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Lukas Mittelberger

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VO Was Bilder erzählen: Zwischen Passionen und Verklärung - Zur<br />

Körperauffassung des Christentums in der Kunst, SS2013<br />

Dr. Johannes Rauchenberger<br />

Hausaufgabe III - <strong>Lukas</strong> <strong>Mittelberger</strong> - 0606979 - A057 011 Religionswissenschaft<br />

Artikel für das Paralog Journal:<br />

Ein Einblick in die bildlichen Darstellungen der Ereignisse zwischen Christi<br />

Auferstehung und Himmelfahrt sowie deren zentrale Motive:<br />

Die Auferstehung Christi geschah laut Aussage des neuen Testaments am dritten Tag nach der<br />

Kreuzigung. Neben der Auffindung des leeren Grabes schildern die Schriften eine Reihe von<br />

Begegnungen des leiblich auferstandenen Jesus, mit seinen Jüngern und anderen Menschen. Die<br />

Ereignisse enden (der biblischen Rechnung gemäß vierzig Tage später) mit der Himmelfahrt<br />

Christi und seiner Erhebung auf den Platz zur Rechten Gottes (Mk 16,19). Siebzehn NT Schriften<br />

erwähnen die Auferstehung und sind dabei unterschiedlich in ihren Darstellungen der<br />

Ereignisse. Ostern stellt das wichtigste Fest im Kirchenjahr dar und ist in der christlichen<br />

Urgemeinde bereits im Glaubensbekenntnis verankert. Die Auferweckung wird durchwegs als<br />

alleinige Tat Gottes angesehen, bei der keine menschlichen Zeugen anwesend waren (Mk 16,6).<br />

Die Auferstehung ist Legitimationsgrundlage für Jesus Christus als den Messias und fand großen<br />

Wiederhall in der Bildkunst. Das Geschehen ist historisch nicht fassbar und fällt nicht in den<br />

Bereich der gewöhnlichen Physis. Die indirekten Informationen wurden häufig in der Malerei<br />

umgesetzt. Diese Umstände ließen großen künstlerischen Freiraum und ermöglichten es, die<br />

Techniken der damaligen Zeit innovativ voranzutreiben. Die behandelten Bildwerke spiegeln<br />

den Stil der damaligen Epochen und sind für diese als maßgeblich zu betrachten. Man kann bei<br />

den Osterdarstellungen von einem eigenen Teilbereich der christlichen Bildtradition sprechen.<br />

Zu Beginn sollen diejenigen Werke behandelt werden, welche die Auferstehung aufgreifen.<br />

Christus wird, im Sinne seiner Körperlichkeit, auf unterschiedliche Weisen und in verschiedenen<br />

Positionen dargestellt: im Sarkophag sitzend, stehend, heraussteigend, darauf sitzend und auch<br />

aus dem Grabfelsen heraustretend. Christus ist häufig mit Glorienschein, Segensgestus (rechte<br />

Hand) und Siegesfahne (Kreuzfahrerfahne) dargestellt. Oft unterstützen ihn Engel, etwa indem<br />

sie den Sargdeckel hochheben. Stürzende Wachen (Mt. 28, 1-4) werden meistens als<br />

Gegengewicht zur Christusfigur im unteren Bildbereich eingesetzt. Auch diejenigen Frauen<br />

finden sich oft dargestellt, die bei Sterben und Grablegung von Jesus anwesend waren. Das<br />

Ereignis der Auferstehung kann in eine (mehr oder weniger weit ausgebreitete) Landschaft<br />

eingebettet sein und wurde zuerst nur bei Taghimmel dargestellt. Der nächtliche Hintergrund ist<br />

eine spätere Innovation, bei der eine erweiterte Lichtsymbolik (wie etwa das Sonnenmotiv)<br />

eingesetzt wird. Die Christusfigur erhebt sich immer mehr in den Raum und weist eine<br />

zunehmend dynamischer werdende Flugbewegung auf. Die Figuration von schwebenden<br />

Menschen, war vor allem im Barock maßgeblich. Die zentrale Thematik der Auferstehungsbilder<br />

ist der Sieg Jesu Christi über den Tod. Das Siegesmotiv wird auf unterschiedliche Weise<br />

umgesetzt, etwa durch die Siegesfahne oder das Luftelement, im Sinne einer schwebenden<br />

