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Grundstücks- und Nachbarrecht - Completa-Immobilien

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<strong>Gr<strong>und</strong>stücks</strong>- <strong>und</strong> <strong>Nachbarrecht</strong><br />

Nachbarstreitigkeiten beschäftigen besonders häufig die Gerichte. Mit den wichtigsten Themen<br />

befasst sich dieser Beitrag:<br />

1. Gr<strong>und</strong>begriff <strong>und</strong> Eigentumsbefugnisse<br />

Ein Gr<strong>und</strong>stück besteht aus einem oder mehreren Flurstücken, für die nur ein Gr<strong>und</strong>buchblatt<br />

geführt wird (§ 3 Absatz 1 Gr<strong>und</strong>buchordnung). Damit ist ein räumlich abgegrenzter Teil der<br />

Erdoberfläche genannt. Zum Gr<strong>und</strong>stück gehört alles, was mit diesem über <strong>und</strong> unter der Erdoberfläche<br />

verb<strong>und</strong>en ist. Besonderheiten gelten für den Überbau im Sinne von § 912 BGB.<br />

Die Befugnisse des Gr<strong>und</strong>eigentümers richten sich gr<strong>und</strong>sätzlich nach § 903 BGB. Der Eigentümer<br />

kann danach mit dem Gr<strong>und</strong>stück beliebig verfahren <strong>und</strong> andere vom Gr<strong>und</strong>stück ausschließen.<br />

Diese Befugnisse werden jedoch begrenzt durch das Landesnachbarrecht (soweit<br />

vorhanden) sowie die Gr<strong>und</strong>sätze des nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisses. Auch<br />

ergeben sich Einschränkungen durch -Gr<strong>und</strong>dienstbarkeiten (§ 1018 BGB) Mit einem solchen<br />

Recht wird ein Gr<strong>und</strong>stück (so genanntes dienendes Gr<strong>und</strong>stück) zugunsten des Eigentümers<br />

eines jeweiligen anderen Gr<strong>und</strong>stückes (so genanntes herrschendes Gr<strong>und</strong>stück) belastet. Diese<br />

Dienstbarkeit entfaltet Wirkung gegenüber jedermann.<br />

- Reallasten (§ 1105 BGB) Die Reallast ist ein dingliches Recht mit dem Inhalt auf wiederkehrende<br />

Leistungen aus dem Gr<strong>und</strong>stück (zum Beispiel die Lieferung von Energie <strong>und</strong> Wasser<br />

oder eine laufende Geldzahlung).<br />

- Notwegerechte Dritter (§ 917 BGB) Wegerechte über Gr<strong>und</strong>stücke können vertraglich vereinbart<br />

werden. Ist dies nicht geschehen, besteht aber trotzdem die Verpflichtung zur Gestattung,<br />

spricht man von einem Notwegerecht, welches die Verbindung zu öffentlichen Verkehrswegen<br />

sicherstellen soll. Hier wird ein strenger Maßstab angelegt, so dass zum Beispiel<br />

die Unerreichbarkeit des Gr<strong>und</strong>stückes mit dem Kraftfahrzeug regelmäßig als nicht ausreichend<br />

angesehen wird, um ein Notwegerecht zu begründen, man dann also auf die Füße angewiesen<br />

ist. Die Duldung des Notwegerechts ist entschädigungspflichtig. Zu zahlen ist eine<br />

Rente.<br />

2. Das Gr<strong>und</strong>stück <strong>und</strong> seine Grenzen<br />

Grenzabmarkung § 919 BGB<br />

Eine Abmarkung ist die Sicherung einer festgelegten Grenze durch die Errichtung von Grenzzeichen<br />

in der Natur. Der Eigentümer eines Gr<strong>und</strong>stückes kann vom Nachbarn verlangen,<br />

dass dieser an der Errichtung fester Grenzzeichen oder der Wiederherstellung mitwirkt. Voraussetzung:<br />

• Die Gr<strong>und</strong>stücke müssen unmittelbar aneinander grenzen.<br />

• Der Verlauf der Grenze muss unstreitig sein.<br />

• Es fehlen feste Grenzzeichen oder sie sind unkenntlich oder verrückt.<br />

Der Vollzug der Abmarkung fällt gr<strong>und</strong>sätzlich in den Zuständigkeitsbereich der staatlichen<br />

Vermessungsbehörden. Die Kosten der Abmarkung tragen die Beteiligten zu gleichen Teilen<br />

(§ 913 Absatz 3 BGB).


