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Fallsammlung 2005 Druck - Simon Schlauri

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Prof. Dr. Rolf Watter September <strong>2005</strong><br />

Dr. Marcel Giger<br />

Dr. Peter R. Isler<br />

PD Dr. Andreas Kellerhals<br />

Dr. <strong>Simon</strong> <strong>Schlauri</strong><br />

Vorlesung Nr. 189-194: Übungen im Handels- und Wirtschaftsrecht<br />

Wintersemester <strong>2005</strong>/2006<br />

<strong>Fallsammlung</strong> auch online verfügbar auf der Website Lehrstuhl Zäch:<br />

http://www.rwi.unizh.ch/zaech<br />

An die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Übungen im Handels- und Wirtschaftsrecht<br />

In dieser mehrfach parallel geführten Lehrveranstaltung werden die Studenten wie folgt in sechs<br />

Gruppen eingeteilt:<br />

Gruppe 1: Teilnehmer mit den Anfangsbuchstaben A - C<br />

Gruppe 2: " " " " D - G<br />

Gruppe 3: " " " " H - L<br />

Gruppe 4: " " " " M - O<br />

Gruppe 5: " " " " P - S<br />

Gruppe 6: " " " " T - Z<br />

Die Gruppe 1 ist fest Prof. Watter zugeteilt, die Gruppe 4 Dr. Isler. In den übrigen Gruppen besprechen<br />

die anderen drei Dozenten ihre Fälle in verschiedener Reihenfolge.<br />

Die Übungen finden ohne Pause von 10.15 bis 11.45 Uhr statt. Jede Studentengruppe hat ihren<br />

festen Hörsaal, welcher anfangs Oktober am Anschlagbrett der Universität und unter<br />

http://www.rwi.unizh.ch/zaech bekannt gegeben wird.<br />

Auf S. 3 ist das Rotationssystem der Dozenten und die von ihnen in den einzelnen Gruppen behandelten<br />

Fälle dargestellt.<br />

Fälle und Fallbearbeitungen:<br />

Die Fälle 4 und 7 bei Prof. Watter, 10, 11, 12 und 13 bei Dr. Isler und 15 bis 22 bei den anderen<br />

Dozenten stehen den Angehörigen derjenigen Gruppen, in denen die Fälle besprochen werden, zur<br />

schriftlichen Bearbeitung zur Verfügung. Um eine ausgewogene Verteilung der Fallbearbeitungen<br />

zu gewährleisten, werden pro Fall höchstens 30 Arbeiten zugelassen. Wer eine schriftliche Fallbearbeitung<br />

abgeben will, hat sich vorgängig beim Sekretariat des Europa Institutes, Hirschengraben<br />

56, 8001 Zürich in einer Liste einzutragen. Pro Abgabetermin darf nur eine Fallbearbeitung reserviert<br />

werden. Der Umfang der schriftlichen Bearbeitung soll 12 Seiten nicht übersteigen.


Abgabetermine und Zustellung<br />

Fälle Nr. 4 (Watter), 10 und 11 (Isler)<br />

15-18 (übrige Dozenten) : bis zum 24. Oktober <strong>2005</strong><br />

Fälle Nr. 7 (Watter), 12 und 13 (Isler)<br />

19-22 (übrige Dozenten) : bis zum 5. Dezember <strong>2005</strong><br />

Die schriftlichen Arbeiten sind bis zum Abgabetermin an den für den Fall zuständigen Dozenten<br />

an folgende Adresse zu senden oder an der genannten Adresse abzugeben:<br />

Prof. Dr. Rolf Watter<br />

Bär & Karrer<br />

Brandschenkestrasse 90, 8027 Zürich<br />

Dr. Marcel Giger<br />

Baker & McKenzie<br />

Zollikerstrasse 225, 8034 Zürich<br />

Dr. Peter R. Isler<br />

Niederer Kraft & Frey<br />

Bahnhofstrasse 13, 8001 Zürich<br />

PD Dr. Andreas Kellerhals<br />

Europa Institut Zürich<br />

Hirschengraben 56, 8001 Zürich<br />

Dr. <strong>Simon</strong> <strong>Schlauri</strong><br />

Rechtswissenschaftliches Institut<br />

Freiestrasse 15, 8032 Zürich<br />

Stempel und Seminarschein<br />

Die Arbeiten werden bewertet und bei genügender Leistung mit einem Stempel versehen.<br />

Studenten der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät haben ihrer Arbeit einen Seminarschein<br />

beizulegen.<br />

2


Schema des Rotationssystems<br />

Gruppe 1 2 3 4 5 6<br />

3<br />

Isler Kellerhals <strong>Schlauri</strong><br />

28.10.<strong>2005</strong> Fall 8 Fall 18 Fall 15<br />

Watter Giger <strong>Schlauri</strong><br />

04.11.<strong>2005</strong> Fall 1 Fall 16 Fall 15<br />

Isler <strong>Schlauri</strong> Kellerhals<br />

11.11.<strong>2005</strong> Fall 9 Fall 15 Fall 18<br />

Watter <strong>Schlauri</strong> Giger<br />

18.11.<strong>2005</strong> Fall 2 Fall 15 Fall 16<br />

Isler Giger <strong>Schlauri</strong><br />

25.11.<strong>2005</strong> Fall 10 Fall 16 Fall 17<br />

Watter Kellerhals <strong>Schlauri</strong><br />

02.12.<strong>2005</strong> Fall 3 Fall 18 Fall 17<br />

Isler <strong>Schlauri</strong> Giger<br />

09.12.<strong>2005</strong> Fall 11 Fall 17 Fall 16<br />

Watter <strong>Schlauri</strong> Kellerhals<br />

16.12.<strong>2005</strong> Fall 4 Fall 17 Fall 18<br />

Isler Kellerhals <strong>Schlauri</strong><br />

23.12.<strong>2005</strong> Fall 12 Fall 19 Fall 21<br />

Watter Kellerhals <strong>Schlauri</strong><br />

13.01.2006 Fall 5 Fall 19 Fall 21<br />

Isler <strong>Schlauri</strong> Giger<br />

20.01.2006 Fall 13 Fall 21 Fall 20<br />

Watter <strong>Schlauri</strong> Kellerhals<br />

27.01.2006 Fall 6 Fall 22 Fall 19<br />

Isler Giger <strong>Schlauri</strong><br />

03.02.2006 Fall 14 Fall 20 Fall 22<br />

Watter Giger <strong>Schlauri</strong><br />

10.02.2006 Fall 7 Fall 20 Fall 22


Rolf Watter<br />

Übungen im Handels- und Wirtschaftsrecht WS <strong>2005</strong>/2006<br />

_________________________________________________________________________<br />

Fall 1 vom 4. November <strong>2005</strong><br />

Vergleich Personengesellschaft / AG<br />

A, B und C waren bereits in ihren Studienjahren erfolgreich im Werbegeschäft (speziell<br />

sogenanntem "direct marketing") tätig. Als der Umsatz eine gewisse Grösse<br />

erreichte, liessen sich die drei unter der Firma "A & Co., direct marketing" als Kollektivgesellschaft<br />

im Handelsregister eintragen. Nach einigen Jahren der Geschäftstätigkeit<br />

konnten die drei ihren Hauptkonkurrenten, die X-AG übernehmen. A,B und<br />

C hielten fortan an dieser Gesellschaft je einen Drittel der Aktien und wählten sich<br />

auch in den Verwaltungsrat, wie in der Kollektivgesellschaft mit jeweils unbegrenzter<br />

Einzelunterschrift.<br />

Aus diversen Gründen (u.a. Kontinuität im Auftreten nach aussen, Steuern) wickelten<br />

die Partner fortan Geschäfte teils über die Kollektivgesellschaft, teils über<br />

die AG ab.<br />

Eines Tages erscheinen B und C bei Ihnen und eröffnen folgendes: Sie hätten<br />

erfahren, dass A sich an einer neugegründeten Konkurrenzfirma, der Z AG, mehrheitlich<br />

beteiligt habe und dieser Gesellschaft auch Geschäfte vermittle, die von<br />

potentiellen Kunden eigentlich an die A & Co. (oder die X-AG) herangetragen würden.<br />

Als Verwaltungsrat und Geschäftsführer der Z AG agiere D, offenbar ein<br />

Strohmann.<br />

Der eigentliche Skandal liege aber in der Tatsache, wie A sich diese Beteiligung<br />

finanziert habe: er habe nämlich persönlich ein Bankdarlehen über CHF 800'000<br />

aufgenommen und dieses mit zwei Solidarbürgschaften über je CHF 450'000 namens<br />

der Kollektivgesellschaft und der AG besichert.<br />

A hätten sie bereits zur Rede gestellt, man sei aber im Streit voneinander geschieden.<br />

B und C wollen nun von Ihnen wissen, ob und wie sie dem konkurrierenden<br />

Treiben von A Einhalt gebieten, ob sie A für seine Handlungen zur Verantwortung<br />

ziehen und wie sie verhindern können, dass A weiterhin für die Kollektivgesellschaft<br />

und die AG handelt. Im weiteren wollen B und C wissen, ob die Kollektivgesellschaft<br />

und die AG die von A eingegangenen Bürgschaften nötigenfalls honorieren müssen.<br />

4


Rolf Watter<br />

Übungen im Handels- und Wirtschaftsrecht WS <strong>2005</strong>/2006<br />

_________________________________________________________________________<br />

Fall 2 vom 18. November <strong>2005</strong><br />

Vertretungsmacht,<br />

Auskunfts- und Einsichtsrecht des Aktionärs<br />

Anna ist Aktionärin mit einer Beteiligung von 20% an der X AG, die Handelsgeschäfte<br />

betreibt. 30% der Aktien werden von Bruno gehalten, der gleichzeitig einziger<br />

Verwaltungsrat der X AG ist.<br />

Eines Tages erscheint Anna bei Ihnen mit folgendem Anliegen: Sie hätte gerüchteweise<br />

gehört, dass Bruno eine der X AG gehörende Wohnung zu sehr günstigen<br />

Konditionen an seinen Bruder veräussert habe, wahrscheinlich zu etwa 50%<br />

des Verkehrswertes.<br />

Konkret will Anna nun von Ihnen wissen<br />

(a) Wie sie Details über den Verkauf in Erfahrung bringen könnte?<br />

(b) Was sie unternehmen sollte, falls sich das Gerücht bewahrheite und die Wohnung<br />

tatsächlich so billig verkauft worden sei?<br />

5


Rolf Watter<br />

Übungen im Handels- und Wirtschaftsrecht WS <strong>2005</strong>/2006<br />

_________________________________________________________________________<br />

Fall 3 vom 2. Dezember <strong>2005</strong><br />

Verantwortlichkeitsklage<br />

Eines Morgens erscheint Adrian Gämperli in Ihrer soeben eröffneten Anwaltskanzlei<br />

und erzählt Folgendes:<br />

Er, Adrian Gämperli, sei Eigentümer von 40% der Aktien der EAT Euro-Arab<br />

Trading Holding AG (im allgemeinen EAT Holding genannt) mit Sitz in Zürich; diese<br />

