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Übungen im Handels- und Wirtschaftsrecht ... - Simon Schlauri

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<strong>Übungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Handels</strong>- <strong>und</strong> <strong>Wirtschaftsrecht</strong><br />

1<br />

<strong>Übungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Handels</strong>- <strong>und</strong> <strong>Wirtschaftsrecht</strong><br />

Frühlingssemester 2008<br />

Fall 4 – Go Kart<br />

BGE 4C.416/2005 vom 24. Februar 2006<br />

Dr. iur. S<strong>im</strong>on <strong>Schlauri</strong><br />

Oberassistent für <strong>Handels</strong>- <strong>und</strong> <strong>Wirtschaftsrecht</strong>


<strong>Übungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Handels</strong>- <strong>und</strong> <strong>Wirtschaftsrecht</strong><br />

Einfache Gesellschaft<br />

Art. 530 OR<br />

1 Gesellschaft ist die vertragsmässige<br />

Verbindung von zwei oder mehreren Personen<br />

zur Erreichung eines gemeinsamen Zweckes<br />

mit gemeinsamen Kräften oder Mitteln.<br />

2Sie ist eine einfache Gesellschaft <strong>im</strong> Sinne<br />

dieses Titels, sofern dabei nicht die<br />

Voraussetzungen einer andern durch das<br />

Gesetz geordneten Gesellschaft zutreffen.<br />

2


<strong>Übungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Handels</strong>- <strong>und</strong> <strong>Wirtschaftsrecht</strong><br />

Begriff des Gewerbes<br />

Art. 2 Bst. b HRegV<br />

Im Sinne dieser Verordnung gelten als:<br />

(…)<br />

b. Gewerbe: eine selbstständige, auf dauernden<br />

Erwerb gerichtete wirtschaftliche<br />

Tätigkeit;<br />

3


<strong>Übungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Handels</strong>- <strong>und</strong> <strong>Wirtschaftsrecht</strong><br />

Einfache Gesellschaft<br />

Art. 530 I OR<br />

- Vertrag: erfüllt<br />

- Zwei oder mehrere Gesellschafter: erfüllt<br />

- Gemeinsamer Zweck: Gründung einer AG<br />

mit dem Zweck, eine Go-Kart-Bahn zu<br />

betreiben. Erfüllt<br />

- Gemeinsame Kräfte oder Mittel: erfüllt<br />

4


<strong>Übungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Handels</strong>- <strong>und</strong> <strong>Wirtschaftsrecht</strong><br />

Kollektivgesellschaft<br />

Art. 552 OR<br />

- Nur natürliche Personen können Gesellschafter<br />

sein.<br />

- Wenn juristische Personen beteiligt sind, liegt auch<br />

dann eine einfache Gesellschaft vor, wenn diese ein<br />

kaufmännisches Gewerbe betreibt.<br />

- Die Frage nach dem kfm. Gewerbe kann daher<br />

offen bleiben.<br />

Fazit: Es liegt eine einfache Gesellschaft vor.<br />

5


<strong>Übungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Handels</strong>- <strong>und</strong> <strong>Wirtschaftsrecht</strong><br />

Auflösungsklage aus wichtigem Gr<strong>und</strong><br />

Art. 545 Abs. 1 Ziff. 7 OR<br />

Die Gesellschaft wird aufgelöst:<br />

(…)<br />

7. durch Urteil des Richters <strong>im</strong> Falle der<br />

Auflösung aus einem wichtigen Gr<strong>und</strong>.<br />

6


<strong>Übungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Handels</strong>- <strong>und</strong> <strong>Wirtschaftsrecht</strong><br />

Auflösung aufgr<strong>und</strong> unerreichbaren Zwecks<br />

Art. 545 Abs. 1 Ziff. 1 OR<br />

Die Gesellschaft wird aufgelöst:<br />

1. wenn der Zweck, zu welchem sie<br />

abgeschlossen wurde, erreicht oder wenn<br />

dessen Erreichung unmöglich geworden ist;<br />

2. (…)<br />

7


<strong>Übungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Handels</strong>- <strong>und</strong> <strong>Wirtschaftsrecht</strong><br />