Grenzverwirrung (§ 920 BGB)<br />

Diese Regelung setzt eine Pattsituation voraus. Dies ist dann der Fall, wenn beide Eigentümer<br />

zwar ihr Eigentum behaupten, es aber nicht beweisen können. Man klagt dann auf richterliche<br />

Feststellung des Grenzverlaufes. Das Gericht wird hier Vermessungsingenieure oder Sachverständige<br />

hinzuziehen. Lässt sich die richtige Grenze nicht ermitteln, wird das Gericht eine<br />

neue Grenze festlegen. Diese Entscheidung legt das Eigentum verbindlich fest.<br />

Grenzeinrichtungen (§§ 921 ff. BGB)<br />

Nur solche Anlagen, die von der Grenze geschnitten werden (zum Beispiel Graben, Mauer),<br />

fallen unter § 921 BGB. Steht diese Anlage ausschließlich auf dem einem Gr<strong>und</strong>stück, handelt<br />

es sich nicht um eine Grenzeinrichtung. Die Grenze muss allerdings nicht in der Mitte<br />

verlaufen. Eine Grenzeinrichtung setzt voraus, dass sie Vorteile für beide Gr<strong>und</strong>stücke bietet.<br />

Häufig wird dabei der Vorteil in der grenzscheidenden Wirkung liegen (Sichtschutz). Eine<br />

Grenzanlage setzt voraus, dass beide Nachbarn der Errichtung der Anlage als gemeinsame<br />

Einrichtung zustimmen. Die Zustimmung kann auch in einer stillschweigenden Duldung liegen.<br />

Die Nachbarn dürfen die gemeinschaftliche Anlage gr<strong>und</strong>sätzlich gemeinschaftlich nutzen.<br />

Dabei ist das Nutzungsrecht nicht beschränkt auf den Teil der Grenzanlage, der auf dem<br />

Gr<strong>und</strong>stück des nutzenden Eigentümers steht. Allerdings ist das Nutzungsrecht beschränkt auf<br />

den Zweck der Grenzeinrichtung (zum Beispiel Betreten, Lagern, Befahren).<br />

Die Kosten der Neuerrichtung einer Grenzanlage trägt, wenn nichts Abweichendes vereinbart<br />

ist, der Errichtende. Die Unterhaltungskosten sind - wenn nichts Abweichendes vereinbart ist<br />

- von den Nachbarn zu gleichen Teilen zu tragen. Es besteht keine Verpflichtung zur Wiederherrichtung<br />

der Einrichtung, wenn sie durch Dritte oder höhere Gewalt zerstört wird.<br />

Überbau<br />

§§ 912 ff. BGB regeln die Folgen, wenn ein Nachbar unrechtmäßig über die Grenze seines<br />

Gr<strong>und</strong>stückes gebaut hat. Die Vorschriften gelten also nicht, wenn der Überbau mit Zustimmung<br />

erfolgte.<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich wäre der Eigentümer, der unrechtmäßig mit seinem Bauwerk die Grenze überschreitet,<br />

zu dessen Beseitigung verpflichtet. Dies kann allerdings unbillig sein. Nach der gesetzlichen<br />

Wertung ist zudem die Erhaltung des bestehenden Gebäudes gegenüber der Durchsetzung<br />

der Eigentümerposition vorrangig. Deshalb wird unter bestimmten Voraussetzungen<br />

auf den Abriss verzichtet, der betroffene Eigentümer erhält aber einen Ausgleich in Form einer<br />

Rente oder in Form eines Anspruches, dass der überbaute Teil vom Überbauenden erworben<br />

wird. Es kann eben leicht beim Bauen zu einem Überbau kommen.<br />

Ein Überbau kommt nur bei einem Gebäude in Betracht. Mauern <strong>und</strong> Zäune, Tore, Abflussvorrichtungen,<br />

Carporte sowie eine Abwassergruben fallen nicht darunter, wenn sie ohne<br />

Schaden für das Bauwerk entfernt werden können. Es spielt keine Rolle, ob sich der Überbau<br />

oberhalb oder unterhalb der Erdoberfläche befindet.<br />

Das Bauwerk muss über die Grenze gebaut sein, wobei es sich um ein einheitliches Gebäude<br />

handeln muss. Dies trifft zu zum Beispiel für Erker, Balkone, Dachüberstände, Keller <strong>und</strong>


Giebel, nicht jedoch für Teile, die folgenlos entfernt werden können, wie Fensterläden, Fahnen<br />