Aktien habe er vor vier Jahren von seinem Vater geerbt. 55% der Aktien würden<br />

von Alain «Al» Meyer gehalten, der die EAT Gruppe vor zwanzig Jahren mit Vater<br />

Gämperli gegründet habe, die restlichen 5% von Kindern und der Ehefrau Meyers.<br />

Verwaltungsräte der EAT Holding seien Al Meyer, sein Sohn Jack und Dr. Avare, ein<br />

Rechtsanwalt.<br />

Die EAT Holding sei unter anderem 100% Aktionärin der EAT Trading AG, die<br />

auf die Vermittlung von Handelsgeschäften mit dem Nahen Osten spezialisiert sei.<br />

Einziger Verwaltungsrat dieser in Stans domizilierten Gesellschaft sei Dr. Avare, Al<br />

Meyer führe aber Einzelunterschrift als Direktor.<br />

Dank jahrelanger Kontaktpflege im Emirat X hätte im Sommer 2001 - kurz<br />

nach Vater Gämperlis Tod - ein Riesengeschäft durch die EAT Trading vermittelt<br />

werden können, unter welchem ein deutsch-schweizerisches Konsortium eine Salzwasseraufbereitungsanlage<br />

habe erstellen können. Für die Vermittlung habe die<br />

EAT Trading Provisionen von 2% des Auftragswertes vom Konsortium (jeweils bei<br />

Zahlungseingang) bekommen, nach Gämperlis Vermutungen 2002 CHF 5 Mio.,<br />

2003 6 Mio., 2004 3 Mio.<br />

Die EAT Trading habe allerdings für das Geschäftsjahr 2001 keine Dividenden<br />

an die EAT Holding ausgeschüttet und für die Jahre 2002 bis 2004 nur je CHF<br />

300'000, dies obwohl die EAT Trading keinen Aktivitäten nachgegangen sei, welche<br />

den Ertrag aus den eingegangenen Provisionen hätte nennenswert schmälern können.<br />

Nachdem mehrere Briefe an Al Meyer, in welchen Gämperli Auskunft über die<br />

Verwendung der Gelder verlangte, nichts gefruchtet hätten, habe er von Jack in<br />

einer feucht-fröhlichen Nacht folgendes erfahren:<br />

Sein Vater habe anfangs 2001 umfangreiche Schwarzzahlungen an Beamte des<br />

Emirates leisten müssen, um das Geschäft tatsächlich vermitteln zu können. Er habe<br />

deshalb vom Konto der EAT Trading die entsprechenden Beträge - total CHF 3<br />

Mio. - bezogen. Im weiteren belaste Al Meyer der EAT Trading auch den Betrieb<br />

seines Privatflugzeuges und die Kosten seiner Villa in St. Tropez, was im Jahr mehr<br />

als CHF 1 Mio. koste und gerechtfertigt sei, weil er Flugzeug und Villa jeweils auch<br />

gegenwärtigen und künftigen Geschäftspartnern zur Verfügung stelle. Schliesslich<br />

habe der Verwaltungsrat der EAT Trading seinem Vater einen Spezialbonus von<br />

CHF 1 Million - dies neben dem jährlichen Gehalt von CHF 850'000 - und ihm, Jack<br />

6


7<br />

ebenfalls CHF 300'000 ausbezahlt. In Anbetracht dieser Aufwendungen seien die an<br />

die EAT Holding überwiesenen Dividenden durchaus angemessen.<br />

Auf Ihre Frage erklärt Gämperli, er hätte dem Verwaltungsrat stets Décharge<br />

erteilt, gedenke nun aber, diese an der nächsten Generalversammlung zu verweigern.


Rolf Watter<br />

Übungen im Handels- und Wirtschaftsrecht WS <strong>2005</strong>/2006<br />

_________________________________________________________________________<br />

Fall 4 vom 16. Dezember <strong>2005</strong><br />

Zur schriftlichen Bearbeitung<br />

Firmenzusammenschluss / Neues Fusionsrecht<br />

Anton ist der Spross einer alten Fabrikantenfamilie, welche heute noch mit knapper<br />

Mehrheit die A&A AG beherrscht, die Textilien fabriziert. Anton ist Eigentümer von<br />

170’000 Aktien (nominal CHF 10); er sitzt zusammen mit seinen Schwestern Ada<br />

und Anne, welche je 50’000 Aktien besitzen, im Verwaltungsrat der A&A AG. Die<br />

übrigen Aktien sind breit gestreut.<br />

Die Bilanz der A&A AG sieht vereinfacht folgendermassen aus:<br />

in 1'000<br />

Umlaufvermögen 2'000 Bankdarlehen 7'000<br />

Liegenschaften 20'000 Reserven 10'000<br />

AK 5'000<br />

In den vergangenen Jahren erwirtschaftete die Gesellschaft keinen Gewinn.<br />

Bettina ihrerseits hat sich eine Modekette (die B Mode AG) aufgebaut und hält<br />

100% der Aktien dieser Gesellschaft; ferner ist sie einzige Verwaltungsrätin. Die<br />

Bilanz dieser Gesellschaft sieht folgendermassen aus:<br />

in 1'000<br />

Umlaufvermögen 2'000 Bankdarlehen 4'000<br />

Anlagevermögen 3'000 AK 1'000<br />

Die B Mode AG hat letztes Jahr keinen Gewinn erwirtschaftet, es wird ihr allgemein<br />

aber eine rosige Zukunft vorausgesagt.<br />

Anton und Bettina haben sich vor einem Jahr kennen und lieben gelernt; vor einem<br />

Monat haben sie geheiratet. Die geschäftlich gewiefte Bettina tritt nun mit dem Plan<br />

an Anton heran, die A&A AG und die B Mode AG - sozusagen parallel zur privaten<br />

Verbindung - miteinander zu vereinigen und zwar so, dass Anton und Bettina die<br />

Mehrheit an der Gesamtunternehmung erreichen.<br />

8


9<br />

Im Detail sei - so Bettina - folgendermassen vorzugehen: In Anbetracht der Substanz-<br />

und Ertragswerte der Gesellschaften erachte sie die A&A AG als ca. CHF<br />

15'000'000 wert, die B Mode AG CHF 5'000'000. Ergo würden in einer Fusion 1 Aktie<br />

der B Mode AG (Nennwert CHF 100) gegen 16.66 Aktien der A&A AG umgetauscht<br />

werden; mit anderen Worten hätte die A&A AG ihr total 166'600 Aktien<br />

auszuhändigen (samt CHF 2'000 als sogenannter Spitzenausgleich).<br />

Zusammen wären Anton und Bettina dann Eigentümer von 336'600 Aktien, mithin<br />

hätten sie 50.5% der Stimmen im vereinigten Unternehmen.<br />

Alternativ könnte Anton die A&A AG veranlassen, der B Mode AG deren Geschäftsbetrieb<br />

für CHF 5'000'000 abzukaufen. Um der A&A AG keine Liquiditätsprobleme<br />

zu verschaffen, würde die B Mode AG den Kaufpreis als Darlehen an die A&A AG<br />

behandeln (bzw. ihr Guthaben in dieses Darlehen umwandeln). Anschliessend würde<br />

die A&A AG ihr Kapital erhöhen und die B Mode AG die Aktien gegen Verrechnung<br />

mit ihrem Darlehen zeichnen.<br />

Anton ist von diesem Plan begeistert und wendet sich an Sie als alte(r) Bekannte(r),<br />

um von Ihrem juristischen Wissen zu profitieren. Er bittet Sie,<br />

(a) zu prüfen, ob (und wie) die Idee von Bettina überhaupt durchführbar sei, namentlich<br />

auch nach dem neuen Fusionsgesetz und von wem er gegebenenfalls<br />

mit Klagen zu rechnen habe – er gibt dabei zu bedenken, dass sich seine Bank,<br />

der die A&A AG CHF 7'000'000 schulde, gegen das Projekt ausgesprochen habe;<br />

(b) die bessere Variante zu wählen, dies unter der Annahme, dass seine Schwestern<br />

(wie stets) in seinem Sinne entscheiden, die lästigen Drittaktionäre aber<br />

zumindest teilweise alles unternehmen würden, um die Ausführung des Planes<br />

zu behindern.


Rolf Watter<br />

Übungen im Handels- und Wirtschaftsrecht WS <strong>2005</strong>/2006<br />

_________________________________________________________________________<br />

Fall 5 vom 13. Januar 2006<br />

Prospekthaftpflicht<br />

Ihr Freund Max hat vor ein paar Wochen von seinem Onkel einen kleinen Garagenbetrieb<br />

geerbt (eine Einzelfirma), in dem unter anderem auch ein kleines, stadttaugliches<br />

Elektromobil (der «Elektrolino») entwickelt wurde. Max ist seit längerem<br />

in einer Bank tätig und bezeichnet sich gerne als «Investment Banker».<br />

Vor zwei Tagen hat ein Autokonzern Max für sämtliche Rechte am Elektrolino CHF<br />

300'000 geboten, wobei signalisiert wurde, dass man nötigenfalls bereit sei, auch<br />

den ganzen Garagenbetrieb für CHF 400'000 zu übernehmen.<br />

Max eröffnet Ihnen gegenüber nun nach einem Squash-Spiel, dass er plane, seine<br />

Erbschaft mit etwas «financial engineering» aufzubessern, wobei er auf juristische<br />

Hilfe angewiesen sei. Im einzelnen plane er, folgendermassen vorzugehen:<br />

1. Sie selber, Max und sein Bruder Edi würden eine AG (die «Max Future Car AG»)<br />

gründen, wobei vom Grundkapital von CHF 1'000'000 folgende Anteile übernommen<br />

würden:<br />

Edi 1 Aktie à CHF 100 CHF 100<br />

Sie 900 Aktien à CHF 1'000 CHF 900'000<br />

Max 999 Aktien à CHF 100 CHF 99'900<br />

Max erläutert Ihnen weiter, dass er Standardstatuten verwenden würde, dies<br />

mit dem einzigen Zusatz: Jede Aktie hat an der Generalversammlung eine<br />

Stimme.<br />

Das Geld für die Gründung würde er bei der Bank problemlos (als Darlehen) erhalten.<br />