Ablauf der Liquidation<br />

Art. 549 Abs. 1 OR<br />

1 Verbleibt nach Abzug der gemeinschaftlichen<br />

Schulden, nach Ersatz der Auslagen<br />

<strong>und</strong> Verwendungen an einzelne Gesellschafter<br />

<strong>und</strong> nach Rückerstattung der Vermögensbeiträge<br />

ein Überschuss, so ist er unter die<br />

Gesellschafter als Gewinn zu verteilen.<br />

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<strong>Übungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Handels</strong>- <strong>und</strong> <strong>Wirtschaftsrecht</strong><br />

Rechtsbegehren 1: Klage auf Liquidation<br />

Die Klage kann nur als Klage auf Auseinandersetzung<br />

verstanden werden (BGE 24 II 575),<br />

nicht aber als Klage auf Auflösung nach OR 545<br />

Abs. 1 Ziff. 7, weil die Gesellschaft evtl. aufgr<strong>und</strong><br />

nicht mehr erreichbaren Zwecks (OR 545 Abs. 1<br />

Ziff. 1), sicher aber aufgr<strong>und</strong> eines <strong>im</strong>pliziten<br />

Auflösungsbeschlusses (Sitzung vom 21.12.07)<br />

bereits aufgelöst ist.<br />

(Auflösung bedeutet, dass nicht mehr der<br />

ursprüngliche Zweck verfolgt wird, sondern nur<br />

noch die Liquidation bezweckt wird.)<br />

9


<strong>Übungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Handels</strong>- <strong>und</strong> <strong>Wirtschaftsrecht</strong><br />

Rechtsbegehren 1: Klage auf Liquidation<br />

Eine allgemeine Klage auf Liquidation, wie sie<br />

vorliegend eingereicht wurde, ist allerdings nicht<br />

zulässig. Nötig wären konkretere Begehren, wie die<br />

Einsetzung von Liquidatoren oder deren<br />

Verpflichtung, best<strong>im</strong>mte Liquidationshandlungen<br />

vorzunehmen (Liquidationsbilanz erstellen,<br />

Gr<strong>und</strong>stücke verkaufen, etc.). Denn die Aufgabe, die<br />

Liquidation durchzuführen, steht nicht dem Gericht<br />

zu, sondern den Liquidatoren.<br />

Fazit: Begehren 1 ist abzuweisen.<br />

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<strong>Übungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Handels</strong>- <strong>und</strong> <strong>Wirtschaftsrecht</strong><br />

Beiträge an die einfache Gesellschaft<br />

Art. 531 Abs. 1 OR<br />

1 Jeder Gesellschafter hat einen Beitrag zu<br />

leisten, sei es in Geld, Sachen, Forderungen<br />

oder Arbeit.<br />

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<strong>Übungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Handels</strong>- <strong>und</strong> <strong>Wirtschaftsrecht</strong><br />

Auslagen <strong>und</strong> Verbindlichkeiten<br />

Art. 537 Abs. 1 OR<br />

1 Für Auslagen oder Verbindlichkeiten, die ein<br />

Gesellschafter in den Angelegenheiten der<br />

Gesellschaft macht oder eingeht (…) sind ihm<br />

die übrigen Gesellschafter haftbar.<br />

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<strong>Übungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Handels</strong>- <strong>und</strong> <strong>Wirtschaftsrecht</strong><br />

Aufwendungsersatz <strong>im</strong> Auftragsverhältnis<br />

Art. 402 Abs. 1 OR<br />

1 Der Auftraggeber ist schuldig, dem<br />

Beauftragten die Auslagen <strong>und</strong><br />

Verwendungen, die dieser in richtiger<br />

Ausführung des Auftrages gemacht hat, samt<br />

Zinsen zu ersetzen <strong>und</strong> ihn von den<br />

eingegangenen Verbindlichkeiten zu befreien.<br />

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<strong>Übungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Handels</strong>- <strong>und</strong> <strong>Wirtschaftsrecht</strong><br />