<strong>und</strong> Markisen, wobei letztere beseitigt werden müssen.<br />

Man unterscheidet beim Überbau<br />

• den rechtmäßigen Überbau, der gesetzlich nicht geregelt ist<br />

• den rechtswidrigen, aber entschuldigten Überbau (§§ 912 ff. BGB)<br />

• den rechtswidrigen <strong>und</strong> zusätzlich nicht entschuldigten Überbau, bei dem immer Beseitigung<br />

verlangt werden kann.<br />

Letzteres ist der Fall, wenn der Überbauende vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt. Grobe<br />

Fahrlässigkeit liegt zum Beispiel vor, wenn bei einem unsicheren Grenzverlauf kein Fachmann<br />

für die Grenzfeststellung hinzugezogen wird. Derjenige, der an die Grenze baut, muss<br />

sich über den Grenzverlauf unterrichten. Man kann sich an Grenzsteinen orientieren. Auf einen<br />

Zaun darf man sich nicht verlassen.<br />

Wenn nur Fahrlässigkeit vorliegt <strong>und</strong> der Nachbar rechtzeitig widerspricht, ist der Überbau<br />

ebenfalls zu entfernen. Der Widerspruch ist formfrei. Er muss sich an den Überbauenden richten,<br />

wobei eine Erklärung auch gegenüber dem Architekten oder dem Bauleiter genügen<br />

kann. Der Widerspruch muss so rechtzeitig erfolgen, dass der Überbau ohne erhebliche Zerstörung<br />

wieder beseitigt werden kann.<br />

Rechtsfolgen des entschuldigten Überbaus<br />

Der entschuldigte Überbau ist vom Nachbarn zu dulden, wenn er nicht rechtzeitig widerspricht.<br />

Er wird nicht im Gr<strong>und</strong>buch eingetragen. Auch bei einem Erwerb in der Zwangsversteigerung<br />

hat der Erwerber den Überbau zu dulden, wenn dieser vorher errichtet wurde.<br />

Der Eigentümer des überbauten <strong>Gr<strong>und</strong>stücks</strong> muss auch die Nutzung des Überbaus dulden,<br />

wobei die Duldungspflicht erlischt bei Beseitigung des Überbaus, der also nicht wieder errichtet<br />

werden darf. Verkehrssicherungspflichtig ist der Überbauende.<br />

Das Eigentum an dem Überbau gehört dem Überbauenden (Stammgr<strong>und</strong>stück).<br />

Wer den Überbau zu dulden hat, kann dafür eine Rente verlangen. Gr<strong>und</strong>lage für die Berechnung<br />

ist der Verkehrswert des überbauten <strong>Gr<strong>und</strong>stücks</strong> zum Zeitpunkt der Grenzüberschreitung<br />

(§ 912 Absatz 2 Satz 2 BGB). Spätere Veränderungen des <strong>Gr<strong>und</strong>stücks</strong>wertes bleiben<br />

außer Betracht. Das Recht auf die Überbaurente geht allen Rechten an dem belasteten Gr<strong>und</strong>stück,<br />

auch älteren Rechten, vor (§ 914 BGB), was auch für die Zwangsversteigerung gilt.<br />

Der Eigentümer des überbauten Gr<strong>und</strong>stückes, der trotz des Überbaus Eigentümer der betroffenen<br />

Fläche bleibt, kann vom Überbauenden anstelle der Rente verlangen, dass dieser ihm<br />

die überbaute Fläche abkauft (§ 915 BGB). Der Rentenverpflichtete kann die Ablösung nicht<br />

fordern. Der Anspruch auf Übernahme unterliegt nicht der Verjährung. Bei der Wertberechnung<br />

ist der Zeitpunkt der Grenzüberschreitung maßgebend. Das gilt auch dann, wenn das<br />

Ankaufsverlangen erst Jahre nach dem Überbau ausgeübt wird <strong>und</strong> der gegenwärtige Verkehrswert<br />

den Wert zum Zeitpunkt des Überbaus übersteigt.<br />

Nicht entschuldigter Überbau<br />

Wenn der Überbauende vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt, bedarf es keines Widerspruches<br />

des Nachbarn. Eine Duldungsverpflichtung besteht nicht. Eigentümer des Überbaus wird


der Nachbar, der Entfernung verlangen kann. Er kann den Überbau allerdings auch behalten,<br />

wobei er dann einen Ausgleich zahlen muss.<br />

Vertraglich vereinbarter Überbau<br />

Durch die Zustimmung des Nachbarn zum Überbau werden nicht automatisch die Eigentumsfragen<br />

geregelt. Wenn die Beteiligten hier keine besonderen Vereinbarungen getroffen haben,<br />

gelten die gleichen Folgen wie für den entschuldigten Überbau, der zu dulden ist. Es besteht<br />

dann allerdings keine Verpflichtung zum Abkauf, da § 915 BGB nicht gilt.<br />

Bäume <strong>und</strong> Sträucher<br />

In Hamburg dürfen Pflanzen bis an die Grenze gesetzt werden. Probleme ergeben sich meist<br />

im Zusammenhang mit dem Überhängen von Zweigen <strong>und</strong> dem Eindringen von Wurzeln.<br />