Sie selber und Edi würden nur treuhänderisch tätig sein.<br />

2. Ein paar Tage nach der Gründung würde die Max Future Car AG von Max den<br />

gesamten Garagenbetrieb für CHF 800'000 erwerben.<br />

10


11<br />

3. Mit einem Zeitungsinserat folgenden Wortlautes in diversen «grünen» Publikationen<br />

würden sodann Investoren gesucht werden:<br />

«Verbinden Sie Umweltschutz mit einer interessanten Anlagemöglichkeit:<br />

Investoren können sich am zukunftsträchtigen Markt der<br />

Elektromobile beteiligen. Wir bieten 0.1% des Grundkapitals der<br />

Max Future Car AG, die sämtliche Rechte am bekannten Elektrolino<br />

besitzt, für CHF 1'300 (nominal CHF 1'000).»<br />

Investoren (die nach Maxens Erfahrung problemlos gefunden würden) würden<br />

von Ihnen die Aktien kaufen. Den Erlös hätten Sie einerseits zur Tilgung Ihres<br />

Bankdarlehens (von CHF 900'000) zu verwenden, den Rest hätten Sie Max abzuliefern.<br />

4. Nach erfolgter Plazierung (ca. 5 Wochen nach der Gründung) würde die AG Ihnen<br />

CHF 50'000 für Ihre Bemühungen ausrichten, ferner Max ein Honorar von<br />

CHF 150'000 für Beraterdienste.<br />

5. Schliesslich würde Max sein Paket für CHF 300'000 an den Autokonzern verkaufen,<br />

der letztlich nur daran interessiert sei, den Elektrolino solange vom<br />

Markt fernzuhalten, bis er ein eigenes Fahrzeug entwickelt habe. Dazu genüge<br />

dem Konzern die kontrollierende Mehrheit, weshalb sich der geplante Kaufpreis<br />

fast sicher realisieren lasse.<br />

6. Netto hätten damit Sie selber CHF 50'000 in der Tasche, Max (samt Edis Anteil)<br />

CHF 1'420'000.<br />

Max will Ihnen eine Woche Zeit lassen, um zu entscheiden, ob Sie mit von der<br />

Partie sind. Analysieren Sie die rechtliche Machbarkeit, bzw. die potentiellen Gefahren<br />

jeden Schrittes unter der Annahme, dass die tatsächlichen Voraussagen von<br />

Max (beispielsweise bezüglich der Tatsache, dass alle Aktien verkauft werden können)<br />

korrekt sind, weiter unter der Annahme dass der Autokonzern den weiteren<br />

Vertrieb des Elektrolino weitgehend verzögert und die Investoren damit keine Dividenden<br />

erhalten (oder die Max Future Cars AG gar pleite geht).


Rolf Watter<br />

Übungen im Handels- und Wirtschaftsrecht WS <strong>2005</strong>/2006<br />

_________________________________________________________________________<br />

Fall 6 vom 27. Januar 2006<br />

Finanzierungsfragen<br />

Der Verwaltungsrat der Otto Dahm AG, einer grösseren, erfolgreichen Gesellschaft,<br />

deren Aktien an der SWX gehandelt werden, möchte die Amadeo AG erwerben,<br />

welche u.a. Produkte der Otto Dahm AG vertreibt.<br />

Die 3 Aktionäre der Amadeo AG, die alle auch aktiv im Geschäft tätig sind, sind<br />

zu einem Verkauf bereit; der in Vorgesprächen geforderte Preis von total Fr.<br />

8'000'000.-- für alle Aktien plus Gewinnbeteiligung über die nächsten Jahre erscheint<br />

dem Verwaltungsrat der Otto Dahm AG angemessen.<br />

Die Otto Dahm AG verfügt nicht über die nötigen Barmittel, um den Verkauf<br />

abzuwickeln; im weiteren wurde ihr seitens verschiedener Banken signalisiert, dass<br />

ein Bankkredit in Anbetracht zweier erst kürzlich erfolgter, bankfinanzierter Gesellschaftskäufe<br />

nicht in Betracht komme.<br />

Da der Kurs der Aktien der Otto Dahm AG sich in jüngerer Zeit positiv entwickelt<br />

hat, möchte der Verwaltungsrat den Kauf mittels Ausgabe eigener Aktien (an<br />

das Publikum oder die Verkäufer) oder mit einer Wandelobligation finanzieren. Die<br />

Gewinnbeteiligung möchte er ebenfalls durch Ausgabe von Aktien sicherstellen, z.B.<br />

über ein Optionsmodell.<br />

Als soeben eingestellter einzige(r) Mitarbeiter(in) der Rechtsabteilung haben<br />

Sie die Aufgabe erhalten, dem Verwaltungsrat das technische Vorgehen bei den<br />

verschiedenen Varianten darzulegen und Vor- und Nachteile jeder Variante aufzuzeigen.<br />

Im weiteren haben Sie eine Empfehlung abzugeben, wie die Gewinnbeteiligung<br />

strukturiert werden könnte.<br />

12


Rolf Watter<br />

Übungen im Handels- und Wirtschaftsrecht WS <strong>2005</strong>/2006<br />

_________________________________________________________________________<br />

Fall 7 vom 10. Februar 2006<br />

Zur schriftlichen Bearbeitung<br />

Melderecht / Gruppenbildung / Insiderhandel<br />

Die Beteiligungs-Bank hält per 31. Dezember <strong>2005</strong> 19'000 Inhaber- und 5'000<br />

nicht eingetragene Namenaktien der Serbeling AG, deren total 300'000 Inhaberaktien<br />

(mit einem Nennwert von je CHF 100) und 200'000 Namenaktien (Nennwert je<br />

CHF 20) an der SWX kotiert sind; der Schlusskurs am 3. Januar 2006 war CHF 600<br />

für die Inhaber- und CHF 150 für die Namenaktie.<br />

Die Serbeling AG hat Standardstatuten, bemerkenswert sind lediglich folgende<br />

Klauseln:<br />

„Im Aktienbuch wird nur eingetragen, wer schriftlich erklärt, dass er die Aktien<br />

auf eigene Rechnung erworben hat und auf eigene Rechnung hält und<br />

halten wird; es werden ferner nicht mehr als 5% der Namenaktien auf den<br />

Namen eines Aktionärs eingetragen und kein Aktionär darf mehr als 5% der<br />

Aktien an einer Generalversammlung vertreten. Personen, die in irgendeiner<br />

Art zusammenwirken, gelten als eine Person. Der Verwaltungsrat kann Ausnahmen<br />

von dieser Bestimmung beschliessen.“<br />

„In der Generalversammlung hat jede Aktie eine Stimme.“<br />

Vera Vermehr, gewiefte Investment-Bankerin im Range einer Direktorin bei der<br />

Beteiligungs-Bank, hält die Aktien der Serbeling AG für unterbewertet bzw. ist der<br />

Ansicht, mit einem neuen Verwaltungsrat könne erhebliches Gewinnpotential realisiert<br />

werden; auch stört sie die Aktienstruktur – sie betrachtet nur Gesellschaften<br />

mit Einheitsaktien als den Anforderungen des heutigen Kapitalmarktes angepasst<br />

und möchte (natürlich) auch von der negativen Prämie der Inhaberaktien profitieren.<br />

Veras Analyse der Aktionärsstruktur ergibt Folgendes:<br />

- Kunden der Beteiligungs-Bank mit Vermögensverwaltungsverträgen halten<br />

40'000 Inhaberaktien. Auf dem Standardformular haben diese Kunden der<br />

Beteiligungs-Bank Vollmacht gegeben, alle ihre Titel an Generalversammlungen<br />

abstimmen zu können;<br />

- 24‘000 Inhaberaktien werden vom „Shark Fonds“ gehalten, einem nach Schweizer<br />

Recht organisierten Anlagefonds, dessen Fondsleitung eine Tochtergesellschaft<br />

der Beteiligungs-Bank ist;<br />

13


14<br />

- (gemeldete) 18'000 Namenaktien werden von der Pensionskasse Ruhwohl<br />

gehalten, deren Verwalter mit Vera aufs Gymnasium gegangen ist. Vera geht<br />

davon aus, dass sie mit ihm eine Abmachung treffen kann, wonach ihr die Kasse<br />

Vollmacht für diese Stimmen gibt.<br />

- Je 5'000 Inhaberaktien hält der Verwaltungsratspräsident der Beteiligungsbank<br />

und dessen Ehefrau privat – beide wissen aber nichts von Veras Plänen.<br />

- Die Serbeling AG hält 24'000 Namenaktien.<br />

Vera möchte so bald wie möglich für sich persönlich mit geliehenem Geld Serbeling-Aktien<br />

kaufen, weil sie davon überzeugt ist, dass eine Offenlegung des angestrebten<br />

Kontrollwechsels (und noch mehr der Kontrollwechsel selbst) zu einer<br />

Kurssteigerung führen wird. Gleichzeitig plant sie, Aktien für die Beteiligungsbank<br />

zu kaufen.<br />

Sie sind soeben als juristische(r) Mitarbeiter(in) in die Beteiligungs-Bank eingetreten<br />

und Vera beauftragt sie, ihr in einem Memorandum darzustellen,<br />

(a) wie überhaupt gesellschaftsrechtlich vorzugehen ist, um einen Kontrollwechsel<br />

herbeizuführen;<br />

(b) wie Meldepflichten möglichst lange hinausgezögert werden können, da Geheimhaltung<br />

wichtig sei, wobei es aber auch zentral sei, dass die von ihr identifizierten<br />

Halter von Aktien zu einer Stimmabgabe in Veras Sinn verpflichtet<br />

werden könnten;<br />

(c) ob ihre persönlichen Käufe (insb., aber nicht nur insiderrechtlich) problemlos<br />

seien und/oder ob sie eine Bewilligung der Bank einholen müsse.