Christusgestalt. Der verklärte Leib erscheint als Luftkörper und kann mit dem theologischen<br />

Agilitas-Begriff (Leichtigkeit) gedeutet werden. Die Überwindung der Erdenschwere wird durch<br />

eine subtile luft- und lichtartige Vergeistigung der Körpermaterie erreicht. Christus wird in der<br />

Kunst generell häufig als Licherscheinung dargestellt.<br />

1


Ein Gemälde von H. Pleydenwurff (15. Jh.) zeigt Christus frontal abgebildet<br />

im Bildzentrum, neben einem geöffneten Sarkophag stehend. Im<br />

Hintergrund ist eine Mauerumgrenzung zu erkennen und dahinter eine<br />

Hügellandschaft mit Häusern und einer Stadtmauer. Über der Stadt geht die<br />

Sonne unter, während gleichzeitig der Nachthimmel hereinbricht. Jesus trägt<br />

einen roten Mantel, einen kreuzförmigen Heiligenschein und ist mit den<br />

Wundmalen der Kreuzigung sowie dem rechthändigen Segensgestus und<br />

einem Siegesstab abgebildet. Ein weiß gekleideter Engel kniet hinter ihm auf<br />

der Grabplatte und hält ein weißes Tuch in den Händen. Drei Frauen stehen<br />

dahinter zusammengerückt im Eingang des Mauerbezirks. Zwei liegende<br />

Wachen sind im unteren Bildbereich im Schlafgestus zu sehen. Diese Bildelemente sind in<br />

Auferstehungsdarstellungen häufig anzutreffen und in verschiedenen Variantionen ausgeführt.<br />

Matthias Grünewald hat die Auferstehung um 1515 auf dem Isenheimer<br />

Altar dargestellt. Der Moment der Öffung des Sargeckels bleibt verborgen.<br />

Die Auferstehung scheint durch eigene Kraft erfolgt zu sein. Christus<br />

erscheint als Lichtquelle, die von nächtlichem Himmel umgeben wird. Er hat<br />

sich komplett vom Sarg abgelöst und schwebt in der Bildmitte. Der<br />

herabfallende Mantel und die abgeschrägten Beine erzeugen den Eindruck<br />

einer schraubenartig erfolgten Aufflugbewegung. Aus der Brustmitte seines<br />

Körpers emaniert eine sonnenartige Lichtscheibe. Die Konturen des Kopfes<br />

lösen sich im Licht auf. Es scheint unklar zu sein, ob das Licht im Aufflug<br />

erzeugt wurde, oder – im Sinne einer mit Gott verbundenen Symbolik –<br />

bereits da war. Die Lichtdurchlässigkeit und schwebende Leichtigkeit der<br />

Figur findet ihr Gegengewicht in den fallenden Wachen und dem scharfkantigen Sarkophag. Die<br />

Wundmale, Augen und Mund evozieren – in Bezugnahme zum Sternenhimmel – den Eindruck<br />

eines Sternbildes. Diese Form von Lichtsymbolik knüpft an Darstellungen von Phoebus Apollon<br />

an. Christus wird ganz als Licht- und Luftwesen dargestellt.<br />

Paolo Veronese hat die Auferstehung 1575 als ein schnelles Auffliegen in<br />

den blauen Taghimmel umgesetzt. Jesus schwebt in der oberen Bildhälfte<br />

und sanfter Schräglage über einem quaderförmigen Sarkophag. Er hat die<br />

Arme weit geöffnet (Geste der Hingabe) und seinen Blick nach oben<br />

gerichtet. Der Effekt des Emporfliegens wird durch den herabfallenden<br />

roten Mantel verstärkt und findet sein Gegengewicht in den fallenden und<br />

liegenden Wachen. Eine leuchtende Mandorla („Mandel“) umrahmt die<br />

Christusfigur. Sie bezeichnet in der christlichen Kunst einen meist<br />

mandelförmig dargestellten Glorienschein und ist Ausdruck der Heilskraft<br />

Christi. Im Hintergrund sind ein Engel und Menschen über einen Sarg<br />

gebeugt, eine zeitlich versetzte Anspielung auf die Auffindung des leeren Grabes.<br />