Zum einen stellt sich die Frage, ob der Nachbar die Störung selber beseitigen kann oder er auf<br />

einen Anspruch gegen den Eigentümer der Pflanzen beschränkt ist. Falls dem Nachbarn eine<br />

solche Beseitigung gestattet ist, muss festgestellt werden, ob er die Kosten vom Störer ersetzt<br />

verlangen kann.<br />

§ 910 BGB regelt für die genannten Störungen ein eigenes Beseitigungsrecht. Wurzeln eines<br />

Baumes oder eines Strauches, die in das nachbarliche Gr<strong>und</strong>stück eindringen, dürfen ohne<br />

weiteres abgeschnitten werden. Gleiches gilt gr<strong>und</strong>sätzlich auch bei Zweigen, allerdings unter<br />

der zusätzlichen Voraussetzung, dass dem Besitzer des Gr<strong>und</strong>stückes fruchtlos eine angemessene<br />

Frist gesetzt wurde, die Beseitigung selbst vorzunehmen. Der Eigentümer des Gr<strong>und</strong>stückes,<br />

auf dem die Sträucher stehen, kann sich nur zur Wehr setzen, wenn der Nachweis einer<br />

Beeinträchtigung des Nachbarn fehlt. Das bloße Vorhandensein von Wurzeln im Erdreich<br />

stellt noch keine Beeinträchtigung dar. Anders sieht es aus, wenn die Wurzeln einen Plattenoder<br />

Teerbelag anheben, Rohrleitungen oder einen Garagenboden in Mitleidenschaft ziehen<br />

oder die Standfestigkeit einer Mauer beeinträchtigen. Beim Überhang von Zweigen wird eine<br />

Beeinträchtigung angenommen bei dem Verstopfen der Dachrinne, der Verunreinigung von<br />

Gehwegen oder einer Verschattung. Der Rückschnitt darf nur bis zur <strong>Gr<strong>und</strong>stücks</strong>grenze<br />

(nicht bis zum Stamm) erfolgen <strong>und</strong> der beeinträchtigte Nachbar darf dazu das Gr<strong>und</strong>stück<br />

des anderen Eigentümers nicht betreten.<br />

Der abschneidende Nachbar kann die Kosten seiner Beschneidungsmaßnahmen erstattet verlangen.<br />

Ist durch das Eindringen der Wurzeln auf das Nachbargr<strong>und</strong>stück ein weitergehender Schaden<br />

entstanden (zum Beispiel Beschädigung von Rohrleitungen), ergibt sich nicht ohne weiteres<br />

ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Erneuerung/Reparatur der Rohrleitungen, sofern<br />

es an einem Verschulden des Eigentümers der Pflanze fehlt.<br />

3. Einwirkungen auf das Gr<strong>und</strong>stück<br />

Abwehr von Beeinträchtigungen<br />

Für die Abwehr von Beeinträchtigungen sind zentrale Anspruchsgr<strong>und</strong>lagen die §§ 1004, 906<br />

BGB. Muss der Eigentümer Beeinträchtigungen dulden, kann sich auch ein Ausgleichsanspruch<br />

ergeben. § 906 BGB bestimmt:<br />

"Der Eigentümer eines Gr<strong>und</strong>stückes kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen,<br />

Rauch, Ruß, Wärme, Geräusche, Erschütterungen <strong>und</strong> ähnliche von einem anderen Gr<strong>und</strong>-


stück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung<br />

seines Gr<strong>und</strong>stückes nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. (...) Das Gleiche gilt insoweit,<br />

als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen<br />

Gr<strong>und</strong>stückes herbeigeführt wird <strong>und</strong> nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die<br />

Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung<br />

zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Gr<strong>und</strong>stückes einen angemessenen<br />

Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Gr<strong>und</strong>stückes<br />

über dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt."<br />

Unwesentliche Beeinträchtigungen sind ohne Ausgleichsanspruch zu dulden. Ohne Bedeutung<br />

für die Beurteilung der Wesentlichkeit einer Beeinträchtigung ist, ob der Betroffene<br />

durch die Änderung seiner Nutzung oder andere Vorkehrungen (wie etwa Einbau schalldichter<br />