Peter R. Isler<br />

Übungen im Handels- und Wirtschaftsrecht WS <strong>2005</strong>/2006<br />

_________________________________________________________________________<br />

Fall 8 vom 28. Oktober <strong>2005</strong><br />

Einfache Gesellschaft?<br />

Frau Tüchtig betreibt ein Talent-Studio für junge Schlagersängerinnen. Fräulein<br />

Wohlklang (20-jährig) liess sich von ihr während einem halben Jahr gegen Bezahlung<br />

in Gesang ausbilden und schloss darauf mit dem "Talent-Studio Elsa Tüchtig"<br />

einen von Frau Tüchtig formulierten "Management-Vertrag" ab. Im Vertrag wurde<br />

sie als Interpretin und das Studio als Managerin bezeichnet.<br />

Im Vertrag wurde Frau Tüchtig das ausschliessliche Recht übertragen, alle öffentlichen<br />

Darbietungen und Schallplattenaufnahmen von Frl. Wohlklang vorzubereiten,<br />

zu fördern, die Beziehungen mit Veranstaltern und Schallplattenfirmen herzustellen<br />

und die Verträge für Frl. Wohlklang abzuschliessen. Frl. Wohlklang war verpflichtet,<br />

alle von Frau Tüchtig abgeschlossenen Verträge zu erfüllen, allen ihren Anweisungen<br />

Folge zu leisten, und sich stets kurzfristig zur Verfügung zu halten und über<br />

ihren jeweiligen Aufenthalt Mitteilung zu machen. Das Studio verpflichtete sich<br />

demgegenüber, die Interpretin weiter zu schulen, für ihre Ausbildung zu zahlen, für<br />

sie zu werben, sie im In- und Ausland bekannt zu machen und ihre finanziellen Interessen<br />

zu vertreten.<br />

Frau Tüchtig war nach Vertrag berechtigt, alle Gagen und sonstigen Entschädigungen<br />

für Auftritte und Schallplatten von Frl. Wohlklang zu vereinnahmen und<br />

davon zunächst alle für Frl. Wohlklang getätigten Aufwendungen abzudecken. Der<br />

verbleibende Gewinn sollte je hälftig zwischen Frau Tüchtig und Frl. Wohlklang<br />

geteilt werden. Ein allfälliger Verlust war von Frau Tüchtig allein zu tragen.<br />

Der Management-Vertrag wurde auf 10 Jahre fest abgeschlossen. Er konnte in dieser<br />

Zeit nur aus wichtigen Gründen vorzeitig aufgelöst werden, so im Falle, dass<br />

Frl. Wohlklang keinen künstlerischen Erfolg haben sollte oder zur Ausübung einer<br />

Tätigkeit als Schlagersängerin dauernd verhindert war. Sollte Frl. Wohlklang während<br />

dieser festen Dauer den Vertrag nicht erfüllen oder mit einer anderen Firma<br />

einen ähnlichen Vertrag abschliessen, war gemäss Vertrag von ihr eine Konventionalstrafe<br />

von Fr. 50'000.-- geschuldet.<br />

Nach zwei Jahren befreundete sich Frl. Wohlklang mit dem Jus-Studenten Christoph<br />

Clever. Als dieser den Management-Vertrag zu sehen bekam, befand er diesen als<br />

rechtlich unhaltbar und drängte Frl. Wohlklang, welche inzwischen eine recht erfolgreiche<br />

Schlagersängerin geworden war, den Vertrag mit den Studio Tüchtig sofort<br />

auszulösen; die Zahlung einer Konventionalstrafe habe sie nicht zu befürchten.<br />

Hat Christoph Clever recht?<br />

15


Peter R. Isler<br />

Übungen im Handels- und Wirtschaftsrecht WS <strong>2005</strong>/2006<br />

_________________________________________________________________________<br />

Fall 9 vom 11. November <strong>2005</strong><br />

Wahl und Gründung einer Gesellschaft<br />

A ist ein phantasiebegabter, dynamischer Geschäftsmann, der in vielen Sparten aktiv<br />

und erfolgreich agiert. B, mit A oberflächlich bekannt, ist als Angehöriger einer Indus-<br />

triellenfamilie über die Landesgrenzen hinaus bekannt und gilt als vermögend und<br />

seriös. C verfügt über eine betriebswirtschaftlich-juristische Ausbildung und hat einige<br />

Jahre Praxis. Er ist mit A befreundet und wird von diesem regelmässig als Berater<br />

beigezogen.<br />

A hat auf einer Geschäftsreise nach Fernost ein Produkt entdeckt. Von dessen Ver-<br />

trieb in der Schweiz verspricht er sich grosse Gewinne. Da die erforderlichen Anfangs-<br />

investitionen seine liquiden Mittel übersteigen, sucht er B und C für seine Pläne zu<br />

gewinnen. Dabei schwebt ihm vor, dass B ungefähr CHF 600'000.-- in das Projekt in-<br />

vestieren würde, ohne aktiv in die Geschäfte einzugreifen. A selbst würde ungefähr<br />

CHF 300'000.-- aufbringen und "an der Front" tätig sein. Von C erwartet er einen Bei-<br />

trag von CHF 100'000.-- sowie die administrative Betreuung des Geschäfts, ein-<br />

schliesslich der juristischen Beratung und der Führung der Buchhaltung.<br />

1. Welche Gesellschaftsformen stehen zur Diskussion?<br />

2. Welches sind die hauptsächlichen Vor- und Nachteile der einzelnen Gesellschaftsformen?<br />

3. Welche Voraussetzungen müssen für die Gründung der einzelnen Gesellschaften<br />

erfüllt sein?<br />

4. B erwägt, sich zur Haftungsbegrenzung lediglich indirekt, über eine ihm zu<br />

100% gehörende Aktiengesellschaft, an der neuen Gesellschaft zu beteiligen.<br />

Ist dies zweckmässig?<br />

16


Peter R. Isler<br />

Übungen im Handels- und Wirtschaftsrecht WS <strong>2005</strong>/2006<br />

_________________________________________________________________________<br />

Fall 10 vom 25. November <strong>2005</strong><br />

Aktien- und Börsenrecht<br />

(zur schriftlichen Bearbeitung)<br />

Die X AG mit Sitz in Zürich ist eine an der SWX Swiss Exchange kotierte Gesellschaft.<br />

Sie bezweckt die Vermögensverwaltung und Durchführung von Finanzgeschäften.<br />

Ihr Aktienkapital ist wie folgt eingeteilt:<br />

- 20'000 Namenaktien à CHF 100 nominal, welche sich mehrheitlich in den<br />

Händen des Verwaltungsrates der X AG befinden, und<br />

- 40'000 Namenaktien à CHF 200 nominal, welche breit gestreut sind.<br />

Da der Aktienkurs wegen der schlechten Börsenstimmung in letzter Zeit stark<br />

gefallen ist, obschon sich die Geschäfte der X AG, wie schon in den Vorjahren,<br />

positiv entwickelt haben, befürchtet der Verwaltungsrat, die Gesellschaft könnte<br />

billig von einem Dritten durch ein unfreundliches Angebot übernommen werden.<br />

Aus diesem Grunde sucht der Verwaltungsrat die Unterstützung der Z Bank in Genf,<br />

mit welcher die Gesellschaft schon länger gut zusammengearbeitet hat, und vereinbart<br />

mit ihr folgendes Konzept zur Sicherung der Unabhängigkeit:<br />

Der Verwaltungsrat beantragt der Generalversammlung eine Kapitalerhöhung durch<br />

Ausgabe von 30'000 neuen Namenaktien von je Fr. 100 unter Ausschluss des Bezugsrechts<br />

zu einem Ausgabepreis, welcher dem Börsenkurs entspricht. Die neuen<br />

Aktien sollen ausschliesslich durch die Z Bank gezeichnet werden. Als Begründung<br />

soll angegeben werden, dass dadurch eine strategische Partnerschaft zum wesentlichen<br />

Vorteil der Geschäftstätigkeit der X AG eingegangen werden könne.<br />

In einem der Generalversammlung nicht offengelegten Vertrag zwischen der Z<br />

Bank und den Verwaltungsräten der X AG verpflichtet sich die Bank, diese Aktien<br />

für mindestens 5 Jahre zu halten und das Stimmrecht stets im Sinne der Anträge<br />

des Verwaltungsrates auszuüben. Auch in Zukunft soll der Vertrag geheim bleiben.<br />

Was für Rechtsfragen stellen sich bei diesem Konzept nach Aktien- und Börsenrecht?<br />

Wenn die Generalversammlung diesem Antrag zustimmen sollte, wie müsste ein<br />

nicht zustimmender Aktionär vorgehen, um seine Rechte zu wahren?<br />

17


Peter R. Isler<br />

Übungen im Handels- und Wirtschaftsrecht WS <strong>2005</strong>/2006<br />

_________________________________________________________________________<br />

Fall 11 vom 9. Dezember <strong>2005</strong><br />

Verantwortlichkeit<br />

(zur schriftlichen Bearbeitung)<br />

Das Hotel Prestige in Savognin gehörte einer Aktiengesellschaft mit recht breit gestreutem<br />

Aktionariat aus langjährigen Hotelgästen, Bündner Unternehmern und<br />

alteingesessenen lokalen Familien. Der Geschäftsgang war seit vielen Jahren rückläufig<br />

und verlustbringend, und trotz einiger teurer Renovationen war die Belegung<br />

im Jahre 2003 schlecht. Im April 2004 musste der Verwaltungsrat feststellen, dass<br />

die AG per 31.12.2003 massiv überschuldet war und dass gleichzeitig die Geldmittel<br />

fehlten, um die Löhne und Lieferanten zu bezahlen und überhaupt das Hotel<br />

weiterzuführen.<br />

Um die Arbeitsplätze zu retten und die Schliessung des Hotels zu vermeiden, beschloss<br />

der Verwaltungsrat der AG im Mai 2004, das Angebot der Regionalbank<br />

Bündner Oberland (RBO), welche mit einen Kredit von CHF 20 Mio. die grösste<br />

Gläubigerin war, anzunehmen und das Grundstück und Hotelgebäude samt Mobiliar<br />

und Inventar an die von der RBO gegründete Neue Prestige AG zum Preis von CHF<br />

5 Mio. zu verkaufen. Im Gegenzug übernahm die Käuferin auch alle Arbeitsverträge<br />

der Angestellten. Dadurch konnte das Hotel ohne Unterbruch weitergeführt werden.<br />

Am Tage nach der Übertragung des Hotelgrundstückes gegen Banküberweisung<br />

des Kaufpreises, d.h. am 20. Mai 2004, deponierte die Hotel Prestige AG die<br />

Bilanz, und es wurde über sie der Konkurs eröffnet.<br />

Bereits im März 2004 hatte der Verwaltungsrat der Hotel Prestige AG mit der Hotelkette<br />

