Viel Sonne und einige Sünden - marina.ch - das nautische Magazin ...
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Typis<strong>ch</strong>e Merkmale der<br />
s<strong>ch</strong>önsten Orte am See: In<br />
Gandria gehören Fahnen<br />
ges<strong>ch</strong>mückte Balkone zum<br />
Ers<strong>ch</strong>einungsbild, in Morcote<br />
sind es die Lauben mit rei<strong>ch</strong>haltigem<br />
touristis<strong>ch</strong>em Angebot.<br />
In Lugano ist es nebst<br />
vielem anderen, aber ni<strong>ch</strong>t zuletzt<br />
der Circolo Velico Lago di<br />
Lugano mit seiner Flotte.<br />
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L a g o d i L u g a n o<br />
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zwecklos: Vögel nutzen sie in s<strong>ch</strong>aren als Versammlungsplatz<br />
<strong>und</strong> raststätte.<br />
Wenige h<strong>und</strong>ert Meter von der Talstation entfernt<br />
steht <strong>das</strong> ar<strong>ch</strong>itektonis<strong>ch</strong>e Gegenstück: der mondäne<br />
Protz des neuen casinos von campione. dort treffen<br />
si<strong>ch</strong> Mens<strong>ch</strong>en in s<strong>ch</strong>aren, was ni<strong>ch</strong>t selbstverständli<strong>ch</strong><br />
ist. immerhin weist <strong>das</strong> Tessin mit campione,<br />
Lugano <strong>und</strong> Mendrisio eine enorm hohe spielcasinodi<strong>ch</strong>te<br />
auf. irgendwie komis<strong>ch</strong>, <strong>das</strong>s in diesem<br />
Zusammenhang völlig spontan der Gedanke an <strong>das</strong><br />
Wort «Mafia» aufkommt.<br />
<strong>Viel</strong>lei<strong>ch</strong>t ja nur, weil zehn Bootsminuten weiter nordwärts<br />
direkt am see <strong>und</strong> an der Grenze zwis<strong>ch</strong>en der<br />
s<strong>ch</strong>weiz <strong>und</strong> italien in cantine di Gandria <strong>das</strong> Zollmuseum<br />
steht – in unwegsamem Gebiet nur zu Fuss<br />
oder per s<strong>ch</strong>iff (kurss<strong>ch</strong>iffe ma<strong>ch</strong>en hier halt) errei<strong>ch</strong>bar.<br />
<strong>das</strong> Gebäude ist na<strong>ch</strong> ausführli<strong>ch</strong>er renovation<br />
unter anleitung des s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>en Landesmuseums<br />
in Züri<strong>ch</strong> 1978 dem Publikum zugängli<strong>ch</strong> gema<strong>ch</strong>t worden.<br />
die dortige ausstellung zeigt als hauptthema die<br />
Blütezeit des s<strong>ch</strong>muggels. als grösste attraktion<br />
präsentiert <strong>das</strong> Museum ein motorisiertes untersee-<br />
Boot, Marke eigenbau, Modell «open air». als der<br />
Benützer, dessen kopf aus dem Wasser ragte, gefasst<br />
wurde, hatte er eine Tonne salami an Bord.<br />
Die Kü<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> der Merlot<br />
Wenn wir s<strong>ch</strong>on bei Booten <strong>und</strong> beim essen angelangt<br />
sind, ist der Moment gekommen, si<strong>ch</strong> von<br />
sünde <strong>und</strong> s<strong>ch</strong>ma<strong>ch</strong> – egal ob unter oder über Wasser<br />
– zu verabs<strong>ch</strong>ieden <strong>und</strong> si<strong>ch</strong> dem Genuss zuzuwenden.<br />
unweit des Museo doganale liegen drei der<br />
