>,<br />
Zugehörigkeit, e<strong>in</strong>en Beitrag leisten, produktiv<br />
tätig und wertvoll se<strong>in</strong>, sich entwickeln,<br />
gehören zum Menschse<strong>in</strong> wie atmen,<br />
09
10<br />
essen und tr<strong>in</strong>ken. Gerate ich, aus welchen<br />
Gründen auch immer, <strong>in</strong>s Abseits, verliere<br />
ich mich und die an<strong>der</strong>en, leide ich – so<br />
werde ich dies verän<strong>der</strong>n wollen. Me<strong>in</strong>e<br />
Erfahrung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Arbeit im ULMENHOF hat<br />
mich gelehrt, dass es ke<strong>in</strong>e Rolle spielt, ob<br />
jemand <strong>in</strong> diesem Prozess die Unterstützung<br />
von Medikamenten (Substitution,<br />
<strong>Psychopharmaka</strong>) braucht o<strong>der</strong> nicht. Wir<br />
setzen den Massstab nicht bei <strong>der</strong> Dosierung<br />
an. Das macht ke<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n, weil je<strong>der</strong><br />
menschliche Organismus an<strong>der</strong>s funktioniert.<br />
Entscheidend ist, dass die Klientel<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage ist, am Programm teilzunehmen<br />
und die Behandlung nutzen kann. Im Drogenjargon<br />
ausgedrückt: Sie dürfen nicht<br />
so ‚verladen’ se<strong>in</strong>, dass nichts mehr zu<br />
ihnen durchdr<strong>in</strong>gt o<strong>der</strong> gleich wie<strong>der</strong> vergessen<br />
und verloren geht.<br />
Es geht primär darum, nüchtern zu bleiben,<br />
ohne Beikonsum von nicht verschriebenen<br />
Medikamenten und Drogen zu leben und<br />
sich so zu erleben. Dann geht es darum,<br />
dies <strong>in</strong> allen Lebensbereichen zu stabilisieren<br />
und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Folge die Lebensqualität<br />
anzustreben, welche die Betroffenen wollen.<br />
Idealerweise hätte nur das Individuum<br />
<strong>in</strong> Verantwortlichkeit sich und dem Leben<br />
gegenüber zu entscheiden, mit welchen<br />
Hilfsmitteln es lebt und zufrieden ist.<br />
se<strong>in</strong>? Ist es möglich zu verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n, dass<br />
das gleiche Leiden von Generation zu<br />
Generation weitergegeben wird? Fragen,<br />
die mich immer wie<strong>der</strong> beschäftigen, berühren,<br />
aufwühlen.<br />
Doch auch hier ist nicht alle<strong>in</strong> die Frage,<br />
ob die Substitution o<strong>der</strong> das Medikament<br />
das K<strong>in</strong>dswohl verletzt. Eltern mit Dualdiagnosen<br />
können so gute Eltern se<strong>in</strong> wie<br />
an<strong>der</strong>e. <strong>Die</strong> Fragestellungen s<strong>in</strong>d komplexer,<br />
die Krankheitse<strong>in</strong>sicht wesentlicher,<br />
noch schmerzlicher kann die Erkenntnis<br />
se<strong>in</strong>, dass das Wollen e<strong>in</strong>fach nicht geht.<br />
Wesentlich ist auch im 2-Generationen-<br />
Modell, dass <strong>der</strong> Prozess sorgfältig begleitet<br />
wird. Dabei ist von entscheiden<strong>der</strong><br />
Bedeutung, dass dieser Prozess von zwei<br />
unabhängigen Instanzen begleitet wird:<br />
Dass sowohl <strong>der</strong> Mutter/dem Vater e<strong>in</strong>e<br />
Bezugsperson beisteht, wie auch das K<strong>in</strong>d<br />
e<strong>in</strong>e Betreuer<strong>in</strong> hat, die nur für se<strong>in</strong> Wohl<br />
e<strong>in</strong>steht. Und die dafür die Verantwortung<br />
… und es soll nichts geschehen, was<br />
das K<strong>in</strong>dswohl verletzt.<br />
<strong>Die</strong>s ist e<strong>in</strong> uraltes heiliges Gesetz, das die<br />
Indianer bei je<strong>der</strong> Pfeifenzeremonie beschwören.<br />
Inwieweit können e<strong>in</strong> Vater,<br />
e<strong>in</strong>e Mutter mit e<strong>in</strong>em eigenen so stark<br />
verletzten <strong>in</strong>neren K<strong>in</strong>d für ihr K<strong>in</strong>d da<br />
Therapiealltag: «Warum brauche ich die Droge?<br />
Was ist sie für mich? Kann ich mit me<strong>in</strong>er<br />
Geschichte Frieden schliessen?»