Vobis über einen Kauf des Hotels verhandelt. In einem Letter of Intent bot<br />

die Vobis einen Kaufpreis von CHF 8-10 Mio. an, allerdings vorbehältlich einer vorgängigen<br />

gründlichen Prüfung (due diligence) und unter der Bedingung, dass nur<br />

bestimmte Angestellte übernommen würden.<br />

Unter den Gläubigern der konkursiten Hotel Prestige AG befindet sich die Bauunternehmung<br />

Caluori mit einer unbezahlten Rechnung für geleistete Renovationsarbeiten<br />

im Sommer/Herbst 2003 von CHF 2 Mio. Sie möchte den Verwaltungsrat<br />

persönlich haftbar machen, weil er sie während der Bauarbeiten bezüglich Zahlung<br />

von Teilrechnungen immer hingehalten und auf Fertigstellung der Arbeiten vor der<br />

Wintersaison gedrängt hatte.<br />

Ebenfalls erzürnt über den Verwaltungsratspräsidenten A ist Aktionär Helfenstein.<br />

Er wurde im Sommer 2003 vom Verwaltungsratspräsidenten überredet, anlässlich<br />

einer Kapitalerhöhung 1000 neue Aktien der Hotel Prestige AG von je CHF 1'000<br />

Nennwert zu zeichnen und zu liberieren. Dabei wurde ihm von A ein rosiges Zukunftsbild<br />

der Hotel Prestige AG gemalt und die finanzielle Grundlage der Gesellschaft<br />

als gesund bezeichnet. Da nur 2 Aktionäre sich an der Kapitalerhöhung<br />

beteiligten, wurde kein Prospekt erstellt.<br />

18


Unter welchen Voraussetzungen kann Caluori Verantwortlichkeitsansprüche gegen<br />

die Verwaltungsräte geltend machen und wie beurteilen Sie die Rechtslage?<br />

Unter welchen Voraussetzungen kann Helfenstein Verantwortlichkeitsansprüche<br />

gegen A geltend machen?<br />

Wie beurteilen Sie die Erfolgschancen der jeweiligen Klagen?<br />

19


Peter R. Isler<br />

Übungen im Handels- und Wirtschaftsrecht WS <strong>2005</strong>/2006<br />

_________________________________________________________________________<br />

Fall 12 vom 23. Dezember <strong>2005</strong><br />

Corporate Governance / übermässige Bezüge / Börsenrecht<br />

(zur schriftlichen Bearbeitung)<br />

Die Zement AG war mehr als 200 Jahre im Besitz von zwei Familienstämmen A und<br />

B und zählte zu Beginn dieses Jahres etwa 100 Aktionäre, wobei die Aktien aber<br />

nicht börslich kotiert sind. Der Familienstamm A hielt stets eine Mehrheit von rund<br />

60% der Aktien und stellte auch aus seinem Kreis die Mehrheit im Verwaltungsrat<br />

sowie den Vorsitzenden und andere Mitglieder der Geschäftsleitung.<br />

Aus Diskretionsgründen wurde das Thema Salär der Geschäftsleitung nicht im Plenum<br />

des Verwaltungsrates behandelt, sondern aufgrund eines Verwaltungsratsbeschlusses<br />

aus dem Jahre 1970 nur vom Präsidenten und Vizepräsidenten, welche<br />

beide stets dem Familienstamm A angehörten, mit der Geschäftsleitung festgesetzt.<br />

Im Jahre 2004 trat Herr X nach mehr als 20-jähriger erfolgreicher Tätigkeit als Chef<br />

der Geschäftsleitung der Zement AG altershalber zurück. Er hatte während dieser<br />

Zeit ein gutes Salär, welches je nach Geschäftsgang zwischen CHF 1.0 bis CHF 2.5<br />

Mio. pro Jahr betrug. Auf sein Ersuchen hin vereinbarte er mit der Zement AG, vertreten<br />

durch den Präsidenten und Vizepräsidenten des Verwaltungsrates, eine Abgangsentschädigung<br />

von CHF 20 Mio., welche je zur Hälfte an ihn bzw. für ihn in die<br />

Pensionskasse einbezahlt wurde.<br />

Kurz nach dem Ausscheiden von Herrn X verkaufte der Familienstamm A seine Aktien<br />

an die ausländische Cement Corp. für einen Gesamtbetrag von rund CHF 750<br />

Mio. Der Familienstamm B wusste über diese Verhandlungen nichts und hatte keine<br />

Gelegenheit, die Aktien ebenfalls zu verkaufen. Federführend für diese Verhandlungen<br />

war der Verwaltungsratspräsident Z. Mit dem erfolgten Verkauf schieden alle<br />

Angehörigen des Familienstammes A aus dem Verwaltungsrat der Zement AG aus;<br />

die Mitglieder des Familienstammes B wurden abgewählt, weil die Cement Corp. nur<br />

noch eigene Leute im Verwaltungsrat haben wollte.<br />

Den Vertretern des Familienstammes B wurde daraufhin durch Angestellte der Zement<br />

AG zugetragen, dass nicht nur Herr X im Jahre 2004 eine grosszügige<br />

Schlusszahlung erhielt, sondern dass auch Herr Z als Dank für seine Vermittlungsdienste<br />

bei den Verhandlungen mit der Cement Corp. anfangs des Jahres <strong>2005</strong> zulasten<br />

der Zement AG eine Abgangsentschädigung von CHF 30 Mio. erhalten hatte.<br />

Dies geschah mit voller Zustimmung der neuen Verwaltungsräte, denn für sie war<br />

dies bei den Akquisitionen der Cement Corp. durchaus üblich.<br />

20


21<br />

Ein Vertreter des Familienstammes B sucht Sie auf und fragt Sie, ob diese Zahlungen<br />

an X und Z rechtmässig gewesen seien bzw. ob die Aktionäre des Familienstammes<br />

B allenfalls dagegen etwas unternehmen könnten.<br />

Wie beurteilen Sie die Rechtslage?<br />

Was wäre zusätzlich noch zu beachten, wenn es sich bei der Zement AG um eine an<br />

der SWX Swiss Exchange kotierte Gesellschaft handeln würde?


Peter R. Isler<br />

Übungen im Handels- und Wirtschaftsrecht WS <strong>2005</strong>/2006<br />

_________________________________________________________________________<br />

Fall 13 vom 20. Januar 2006<br />

Liquidation und Fusion<br />

(zur schriftlichen Bearbeitung)<br />

Die Bau AG mit Sitz in Kreuzlingen TG ist eine alteingesessene Bauunternehmung<br />

mit Tätigkeitsgebiet Ostschweiz und Süddeutscher Raum. Das Aktionariat war stets<br />

in den Händen der Familien Meier und Müller und wurde über Generationen weitervererbt,<br />

so dass heute ein recht grosser Aktionärskreis besteht. Der Familienstamm<br />

Meier hat die Aktienmehrheit und besetzt daher das Verwaltungsratspräsidium und die Geschäftsleitung.<br />

Herr Müller ist Vizepräsident des Verwaltungsrates und vertritt den anderen<br />

Familienstamm.<br />

Die Bau AG erwirtschaftete seit Mitte der 90er Jahre erhebliche Verluste wegen des starken<br />

Preiskampfes im Baugewerbe und wegen Problemen auf gewissen Grossbaustellen. Der<br />

Verwaltungsrat versuchte daher während mehrerer Jahre, die Firma zu verkaufen, aber ohne<br />

Erfolg. Schliesslich kam der Verwaltungsrat zum Schluss, dass keine andere Möglichkeit<br />

mehr verbleibe als die Firma zu liquidieren, solange noch genügend Mittel vorhanden sind<br />

um die Liquidation zu finanzieren und den Aktionären zum Schluss noch etwas auszuzahlen.<br />

Umstritten ist aber, wie dabei vorgegangen werden soll.<br />

VR Präsident Meier vertritt die Auffassung, dass – um negative Publizität zu vermeiden –<br />

die Geschäfte zunächst einmal stark heruntergefahren und die Mitarbeiterzahl laufend reduziert<br />

werden sollten, um erst ganz zum Schluss die Liquidation formell zu beschliessen und<br />

zu vollziehen. Müller dagegen meinte, dieses Vorgehen könne er gegenüber den Aktionären<br />

nicht verantworten.<br />

Nach einigem Hin und Her beruft der Verwaltungsrat eine Generalversammlung ein, welche<br />

die Liquidation der Bau AG beschliesst, und der Beschluss wird veröffentlicht. Wenige Wochen<br />

später erhält die Bau AG in Liq. dank persönlicher Beziehungen die Möglichkeit, einen<br />

grösseren Bauauftrag in Konstanz zu guten Preisen zu übernehmen. Wiederum ist im Verwaltungsrat<br />

umstritten, ob es angebracht sei, diesen Auftrag zu übernehmen. Meier setzt<br />

sich durch und der Auftrag wird angenommen.<br />

Die bedeutende deutsche Bauunternehmung Gross & Besser GmbH mit Sitz in Ulm, welche<br />

diesen Auftrag auch gerne ausgeführt hätte, gelangt nun an die Bau AG in Liq. und schlägt<br />

ihr vor, die beiden Unternehmen zu fusionieren, indem die Bau AG durch die Gross & Besser<br />

absorbiert würde. Auf diese Weise würde allen Interessen am besten bedient; es würde eine<br />

„Win-Win“ Situation entstehen.<br />

Was für aktienrechtliche Fragen wirft dieser Sachverhalt auf?<br />

Wie würde nach schweizerischem Recht die Fusion seitens der Bau AG in Liq. ablaufen?<br />

(Das deutsche Fusionsrecht bezüglich der Gross & Besser GmbH ist nicht zu prüfen).<br />

22


Peter R. Isler<br />

Übungen im Handels- und Wirtschaftsrecht WS <strong>2005</strong>/2006<br />

_________________________________________________________________________<br />

Fall 14 vom 3. Februar 2006<br />

Probleme einer Obligationen-Anleihe<br />

Die Softdrink Inc., New York, eine weltbekannte Firma mit erstklassiger Bonität,<br />

emittierte in der Schweiz im Jahre 1996 eine CHF 100'000'000.-- Obligationenanleihe<br />

1996-<strong>2005</strong> mit US-Dollar-Zinsen. Die Anleihe wurde bei der Emission von einem<br />

schweizerischen Bankenkonsortium unter Federführung der Investment Bank<br />

AG mit Sitz in Zürich fest übernommen, d.h. das Bankenkonsortium verpflichtete<br />

sich vertraglich gegenüber der Softdrink Inc., sämtliche Obligationen zu übernehmen,<br />

dem Publikum vor dem Emissionstag zur Zeichnung anzubieten und am Emissionstag<br />

der Softdrink Inc. den Betrag von CHF 100'000'000.-- zu überweisen.<br />

Die Obligationen lauteten auf den Inhaber und hatten einen Nennwert von CHF<br />

