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BLICK

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14 HistorischeS<br />

gewählt, der Bauplatz ausgewählt, Pläne vorgelegt, da wandten<br />

sich die Katholiken an den Herrn Kultusminister von Puttkamer, und<br />

alle Verhandlungen wurden aufgehoben; die Katholiken, die schon zu<br />

Schulsteuern herangezogen waren und zum Teil bezahlt hatten, wurden<br />

von diesen lasten befreit. Dies war im Jahre 1880. Ob die Scheiterung<br />

dieses Projektes zum Nutzen oder Nachteil der ev[angelischen] Schule<br />

ausfällt, ist hier nicht der Ort zu entscheiden. Hoffentlich wird wenigs<br />

tens das Projekt der Erbauung einer zweiten ev[angelischen]<br />

Schulklasse bald seiner Ausführung entgegengehen.“<br />

Wie in den meisten Schulchroniken findet der Unterricht kaum eine Erwäh<br />

nung, und wir können uns nur eine sehr vage Vorstellung von den<br />

herrschenden Zuständen machen. Im noch stehenden Schulhaus waren<br />

auch die Hälfte der bis zu 150 Schüler kaum unterzubringen, und man<br />

fragt sich, was sie im Schichtunterricht – vor allem an den Nachmittagen<br />

– in so einer einklassigen Schule lernen konnten. – Offensichtlich waren<br />

lehrer, mehr noch als heute, Schicksal; traf man einen begnadeten Päda<br />

gogen, lernte man auch unter solchen Bedingungen; war aber der<br />

lehrer ein Rohrstock schwingender, brüllender Steißtrommler, so wurden<br />

wohl nur äußerst dürftige Ergebnisse erzielt.<br />

mit dem Wirken des am 5. April 1877 eingeführten lehrers Holtschmidt<br />

konnte frede seine schulischen Aufzeichnungen beginnen,<br />

offensichtlich standen ihm ältere Nachrichten über das Schulleben<br />

nicht zur Verfügung. „Am 1. September 1877 hielt lehrer Holtschmidt<br />

eine Schulfeier zur Erinnerung an die Ereignisse um und in Sedan am<br />

1. und 2. September 1870 ab. Derselbe sprach mit den Kindern von der<br />

Schlacht bei Sedan und deren folgen. [Die deutschen Armeen hatten<br />

einen entscheidenden Sieg über die französische Armee errungen,<br />

und der Kaiser der franzosen, Napoleon III., hatte kapituliert und war<br />

gefangen genommen worden.] Hieran schloß er [Holtschmidt] eine<br />

kurze mitteilung über die Kaiserparade zu Düsseldorf am 3. September.<br />

mit dem Singen patriotischer lieder nahm die feier ein Ende.“ – So oder<br />

ähnlich verliefen dann die Sedanstage, zumeist einheitlich am 2. Septem<br />

ber bis zum Ende des Kaiserreiches. Holtschmidt hatte auch noch<br />

eine Aufzeichnung über die feier des Geburtstages Kaiser Wilhelms I.<br />

am 22. märz 1878 hinterlassen. – frede ließ solche feiern später mit<br />

einem friedensgebet enden.<br />

Er berichtet in seiner Chronik über jeden ausgefallenen Schultag, sei<br />

es der Buß- und Bettag, die lehrerkonferenz des Schulaufsichtsbezirks<br />

oder anlässlich seiner Hochzeit im märz 1879. Im Jahre darauf<br />

musste die Schule an zwei Tagen geschlossen bleiben, weil frede der<br />

Volkszählungskommission zugehörte. 1878 kamen zu den Revisionen<br />

der Schule durch die Schulaufsicht auf Anordnung der Regierung zu<br />

Arnsberg auch noch im frühjahr und im Herbst ärztliche Kontrollen, die<br />

vor allem Krätze, Kopfausschläge und ansteckende Augenentzündungen<br />

diagnostizieren sollten. Kinder, die krank befunden wurden, benötigten<br />

dann ein ärztliches Attest über ihre Gesundung, bevor sie den Unterricht<br />

wieder aufnehmen durften. Als diese Untersuchung am 25. mai des Jahres<br />

erstmals durchgeführt wurde, konnte der Aplerbecker Arzt Dr. Kamphausen<br />

feststellten, dass alle Kinder gesund waren. Schon im Jahr darauf litten<br />

nicht nur die Schüler, sondern auch der lehrer mit seiner familie unter der<br />