übernimmt, dass bei Entscheidungen immer<br />
das K<strong>in</strong>dswohl im Vor<strong>der</strong>grund steht.<br />
ehemals starren Regeln flexibler, die Gruppe<br />
und das Areal gross – e<strong>in</strong>e echte Herausfor<strong>der</strong>ung<br />
an Eigen- und Fremdverantwortung.<br />
Individualisierung:<br />
Warum darf die das und ich nicht?<br />
In <strong>der</strong> früheren traditionellen Suchtarbeit<br />
B<strong>in</strong> ich als KlientIn, ist me<strong>in</strong>e<br />
Wohngruppe o<strong>der</strong> die Gesamtgruppe <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> Lage unsere Insel ULMENHOF, unser<br />
galt für alle KlientInnen das<br />
Milieu zu schützen? Kann<br />
«In immer kürzerer<br />
gleiche Konzept. Heute ist<br />
ich me<strong>in</strong> Aggressionspotential<br />
so kontrollieren, dass es<br />
Zeit sollen immer<br />
das sicher <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>er Weise<br />
mehr s<strong>in</strong>nvoll. Wurde früher<br />
alles <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gruppe be- und<br />
erarbeitet, so s<strong>in</strong>d heute<br />
E<strong>in</strong>zelgespräche e<strong>in</strong> wesentlicher<br />
Bestandteil <strong>der</strong> Behandlung.<br />
schwerer belastete<br />
KlientInnen wie<strong>der</strong><br />
funktionstüchtig<br />
gemacht werden.»<br />
we<strong>der</strong> für Frauen noch für<br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong> gefährlich wird? Ich<br />
soll mittragen, mithelfen,<br />
dass diese Lebensgeme<strong>in</strong>schaft<br />
für alle lebbar ist?!<br />
Je <strong>in</strong>dividueller die e<strong>in</strong>zelnen Dafür ist doch das Team da!<br />
KlientInnen <strong>in</strong> ihrer Entwicklung geför<strong>der</strong>t<br />
werden, umso heftiger die Diskussionen<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Gruppe. Vergleichen geht nicht mehr<br />
– genau h<strong>in</strong>schauen, bei sich bleiben und<br />
den o<strong>der</strong> die an<strong>der</strong>e <strong>in</strong> ihrer E<strong>in</strong>zigartigkeit<br />
respektieren ist angesagt. <strong>Die</strong> Wohngruppen<br />
s<strong>in</strong>d anspruchsvolle soziale Lern- und<br />
Übungsfel<strong>der</strong>, bunt gemischte Schicksalsgeme<strong>in</strong>schaften!<br />
E<strong>in</strong>ziges verb<strong>in</strong>dendes<br />
Element <strong>in</strong> allen Lebensgeschichten ist die<br />
Suchtmittelabhängigkeit: E<strong>in</strong>e auch heikle<br />
Geme<strong>in</strong>samkeit!<br />
<strong>Die</strong> Ressourcenlage <strong>der</strong> Klientel tiefer, die<br />
Diskussionen, Streitereien, Konflikte, Gerüchte,<br />
Versöhnungen, Verliebtheiten,<br />
Liebe, Freundschaften, Rückfälle, Krisen,<br />
viel o<strong>der</strong> wenig Substitution/Medikamente,<br />
politische, kulturelle, moralische Unterschiede<br />
– all dies prägt den ULMENHOF-<br />
Alltag und zw<strong>in</strong>gt zu Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungen,<br />
Entscheiden und Toleranz. E<strong>in</strong>e<br />
Art Gegenwelt zur heutigen sich immer<br />
weiter <strong>in</strong>dividualisierenden Gesellschaft.<br />
Und e<strong>in</strong>e Chance viel über sich und an<strong>der</strong>e<br />
Menschen zu erfahren!<br />
11<br />
Barbara Sachia Kilchenmann arbeitet seit <strong>19</strong>98 <strong>in</strong> <strong>der</strong> Sozialtherapeutischen Geme<strong>in</strong>schaft<br />
ULMENHOF, seit 2000 als Co-Bereichsleitung Therapie.
Dres. med. Urs Glenck und Evel<strong>in</strong>e Breidenste<strong>in</strong>, ULMENHOF Institutionsärzte, Ottenbach<br />
12<br />
Im Spannungsfeld von<br />
Beruhigung und Entwicklung<br />
Substitution und <strong>Psychopharmaka</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> stationären Therapie<br />
<strong>Die</strong> stationäre Therapie im ULMENHOF steht im Zeichen <strong>der</strong> Entwicklungsorientierung.<br />
Wie def<strong>in</strong>ieren Ärzt<strong>in</strong> und Arzt Entwicklung? Wie viel Entwicklung<br />
ist möglich, wenn e<strong>in</strong> Klient e<strong>in</strong>e hohe Dosis an Medikamenten e<strong>in</strong>nimmt?<br />
Von den Aussteigern ...<br />
<strong>Die</strong> Suchtkrankheit hat <strong>in</strong> den letzten<br />
Jahren e<strong>in</strong>en grossen gesellschaftlichen<br />
Wandel erfahren. In den siebziger Jahren<br />
des letzten Jahrhun<strong>der</strong>ts waren es Aussteiger,<br />
Idealisten und Träumer, die Drogen<br />
spielte sich im Wesentlichen sozialtherapeutisch<br />
ab. In <strong>der</strong> täglichen Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung<br />
mit Krisen und Stimmungse<strong>in</strong>brüchen<br />
<strong>in</strong> Konfrontation mit dem Team<br />
des ULMENHOFs wurde das Leben ohne<br />
das Abtauchen <strong>in</strong> die Drogen geübt. Dazu<br />
ausprobierten, also gesunde,<br />
gehörte auch <strong>der</strong> Umgang<br />
«Unter höher<br />
aber vielleicht etwas weltfremde<br />