5'000.--, welcher von den Zeichnern an die Banken zu zahlen war. Die Obligationen<br />

waren an der SWX Swiss Exchange kotiert. Die Obligationen wurden zwar gedruckt,<br />

aber die Titel wurden den einzelnen Obligationären nicht ausgehändigt, sondern blieben<br />

während der ganzen Laufzeit bei der SIS SegaInterSettle AG sammelverwahrt.<br />

Die Softdrink Inc. erstellte zusammen mit der Investment Bank AG rechtzeitig einen<br />

Emissionsprospekt, welcher die Emittentin näher beschrieb und die Anleihebedingungen<br />

der Obligationen enthielt. Aus den Anleihebedingungen ist besonders hervorzuheben:<br />

- Die Obligationen unterstehen schweizerischem Recht.<br />

- Die Emittentin unterwirft sich für alle Ansprüche aus den Obligationen den ordentlichen<br />

Gerichten des Kantons Zürich.<br />

- Die Verzinsung des Nominalbetrages der Obligationen erfolgt in US Dollars zu<br />

einem variablen Zinssatz, welcher jährlich aufgrund eines Referenzzinssatzes<br />

für US Dollar-Anlagen festgesetzt wird. Der Anfangszinssatz war 7 1/2% p.a.<br />

(Im damaligen Zeitpunkt war der entsprechende Zinssatz für CHF-Anlagen<br />

etwa 4% p.a.).<br />

- Die Rückzahlung der Obligationen erfolgt zwar in CHF, aber in Abhängigkeit<br />

zum damaligen Kurs CHF/US$ von CHF 2.00 pro $, und zwar wie folgt: Wenn<br />

im Zeitpunkt der Rückzahlung der Obligation der $-Kurs über CHF 2.00 liegt,<br />

wird CHF 5'000.—zurückbezahlt; wenn der $-Kurs unter CHF 2.00 liegt, wird<br />

ein entsprechend reduzierter CHF-Betrag zurückbezahlt (z.B. bei einem Kurs<br />

von CHF 1.50 pro $ ein Betrag von CHF 3'750.-- [5000x1.50:2.00]).<br />

In der Schweizer Presse wurde diese Konzeption als "interessante, eher spekulative<br />

Anlage im Hinblick auf Wechselkursgewinne auf Zinszahlungen und Nominalbetrag<br />

bei stärkerem Dollar" bezeichnet.<br />

23


Der umfangreiche Emissionsprospekt lag zwar bei Beginn der Zeichnungsfrist<br />

rechtzeitig vor, und auf ihn wurde auch in den Zeitungsanzeigen über die Anleihe<br />

aufmerksam gemacht. Den Zeichnern von Obligationen wurde jedoch - entsprechend<br />

durchaus üblicher Praxis - lediglich ein Zeichnungsschein von einer<br />

Seite vorgelegt, welcher oberhalb der zu unterzeichnenden Zeichnungsverpflichtung<br />

die "wichtigsten Anleihebedingungen" wie folgt zusammenfasste:<br />

- Emissionsbetrag CHF 100'000'000.--<br />

- Emissionspreis 100% + 0,3% Umsatzabgabe<br />

- Zinszahlungen jährlich am 1. April, Zahlung in US$,<br />

variabler Zinssatz, z.Zt. 7 ½% p.a.<br />

- Rückzahlung des Nominalbetrages am 1. April <strong>2005</strong>, Zahlung in CHF<br />

- Anwendbares Recht schweizerisches Recht<br />

- Gerichtsstand Zürich<br />

Am 1. April <strong>2005</strong> wurde die Anleihe der Softdrink Inc. beim Kurs von CHF 1.25 pro<br />

US$ durch Bezahlung von CHF 3'125.-- pro Obligation zurückbezahlt.<br />

Es haben sich nun bei Ihnen je separat die Herren A, B und C gemeldet mit der Bitte<br />

um rechtliche Beratung:<br />

1. Herr A hat als Privatmann während der Zeichnungsfrist 100 Softdrink-<br />

Obligationen bei seiner Bank, der Investment Bank AG, gezeichnet. Er hatte<br />

in der Bank den Zeichnungsschein ausgefüllt und weder den Prospekt gesehen,<br />

noch nach ihm gefragt. Er hat die Obligationen von Anfang bis Schluss<br />

gehalten und erst jetzt realisiert, dass er einen Verlust von CHF 1'875.-- pro<br />

Obligation erlitten hat.<br />

Gegen wen könnte Herr A Ansprüche geltend machen? Herr A hat bereits bei<br />

der Investment Bank vorgesprochen und wurde dort mit der Begründung<br />

abgewimmelt, allfällige Ansprüche wären ohnehin verjährt.<br />

2. Herr B ist Geschäftsführer der Pensionskasse Universa. Er hatte für die Stiftung<br />

im Jahre 1997 1000 Softdrink-Obligationen über die Börse zum damaligen<br />

Kurs von CHF 5'150.-- pro Obligation gekauft und bis zur Endfälligkeit<br />

behalten.<br />

Wie beurteilen Sie die Rechtslage für die Pensionskasse?<br />

3. Herr C ist ein reicher Ausländer. Er ist seit vielen Jahren Kunde bei der Anlagebank<br />

AG, welche bei der Softdrink-Anleihe ebenfalls Konsortialbank war.<br />

Bei einem Besuch im Jahre 1998 in Zürich hat ihn sein Berater bei der Anlagebank<br />

überzeugt, 500 Softdrink-Obligationen zu kaufen, welche damals einen<br />

Börsenkurs von CHF 4'200.-- pro Obligation hatten. Sein Anlageberater<br />

hatte ihm diese Investition wegen des gegenüber normalen CHF Obligationen<br />

hohen Zinses und der guten Bonität der Anleihensschuldnerin empfohlen;<br />

von einem Währungskursrisiko bei der Rückzahlung hatte er nichts gesagt. C<br />

hat seine Obligationen ebenfalls bis zur Endfälligkeit behalten.<br />

Wie beurteilen Sie den Rechtslage für Herrn C?<br />

24


<strong>Simon</strong> <strong>Schlauri</strong><br />

Übungen im Handels- und Wirtschaftsrecht WS <strong>2005</strong>/2006<br />

_________________________________________________________________________<br />

Fall 15<br />

Cash-Pool ohne Boden<br />

Der K-Konzern besteht aus der Konzernleitungsgesellschaft A und deren beiden<br />

hundertprozentigen Töchtern B und C. A hat ein Aktienkapital von 10 Millionen<br />

Franken, B und C von 2 bzw. 1,5 Millionen Franken. VA ist bei der A, VB bei der B<br />

und VC bei der C als Verwaltungsratspräsident tätig.<br />

Vor einiger Zeit beschloss die Konzernleitung um VA, zur zentralen Steuerung der<br />

Liquidität einen so genannten Cash-Pool einzuführen. Hierzu wurden bei der Bank D<br />

ein auf A lautendes Masterkonto sowie für B und C jeweils auf diese lautende separate<br />

Konti eröffnet. Die Konzerntöchter sollten ihre flüssigen Mittel fortan auf ihrem<br />

separaten Konto konzentrieren. Die beiden Konti von B und C erhielten einen Zielwert<br />

von null Franken und sollten insgesamt um den auf dem Masterkonto verfügbaren<br />

Betrag überzogen werden können. Über null hinaus gehende flüssige Mittel<br />

sollten jeweils automatisch auf das Masterkonto fliessen. Sollten die Mittel einer<br />

Gesellschaft demgegenüber unter null sinken, sollte dieser Fehlbetrag automatisch<br />

aus dem Masterkonto ausgeglichen werden. Diese Ausgleichstransaktionen sollten<br />

täglich erfolgen und von der Bank D, wie dies im zwischen allen Parteien abgeschlossenen<br />

Cash-Pool-Vertrag geregelt wurde, selbständig durchgeführt werden.<br />

Im Rahmen der Einführung des Cash-Pools ergänzten die Gesellschaften B und C<br />

ferner ihre statutarischen Zwecke um die folgende Klausel: „Die Gesellschaft ist<br />

dem K-Konzern untergeordnet und wahrt dessen Interessen. Sie kann auch unentgeltlich<br />

Finanzierungen und Sicherheiten zugunsten von Aktionären und Dritten<br />

gewähren.“<br />

Die Verträge über den Cash-Pool wurden jeweils von VA, VB und VC unterzeichnet.<br />

VB und VC handelten dabei auf Weisung von VA.<br />

B hatte zum Zeitpunkt der Errichtung des Cash-Pools gesetzliche Reserven (Art.<br />

671 Abs. 3 OR) von 200'000 und andere Reserven von einer halben Million Franken,<br />

C gesetzliche Reserven von 500'000 und andere Reserven von einer Million<br />

Franken.<br />

Im Laufe der Zeit geriet die B immer mehr in finanzielle Schieflage. Immer wieder<br />

musste aus dem Masterkonto Geld nachgeschossen werden, ohne dass später Geld<br />

zurückfloss. Irgend wann wurde klar, dass B ohne weitere massive Kapitalspritzen<br />

nicht mehr zu retten war. Die Konzernleitung beschloss daher, B in Konkurs gehen<br />

zu lassen.<br />

25


Seit der Einrichtung des Cash-Pools sind aus den Kassen der C rund zwei Millionen<br />

Franken in den Cash-Pool geflossen, von wo sie zu 80% der B und zu 20% der A<br />

zugehalten wurden. Dies, obwohl die C seither keine nennenswerten Gewinne mehr<br />

gemacht hat.<br />

VC wundert sich über das ihm kürzlich zu Ohren gekommene Argument, wonach<br />

durch den Cash-Pool möglicherweise Ausschüttungs- oder Kapitalschutzvorschriften<br />

verletzt worden seien. Nehmen Sie hierzu Stellung!<br />

Konnten und durften VB und VC den Cash-Pool-Vertrag überhaupt gültig unterzeichnen?<br />

26


Marcel Giger<br />

Übungen im Handels- und Wirtschaftsrecht WS <strong>2005</strong>/2006<br />

_________________________________________________________________________<br />

Fall 16<br />

Die X-AG ist eine an der SWX Swiss Exchange kotierte Gesellschaft mit einem relativ<br />

breit gestreuten Aktionariat. Allerdings gibt es einzelne etwas grössere Aktionäre:<br />

Aktionär A hält 4,9 %, Aktionär B 16% und Aktionär C 17,5% der Stimmrechte.<br />