Fenster oder Änderung der Gewohnheiten/Schlaf bei offenem Fenster) die Beeinträchtigungen<br />

reduzieren oder gar ausschließen kann. Gr<strong>und</strong>sätzlich darf der Eigentümer sein Eigentum<br />

nach seinen Vorstellungen nutzen.<br />

Auch wesentliche Beeinträchtigungen sind dann zu dulden, wenn sie auf einer ortsüblichen<br />

Benutzung des Gr<strong>und</strong>stückes beruhen <strong>und</strong> nicht durch zumutbare Maßnahmen verhindert<br />

werden können. Für die Ortsüblichkeit kommt es darauf an, ob eine Mehrheit von Gr<strong>und</strong>stücken<br />

im Vergleichsgebiet bei im Wesentlichen gleicher Nutzung nach Art <strong>und</strong> Umfang im<br />

gleichen Maße beeinträchtigt wird.<br />

Die Duldungspflicht besteht nur, wenn die Beeinträchtigungen nicht durch wirtschaftlich zumutbare<br />

Maßnahmen verhindert werden können. Dabei kommt es auf einen durchschnittlichen<br />

Benutzer des Gr<strong>und</strong>stückes an, der Beeinträchtigungen verursacht. Von Bedeutung sind<br />

hier:<br />

• das nachbarschaftliche Verhältnis<br />

• die Vor- <strong>und</strong> Nachteile einer solchen Abhilfe<br />

• technisch organisatorische Möglichkeiten<br />

• Leistungsfähigkeit eines durchschnittlichen Benutzers<br />

So fehlt es beispielsweise an der wirtschaftlichen Zumutbarkeit bei der gewerblichen Nutzung<br />

des Gr<strong>und</strong>stückes, wenn die erforderlichen Maßnahmen derart hohe Kosten verursachen, dass<br />

ein Unternehmen auch mittelfristig nicht mit Gewinn betrieben werden kann. Zum Beispiel ist<br />

bei Bauarbeiten zu denken an Entstaubungsanlagen, schalldämpfende Maßnahmen, aber auch<br />

rein organisatorische Vorkehrungen oder eine zeitliche Begrenzung der störenden Tätigkeit.<br />

Bei bestehender Duldungspflicht hat der beeinträchtigte Nachbar einen Ausgleichsanspruch,<br />

das heißt einen Anspruch auf Zahlung in Geld. Der Ausgleichsanspruch ist nicht auf die volle<br />

Erstattung aller Nachteile gerichtet (zum Beispiel Mietminderung). Es handelt sich nicht um<br />

einen Schadensersatz-, sondern um einen Aufopferungsanspruch. Im Maßstab für die Höhe<br />

des Ausgleiches ist die Vermögenseinbuße, die über die zumutbare Maß hinausgeht.<br />

Vertiefung des Nachbargr<strong>und</strong>stückes<br />

Nach § 909 BGB darf ein Gr<strong>und</strong>stück nicht in der Weise vertieft werden, dass der Boden des<br />

Nachbargr<strong>und</strong>stückes die erforderliche Stütze verliert, es sei denn, es wird für eine anderwei-


tige Befestigung gesorgt. Häufigster Fall sind Tiefbauarbeiten auf dem Nachbargr<strong>und</strong>stück<br />

(Aushub einer Baugrube).<br />

Das geschützte Maß an Festigkeit richtet sich nach den konkreten örtlichen Verhältnissen,<br />

namentlich danach, welche Befestigung das Nachbargr<strong>und</strong>stück nach seiner tatsächlichen<br />

Beschaffenheit benötigt. Dabei sind auch ungünstige Verhältnisse des Nachbargr<strong>und</strong>stückes,<br />

wie ungünstiger Baugr<strong>und</strong> <strong>und</strong> deshalb weniger tragfähige F<strong>und</strong>amente, bis hin zu einer besonderen<br />

Schadensanfälligkeit des Gebäudes zu berücksichtigen, selbst wenn hierdurch die<br />

Vertiefungsarbeiten mehr als üblich erschwert werden. Der geschützte Eigentümer muss sich<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich nicht an diesen Mehrkosten beteiligen.<br />

