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Fritz Lang und Lily Latt: Die Geschichte zweier Umwege

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Frage. Sicher war jedoch, daß sie als junge Frau zu den wohlhabenden <strong>und</strong> einflussreichen Kreisen<br />

des Wilhelminischen <strong>und</strong> Weimarer Bürgertums gehörte. Ihr Vater handelte mit Baumaterialien, Holz,<br />

exotischen Täfelungen <strong>und</strong> Furnieren. <strong>Lily</strong> <strong>und</strong> ihr ältere Schwester genossen eine teure Erziehung, es<br />

war jedoch <strong>Lily</strong>, die teure Vorlieben entwickelte. Der Bruder der Mutter war Erich Auerbach, der<br />

Philologe <strong>und</strong> Literaturwissenschaftler, der in den 50er Jahren Professor an der Yale University<br />

wurde. Es stellte sich heraus, daß Herr <strong>Latt</strong>é ihr zweiter Mann war, den sie heirate nachdem ihr erster,<br />

der Physiker Richard Bing, 1929 an Krebs gestorben war. Hans <strong>Latt</strong>é arbeitete als technischer<br />

Mitarbeiter in der Tonfilmindustrie <strong>und</strong> war bei der Tobis verantwortlich für die Ausbildung von<br />

Cuttern. Da <strong>Lily</strong> von Bing eine Tochter hatte, die bei <strong>Lily</strong>s Eltern untergebracht war, zog sie es vor,<br />

die meiste Zeit ihres Ehelebens im Haus der Eltern zu wohnen. Mit <strong>Lang</strong> im Jahre 1933 Berlin in<br />

Richtung Paris zu verlassen, war für sie ein willkommenes Abenteuer. Hans <strong>Latt</strong>é kam ebenfalls nach<br />

<strong>und</strong> zunächst auch ihre Mutter <strong>und</strong> Tochter. Aber für eine gebildete Schönheit wie <strong>Lily</strong> bedeuteten<br />

Exil <strong>und</strong> Emigration erst einmal die Möglichkeit, mit einem der berühmtesten Regisseure in den<br />

Hauptstädten Europas eine kosmopolitische Existenz zu führen. Von Paris aus fuhr sie <strong>Lang</strong> mit dem<br />

Wagen oft nach London <strong>und</strong> Brüssel, in den Süden Frankreichs <strong>und</strong> in die Schweiz. <strong>Die</strong> Schweiz<br />

wurde auch zur Heimat der Tochter, die mit Vettern <strong>und</strong> Cousinen im Haus der Schwester aufwuchs.<br />

<strong>Lang</strong> assistierte sie auf dem Set in Paris, aber oft reiste sie auch nach Deutschland, um<br />

beschlagnamten Besitz frei zu bekommen, oder um den Transport von <strong>Lang</strong>s Kunstgegenständen zu<br />

organisieren, so den einer Sammlung kostbarer Gläser, auf die sie nun in einer Vitrine zeigte.<br />

Jetzt, als Licht gemacht worden war, bemerkte ich die Holztöne <strong>und</strong> Schattierungen im Haus,<br />

Wandtäfelungen, Trennwände, Schalen, eine dekoratives Stück Treibholz auf dem Tisch, Scheite am<br />

Kamin <strong>und</strong> eine Anrichte, die massiv aussah, ohne schwer zu wirken. Das Licht erhellte nun auch die<br />

vielen Messing- <strong>und</strong> Goldgegenstände, die über das Zimmer verteilt waren <strong>und</strong> die Wände<br />

schmückten. Ich dachte eher an MOONFLEET als an METROPOLIS. Der Kamin kam mir bekannt vor.<br />

Ich erinnerte mich an ein Foto von einem der deutschen Arbeitszimmer <strong>Lang</strong>s, auf dem er sich in<br />

einem Stuhl zurücklehnte <strong>und</strong> ein Stoffaffe mit einem offenen Buch in den Händen auf dem<br />

Ziegelvorsprung saß. Auf dem Foto scheint sich <strong>Lang</strong> eher mit dem Affen über den Fotografen lustig<br />

zu machen, als mit dem Fotografen über den Affen. Ich wollte <strong>Lily</strong> nach dem Foto fragen, wir waren<br />

jedoch inzwischen in das Arbeitszimmer gegangen, <strong>und</strong> so vergaß ich es. Es tauchte einige Jahre<br />

später in einem Gespräch Lotte Eisners mit Martje Grohmann, das in Eisners Memoiren<br />

aufgenommen wurde, wieder auf:<br />

M.G.: Ich habe mich beim Lesen seiner Korrespondenz gew<strong>und</strong>ert, daß <strong>Fritz</strong> <strong>Lang</strong> immer von Peter<br />

grüßen läßt (...) bis ich einmal Howard Vernon fragte, ob mit Peter etwa Peter Bogdanovich<br />

gemeint sei, aber der lachte <strong>und</strong> erklärte mir <strong>Lang</strong>s Liebe zu seinem Stoff-Schimpansen, den<br />

er von der einzigen Frau, die er geliebt hat [Gerda Maurus, T.E.], bekommen hätte.<br />

L.E.: Ich habe bei <strong>Lang</strong> einmal ein Photo von seinem Haus in Dahlem gesehen, <strong>und</strong> da sah ich den<br />

Affen hinten auf dem Schreibtisch sitzen. Er war ein alter Fre<strong>und</strong>. <strong>Fritz</strong> hat ihn mit ins Grab<br />

genommen. 14<br />

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