Diese drei grösseren Aktionäre sind völlig von einander unabhängig und haben<br />

auch bisher keinerlei Absprachen getroffen.<br />

Der Verwaltungsrat der X-AG ist der Meinung, dass die Mitgliederzahl des Verwaltungsrates<br />

von bisher 5 auf 9 aufgestockt werden sollte. Ausserdem möchte der<br />

Verwaltungsrat eine Kapitalerhöhung durchführen, um die aus seiner Sicht zur Zeit<br />

günstige Situation am Kapitalmarkt zur Geldbeschaffung auszunützen. Der Verwaltungsrat<br />

beschliesst einstimmig, diese beiden Punkte (Zuwahl in den Verwaltungsrat<br />

und Kapitalerhöhung) anlässlich der ordentlichen Generalversammlung der Gesellschaft,<br />

welche am 15. Mai 2006 stattfinden wird, zu traktandieren.<br />

Als Aktionär B von dieser Traktandierung hört, ist er mit diesem Vorhaben überhaupt<br />

nicht einverstanden. Auf der einen Seite findet er, der Verwaltungsrat sei mit<br />

5 Mitglieder ausreichend besetzt und es gäbe keinen Grund, die Mitgliederzahl „aufzublähen“.<br />

Ausserdem sieht er keinen Bedarf für eine Kapitalerhöhung, die sowieso<br />

nur seine Eigentümerstellung verwässern würde. Da der Verwaltungsrat im Gespräch<br />

mit Aktionär B nicht von seinem Vorhaben abzubringen ist, beschliesst Aktionär<br />

B alles zu unternehmen, dass an der geplanten Generalversammlung diese<br />

Beschlüsse nicht zustande kommen. Zunächst einmal kauft B am 30. September<br />

<strong>2005</strong> über den Kapitalmarkt Call-Optionen. Diese Call-Optionen beziehen sich auf<br />

Aktien der X-AG, welche gesamthaft 6% der Stimmrechte verkörpern und die Optionen<br />

müssen spätestens am 2. Mai 2006 ausgeübt werden. Parallel zum Kauf der<br />

Call-Optionen nimmt B im Oktober <strong>2005</strong> Kontakt mit A und C auf, um deren Meinung<br />

zu erfahren. Während A die Meinung von B absolut teilt und B zusichert, dass<br />

er an der Generalversammlung ebenfalls gegen diese beiden von B bemängelten<br />

Punkte stimmen wird, zeigt sich C etwas zurückhaltend. Allerdings lässt auch C<br />

durchblicken, dass man mit der aktuellen Situation nicht ganz zufrieden ist. Nach<br />

weiteren Gesprächen zwischen B und C gibt C dem B immerhin zu verstehen, dass<br />

C an der Generalversammlung wohl auch gegen die beiden von B bemängelten<br />

Punkte stimmen wird.<br />

Variante: B und C kommen in ihren Gesprächen überein, dass C einen Anteil von<br />

17% an B verkaufen wird. Da B zunächst die Finanzierung für diese gesamte<br />

Tranche sicherstellen muss, erfolgt der Verkauf in zwei Schritten:<br />

Der Verkauf von 12% soll drei Wochen vor der Generalversammlung<br />

gleichzeitig mit der Unterschrift des Kaufvertrages über das gesamte<br />

27


Paket vollzogen werden, während der Vollzug über die restlichen 5% erst<br />

drei Monate nach der Generalversammlung stattfinden soll. Im Kaufvertrag<br />

verpflichtet sich C, keine weiteren Aktien der X-AG zu kaufen und<br />

auch sonst keine Transaktionen abzuwickeln, welche dazu führen könnten,<br />

dass C wieder einen grösseren Anteil der X-AG hält. Ausserdem verpflichtet<br />

sich C, nicht an der Generalversammlung teilzunehmen.<br />

Aufgabe: Klären Sie ab, ob und allenfalls zu welchem Zeitpunkt durch das Verhalten<br />

von A, B oder C Meldepflichten nach Börsengesetz oder allenfalls sogar<br />

die Pflicht, ein öffentliches Kaufangebot für alle Aktien der X-AG zu<br />

machen, ausgelöst werden (gehen Sie davon aus, dass die X-AG keine<br />

Opting-Out oder Opting-Up Klausel hat).<br />

28


<strong>Simon</strong> <strong>Schlauri</strong><br />

Übungen im Handels- und Wirtschaftsrecht WS <strong>2005</strong>/2006<br />

_________________________________________________________________________<br />

Fall 17<br />

Das verhökerte Patent<br />

Herr A, St.Galler Bürger und wohnhaft in Bregenz, ist zu 40 % an der Zürcher Patentverwertungsgesellschaft<br />

P AG beteiligt. Die P AG hat CHF 100'000 Aktienkapital.<br />

A hat erfahren, dass sein mit ebenfalls 40% beteiligter Mitaktionär B, Bürger<br />

von Zürich, wohnhaft in Hinwil und einziger Verwaltungsrat der P AG, das einzige<br />

Patent der P AG zu einem unter dem effektiven Wert liegenden Preis der Z AG verkauft<br />

hat. Der Bruder des B hält eine Mehrheitsbeteiligung an der Z AG. Die übrigen<br />

20% der Aktien der P werden von C gehalten, einer Deutschen, die in Zürich<br />

wohnhaft ist.<br />

Gemäss der letzten, von der Generalversammlung der P AG am 10. April <strong>2005</strong> abgenommenen<br />

Bilanz per 31. Oktober 2004 verfügt die P AG nebst dem Patent als<br />

einziges weiteres Aktivum über ein Bankguthaben in Höhe von CHF 140'200.-.<br />

A schätzt den Wert des veräusserten Patents auf rund eine halbe Million Franken.<br />

Den vereinbarten Veräusserungspreis des Patents kennt er nicht.<br />

1. Der Verwaltungsrat<br />

a) Kann A, allenfalls zusammen mit C, Verwaltungsrat der P AG werden?<br />

b) Kann A den B als Verwaltungsrat der P abwählen?<br />

c) Wie wäre vorzugehen, um diese Anliegen umzusetzen?<br />

Ob C den A unterstützen wird, ist unsicher.<br />

2. Das Patent<br />

a) Kann ein allenfalls noch nicht erfolgter Eintrag der Z AG als Inhaberin des<br />

Patents im Patentregister verhindert werden?<br />

b) Könnte, wenn es hierfür schon zu spät ist, die Rückübertragung des Patents<br />

an die P AG verlangt werden?<br />

3. Die Ansprüche von A gegen B<br />

a) Kann A den B für die Wertverminderung der Beteiligung von A an der P AG<br />

belangen?<br />

b) Kann A herausfinden, wie hoch der Veräusserungspreis des Patents war und<br />

wie viel das Bankguthaben der P AG heute beträgt?<br />

29


Andreas Kellerhals<br />

Übungen im Handels- und Wirtschaftsrecht WS <strong>2005</strong>/2006<br />

_________________________________________________________________________<br />

Fall 18<br />

Übernahmekampf<br />

Die Häusermann AG, ein grösseres an der Schweizer Börse SWX kotiertes Unternehmen<br />

im Bereich der Softwareproduktion und entsprechenden Dienstleistungen,<br />

erzielt einen Jahresumsatz von 4 Milliarden Franken und einen Reingewinn von 150<br />

Millionen Franken. Da die Häusermann AG weiter wachsen möchte und über rund<br />

600 Millionen frei verfügbare Mittel verfügt, ist sie gegen Ende des Jahres 2004 an<br />

die ebenfalls an der SWX kotierte Computerpower AG herangetreten, um einen<br />

käuflichen Erwerb dieses ebenfalls im Bereich der Computerdienstleistungen tätigen<br />

Unternehmens zu diskutieren. Während die Parteien sich im Rahmen dieser Besprechungen<br />

basierend auf einer umfangreichen Due Diligence Prüfung in praktisch<br />

allen Punkten rasch einigen konnten, traf dies für die Höhe des verlangten Kaufpreises<br />

nicht zu. Zwar konnte sich der Verwaltungsrat der Computerpower AG<br />

diesbezüglich auf den damals aktuellen, ausnahmsweise sehr hohen Börsenkurs<br />

berufen, doch erachtete die Häusermann AG den verlangten Preis als zu hoch. Da<br />

man sich in diesem Punkt nicht einigen konnte, verliefen die Übernahmeverhandlungen<br />

im Februar <strong>2005</strong> im Sande.<br />

Im August <strong>2005</strong> erhielt Harry Hirsch, der Verwaltungsratspräsident der Computerpower<br />

AG von dritter Seite den dringlichen Hinweis, dass die Häusermann AG zur<br />

Zeit in vollen Vorbereitungen sei, um den Aktionären der Computerpower AG ein<br />

(unfreundliches) Übernahmeangebot zu unterbreiten. Mit dem Angebot müsse jederzeit<br />

gerechnet werden. Die Informationen erscheinen Harry Hirsch äusserst<br />

glaubwürdig, sind sie doch mit konkreten, vertraulichen Angaben etwa in Bezug auf<br />

die Höhe des anzubietenden Kaufpreises und einem konkreten Plan der Häusermann<br />

AG unterlegt, einzelne Teile der Computerpower AG anschliessend an Drittinteressenten<br />

zum besten Preis zu veräussern.<br />

Aufgrund der bestehenden breiten Streuung der Aktien und dem voraussichtlich<br />

attraktiven Kaufangebot kommt Harry Hirsch zum Schluss, dass die Übernahmeofferte<br />

durchaus reale Chancen haben könnte, von den Aktionären der Computerpower<br />

AG angenommen zu werden. Er beauftragte daher Sie als den Sekretär/die<br />

Sekretärin des Verwaltungsrates für den nächsten Tag mit der Einberufung einer<br />

dringenden Verwaltungsratssitzung und der Ausarbeitung einer Liste möglicher Abwehrmassnahmen<br />

(inkl. deren jeweilige Vor- bzw. Nachteile), welche anlässlich<br />

dieser Sitzung diskutiert werden sollen. Den Verwaltungsratspräsidenten interessiert<br />

dabei insbesondere, welche gesetzlichen Regeln für Übernahmeangebote bestehen<br />

und welche Abwehrmassnahmen allenfalls noch vor der Veröffentlichung<br />

des Übernahmeangebotes ergriffen werden könnten resp. wie sich die Situation<br />

nach dessen Lancierung für den Verwaltungsrat präsentiert.<br />

Gehen Sie für Ihre Beurteilung davon aus, dass in den geltenden Statuten der<br />