offiziell aufgeführten 37 s<strong>ch</strong>weizer restaurants mit<br />
Bootsanlegestelle: die Grotti descanso, dei Pescatori<br />
<strong>und</strong> Teresa, die allesamt über eine prä<strong>ch</strong>tige aussi<strong>ch</strong>t<br />
auf die Bu<strong>ch</strong>t von Lugano verfügen <strong>und</strong> nur per<br />
Privatboot zu errei<strong>ch</strong>en sind. ob pesce in carpione<br />
(egli in essig-Wein-Marinade mit kapern) oder spezzatino<br />
di manzo con la polenta (rindsragout mit<br />
Polenta): Bezügli<strong>ch</strong> essen sollte ni<strong>ch</strong>t unerwähnt<br />
bleiben, <strong>das</strong>s es die typis<strong>ch</strong>e Tessiner kü<strong>ch</strong>e eigentli<strong>ch</strong><br />
ni<strong>ch</strong>t gibt, sondern <strong>das</strong>s sie es im Verlauf der Zeit<br />
fertig gebra<strong>ch</strong>t hat, aus vorzugsweise fris<strong>ch</strong>en, lokalen<br />
Produkten eine raffinierte kombination italienis<strong>ch</strong>er<br />
<strong>und</strong> nördli<strong>ch</strong>er einflüsse hervorzuzaubern.<br />
«unverfäls<strong>ch</strong>t» regional ist hingegen der Wein: der<br />
Merlot del Ticino hat sowohl rot als au<strong>ch</strong> weiss weit<br />
über die kantonsgrenze hinaus Berühmtheit erlangt.<br />
Gegenüber den Grotti liegt mit dem einstigen Fis<strong>ch</strong>erdorf<br />
Gandria, <strong>das</strong> im glei<strong>ch</strong>en atemzug mit Morcote<br />
zu den s<strong>ch</strong>muckstücken am Lago di Lugano zu zählen<br />
ist. s<strong>ch</strong>on die uferfront Gandrias ist dank ihren –<br />
rei<strong>ch</strong> an Fresken <strong>und</strong> Wappen – verzierten Balkonen<br />
<strong>und</strong> zahlrei<strong>ch</strong>en restaurantans<strong>ch</strong>riften ein äusserst<br />
reizvoller anblick. ein streifzug dur<strong>ch</strong> die s<strong>ch</strong>malen<br />
Gassen <strong>und</strong> über steile Treppen bestätigt wie bei<br />
Morcote: <strong>das</strong> innenleben Gandrias wird dem ausseneindruck<br />
vollauf gere<strong>ch</strong>t.<br />
Segeln vor Lugano<br />
Weiter gehts via castagnola in die Bu<strong>ch</strong>t von Lugano.<br />
die strecke ist au<strong>ch</strong> für einen längeren spaziergang<br />
am w<strong>und</strong>ers<strong>ch</strong>önen uferweg zu empfehlen. Über die<br />
Metropole am see brau<strong>ch</strong>en ni<strong>ch</strong>t viele weitere Worte<br />
verloren zu werden. sie spri<strong>ch</strong>t für si<strong>ch</strong>. <strong>und</strong> sie<br />
widerspri<strong>ch</strong>t mit dem circolo Velico Lago di Lugano<br />
(cVLL) der Behauptung, der ceresio sei zum segeln<br />
ni<strong>ch</strong>t besonders geeignet. segeln gehört vor Lugano<br />
zum alltagsges<strong>ch</strong>ehen <strong>und</strong> präsentiert si<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong><br />
immer wieder in Form spektakulärer regatten – ni<strong>ch</strong>t<br />
zuletzt sorgte der ishares cup im letzten Frühling für<br />
<strong>einige</strong>s aufsehen.<br />
die entwicklung des 1967 in agnuzzo gegründeten<br />
cVLL zeigt die Bedeutung des segelsports am Luganer<br />
see. s<strong>ch</strong>on zwei Jahre später zog der klub na<strong>ch</strong><br />