mit dem eigenen Körper.<br />
Menschen. <strong>Die</strong>se<br />
mussten lernen, sich den<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen „<strong>der</strong> Welt”<br />
zu stellen und nicht mehr<br />
dosierten <strong>Psychopharmaka</strong><br />
s<strong>in</strong>d die<br />
Chancen für Entwicklung<br />
und Reifung<br />
Wir als Hausärzte sahen<br />
unsere Aufgabe, dem lange<br />
vernachlässigten Körper<br />
Aufmerksamkeit und Gesundung<br />
meist kle<strong>in</strong>.»<br />
zu verschaffen, ihn<br />
den verme<strong>in</strong>tlich e<strong>in</strong>fachen<br />
Weg des„Abtauchens <strong>in</strong> die<br />
auch wahrzunehmen als<br />
Benebelung” zu nehmen. Vielfach brauchten<br />
diese Aussteiger ke<strong>in</strong>e mediz<strong>in</strong>ische<br />
Behandlung; man hatte es wohl e<strong>in</strong>fach<br />
irgendwann „gesehen” und kehrte <strong>in</strong> die<br />
Gesellschaft zurück.<br />
Abbild <strong>der</strong> seelischen Prozesse, ohne se<strong>in</strong>e<br />
Äusserungen mit Medikamenten „zuzudröhnen”,<br />
genauso wenig wie das Unbehagen<br />
<strong>der</strong> Seele. <strong>Die</strong> medikamentöse<br />
Therapie beschränkte sich auf die Entzugszeit,<br />
während welcher <strong>der</strong> Methadonabbau<br />
... zu den Überfor<strong>der</strong>ten...<br />
Später waren es Menschen, die ihre Überfor<strong>der</strong>ung<br />
im Leben, depressive o<strong>der</strong><br />
ADHS-Symptome und unvollständige Persönlichkeitsentwicklungen<br />
<strong>in</strong> den Drogen<br />
ertränkten. <strong>Die</strong>se Menschen brachten viele<br />
Ressourcen, unter an<strong>der</strong>n oft auch e<strong>in</strong>e<br />
Berufsausbildung, mit. <strong>Die</strong> Behandlung<br />
überwacht und Schlafprobleme o<strong>der</strong> Unruhesymptome<br />
gel<strong>in</strong><strong>der</strong>t werden mussten.<br />
Neben <strong>der</strong> Diagnostik, <strong>der</strong> Behandlung<br />
o<strong>der</strong> dem Ausschluss schwererer Krankheiten<br />
arbeiteten wir mit den Patienten<br />
daran, dem Körper das zu geben, was er<br />
für se<strong>in</strong> Wohlbef<strong>in</strong>den brauchte, zum Beispiel<br />
die Physiotherapie zur Behandlung
von Rücken- o<strong>der</strong> Kopfschmerzen e<strong>in</strong>zusetzen,<br />
Ernährungsmängel zu behandeln<br />
o<strong>der</strong> die nötigen Vorsorgeuntersuchungen<br />
durchzuführen. <strong>Die</strong>s benötigte Zeit und<br />
geschah im Aufbau e<strong>in</strong>er tragfähigen Arzt-<br />
Patienten Beziehung.<br />
<strong>Psychopharmaka</strong> s<strong>in</strong>d die Chancen für<br />
Entwicklung und Reifung meist kle<strong>in</strong>. Aufgrund<br />
<strong>der</strong> Sedierung ist die körperliche<br />
Leistungsfähigkeit und die Konzentration<br />
e<strong>in</strong>geschränkt; grossartige Arbeitsleistungen<br />
können nicht erwartet werden. Etwas<br />
überspitzt formuliert, zeigt die Medikamentenliste<br />
... h<strong>in</strong> zu den psychisch Kranken.<br />
In den letzten Jahren hat sich die Gruppe<br />
<strong>der</strong> ULMENHOF-Patienten stark gewandelt:<br />
bei E<strong>in</strong>tritt bereits die Prog-<br />
nose <strong>in</strong> Bezug auf die Arbeitsfähigkeit bei<br />
Austritt. Wer ohne sedierende Medikamente<br />
Re<strong>in</strong>e Drogenkonsumenten «Im therapeutischen<br />
<strong>in</strong> den ULMENHOF<br />
suchen sich meist ambulante<br />
Therapieprogramme und<br />
er Jahren e<strong>in</strong>e gute Chance<br />
e<strong>in</strong>tritt, hat wie <strong>in</strong> den 90-<br />
Prozess (..) messen<br />
wir dem Aufbau<br />
kommen nicht mehr <strong>in</strong> die<br />
auf Integration <strong>in</strong> den Arbeitsmarkt<br />
stationäre Rehabilitation,<br />
während im ULMENHOF viele<br />
Menschen landen, bei<br />
denen die Drogenabhängigkeit<br />
e<strong>in</strong>er tragfähigen<br />
Arzt-Patienten<br />
Beziehung nach<br />
wie vor die grösste<br />
und selbständi-<br />
ges Wohnen. Wer e<strong>in</strong>iges<br />
an <strong>Psychopharmaka</strong> braucht,<br />
um se<strong>in</strong> Leben bei E<strong>in</strong>tritt<br />
nur e<strong>in</strong>e unter mehreren<br />
zu ertragen, wird nach dem<br />
Bedeutung zu.»<br />
psychiatrischen Diagnosen<br />
ULMENHOF kaum für sich<br />
ist. <strong>Die</strong>s s<strong>in</strong>d zum Beispiel<br />
Persönlichkeitsstörungen, Depressionen,<br />
Essstörungen, posttraumatische Belastungsstörungen<br />
selbst sorgen können. Er/sie<br />
bleibt bei <strong>der</strong> IV-Rente o<strong>der</strong> sogar im betreuten<br />
Wohnen.<br />
o<strong>der</strong> Psychosen. <strong>Die</strong>se<br />
Menschen brauchen ihre <strong>Psychopharmaka</strong>,<br />
um den Alltag bestehen zu können.<br />
Medikamentenmanagement versus<br />
Entwicklungsorientierung<br />
Ist <strong>der</strong> therapeutische Fokus auf <strong>der</strong> medikamentösen<br />
Das ärztliche Dilemma<br />