Rembrandt hat seine Auferstehung im Jahre 1639 geschaffen und zeigt die<br />

Szene als mitternächtliches Ereignis. Er steht bereits in einer langen<br />

Bildtradition. Ein Engel schwebt in der Bildmitte und hebt eine steinerne<br />

längsrechteckige Grabplatte hoch. Der Engel ist die einzige Lichtquelle um<br />

die Dunkelheit rundum. Weiß-gelbes Licht strahlt aus seiner Gestalt heraus<br />

und scheint sich nebelartig auszubreiten. Blitze zucken zu allen Seiten<br />

heraus. Christus wird in der rechten unteren Bildecke aufrecht im<br />

Sarkophag sitzend gezeigt. Seine Hand erfasst die Sarkophagwand, als<br />

würde er sich jeden Moment erheben. Der Künstler zeigt seine Gestalt<br />

ebenfalls als Lichtkörper, indem er ein subtiles Licht von ihm ausstrahlen<br />

lässt. In der linke Bildecke fallen Wachen zu Boden und verlängern so die Bewegung der<br />

angehobenen Grabplatte. Rembrandt legte in diesem Bild den Fokus besonders auf die Macht<br />

Gottes und deren Ausführung durch einen Engel.<br />

2


Die Darstellungsweise der Aufnahme Christi in den Himmel kann in zwei Typen unterteilt<br />

werden: Einerseits findet sich (in der östlichen Bildkunst) ein 1.) passives aufgenommen werden<br />

und andererseits (in der westlichen Form) ein 2.) aktives Handlungsmoment Christi: das<br />

Einsteigen in den Himmelswagen, der Aufflug in Form eines Sprung- bzw. Laufschritts<br />

(Sprungchristologie), welcher an die Flugbewegung der Auferstehungsdarstellungen anknüpft.<br />

So sind die Auffahrt im Himmelswagen und das Sprungschrittmotiv sowie das Emporschweben,<br />

häufige Darstellungsformen der Himmelfahrt. Die Christusfigur kann auch mit Hilfe von Engeln<br />

hinaufgetragen werden. Ein weiterer Aspekt der in diesen Bildwerken aufscheint, ist die<br />

Darstellung Gottes. Seine Präsenz kann durch eine Hand angedeutet werden, die sich Christus<br />

aus dem Himmel entgegenstreckt. Gott wird auch als Regenbogen bzw. himmlische Zone<br />

visualisiert. In manchen späteren Darstellungen kommt es zu einer Zerschneidung der<br />

Christusfigur. Im Zuge dessen verschwindet der Oberkörper hinter dem oberen Bildrand, bis zur<br />

alleinigen Darstellung der Füße (Fußmotiv). Dies erzeugt im Betrachter – wohl in beabsichtigter<br />

Anlehnung an die Gefühle der christlichen Urgemeinde – einen starken Entzogenheitsmoment.<br />

Das Elfenbeinrelief eines unbekannten Künstlers aus Köln um 1065 zeigt<br />

Christus von hinten, im Sprungschritt in wirbelartigem Aufflug. Der Körper<br />

ist ab dem Becken seitlich eingedreht, während sich die Beine<br />

überschränken. Gottes Hand, im Zentrum des oberen Bildrandes, erfasst<br />

die Hand Christi. Die Handreichung wird von zwei Flügeln und Engeln<br />

eingerahmt. Im oberen Bildbereich sind links und rechts davon Engelpaare<br />

auf Wolken dargestellt. Zwei Engel an der Seite von Christus stützen die<br />

Aufwärtsbewegung und schauen dabei hinab. Darunter ist eine große und<br />

dynamische Ansammlung von Menschen zu sehen. Sie schauen hinauf,<br />

haben ihre Arme emporgehoben, diskutieren untereinander oder greifen sich vor Erstaunen an<br />

den Kopf. Eine geöffnete Hand, direkt am Fuß der Christusfigur, scheint Christus sogar in seinem<br />