Eine an sich unzulässige Vertiefung wird zulässig, wenn insoweit der Vertiefende für eine<br />

genügende anderweitige Befestigung des gefährdeten Nachbargr<strong>und</strong>stückes sorgt. Dabei muss<br />

zu jeder Zeit das Nachbargr<strong>und</strong>stück geschützt werden. In Betracht kommt hier etwa die Anbringung<br />

einer Stützmauer oder einer Böschung. Eine einmal errichtete Befestigung muss auch<br />

weiterhin im ordentlichen Zustand gehalten werden. Die Befestigungsmaßnahmen sind auf<br />

dem zu vertiefenden Gr<strong>und</strong>stück vorzunehmen. Allenfalls kann sich im Einzelfall ausnahmsweise<br />

eine Berechtigung zu dortigen vorübergehenden Sicherungsmaßnahmen ergeben.<br />

Wird eine unzulässige Vertiefung vorgenommen <strong>und</strong> ergibt sich daraus ein Schaden, besteht<br />

eine Schadensersatzverpflichtung nach § 823 Absatz 2 i. V. m. § 909 BGB. Schadensersatzpflichtig<br />

ist nicht nur der Eigentümer, der die Vertiefung veranlasst, sondern jeder, der an der<br />

Vertiefung mitwirkt. Architekten, Bauunternehmer, Ingenieure <strong>und</strong> Statiker trifft eine eigenverantwortliche<br />

Prüfungspflicht, die von einem hohen Sorgfaltsmaßstab geprägt ist. Gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

muss dann auch bei konkretem Anlass ein Sachverständiger für Baugr<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Gründung<br />

hinzugezogen werden.<br />

Einwirkungen durch Wasser<br />

Nachbarschaftliche Konfliktlagen ergeben sich immer wieder aus dem Übertritt von Wasser<br />

auf Nachbargr<strong>und</strong>stücke. Zu unterscheiden ist zwischen Traufwasser <strong>und</strong> wild abfließendem<br />

Wasser. Unter Traufwasser versteht man Niederschlagswasser, das heißt Regen <strong>und</strong> Schneewasser,<br />

welches nicht unmittelbar auf dem Boden, sondern zunächst auf eine bauliche Anlage<br />

(Haus, Dach) trifft. Trifft der Niederschlag dagegen unmittelbar auf dem Boden auf, so handelt<br />

sich um wild abfließendes Wasser.<br />

Es besteht keine Befugnis, Traufwasser auf das Nachbargr<strong>und</strong>stück abzuleiten oder ablaufen<br />

zu lassen, es muss also aufgefangen <strong>und</strong> abgeleitet werden. Darunter zu fassen ist auch der<br />

Fall, dass Niederschlagswasser von der Traufe zunächst auf das eigene Gr<strong>und</strong>stück trifft <strong>und</strong><br />

von dort auf das Nachbargr<strong>und</strong>stück gelangt. Besondere landesrechtliche Regelungen sind zu<br />

beachten, in Hamburg gilt § 7 Hamburgisches Wassergesetz.<br />

4. Das Gr<strong>und</strong>stück <strong>und</strong> seine Nutzung durch Dritte<br />

Hier geht es nur um die Frage nach Bestehen <strong>und</strong> Umfang eines Rechtes zur dauernden oder<br />

auch nur vorübergehenden (Mit-)Benutzung eines benachbarten Gr<strong>und</strong>stückes.<br />

Hammerschlags- <strong>und</strong> Leiterrecht<br />

Hierunter versteht man das Recht des <strong>Gr<strong>und</strong>stücks</strong>eigentümers, das Nachbargr<strong>und</strong>stück in<br />

bestimmtem Umfang zu betreten <strong>und</strong> zu benutzen, um von dort aus Bau-, Instandsetzungs-


<strong>und</strong> Unterhaltungsarbeiten hinsichtlich baulicher Anlagen auf seinem eigenen Gr<strong>und</strong>stück<br />

vorzunehmen, die sonst nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand durchgeführt werden<br />

können <strong>und</strong> die andererseits den Nachbarn nur vorübergehend <strong>und</strong> geringfügig beeinträchtigen.<br />

Hammerschlagsrecht bedeutet, dass der Nachbar das Gr<strong>und</strong>stück betreten darf. Leiterrecht ist<br />

die Befugnis, dort auch Leitern <strong>und</strong> Gerüste aufzustellen sowie Geräte <strong>und</strong> Materialien über<br />

dieses Gr<strong>und</strong>stück zu transportieren <strong>und</strong> sie dort zu lagern. Das Hammerschlags- <strong>und</strong> Leiterrecht<br />

bezieht sich nur auf Arbeiten im Zusammenhang mit baulichen Anlagen. Mit umfasst<br />

sind auch Arbeiten zur Errichtung <strong>und</strong> Beseitigung baulicher Anlagen, hierzu gehören auch<br />