Lei<strong>der</strong> verursachen diese Medikamente<br />
zahlreiche körperliche und psychische Nebenwirkungen.<br />
E<strong>in</strong>e – teilweise gewünschte<br />
– Nebenwirkung ist die Distanzierung,<br />
das Abtauchen von <strong>der</strong> Realität weg. Damit<br />
stehen wir als Ärzte aber im Dilemma<br />
zwischen <strong>der</strong> medikamentösen Sedierung,<br />
um dem Patienten das Leben erträglich zu<br />
machen, und <strong>der</strong> medikamentösen Abst<strong>in</strong>enz,<br />
um die Patienten „mit dem Leben”<br />
zu konfrontieren. Unter höher dosierten<br />
Behandlung, sehen wir<br />
beim betreuenden Team, gewissen Ärzten<br />
und den Patienten die Tendenz, sich zu<br />
verlieren <strong>in</strong> <strong>der</strong> Suche nach dem optimalen<br />
Medikament und se<strong>in</strong>er Dosierung,<br />
um das aktuelle Unbehagen aus <strong>der</strong> Welt<br />
zu schaffen. Wie unter den illegalen Drogen<br />
wird durch gewisse <strong>Psychopharmaka</strong><br />
die Härte <strong>der</strong> Realität abgefe<strong>der</strong>t. <strong>Die</strong>s<br />
kann zur Stabilisierung, zum <strong>in</strong>neren „Ankommen”<br />
wichtig se<strong>in</strong>. Um aber wichtige<br />
Entwicklungsschritte zu vollziehen, ist die<br />
13
14<br />
Konfrontation mit <strong>der</strong> Umgebung und <strong>der</strong><br />
eigenen Emotionalität nötig. <strong>Die</strong> Aufgabe<br />
für jeden Patienten und für jede Phase<br />
<strong>der</strong> Therapie die optimale Behandlung,<br />
im S<strong>in</strong>n <strong>der</strong> besten Mischung zwischen<br />
Schonung vor Überfor<strong>der</strong>ung und Konfrontation<br />
mit dem Leben zu f<strong>in</strong>den, bleibt<br />
anspruchsvoll.<br />
Beziehungsfähigkeit stärken<br />
Das Ziel <strong>der</strong> hausärztlichen Begleitung<br />
während des Ulmenhofaufenthalts ist die<br />
körperliche Stabilisierung, das Erkennen<br />
und Behandeln körperlicher Krankheiten,<br />
die Vermeidung bzw. das Aufarbeiten von<br />
Drogenrückfällen mit den entsprechenden<br />
gesundheitlichen Risiken. Im therapeutischen<br />
Prozess weg vom Verhaltensmuster<br />
«Stoff beschaffen» o<strong>der</strong> «Gewalt»<br />
h<strong>in</strong> zur Reifung <strong>der</strong> zwischenmenschlichen<br />
Beziehungsfähigkeit messen wir dem<br />
Aufbau e<strong>in</strong>er tragfähigen Arzt-Patienten<br />
Beziehung nach wie vor grösste Bedeutung<br />
zu. Immer häufiger sehen wir Patienten,<br />
welche mit dem Muster „ke<strong>in</strong>en Arzt − nur<br />
das Medikament” noch im fortgeschrittenen<br />
Therapiestadium (FISCHERHUUS) zu<br />
uns kommen (müssen); mit später lei<strong>der</strong><br />
entsprechend häufigem Misserfolg <strong>der</strong><br />
Rehabilitation...<br />
«Ich stelle mich me<strong>in</strong>en <strong>in</strong>neren Dämonen, weise sie <strong>in</strong> die Schranken. Gel<strong>in</strong>gt es mir, sie zu<br />
überw<strong>in</strong>den?»
Geschützte Insel ULMENHOF –<br />
zu geschützt?<br />
Im Gegensatz zu vielen Lebensbereichen<br />
im geschützten Rahmen des ULMENHOFs<br />
s<strong>in</strong>d die Patienten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hausarztpraxis<br />
mit den sozialen Erwartungen <strong>der</strong> gesellschaftlichen<br />
Wirklichkeit konfrontiert wie<br />
Pünktlichkeit, Verhalten im Wartezimmer,<br />
Kommunikation am Empfang o<strong>der</strong> im<br />
Sprechzimmer. <strong>Die</strong>s führt gelegentlich dazu,<br />
dass <strong>in</strong> unserer Praxis zum Schutz von<br />
Praxispersonal und an<strong>der</strong>en Patienten<br />
strenge Regeln und Kontrollen für die<br />
ULMENHOF-Patienten e<strong>in</strong>geführt werden<br />
müssen. Damit übernehmen wir als Ärzte<br />
vermehrt erzieherische Aufgaben, während<br />
im ULMENHOF die Diskussion um Medikamentendosierungen<br />
und -e<strong>in</strong>nahmezeiten<br />
e<strong>in</strong>en zunehmend grossen Platz e<strong>in</strong>nimmt.<br />
<strong>Alternative</strong> gesucht<br />
Es entspricht wohl dem Geist unserer<br />
Zeit, dass soziale und pädagogische Probleme<br />
immer mehr mediz<strong>in</strong>isch gelöst<br />
werden sollen (vgl. IV-Rentendiskussion).<br />
Im Wissen, dass wir uns dieser gesellschaftlichen<br />
Entwicklung nicht entziehen<br />
können, fragen wir uns, welche <strong>Alternative</strong><br />
es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er entwicklungsorientierten<br />
Institution dazu gibt?<br />
15<br />
Dr. med. Urs Glenck,<br />
Dr. med. Evel<strong>in</strong>e Breidenste<strong>in</strong>,<br />
Allgeme<strong>in</strong>mediz<strong>in</strong> FMH<br />
Allgeme<strong>in</strong>mediz<strong>in</strong> FMH<br />
<strong>Die</strong> Ottenbacher Hausärzte betreuen die ULMENHOF-Patienten seit <strong>19</strong>79 (Dr.Glenck)<br />
und 2001 (Dr. Breidenste<strong>in</strong>) und s<strong>in</strong>d seit Oktober 2004 Institutionsärzte des Vere<strong>in</strong>s DIE ALTERNATIVE.