Vorläufige Verteilung<br />

Art. 586 Abs. 1 OR<br />

1 Die während der Liquidation entbehrlichen<br />

Gelder <strong>und</strong> Werte werden vorläufig auf<br />

Rechnung des endgültigen Liquidationsanteiles<br />

unter die Gesellschafter verteilt.<br />

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<strong>Übungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Handels</strong>- <strong>und</strong> <strong>Wirtschaftsrecht</strong><br />

Haftung gegenüber Dritten<br />

Art. 544 Abs. 3 OR<br />

3 Haben die Gesellschafter gemeinschaftlich<br />

oder durch Stellvertretung einem Dritten<br />

gegenüber Verpflichtungen eingegangen, so<br />

haften sie ihm solidarisch, unter Vorbehalt<br />

anderer Vereinbarung.<br />

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<strong>Übungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Handels</strong>- <strong>und</strong> <strong>Wirtschaftsrecht</strong><br />

Vertretung der einfachen Gesellschaft<br />

Art. 543 Abs. 2 OR<br />

2 Wenn ein Gesellschafter <strong>im</strong> Namen der<br />

Gesellschaft oder sämtlicher Gesellschafter<br />

mit einem Dritten Geschäfte abschliesst, so<br />

werden die übrigen Gesellschafter dem<br />

Dritten gegenüber nur insoweit berechtigt <strong>und</strong><br />

verpflichtet, als es die Best<strong>im</strong>mungen über die<br />

Stellvertretung mit sich bringen.<br />

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<strong>Übungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Handels</strong>- <strong>und</strong> <strong>Wirtschaftsrecht</strong><br />

Auslegung der Verträge<br />

Art. 18 Abs. 1 OR<br />

1 Bei der Beurteilung eines Vertrages sowohl<br />

nach Form als nach Inhalt ist der übereinst<strong>im</strong>mende<br />

wirkliche Wille <strong>und</strong> nicht die<br />

unrichtige Bezeichnung oder Ausdrucksweise<br />

zu beachten, die von den Parteien aus Irrtum<br />

oder in der Absicht gebraucht wird, die wahre<br />

Beschaffenheit des Vertrages zu verbergen.<br />

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<strong>Übungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Handels</strong>- <strong>und</strong> <strong>Wirtschaftsrecht</strong><br />

Rechtsbegehren 2: Zahlung von CHF<br />

36‘000<br />

Eine actio pro socio oder Gesellschaftsklage gestützt<br />

auf Art. 531 ist nicht gegeben, weil das Begehren auf<br />

Leistung an den Kläger <strong>und</strong> nicht auf Leistung an<br />

den Gesellschafter lautet.<br />

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<strong>Übungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Handels</strong>- <strong>und</strong> <strong>Wirtschaftsrecht</strong><br />

Rechtsbegehren 2: Zahlung von CHF<br />

36‘000<br />

Tatbestand von Art. 537 OR<br />

- Auslagen oder Verbindlichkeiten<br />

- in den Angelegenheiten der Gesellschaft tätig<br />

- Aktivlegit<strong>im</strong>ation: Gesellschafter, der die<br />

Auslagen tätigte (etc.)<br />

- Passivlegit<strong>im</strong>ation: übrige Gesellschafter<br />

- Art. 402 Abs. 1 OR analog: richtige Erfüllung<br />

- Geschäftsführungsbefugnis<br />

Fazit: Alle Voraussetzungen sind erfüllt<br />

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<strong>Übungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Handels</strong>- <strong>und</strong> <strong>Wirtschaftsrecht</strong><br />

