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Genetik des erblichen Mammakarzinoms

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doch für die Genprodukte von<br />

BRCA1 und BRCA2 in zwei Funktionen<br />

eine Verwandschaft gezeigt werden.<br />

Die erste funktionelle Verwandtschaft<br />

bezieht sich auf ihre Reparatureigenschaft.<br />

BRCA1- und BR-<br />

CA2-Proteine können an Rad51, einem<br />

Protein, das an der Reparatur<br />

von Brüchen im DNA-Doppelstrang<br />

beteiligt ist, binden (17, 19). Diese<br />

Tabelle 2<br />

Familiärer Brustkrebs – BRCA-Gene – Kopplungsdaten<br />

Wechselwirkung scheint die Reparaturfunktion<br />

von Rad51 zu unterstützen.<br />

Die zweite funktionelle Verwandschaft<br />

von BRCA1 und BRCA2<br />

bezieht sich auf ihre Regulationseigenschaft<br />

(2, 15). Für beide Genprodukte<br />

konnten transkriptionsaktivierende<br />

Domänen nachgewiesen werden.<br />

Bei solchen Transkriptionsfaktoren<br />

handelt es sich um Proteine, die<br />

positiv oder negativ regulierend auf<br />

die Transkription eines oder mehrerer<br />

Gene wirken. Das BRCA1-Protein<br />

beeinflußt vermutlich Gene, die<br />

an der Zellteilung beteiligt sind, denn<br />

eine zelluläre Überexpression von<br />

BRCA1-Protein in vitro führt zu einer<br />

Drosselung der Zellteilung (10).<br />

Mutationen, die zu einem Funktionsverlust<br />

dieser transkriptionsaktivierenden<br />

Domänen führen, konnten<br />

für beide Gene bei Mammakarzinompatientinnen<br />

nachgewiesen werden.<br />

In welchem Umfang diese beiden<br />

Funktionen an der Tumorentstehung<br />

beteiligt sind, muß noch geklärt<br />

werden.<br />

M E D I Z I N<br />

DIE ÜBERSICHT<br />

Mutationen im BRCA1-Gen<br />

sind in etwa 80 Prozent<br />

krankheitsverursachend<br />

Erste Studien zur Häufigkeit von<br />

BRCA1- und BRCA2-Mutationen<br />

wurden in Form von Kopplungsanalysen<br />

durchgeführt. Hierbei wurde die<br />

Vererbung <strong>des</strong> BRCA1-Gens innerhalb<br />

von Familien mit min<strong>des</strong>tens vier<br />

Familien BRCA1 BRCA2 BRCAX<br />

4–6 BC<br />

vor dem 60. Lebensjahr<br />

32 9 59<br />

mehr als 6 BC<br />

vor dem 60. Lebensjahr<br />

19 66 15<br />

4 oder mehr BC<br />

vor dem 60. Lebensjahr<br />

und ein OC<br />

80 15 5<br />

4 oder mehr BC<br />

vor dem 60. Lebensjahr<br />

und 2 oder mehr OC<br />

88 12 0<br />

3 oder mehr OC 50 0 50<br />

BC: Mammakarzinom, OC: Ovarialkarzinom; Häufigkeiten der nachgewiesenen Kopplungen<br />

in %(Easton, 1996)<br />

Betroffenen mit Mamma- und/oder<br />

Ovarialkarzinom analysiert (5). Haben<br />

alle Betroffenen einer Familie das<br />

gleiche Allel geerbt, deutet dies auf<br />

die ursächliche Beteiligung <strong>des</strong> Gens<br />

am Krankheitsgeschehen.<br />

Tabelle 3<br />

Wahrscheinlichkeit für BRCA1-Mutationen in Mammakarzinomfamilien<br />

Differenziert man die in der<br />

Kopplungsanalyse untersuchten Familien<br />

hinsichtlich ihrer Klinik, so erkennt<br />

man, daß bei etwa 80 Prozent<br />

der Familien mit Mamma- und Ovarialkarzinom<br />

der BRCA1-Genort involviert<br />

ist. In Familien, in denen mehr als<br />

sechs Mammakarzinome aufgetreten<br />

sind, ist das BRCA2-Gen in zirka 66<br />

Prozent der Fälle involviert. Bei 59<br />

Prozent der Familien, in denen nur<br />

Mammakarzinome, und bei 50 Prozent<br />

der Familien, in denen nur Ovarialkarzinome<br />

aufgetreten sind, konnte<br />

keine Kopplung zu BRCA1 oder<br />

BRCA2 nachgewiesen werden, so daß<br />

vor allem an Hand dieser Familien<br />

nach den Genorten von anderen Tumorsuppressorgenen<br />

(BRCAX) gesucht<br />

werden muß (Tabelle 2) (8).<br />

Man sollte aber auch Familien<br />

mit nur zwei betroffenen Frauen<br />

berücksichtigen. In diesen Familien<br />

ist eine genetische Prädisposition<br />

zwar nicht sehr wahrscheinlich, aber<br />

auch nicht ausgeschlossen. Mit den<br />

Daten einer BRCA1-Mutationsanalyse<br />

in 169 Familien mit zwei oder<br />

mehr Betroffenen wurde berechnet,<br />

mit welcher Wahrscheinlichkeit bei einer<br />

bestimmten familiären Belastung<br />

in Abhängigkeit vom durchschnittlichen<br />

Diagnosealter der Probandin eine<br />

Mutation im BRCA1-Gen gefunden<br />

wird (Tabelle 3) (4).<br />

Im Rahmen solcher Analysen<br />

wurden eine Vielzahl verschiedener<br />

Mutationen gefunden. Der prozen-<br />

Diagnosealter Vorhergesagte Wahrscheinlichkeit für eine<br />

für BC BRCA1-Mutation (in Prozent)<br />

Familien mit Familien mit Familien mit Familien mit<br />

isoliertem BC und OC BC und OC mehreren<br />

BC bei einer BC und OC<br />

Person eine Person<br />

mit beiden<br />

Tumoren<br />

< 35 17,4 55,1 77,1 96,6<br />

35–39 11,7 43,5 67,8 92,4<br />

40–44 7,7 32,5 57,1 88,5<br />

45–49 5,1 23,4 54,5 82,9<br />

50–54 3,2 16,2 34,6 75,4<br />

55–59 2,1 10,8 25,1 65,9<br />

> 59 1,3 7,1 17,3 54,9<br />

BC: Mammakarzinom, OC: Ovarialkarzinom (Couch et al., 1997)<br />

Deutsches Ärzteblatt 95, Heft 11, 13. März 1998 (47)<br />

A-603

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