Roger Kunz und Jeannette Alison, Public Relations DIE ALTERNATIVE<br />
16<br />
«Nüchtern durchs Leben gehen<br />
und trotzdem Spass dabei haben»<br />
In <strong>der</strong> stationären Therapie im ULMENHOF treffen KlientInnen mit unterschiedlichen<br />
Geschichten, Diagnosen und Lebenszielen aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong>. Im Interview<br />
geben zwei KlientInnen mit unterschiedlichen Diagnosen Auskunft über ihren<br />
Alltag <strong>in</strong> <strong>der</strong> Therapie und erzählen vom täglichen Mit- und Nebene<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />
verschiedener Bedürfnisse und Ansprüche.<br />
Lucija und <strong>Die</strong>go, wie sah e<strong>in</strong> typischer Tag<br />
vor eurem E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> die Sozialtherapeutische<br />
Geme<strong>in</strong>schaft ULMENHOF <strong>in</strong> Bezug<br />
auf euren Beschaffungsstress aus?<br />
<strong>Die</strong>go: Ich hatte mir me<strong>in</strong> Leben mit me<strong>in</strong>er<br />
Sucht sehr bequem e<strong>in</strong>gerichtet: Anfangs<br />
habe ich mit Cannabis gedealt und mit den<br />
E<strong>in</strong>nahmen me<strong>in</strong>e Sucht f<strong>in</strong>anziert. Später<br />
vergass ich durch me<strong>in</strong>en Hero<strong>in</strong>konsum<br />
viele me<strong>in</strong>er Term<strong>in</strong>e und wurde sehr unzuverlässig.<br />
Heute lebt ihr beide im ULMENHOF – wie<br />
hat sich euer Alltag gewandelt?<br />
Wie sieht e<strong>in</strong> typischer Tag h<strong>in</strong>sichtlich<br />
Medikamentene<strong>in</strong>nahme bei euch aus?<br />
<strong>Die</strong>go: Durch die regelmässige Medikamentene<strong>in</strong>nahme<br />
b<strong>in</strong> ich zur Ruhe gekommen.<br />
Nach dem Aufstehen am Morgen<br />
gehe ich direkt <strong>in</strong>s Medikamentenzimmer,<br />
um dort me<strong>in</strong>e Tabletten e<strong>in</strong>zunehmen.<br />
Der Alltag läuft stressfrei ab.<br />
Konnte ich ke<strong>in</strong> Hero<strong>in</strong> besor-<br />
gen, nahm ich gegen die körperlichen<br />
Entzugssymptome Schmerztabletten.<br />
Lucija: Morgens nehme ich Medikamente<br />
gegen me<strong>in</strong>e Angstzustände und Subutex*<br />
zu mir, abends e<strong>in</strong> Präparat zum E<strong>in</strong>schlafen,<br />
Lucija: Als ich zu konsumieren<br />
anf<strong>in</strong>g, bekam ich das Hero<strong>in</strong><br />
und Koka<strong>in</strong> von me<strong>in</strong>em<br />
damaligen Freund geschenkt.<br />
Als die Sucht stärker wurde,<br />
«Vor <strong>der</strong> Therapie<br />
war ich jeden Tag<br />
auf Drogen.»<br />
welches mich entspannt<br />
und gegen me<strong>in</strong>e Ängste<br />
wirkt, die damit zu tun haben,<br />
dass ich im Krieg aufgewachsen<br />
b<strong>in</strong>.<br />
musste ich e<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>en Weg f<strong>in</strong>den, um<br />
die Drogen zu f<strong>in</strong>anzieren und g<strong>in</strong>g auf den<br />
Strassenstrich. Anfangs schlief ich mit den<br />
Männern, später aber konnte ich es nicht<br />
mehr und beklaute die Freier stattdessen.<br />
Das lief natürlich nicht reibungslos ab:<br />
Viele Freier verfolgten mich o<strong>der</strong> zeigten<br />
mich an.<br />
Was würde passieren wenn ihr eure Medikamente<br />
nicht bekommt?<br />
<strong>Die</strong>go: Ich leide an paranoi<strong>der</strong> Schizophrenie.<br />
Mit grosser Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />
würde ich rückfällig werden und unter<br />
Verfolgungswahn und Angstzuständen<br />
leiden.