Verputzarbeiten, auch Vorbereitungsarbeiten sind umfasst.<br />

Dabei darf das Nachbargr<strong>und</strong>stück nur insoweit in Anspruch genommen werden, als es notwendig<br />

ist. Das Recht ist schonend auszuüben. Betreten werden darf nur der unbebaute Teil<br />

des Nachbargr<strong>und</strong>stückes. Bauliche Anlagen auf dem Nachbargr<strong>und</strong>stück dürfen nur betreten<br />

werden, wenn es die Bauordnung ausdrücklich vorsieht. Das Hammerschlags- <strong>und</strong> Leiterrecht<br />

kann sich auch auf den Bereich unterhalb der Erdoberfläche beziehen, zum Beispiel bei einem<br />

notwendigen Aushub zum Zwecke der Abdichtung der im Erdreich befindlichen Gr<strong>und</strong>mauer.<br />

Ein Selbsthilferecht besteht jedoch nicht. Ist der Nachbar nicht zur Duldung bereit, muss das<br />

Recht gerichtlich durchgesetzt werden. Der Duldungspflichtige hat Anspruch auf Ersatz des<br />

entstandenen Schadens unabhängig von einem Verschulden des Berechtigten. Der Umfang<br />

des Anspruches richtet sich darauf, den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen, zum Beispiel<br />

eine Ersatzbepflanzung vorzunehmen oder den Rasen wieder anzusäen. Eine Sicherheitsleistung<br />

kann vor Beginn der Arbeiten verlangt werden.<br />

Baulast<br />

Mit Baulasten sollen öffentlich-rechtliche Hindernisse, die einem Bauvorhaben entgegenstehen,<br />

beseitigt werden. Sie werden nicht im Gr<strong>und</strong>buch eingetragen. Beispielsweise genannt<br />

werden Geh- <strong>und</strong> Fahrtrechte, Leitungsrechte, die Übernahme von Abstandsflächen, die Verpflichtung<br />

zur Grenzbebauung, die Sicherung gemeinsamer Bauteile, die Übernahme von<br />

erforderlichen Stellplätzen <strong>und</strong> Spielflächen. Bei einer Zwangsversteigerung des dienenden<br />

Gr<strong>und</strong>stückes bleibt die Baulast unberührt. Die Bauaufsichtsbehörde kann durch Verwaltungsakt<br />

auf die Baulast verzichten. Hierzu ist die Behörde verpflichtet, wenn an der Baulast<br />

kein öffentliches Interesse mehr besteht. Häufiger Streitpunkt ist, ob die Baulast unmittelbare<br />

zivilrechtliche Wirkungen hat. Dies wird regelmäßig verneint.<br />

Vereinbartes <strong>Nachbarrecht</strong> durch Gr<strong>und</strong>dienstbarkeiten<br />

Gr<strong>und</strong>dienstbarkeiten erweitern die Rechtsposition des Eigentümers des herrschenden Gr<strong>und</strong>stückes,<br />

indem sie die Rechte des Eigentümers des dienenden Gr<strong>und</strong>stückes einschränken. Sie<br />

gestatten somit die Verlagerung von Eigentumspositionen im Wege der Vereinbarung.<br />

Mit einer Gr<strong>und</strong>dienstbarkeit kann nur ein Gr<strong>und</strong>stück oder ein gr<strong>und</strong>stücksgleiches Recht<br />

belastet werden. Sie betrifft immer das gesamte Gr<strong>und</strong>stück <strong>und</strong> kann deshalb nicht an einem<br />

ideellen Miteigentumsanteil bestellt werden. Sie geht unter, wenn sie am Anteil eines Miteigentümers<br />

erlischt, zum Beispiel durch Zwangsversteigerung. Davon zu unterscheiden ist der<br />

Fall, dass ein ganzes Gr<strong>und</strong>stück mit einer Gr<strong>und</strong>dienstbarkeit belastet wird, die Ausübung


aber auf eine bestimmte Teilfläche beschränkt wird. Wichtig ist nur, dass der in Anspruch<br />

genommene Bereich bestimmt genug bezeichnet wird. Berechtigter einer Gr<strong>und</strong>dienstbarkeit<br />

kann nur der jeweilige Eigentümer des herrschenden Gr<strong>und</strong>stückes sein.<br />

Eine Gr<strong>und</strong>dienstbarkeit ist nur zulässig, wenn die Belastung des dienenden Gr<strong>und</strong>stückes für<br />

die Benutzung des herrschenden Gr<strong>und</strong>stückes von Vorteil ist (§ 1019 BGB), also diesem<br />

einen Nutzen bringt. Fehlt ein Vorteil, ist die Gr<strong>und</strong>dienstbarkeit nichtig.<br />