Krätze, so dass die Schule einige Tage ausfallen musste.<br />

In fredes Anfangszeit in der Berghofer mark fiel am 11. mai 1878 der<br />

Attentatsversuch des Hödel genannt lehmann, der Kaiser Wilhelm I.<br />

umbringen wollte. „Zum Andenken an die glückliche Errettung [des<br />

Kaisers] wurde der 28. mai … als Wilhelmstag durch einen Schulakt<br />

gefeiert.“ Des Kaisers leben wurde erläutert und geistliche und patriotische<br />

lieder wurden gesungen.<br />

Die menschen jener Zeit kamen selten aus ihrer engsten lebensumwelt<br />

heraus. Als lehrer frede die Schüler nach der Hohensyburg fragte,<br />

stellte sich heraus, dass „kaum fünf Kinder“ den historischen Ort<br />

kann ten. So wurde der 29. Juli 1878 zum Tage des ersten überlieferten<br />

Schulausfluges, den der lehrer für die älteren Kinder der Schule zu einer<br />

historisch-geographischen Wanderung gestaltete, die von morgens 7<br />

bis abends 7 Uhr dauerte.<br />

Offensichtlich war frede ein engagierter Pädagoge, der erkannte,<br />

dass es den meisten seiner Schüler an Abwechslung und gemütvollen<br />

Erlebnissen fehlte. – So plante er am ersten Weihnachtstag eine<br />

Christ feier mit Aufstellung eines Christbaumes, und „obwohl die<br />

frei willigen Beiträge seitens der Kinder ziemlich gut eingegangen<br />

waren“, musste die Schule schon vor Weihnachten und dann auch die<br />

Christfeier ausfallen, da so viel Schnee gefallen war, dass er bis zu<br />

vier fuß [ca. 1,25 meter] hoch lag. – In späteren Jahren fanden dann<br />

Weihnachtsfeiern in der Schule statt, bei denen auch der Pfarrer und<br />

ein Gesangverein mitwirkten. Die Kinder schmückten den Baum mit<br />

Papierarbeiten sowie Zuckersachen, Backwaren und Nüssen, die nach<br />

Neujahr verzehrt werden durften.<br />

Als das deutsche Kaiserpaar am 11. Juni 1879 seine Goldene Hochzeit<br />

feiern konnte, damals ein seltenes fest, gestaltete frede eine Schulfeier,<br />

musste aber erleben, dass „kein einziger der Erwachsenen erschien“.<br />

Ganz anders war es am Tag zuvor gewesen, an dem ein Kinderfest<br />

veranstaltet worden war mit einen Umzug durch die Schulgemeinde mit<br />

musik und Gesang, mit dem Knappenverein und dem Gesangsverein.<br />

In der Umzugspause hatte es Zuckerwasser für die Kinder und später<br />

Kaffee, Kuchen und Brötchen gegeben. Am Abend waren die Erwachsenen<br />

zum Tanz gegangen, und diesmal hatte man mit der katholischen<br />

Schule gemeinsam gefeiert, ein Überschuss von zwölf mark zu Gunsten<br />

der Schule war erwirtschaftet worden und frede schrieb: Es „verlief das<br />

fest ohne jeglichen mißton.“<br />

Der erwirtschaftete Überschuss wurde in einen Ausflug investiert, an<br />

dem sich wiederum der katholische lehrer, allerdings nur mit einigen<br />

Schülern, beteiligte. Die großen Kinder wanderten am 13. September<br />

1879 zum Kaisberge bei Herdecke, auf dem ein Turm zur Erinnerung<br />

an den freiherrn vom Stein steht. frede schreibt: „Zurück fuhren wir<br />

mit der rheinischen Eisenbahn von Herdecke aus bis löttringhausen bei<br />

Hörde. Diese Eisenbahnfahrt unternahmen wir nicht etwa aus müdigkeit,<br />

sondern um durch einen ziemlich langen Tunnel zu fahren.“<br />

Auch die jüngeren Schüler kamen vier Tage später zu ihrem Recht mit<br />

einem Ausflug zum Schwerter Wald. Am Abend dieses schönen Tages<br />

brannte auf dem Sommerberg das Haus des Bergmanns Heinrich Wirtz<br />

nieder. Bei dem Brande erstickten seine beiden Stiefsöhne. Einer von<br />

ihnen, friedrich Schulte, fast 14 Jahre alt, hatte die Schule besucht. Sein<br />

lehrer schreibt: „Am 20. September gaben wir dem friedrich Schulte<br />

das Geleite zur letzten Ruhestätte auf dem Kirchhofe zu Schwerte. Die<br />

Beteiligung der Schule war eine allgemeine. Wir sangen am Trauerhause

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