17<br />
Stolpern, H<strong>in</strong>fallen und Zurückfallen gehören zum ste<strong>in</strong>igen Weg – «Ich raffe mich wie<strong>der</strong> auf.»<br />
Lucija: Wie <strong>Die</strong>go würde ich Angstzustände<br />
bekommen. Daneben natürlich auch<br />
Entzugsersche<strong>in</strong>ungen.<br />
Wie nehmt ihr euren Alltag unter Medikamentene<strong>in</strong>fluss<br />
wahr?<br />
Lucija: Obwohl die Medikamente e<strong>in</strong>e<br />
starke Wirkung haben, fühle ich mich ich<br />
selbst. Tatsächlich wird die Lust aufs Konsumieren<br />
verr<strong>in</strong>gert.<br />
<strong>Die</strong>go: E<strong>in</strong>erseits fühle ich mich sehr wohl<br />
unter Medikamentene<strong>in</strong>fluss. Das Arbeiten<br />
geht mir dadurch leicht von <strong>der</strong> Hand.<br />
Trotzdem habe ich an<strong>der</strong>erseits das Gefühl,<br />
nicht ganz frei zu se<strong>in</strong>.<br />
Könnt ihr euch trotz Substitution und<br />
Medikamentene<strong>in</strong>nahme entwickeln?<br />
Lucija: Ich denke schon, auch wenn ich<br />
Medikamente zu mir nehme, bleibt me<strong>in</strong>e<br />
Persönlichkeit dieselbe. Nehme ich e<strong>in</strong><br />
Aspir<strong>in</strong> zu mir än<strong>der</strong>t sich damit ja auch<br />
nicht automatisch me<strong>in</strong> Charakter.<br />
<strong>Die</strong>go: Entwicklungen s<strong>in</strong>d für mich ganz<br />
klar möglich. Im ULMENHOF lerne ich<br />
täglich dazu und weiss, wo me<strong>in</strong>e Grenzen<br />
s<strong>in</strong>d. Noch nie <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Leben habe ich<br />
e<strong>in</strong>e Entwicklungsphase <strong>der</strong>art bewusst<br />
wahrgenommen.<br />
Ihr beide seid mit Methadon, bzw. Subutex<br />
substituiert und ihr beide möchtet die<br />
Substitution langfristig abbauen. Was motiviert<br />
euch dazu?<br />
<strong>Die</strong>go: Der Gedanke an e<strong>in</strong> drogen- und<br />
stressfreies Leben.<br />
Lucija: Grundsätzlich b<strong>in</strong> ich gegen Medi-
18<br />
kamente – ich möchte diese nicht e<strong>in</strong><br />
Leben lang e<strong>in</strong>nehmen müssen. Me<strong>in</strong>e<br />
Mutter nahm täglich Tabletten zu sich und<br />
das störte mich bereits als K<strong>in</strong>d.<br />
s<strong>in</strong>d und welche weiteren Schritte ich gehen<br />
kann. Momentan ist es me<strong>in</strong> Ziel, stabil zu<br />
bleiben und zwar nicht nur über Tage,<br />
son<strong>der</strong>n über Wochen und Monate h<strong>in</strong>weg.<br />
Erst dann wird es möglich se<strong>in</strong>, Substitution<br />
Welche Unterstützung und Beratung erhaltet<br />
und Medikamente abzubauen.<br />
ihr von eurem Arzt und eurem Psychiater<br />
<strong>in</strong> Bezug auf euren Wunsch, eure<br />
Substitution/Medikation abzubauen?<br />
Lucija: Ich habe e<strong>in</strong>e sehr gute Bezugsperson,<br />
die mich nicht nur sehr motiviert,<br />
Lucija: Von me<strong>in</strong>er Ärzt<strong>in</strong><br />
son<strong>der</strong>n mir auch beibr<strong>in</strong>gt,<br />
«Durch die<br />
erhalte ich grosse Unterstützung.<br />
Sie erklärt mir genau<br />
was, dass ich bis jetzt nicht<br />
an<strong>der</strong>en zu vertrauen – et-<br />
Medikamente b<strong>in</strong><br />
und verständlich wann und<br />
wie ich me<strong>in</strong>e Medikamente<br />
e<strong>in</strong>nehmen muss. Zum<br />
ich zur Ruhe<br />
gekommen.»<br />
konnte. Gerade jetzt <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Abbauphase brauche ich<br />
Motivation und die erhalte<br />
Psychiater gehe ich nur dann, wenn ich<br />
die Dosis me<strong>in</strong>er Medikamente weiter<br />
abbauen möchte. Es tut gut, mit me<strong>in</strong>em<br />
ich von allen Seiten. Am meisten helfen<br />
mir die E<strong>in</strong>zelgespräche mit me<strong>in</strong>er Bezugsperson.<br />
Psychiater über Probleme zu sprechen,<br />
obwohl ich manche se<strong>in</strong>er Ratschläge bereits<br />
zum xten-Mal zu hören bekomme.<br />
«Individualisierung» ist e<strong>in</strong> grosses Thema<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> stationären Therapie: JedeR KlientIn<br />
durchläuft e<strong>in</strong> <strong>in</strong>dividuelles Therapieprogramm,<br />
<strong>Die</strong>go: Mit me<strong>in</strong>em Arzt kann ich über<br />
Probleme und Medikamenten-Abbau sprechen.<br />
<strong>Die</strong> Informationen und Hilfe, die ich<br />
von ihm erhalte s<strong>in</strong>d sehr nützlich und<br />
verständlich. Auch die Gespräche mit dem<br />
Psychiater, sei es über Sucht o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e<br />
spezifische Themen, br<strong>in</strong>gen mich weiter.<br />
Im Gespräch mit me<strong>in</strong>em Psychiater erhalte<br />
ich Lösungsvorschläge zu me<strong>in</strong>en Problemen.<br />
arbeitet unterschiedlich lange,<br />
nimmt verschiedene Medikamente <strong>in</strong> unterschiedlichen<br />
Dosen: Wie geht ihr im<br />
täglichen Mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> damit um? Gibt es<br />
da Me<strong>in</strong>ungsverschiedenheiten, Missgunst,<br />
sogar Neid?<br />
<strong>Die</strong>go: Überhaupt nicht. Je<strong>der</strong> ist für sich<br />