Melide um, ehe er si<strong>ch</strong> 1975 an der Flussmündung des<br />
cassarate in Lugano niederliess. Mit unterstützung<br />
der stadt erfolgten die 2006 abges<strong>ch</strong>lossenen umbauarbeiten,<br />
wel<strong>ch</strong>e dem cVLL ein neues klubgebäude<br />
mit einer modernen anlage bes<strong>ch</strong>erte, die si<strong>ch</strong><br />
sehen lassen kann. eine der hauptaktivitäten des<br />
mittlerweile 600 Mitglieder starken klubs ist die<br />
segels<strong>ch</strong>ule, die pro saison über 400 kinder <strong>und</strong><br />
Jugendli<strong>ch</strong>e in die Geheimnisse des segelns einweiht.<br />
der cVLL ist ni<strong>ch</strong>t nur dafür eine gute anlaufstation,<br />
sondern au<strong>ch</strong> für jene, die ihr ins südtessin getrailertes<br />
Boot einwassern mö<strong>ch</strong>ten. <strong>Viel</strong>e Mögli<strong>ch</strong>keiten<br />
dafür gibt es auf s<strong>ch</strong>weizer seite ni<strong>ch</strong>t. die Zahl der<br />
häfen (Lugano, Melide <strong>und</strong> neu arbostora) <strong>und</strong><br />
Kein favore für die villa favorita<br />
Der wohl ausgiebigste Privatbesitz am Lago di Lugano steht am Stadtrand Luga-<br />
nos in Castagnola. Fast ein Kilometer des Seeufers gehört zum Anwesen der Villa<br />
Favorita mit Park, Museum <strong>und</strong> mehreren Nebengebäuden. Die 1687 erbaute Villa<br />
gelangte 1932 in den Besitz von Heinri<strong>ch</strong> Thyssen. Der deuts<strong>ch</strong>e Unternehmer<br />
bra<strong>ch</strong>te seine rei<strong>ch</strong>haltige Kunstsammlung mit an den Luganer See. Na<strong>ch</strong> seinem<br />
Tod im Jahr 1947 führte sie dessen Sohn Hans Heinri<strong>ch</strong> Thyssen-Bornemisza de<br />
Kászon weiter <strong>und</strong> baute sie aus. 1993 jedo<strong>ch</strong> verkaufte Thyssen, damals in fünfter<br />
Ehe mit María del Carmen Rosario Cervera Fernández de la Guerra, die Kunstsammlung<br />
an Spanien. Na<strong>ch</strong> Thyssens Tod im Jahr 2002 s<strong>ch</strong>rieb seine Witwe die Residenz<br />
zum Verkauf aus. Zuvor hatte sie Pläne zum Umbau in eine moderne Luxusresidenz<br />
verworfen. Die Stadt Lugano <strong>und</strong> der Kanton Tessin verhandelten – ni<strong>ch</strong>t<br />
zuletzt auf Initiative des Heimats<strong>ch</strong>utzes – mit der Besitzerin über eine Übernahme<br />
der Liegens<strong>ch</strong>aft, ohne <strong>das</strong>s es zu einem erfolgrei<strong>ch</strong>en Abs<strong>ch</strong>luss gekommen wäre.<br />
Die S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>e Gesells<strong>ch</strong>aft für Kulturgüters<strong>ch</strong>utz verlieh einem Projekt zur<br />
Erhaltung von Villa <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>stück den Förderpreis, zur Umsetzung kam aber<br />
au<strong>ch</strong> dieses ni<strong>ch</strong>t. Von aussen betra<strong>ch</strong>tet sieht <strong>das</strong> Gr<strong>und</strong>stück na<strong>ch</strong> wie vor gepflegt<br />
aus, die unklare Zukunft tut der Villa Favorita allerdings keinen favore.<br />
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84 lakeside <br />
<strong>marina</strong>.<strong>ch</strong> november 08<br />
85<br />
nadir sutter