Rechtsbegehren 2: Zahlung von CHF<br />

36‘000<br />

Aber:<br />

Ein Anspruch auf Aufwendungsersatz nach OR 537 OR kann<br />

bei einer Gesellschaft, die sich in Liquidation befindet, nur<br />

dann direkt gegen einen Gesellschafter geltend gemacht<br />

werden, wenn liquide Verhältnisse vorliegen, das Gericht also<br />

nur noch berechnen muss, wer wieviel bekommt (vgl. OR 586<br />

I). Ist dies nicht der Fall, sind also weitere Abklärungen zu<br />

tätigen, gilt der Gr<strong>und</strong>satz der Einheitlichkeit der<br />

Liquidation, wonach alle Ansprüche auf einmal zu<br />

behandeln <strong>und</strong> einzelne Klagen unter den Gesellschaftern<br />

nicht mehr zulässig sind.<br />

20


<strong>Übungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Handels</strong>- <strong>und</strong> <strong>Wirtschaftsrecht</strong><br />

Rechtsbegehren 2: Zahlung von CHF<br />

36‘000<br />

Eventualbegründung: Einrede der Saldoklausel?<br />

1) Ist der wirkliche Parteiwille eruierbar?<br />

=> Dieser dürfte i.c. nicht zu beweisen sein.<br />

2) Falls nicht (Dissens), Auslegung nach dem Vertrauensprinzip.<br />

Wortlaut: Die Ansprüche sind per Saldo <strong>und</strong> endgültig getilgt<br />

gegenüber GoKartRenn GmbH <strong>und</strong> deren Gesellschaftern. =><br />

Heinrich ist Gesellschafter der GKR GmbH, seine Ansprüche sind<br />

damit erloschen.<br />

Umstände: Man hatte sich kurz zuvor geeinigt, dass die Beteiligten<br />

die Kosten untereinander aufteilen würden. Es wäre widersprüchlich<br />

anzunehmen, dieser Beschluss sei gleich anschliessend wieder über<br />

den Haufen geworfen geworden. Zudem hatte Peter keinen Anlass,<br />

gegenüber Heinrich auf die Kostenbeteiligung zu verzichten.<br />

Fazit: Saldoerklärung gilt Heinrich gegenüber nicht. (Dennoch ist die<br />

Klage abzuweisen, vgl. vorhin).<br />

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<strong>Übungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Handels</strong>- <strong>und</strong> <strong>Wirtschaftsrecht</strong><br />

Ausfälle be<strong>im</strong> Regress gegenüber Solidarschuldnern<br />

Art. 148 Abs. 3 OR<br />

3 Was von einem Mitschuldner nicht erhältlich<br />

ist, haben die übrigen gleichmässig zu tragen.<br />

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<strong>Übungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Handels</strong>- <strong>und</strong> <strong>Wirtschaftsrecht</strong><br />

Haftung gegenüber Dritten<br />

Art. 544 Abs. 3 OR<br />

3 Haben die Gesellschafter gemeinschaftlich<br />

oder durch Stellvertretung einem Dritten<br />

gegenüber Verpflichtungen eingegangen, so<br />

haften sie ihm solidarisch, unter Vorbehalt<br />

anderer Vereinbarung.<br />

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<strong>Übungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Handels</strong>- <strong>und</strong> <strong>Wirtschaftsrecht</strong><br />

Rechtsbegehren 3: Zahlung von CHF 9‘000<br />

- Nach Art. 148 Abs. 3 OR (Solidarität) sind ausfallende<br />

Beträge be<strong>im</strong> Regress anteilsmässig auf die übrigen<br />

Haftpflichtigen zu verteilen.<br />

- Bei der einfachen Gesellschaft gilt auch Solidarität, damit<br />

ist Art. 148 Abs. 3 OR gr<strong>und</strong>sätzlich anwendbar.<br />

- Die Vorinstanz des BGer ging von einem rein internen<br />

Verhältnis aus, in dem keine Solidarität gilt. Es ist<br />

allerdings wohl davon auszugehen, dass Peter zunächst für<br />

die Gesellschaft Verbindlichkeiten gegen aussen einging<br />

(Planungsarbeiten: Architekt, Ingenieur, etc.) <strong>und</strong> diese<br />

dann beglich. Damit greift der Mechanismus von Art. 544<br />

Abs. 3 OR.<br />

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