selber verantwortlich. Im ULMENHOF ist<br />
je<strong>der</strong> erwachsen genug um zu erkennen,<br />
wo se<strong>in</strong>e Stärken und Schwächen liegen.<br />
Je<strong>der</strong> hat se<strong>in</strong>e eigene Geschichte, geht<br />
Und wie unterstützt euch das ULMENHOF-<br />
Team, eure Substitution/Medikation abzubauen?<br />
se<strong>in</strong>en eigenen Weg und muss damit klar<br />
kommen.<br />
<strong>Die</strong>go: Das Team achtet auf me<strong>in</strong>en körperlichen<br />
und psychischen Zustand. Sie<br />
zeigen mir, welche Ziele für mich realistisch<br />
Lucija: Da b<strong>in</strong> ich an<strong>der</strong>er Me<strong>in</strong>ung: Ich<br />
denke, es gibt Personen, die ihre Krankheit<br />
nur simulieren. Dadurch profitieren sie
natürlich. Das heisst dann für sie längere<br />
Pausen, seltene Teilnahme an Sitzungen<br />
und weniger lange Arbeitszeiten. Das kann<br />
und mag ich nicht verstehen.<br />
Was lernt ihr <strong>in</strong> <strong>der</strong> Therapie im ULMENHOF<br />
für euren späteren Alltag?<br />
Lucija: Wir lernen wie man mit Menschen<br />
respektvoll umgeht und was es heisst,<br />
Ordnung <strong>in</strong> den Alltag zu br<strong>in</strong>gen. Genauer<br />
gesagt lerne ich mich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Leben<br />
zurechtzuf<strong>in</strong>den, welches das pure Gegenteil<br />
vom Leben vor me<strong>in</strong>er Therapie ist.<br />
<strong>Die</strong>go: Man lernt wie e<strong>in</strong> normaler Tagesablauf<br />
funktioniert, wie man rout<strong>in</strong>emässig<br />
pünktlich zur Arbeit ersche<strong>in</strong>t und<br />
Prioritäten richtig setzt.<br />
Was für Fortschritte habt ihr <strong>in</strong> <strong>der</strong> Therapie<br />
gemacht?<br />
Lucija: <strong>Die</strong> Therapie hat mich viel ruhiger<br />
gemacht. Vorher war ich laut und schrie<br />
häufig herum wenn mir etwas nicht passte.<br />
Auch Bekannte und Freunde bestätigen<br />
mir immer wie<strong>der</strong>, wie ruhig und gelassen<br />
ich geworden b<strong>in</strong>.<br />
<strong>Die</strong>go: Ich habe erfahren wie man nüchtern<br />
durchs Leben geht und dabei trotzdem<br />
Spass hat. Wenn ich heute beispielsweise<br />
nach Zürich <strong>in</strong> den Ausgang gehe, muss<br />
<strong>19</strong><br />
«Plötzlich liegt me<strong>in</strong>e Zukunft wie<strong>der</strong> <strong>in</strong> me<strong>in</strong>en eigenen Händen.»
20<br />
ich nicht gleich <strong>in</strong> den Denner spr<strong>in</strong>gen<br />
um Alkohol zu kaufen – e<strong>in</strong> Red Bull<br />
reicht.<br />
Wo seht ihr euch, wenn ihr die Therapie<br />
abgeschlossen habt?<br />
<strong>Die</strong>go: Me<strong>in</strong> Wunsch wäre wie<strong>der</strong> als Betreuer<br />
<strong>in</strong> die Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>tenarbeit e<strong>in</strong>zusteigen,<br />
E<strong>in</strong> weiterer Unterschied zwischen euch<br />
beiden ist die Tatsache, dass<br />
e<strong>in</strong>e eigene Wohnung zu haben, neue<br />
Freunde und ganz e<strong>in</strong>fach<br />
Lucija freiwillig im ULMEN-<br />
HOF ist, <strong>Die</strong>go h<strong>in</strong>gegen im<br />
Massnahmevollzug.<br />
<strong>Die</strong>go: Es stimmt zwar, dass<br />
«Ich will wie<strong>der</strong><br />
zurück <strong>in</strong> e<strong>in</strong> reales<br />
Leben.»<br />
selbstständig ohne Drogen<br />
zu leben. Kl<strong>in</strong>gt zwar nicht<br />
nach viel, s<strong>in</strong>d aber me<strong>in</strong>e<br />
grossen Ziele.<br />
ich nicht freiwillig mit <strong>der</strong><br />
Therapie begann, aber <strong>der</strong> Entscheid, ob<br />
das Leben nun so weitergehen soll o<strong>der</strong><br />
nicht, bleibt <strong>der</strong>selbe. Ich wusste, früher<br />
o<strong>der</strong> später muss dieses Elend e<strong>in</strong> Ende<br />
nehmen.<br />
Lucija: Ich will wie<strong>der</strong> zurück <strong>in</strong> e<strong>in</strong> reales<br />
Leben. Auf <strong>der</strong> Gasse kannte ich nur das<br />
Nachtleben und schlief tagsüber. Me<strong>in</strong><br />
grösstes Ziel ist es, e<strong>in</strong>en normalen Alltagsrhythmus<br />
zu erlangen, ohne zu konsumieren<br />
und abzustürzen.<br />
Lucija, warum hast du dich für e<strong>in</strong>e Therapie<br />
im ULMENHOF entschieden?<br />
Lucija: E<strong>in</strong>e gute Freund<strong>in</strong> von mir war schon<br />
vor e<strong>in</strong> paar Jahren hier. Sie erzählte ständig<br />
vom ULMENHOF, wie schön und wertvoll<br />
die Zeit dort war. Für mich und me<strong>in</strong>en<br />
Partner ist <strong>der</strong> ULMENHOF die ideale Institution,<br />
um e<strong>in</strong>e Therapie zu machen.<br />
*Methadon und Subutex s<strong>in</strong>d Mittel zur Drogensubstitution.<br />
<strong>Die</strong> Namen wurden geän<strong>der</strong>t, die Fotos zeigen<br />
nicht die realen Personen.<br />
Roger Kunz,<br />
arbeitet als Kaufmann im 2.Ausbildungsjahr<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> ALTERNATIVE.<br />
Jeannette Alison,<br />
arbeitet seit April 2008 im Bereich<br />
Public Relations <strong>der</strong> ALTERNATIVE.