Computerpower AG in Bezug auf Abwehrmassnahmen in einem Übernahmekampf<br />

keine besonderen Bestimmungen vorgesehen sind.<br />

30


Andreas Kellerhals<br />

Übungen im Handels- und Wirtschaftsrecht WS <strong>2005</strong>/2006<br />

_________________________________________________________________________<br />

Fall 19<br />

Internationale Fusion<br />

Die „MIAMI Ltd.“, eine in Miami (USA) ansässige Aktiengesellschaft nach relevantem<br />

amerikanischem Recht, ist eine Tochtergesellschaft der „SOUTH INVESTMENT<br />

GROUPE Ltd.“, einer Holdingsgesellschaft mit Sitz in Boston (USA). Infolge starker<br />

Markteinbussen in ihrem US-Geschäft und daraus resultierenden massiven Verlusten<br />

beschliesst die im Bereich Hightech-Bereich tätige „MIAMI Ltd.“, in den europäischen<br />

Raum zu expandieren. Diese Neuausrichtung hat zur Folge, dass ihr Research<br />

& Development Center aus dem Silicon Valley in Kalifornien in die Schweiz<br />

nach Schaffhausen verlegt werden soll. Zusammen mit den gesamten Forschungslaboratorien<br />

sollen auch rund 30 amerikanische Experten in die Schweiz versetzt<br />

werden.<br />

Das von einer Gruppe von internationalen Beratern für die „MIAMI Ltd.“ ausgearbeitete<br />

Umstrukturierungskonzept sieht dabei vor, die Research & Development Aktivitäten<br />

im Rahmen eines „Spin-Offs“ von der „MIAMI Ltd.“ abzuspalten, damit zunächst<br />

eine Aktiengesellschaft („HAVANNA Ltd.“) nach Delaware-Recht mit Sitz in<br />

Dover (USA) zu gründen und diese dann nach Schaffhausen zu verlegen. Dabei<br />

werden die Aktien der „HAVANNA Ltd.“ von der „SOUTH INVESTMENT GROUPE Ltd.“<br />

gehalten.<br />

In der Schweiz verfügt die „MIAMI Ltd.“ bereits über eine Aktiengesellschaft, die<br />

„FUCAM AG“ mit Sitz in Zürich. Diese Gesellschaft zur Herstellung von Halbleitern<br />

wurde 1999 gegründet. Ihre Aktien werden von der „CLOCK Ltd.“, einer in Irland<br />

ansässigen Tochtergesellschaft der „SOUTH INVESTMENT GROUPE Ltd.“, gehalten.<br />

Absicht von „MIAMI Ltd.“ ist es nun, im Rahmen der Umstrukturierung die Halbleiterproduktion<br />

in Zürich vollständig einzustellen und den Sitz der „FUCAM AG“ ebenfalls<br />

nach Schaffhausen zu verlegen. Anschliessend ist vorgesehen, dass die „FU-<br />

CAM AG“ im Rahmen einer Fusion die aus Delaware kommende „HAVANNA Ltd.“<br />

absorbieren und neu „HAVANNA AG“ heissen soll.<br />

Sie sind als Rechtsanwalt/Rechtsanwältin in Zürich beauftragt, die entsprechenden<br />

rechtlichen Schritte vorzubereiten.<br />

Fragen:<br />

1) Für die Fallbearbeitung ist davon auszugehen, dass das Recht von Delaware eine<br />

internationale Fusion zulässt und die Delaware Aktiengesellschaft kompatibel<br />

ist mit einer schweizerischen Aktiengesellschaft. Welche rechtlichen Schritte<br />

sind vorzunehmen und wie sind sie durchzuführen nach der erfolgreichen Implementierung<br />

des Spin-Offs in den USA? Was ist dazu im einzelnen notwendig?<br />

31


32<br />

Zählen Sie sämtliche Dokumente auf und erklären Sie den Ablauf des Verfahrens.<br />

In welchem Zeitpunkt ist die Transaktion rechtlich abgeschlossen?<br />

2) Die in Frauenfeld im Handelsregister eingetragene "HAVANNA CONSULTING<br />

AG“, welche im Bereich der Unternehmensberatung tätig ist, erfährt aus dem<br />

Handelsamtsblatt von der Sitzverlegung/Fusion der „HAVANNA AG“ nach<br />

Schaffhausen. Sie befürchtet Verwechslungen und droht der „HAVANNA AG“ mit<br />

firmenrechtlichen Konsequenzen. Wie präsentiert sich die Situation für die „HA-<br />

VANNA AG“?<br />

3) Aus steuerlichen Gründen soll das Projekt noch vor Ende Dezember <strong>2005</strong> abgeschlossen<br />

und die Fusion zwischen der „HAVANNA Ltd.“ und der „FUCAM AG“<br />

rückwirkend per 1. Juli <strong>2005</strong> erfolgen. Wie ist eine solche rückwirkende Fusion<br />

rechtlich zu beurteilen?


Marcel Giger<br />

Übungen im Handels- und Wirtschaftsrecht WS <strong>2005</strong>/2006<br />

_________________________________________________________________________<br />

Fall 20<br />

Die X-AG und die Y-AG beschliessen zu fusionieren, wobei die X-AG die Y-AG übernehmen<br />

soll. Während die X-AG ein relativ breit gestreutes Aktionariat von 20 Aktionären<br />

hat, wird die Y-AG von 2 Brüdern gehalten. Anlässlich der Fusionsverhandlungen<br />

kommen die Verwaltungsräte der beiden Gesellschaften überein, dass die X-<br />

AG mit CHF 600'000, die Y-AG dagegen mit CHF 400'000 bewertet werden soll.<br />

Nach dieser grundsätzlichen Einigung wird die Fusion schnell abgewickelt und zwar<br />

gemäss sämtlichen Anforderungen des neuen Fusionsgesetzes. Die Fusion wird sodann<br />

am 15. September <strong>2005</strong> ins zuständige Handelsregister eingetragen.<br />

A, einer der Aktionäre der X-AG, hat die Fusion mit Interesse verfolgt und immer<br />

Einblick in sämtliche während des Fusionsprozesses zur Verfügung gestellten<br />

Unterlagen genommen. Ende September <strong>2005</strong> erhält er nun aber von dritter Seite<br />

zwei unabhängige Wertgutachten, in denen klar festgehalten wird, dass der Wert<br />

der X-AG im Zeitpunkt der Fusion mindestens bei CHF 800'000 anzusetzen ist.<br />

A fühlt sich übergangen und hat das Gefühl, dass „seine“ X-AG unter Wert fusioniert<br />

wurde und er somit einen wirtschaftlichen Schaden erlitten hat. A kommt daraufhin<br />

zu Ihnen ins Büro und bittet Sie zu überprüfen, ob und allenfalls gegen wen<br />

er welche zivilrechtlichen Ansprüche geltend machen kann. Gehen Sie bei Ihren<br />

Abklärungen davon aus, dass die X-AG tatsächlich einen Wert von mindestens CHF<br />

800'000 hat.<br />

33


<strong>Simon</strong> <strong>Schlauri</strong><br />

Übungen im Handels- und Wirtschaftsrecht WS <strong>2005</strong>/2006<br />

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Fall 21<br />

Suchmaschinen-“Optimierung“<br />

Arnegger (A) verkauft seit einigen Jahren eher glücklos Software für Architekten<br />

über das Internet. Um das Geschäft etwas anzukurbeln, lässt er sich von einem<br />

Werbefachmann eine neue Website gestalten, die ihn im besten Licht erscheinen<br />

lassen soll. Die Website wird neu unter der Domain architektursoftware.ch betrieben.<br />

A glaubt, dass viele potentielle Kunden ihre Software über Internetsuchmaschinen<br />

suchen. Der Werber schlägt ihm daher vor, die Website mit allerlei Tricks im „Suchmaschinenranking“<br />

möglichst optimal zu platzieren, sodass sie bei einem Suchmaschinenaufruf<br />

mit Begriffen wie „Software“, „Architekt“, „Architektursoftware“<br />

möglichst als einer der ersten Treffer erscheint. Um das Suchmaschinenranking zu<br />

optimieren, werden die genannten Begriffe möglichst häufig im Text der Website<br />

aufgeführt, sie stehen sodann in dutzendfacher Wiederholung als weisser Text auf<br />

weissem Grund (und damit für den Nutzer unsichtbar) an den Seitenenden, und die<br />

Titel der Seiten werden ebenfalls aus den entsprechenden Begriffen gebildet. Ferner<br />

erstellt der Werber ein Netzwerk von 300 weiteren – belanglosen – Webseiten<br />

unter rund 50 anderen von ihm zum Zweck der Suchmaschinenoptimierung betriebenen<br />

Domains, die jeweils die genannten Begriffe und Links auf die Website von A<br />

enthalten.<br />

A ist sodann der Meinung, dass man einen Softwareshop vor allem dann wählt,<br />

wenn einem der Name schon bekannt ist. Er hat daher auf seinen Webseiten ein<br />

lexikonartiges Kompendium von Hunderten mehr oder weniger beliebigen Begriffen<br />

als so genannte „Metatags“ gespeichert. Die meisten dieser Begriffe lassen auch bei<br />

einem weiten Verständnis keinen Zusammenhang zum Angebot von A erkennen.<br />

Die Seiten werden damit in Suchmaschinen auch dann angezeigt, wenn man gar<br />

nicht nach A oder Architektursoftware sucht, sondern nach völlig anderen Begriffen.<br />

A schielt im Weiteren seit langem neidisch auf den Geschäftserfolg des Brechbühl<br />

(B), der unter der in Zürich eingetragenen Firma „Brechbühl Architektursoftware“<br />

sein Geschäft betreibt. In der Hoffnung, auch etwas von B’s Geschäftserfolg profitieren<br />

zu können, hat er daher den Werber angewiesen, die Wortfolge „Brechbühl<br />

Architektursoftware“ ebenfalls in den Metatags seiner Website aufzuführen.<br />

B hat kürzlich von seinem Sohn erfahren, dass die Suche nach „Architektursoftware“<br />

im Internet auf die Website von A führt. Als ihm sein Sohn ein paar Tage<br />

später auch noch eröffnet, auch wenn man nach „Brechbühl Architektursoftware“<br />

suche, komme man auf A’s Site, hat B die Nase endgültig voll von A’s seiner Meinung<br />

nach ganz und gar unzulässigem Verhalten.<br />

Prüfen Sie die verfahrensmässigen Möglichkeiten und materiellen Aussichten von B,<br />

etwas gegen A zu unternehmen!<br />

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