Emporflug zu unterstützen.<br />

Das Evangeliar aus Echternach (11. Jh.) zeigt Christus frontal in die Höhe<br />

schwebend. Er ist mit Heiligenschein, weißem Untergewand und einem<br />

roten Mantel angetan, sowie mit erhobenen Armen und einem<br />

emporgerichteten Blick dargestellt. Gott wird im oberen Bildbereich als<br />

Farbbogen bzw. himmlische Zone angedeutet. Im innersten Bereich sind<br />

Sterne abgebildet. Die Christusfigur hat die äußersten Farbringe bereits<br />

überschritten und befindet sich mit dem Kopf in der Sternenzone. Unter<br />

ihm sind Engel abgebildet, die ihre offenen Hände unter Christus<br />

positioniert haben. Sie stehen auf einer hügelartigen bunten Erhebung und<br />

schauen auf die Jünger hinab, welche in Gebetshaltung ehrfürchtig nach<br />

oben Blicken.<br />

In Rembrandts Himmelfahrt Christi (1639) schwebt Christus auf einer von<br />

Engeln getragenen Wolke einem Licht in der oberen Bildmitte entgegen.<br />

Das Licht emaniert aus einer grell leuchtenden Taube mit Strahlenkranz<br />

und wirkt als hätte es den Himmelsraum aufgebrochen. Christus ist frontal<br />

mit offenen Armen (Typus der Hingabe) und emporgerichteten Blick<br />

dargestellt. Das Licht wird stark auf dem weißen Gewand von Christus<br />

reflektiert und fällt schließlich gebrochen auf den Jüngerkreis im unteren<br />

Bildbereich, der nur einen Abglanz davon erhält. Das Licht trennt den<br />

göttlichen Bereich visuell von der irdischen Welt. Die Jünger sind mit<br />

ergriffenen Gesichtsausdrücken und erhobenen Armen dargestellt.<br />

Kinderengel heben die Wolke verspielt und mit Leichtigkeit dem Licht entgegen und ringsum<br />

tauchen weitere aus den Wolken auf. Wie Röntgenaufnahmen zeigten, war im oberen<br />

Bildbereich ursprünglich Gott dargestellt. Das Motiv der Auffahrt in die Arme des himmlischen<br />

Vaters existierte schon vorher.<br />

3


In die Zeit zwischen Auferweckung und Himmelfahrt fallen mehrere Begegnungen, des leiblich<br />

auferstandenen Jesus Chrisuts, mit seinen Jüngern und anderen Menschen. Auch diese Szenen<br />

fanden reichen Niederschlag in der Bildkunst, beispielsweise das Treffen mit Maria Magdalena<br />

im Garten, das Auftreten Jesu vor einem Kreis seiner Jünger (mit der damit verbundenen<br />

Bekehrung des Apostels Thomas) sowie das Abendmahl auf dem Weg nach Emmaus, bei dem<br />

zwei Jünger den Auferstandenen erkennen (Lk. 24, 13-35). In diesen Darstellungen erhält die<br />

Visualisierung des verklärten Lichtleibes und die Thematik der Berührung (tangere me und noli<br />

tangere me) eine besondere Bedeutung.<br />

Die ikonographische Entwicklung der Osterdarstellungen ist sehr komplex und facettenreich. Im<br />

Rahmen dieses Artikels konnte nur ein kleiner Ausschnitt gezeigt werden. Die hervorstechende<br />

Merkmale der behandelten Bilder betreffen die Visualisierung von Körperlichkeit und die<br />

narrativen Elemente der Ostererzählung. Zentral ist das Siegesmotiv, im Sinne der Überwindung<br />

des Todes durch Jesus Christus. Dieser wird als Lichterscheinung dargestellt, wobei das<br />

Verhältnis von Licht, Körper und Umgebung unterschiedlich umgesetzt werden kann. Der<br />

verklärte Leib erscheint im Typus der schwebenden Christusfigur, als ein vergeistigter<br />

Luftkörper. Das subtile Aufgehen in bestimmte Lichtverhältnisse und der Hinaufflug in den<br />

Himmel, wurden in der Verbildlichung bis zur Perfektion getrieben. Betrachter treffen in den<br />

Bildwerken auf unterschiedliche Formen von Gottesdarstellungen, etwa Gottes Hand aus dem<br />

Himmel, sowie die Regenbogen- und Lichtsymbolik. Insgesamt fällt den Engeln eine wichtige<br />

Bedeutung zu, vor allem die Unterstützung bei der Graböffnung und dem Aufflug. Das Verhältnis<br />

zwischen der Macht Gottes und der Eigenmächtigkeit Christi kann ebenfalls durch die<br />

Lichtverhältnisse veranschaulicht werden.<br />

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