Lebensfreude, Zuversicht und Hoffnung kehren zurück: «Ich packe es!»<br />
21
22<br />
Geschenke bequem<br />
nach Hause geliefert:<br />
www.diealternative.ch/shop
23<br />
Adressen<br />
ZENTRALE DIENSTE<br />
Unterer Lätten 1, Postfach 20,<br />
8913 Ottenbach<br />
Tel 044 763 40 80, Fax 044 763 40 96<br />
contact@diealternative.ch<br />
KANU<br />
Beratungs- und Nachsorgestelle<br />
Zurl<strong>in</strong>denstrasse 134, 8003 Zürich<br />
Tel 044 454 40 50, Fax 044 454 40 51<br />
kanu@diealternative.ch<br />
ULMENHOF<br />
Sozialtherapeutische Geme<strong>in</strong>schaft<br />
Affolternstrasse 40, 8913 Ottenbach<br />
Tel 044 762 61 21, Fax 044 762 61 20<br />
ulmenhof@diealternative.ch<br />
Werkstätten<br />
Affolternstrasse 40, 8913 Ottenbach<br />
Tel 044 762 61 22, Fax 044 762 61 26<br />
werkstaetten.ulmenhof@diealternative.ch<br />
TIPI<br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong>haus<br />
Alte Urdorferstr. 2, 8903 Birmensdorf<br />
Tel 044 777 60 90, Fax 044 777 60 92<br />
k<strong>in</strong><strong>der</strong>@diealternative.ch<br />
PALETTI<br />
Werkstätten / Integrationsarbeitsplätze<br />
Unterer Lätten 1, 8913 Ottenbach<br />
Tel 044 763 40 93, Fax 044 763 40 96<br />
werkstaetten.paletti@diealternative.ch<br />
BACHMOOS<br />
Integrationswohnungen<br />
c / o FISCHERHUUS, Alte Urdorferstrasse 4,<br />
8903 Birmensdorf<br />
Tel 044 737 09 37, Fax 044 737 09 57<br />
rehabilitation@diealternative.ch<br />
OCTOPUS<br />
Vertrieb sozialtherapeutischer<br />
Geme<strong>in</strong>schaften<br />
Unterer Lätten 1, 8913 Ottenbach<br />
Tel 044 763 40 90, Fax 044 763 40 91<br />
octopus.ott@diealternative.ch<br />
AFFAIR<br />
Bistro-Laden<br />
Unterer Lätten 1, 8913 Ottenbach<br />
Tel 044 763 40 90, Fax 044 763 40 91<br />
octopus.ott@diealternative.ch<br />
FIDIBUS<br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong>gruppe<br />
Affolternstrasse 40, 8913 Ottenbach<br />
Tel 044 762 61 23, Fax 044 762 61 20<br />
k<strong>in</strong><strong>der</strong>@diealternative.ch<br />
FISCHERHUUS<br />
Rehabilitationszentrum<br />
Alte Urdorferstr. 4, 8903 Birmensdorf<br />
Tel 044 737 09 37, Fax 044 737 09 57<br />
rehabilitation@diealternative.ch<br />
www.diealternative.ch
24<br />
Organigramm<br />
Vere<strong>in</strong><br />
Vorstand Präsident<strong>in</strong>: Barbara Meister, Ottenbach<br />
Kassierer<strong>in</strong>: Margrit Frei, Frauenfeld<br />
Aktuar<strong>in</strong>: Elisabeth Frei, Zürich<br />
Beisitzer<strong>in</strong>: Maja Girschweiler Trenkle, Ottenbach<br />
Beisitzer<strong>in</strong>: Ursula Baumgartner, Knonau<br />
Sozialtherapeutisches<br />
Betreuungsnetz Gesamtleitung: Peter Burkhard<br />
PR/FR Stabstelle: Christ<strong>in</strong>e Häusermann<br />
Zentrale <strong>Die</strong>nste Bereichsleitung: Isabelle Gutherz<br />
Beratung, Integration Bereichsleitung: Marlies Huber<br />
KANU<br />
Beratungs- und Nachsorgestelle<br />
Zürich<br />
Therapie Bereichsleitung: Barbara Sachia Kilchenmann, Othmar Rist<br />
ULMENHOF<br />
Sozialtherapeutische Geme<strong>in</strong>schaft<br />
Ottenbach<br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong> Bereichsleitung: Anke Knetemann<br />
TIPI<br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong>haus<br />
Birmensdorf<br />
FIDIBUS<br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong>gruppe<br />
Ottenbach<br />
Rehabilitation Bereichsleitung: Hans Bänziger<br />
FISCHERHUUS<br />
Rehabilitationszentrum<br />
Birmensdorf<br />
Arbeit Bereichsleitung: Othmar Rist<br />
ULMENHOF<br />
Werkstätten<br />
Ottenbach<br />
OCTOPUS<br />
Vertrieb und Verkauf<br />
Ottenbach<br />
BACHMOOS<br />
Integrationswohnungen<br />
Obfelden<br />
PALETTI<br />
Werkstätten<br />
Ottenbach<br />
AFFAIR<br />
Bistro-Laden<br />
Ottenbach
Zentrale <strong>Die</strong>nste<br />
Unterer Lätten 1<br />
Postfach 20<br />
8913 Ottenbach/ZH<br />
Mit Ihrer Spende leisten Sie e<strong>in</strong>en<br />
direkten Beitrag zur L<strong>in</strong><strong>der</strong>ung des<br />
Drogenproblems.<br />
Telefon 044 763 40 80<br />
Telefax 044 763 40 96<br />
contact@diealternative.ch<br />
PC-Konto: 87-80100-5<br />
Herzlichen Dank!<br />
www.diealternative.ch
«Wachslaternen – ich verwende<br />
sie kunterbunt auf dem Esstisch.<br />
Sie stimmen uns fröhlich.»<br />
Miriam H, e<strong>in</strong>e Kund<strong>in</strong><br />
Besuchen Sie uns auch auf<br />
www.diealternative.ch/shop<br />
Wachslaternen<br />
Ressourcen erkennen, entwickeln, nutzen − für e<strong>in</strong>e menschliche Gesellschaft.