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Michael Schramm - Lehrstuhl für Katholische Theologie und ...

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Genau das aber tut die zweite Form von Gerechtigkeitsbegriffen: Sie benennt keinen thematischen<br />

Gegenstandsbereich innerhalb der sozialen Gerechtigkeit, sondern gibt ein Entscheidungskriterium<br />

an die Hand, was als gerecht anzusehen ist. Das ist z.B. der Fall bei<br />

dem Begriff der Leistungsgerechtigkeit: Gerecht ist es, sagt dieses Gerechtigkeitskriterium,<br />

wenn Leistungen angemessen honoriert werden.<br />

Zunächst hier zur ersten Gerechtigkeitsform: Es gibt eine Vielfalt unterschiedlicher Themen,<br />

die uns mit Problemen der sozialen oder institutionellen Gerechtigkeit konfrontieren:<br />

Da wären etwa Fragen der politischen Gerechtigkeit (im engeren Sinn: z.B. Recht <strong>und</strong><br />

Grenzen der Meinungsfreiheit oder Fragen eines fairen Zugangs zu öffentlichen Ämtern<br />

usw.),<br />

dann Fragen der juridischen Gerechtigkeit (Strafgerechtigkeit, Wiedergutmachung von<br />

Unrecht),<br />

Fragen der Gerechtigkeit bei ökonomischen Problemen (z.B. Steuergerechtigkeit),<br />

Fragen der Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern<br />

oder Fragen der Gerechtigkeit gegenüber Familien mit Kindern (Familiengerechtigkeit)<br />

oder eben Fragen der Gerechtigkeit zwischen den Generationen („intergenerationelle Gerechtigkeit“)<br />

in Bezug auf das Rentensystem etwa oder im Rahmen des Ökoproblems,<br />

oder schließlich Fragen internationalen oder globalen Gerechtigkeit (Nord-Süd-Fragen,<br />

fairer Zugang zu den Weltmärkten usw.).<br />

Gerechtigkeitsbegriffe dieser Art, also Begriffe wie Steuergerechtigkeit, Familiengerechtigkeit<br />

oder intergenerationelle Gerechtigkeit bezeichnen Themen, (noch) nicht aber Entscheidungskriterien<br />

da<strong>für</strong>, wann <strong>und</strong> warum bestimmte Lösungen als gerecht oder ungerecht einzustufen<br />

sind. Der letzteren Frage wollen wir uns nun zuwenden.<br />

E. Unterschiedliche Gerechtigkeitstypen im Sinne inhaltlicher Entscheidungsprinzipien<br />

Nachdem wir bisher also die Bereiche sowie die Themenfelder der Gerechtigkeit angesprochen<br />

haben, kommen wir nunmehr zum schwierigsten Teil des Unternehmens: zu den unterschiedlichen<br />

Gerechtigkeitstypen im Sinne inhaltlich differierender Entscheidungsprinzipien.<br />

Wenn es um die Kuchenverteilung bei einem Kindergeburtstag geht, könnte man<br />

nach dem Prinzip einer egalitär ansetzenden Verteilungsgerechtigkeit vorgehen<br />

<strong>und</strong> jedem Kind ein gleich großes Stück zuteilen, man könnte aber auch nach dem<br />

Prinzip der Bedarfsgerechtigkeit vorgehen <strong>und</strong> einem Kind, von dem man weiß,<br />

dass es nichts zu Mittag gegessen hat, ein größeres Stück zubilligen, während man<br />

einem anderen Kind, das nachweislich vor dem Kindergeburtstag schon eine Tüte<br />

Kartoffelchips verdrückt hat, ein entsprechend kleineres Stück zuteilt, <strong>und</strong><br />

schließlich könnte man auch nach dem Prinzip der Leistungsgerechtigkeit vorgehen<br />

<strong>und</strong> die Größe der zugeteilten Kuchenstücke danach bemessen, ob die Kinder<br />

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