§ 1018 BGB beschränkt den Inhalt einer Gr<strong>und</strong>dienstbarkeit,<br />

• dass der Eigentümer des herrschenden Gr<strong>und</strong>stückes das dienende Gr<strong>und</strong>stück in einzelnen<br />

Beziehungen nutzen darf,<br />

• dass auf dem dienenden Gr<strong>und</strong>stück gewisse Handlungen nicht vorgenommen werden<br />

dürfen oder<br />

• dass die Ausübung eines Rechtes ausgeschlossen ist, das sich aus dem Eigentum an<br />

dem belasteten Gr<strong>und</strong>stück dem anderen Gr<strong>und</strong>stück gegenüber ergibt.<br />

Unzulässig sind Gr<strong>und</strong>dienstbarkeiten mit dem Inhalt, das belastete Gr<strong>und</strong>stück zu veräußern,<br />

nicht zu veräußern, keine dinglichen Belastungen vorzunehmen, das Gr<strong>und</strong>stück nicht zu teilen,<br />

nicht zu vermieten oder zu verpachten <strong>und</strong> schließlich das Verbot der Aufteilung in Wohnungs-<br />

<strong>und</strong> Teileigentum. Dagegen sind Benutzungsverbote zulässig. Typischer Inhalt von<br />

Gr<strong>und</strong>dienstbarkeiten ist zum Beispiel ein Überfahrts- <strong>und</strong> Überwegerecht. Die Dienstbarkeit<br />

kann aber auch in dem Verbot bestehen, gewisse Handlungen nicht vorzunehmen (Unterlassungsdienstbarkeit).<br />

Die dritte Alternative von § 1018 BGB untersagt dem Eigentümer die<br />

Ausübung eines Rechtes, das sich aus dem Eigentum an dem belasteten Gr<strong>und</strong>stück dem herrschenden<br />

Gr<strong>und</strong>stück gegenüber ergibt.<br />

Ist der Eigentümer des herrschenden Gr<strong>und</strong>stückes berechtigt, zur Ausübung der Dienstbarkeit<br />

auf dem belasteten Gr<strong>und</strong>stück eine Anlage zu halten, so hat er diese in einem ordnungsgemäßen<br />

Zustand zu halten (§ 1020 Satz 2 BGB). Beispiele für Anlagen sind ein Kanal, eine<br />

Stauanlage, ein Erker, eine Kläranlage, Versorgungsleitungen, Straßen. Wird die Anlage so<br />

vom Eigentümer des herrschenden als auch vom dienenden Gr<strong>und</strong>stück benutzt, muss jeder<br />

sie nach seinen eigenen Erfordernissen unterhalten, ohne aber dem anderen gegenüber dazu<br />

verpflichtet zu sein. Sinnvollerweise sollte die Unterhaltungspflicht bei der Bestellung der<br />

Dienstbarkeit geregelt werden. Diese Vereinbarung kann zum Inhalt der Gr<strong>und</strong>dienstbarkeit<br />

werden.<br />

Die Gr<strong>und</strong>dienstbarkeit wird auf dem Gr<strong>und</strong>buchblatt des belasteten Gr<strong>und</strong>stückes eingetragen.<br />

Zusätzlich besteht die Möglichkeit, sie auf dem Gr<strong>und</strong>buchblatt des herrschenden Gr<strong>und</strong>stückes<br />

zu vermerken (so genannter Herrschvermerk, § 9 GBO). Da die Gr<strong>und</strong>dienstbarkeit<br />

teilweise für das herrschende Gr<strong>und</strong>stück von großer Bedeutung ist, wird die Eintragung auf<br />

dem herrschenden Gr<strong>und</strong>stück oft von Gr<strong>und</strong>pfandrechtsgläubigern verlangt. Sofern dies geschehen<br />

ist, müssen nämlich die dinglich Berechtigten, insbesondere die geldgebenden Kreditinstitute,<br />

der Veränderung des Rechtes zustimmen.<br />

Bei einer Zwangsversteigerung des dienenden Gr<strong>und</strong>stückes bleibt die Gr<strong>und</strong>dienstbarkeit<br />

bestehen, wenn sie in das geringste Gebot fällt, das heißt dem Recht des betreibenden Gläubigers<br />

im Range vorgeht. Hat die Gr<strong>und</strong>dienstbarkeit dagegen Rang nach diesem Recht, so er-


lischt sie mit dem Zuschlag. An die Stelle des erloschenen Rechtes tritt ein Anspruch auf<br />

Wertersatz aus dem Versteigerungserlös.

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