Wie Ferien im "Krachgarten" - Das Die Ärzte Archiv

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Pop: Farin Urlaubs grandioses Racing Team lässt sich von 2000 enthusiastischen Fans im
Mannheimer Maimarktclub begeistern
Wie Ferien im "Krachgarten"
Von unserem Redaktionsmitglied Jörg-Peter Klotz
So viel Urlaubsstimmung gab's noch nie im meist schmucklosen Mannheimer
Maimarktclub: Das Farin Urlaub Racing Team (FURT) bittet an diesem tristen
Maiabend zur "Krachgarten"-Tour, die viel virtuoser daherkommt, als ihr Titel
es nahelegt. Bei Licht betrachtet kommen Die Ärzte, die eigentliche Band des
wasserstoffblonden Berliners, ja mehr vom musikalischen Humor und bestechen
eher selten durch instrumentalistische Höchstschwierigkeiten. Und so
überrascht es trotz des brillanten "Livealbums Of Death" (2006) immer noch,
mit welcher handwerklichen Perfektion sich die mit vier Bläsern der Busters
verstärkte sechsköpfige Frauenband durch alle musikalischen
Himmelsrichtungen von Reggae und Ska bis Rock, Punk und Metal navigiert.
Auch der Teamchef bestätigt live die ungeahnte gesangliche Höchstform, mit
der er auf dem aktuellen Album "Die Wahrheit übers Lügen" verblüfft.
Unaufgefordert sprungbereit
Dank der Dutt-tragenden Schlagzeugerin Rachel Rep und Bassistin Cindia
Krüger hat der Abend einen enormen Grund-Groove, der die Laune des
feierwilligen Publikums noch zusätzlich erhöht. Nicht, dass da Bedarf bestehen
würde: Schon beim zweiten Song "Glücklich" wird textsicher mitgesungen,
gesprungen und getanzt. Der altgediente Urlaub lässt sich vom Enthusiasmus
der 2000 Fans, die zum Beispiel bei der reinen Live-Mitmachnummer "Zehn"
schon bei den ersten Takten unaufgefordert zum Sprung bereit in die Knie
gehen, begeistern: "Dürfen wir euch mitnehmen? Dann können andere Publika
von den Mannheimern was lernen."
Bis auf eine gut gemachte Licht-Show benötigt dieses enorm
abwechslungsreiche Konzert wenig weitere Zutaten: Wenn die stilistische
Achterbahn zwischen karibischen Rhythmen und Ärzte-ähnlichem Material mal
stehenzubleiben droht, setzen sofort die Busters ein und blasen auch mal
mitten in der Strophe zum nächsten rasanten Tempowechsel.
Da steckt nicht nur viel musikalischer Humor drin, natürlich sind auch Farin
Urlaubs Texte zentral für seine enorme Breitenwirkung: Obwohl der 45-Jährige
(zuletzt im Interview mit unserer Zeitung) behauptet, keine Ahnung zu haben,
warum er seit über 25 Jahren die jeweils amtierende Teenager-Generation
fasziniert, liegt der Schlüssel dafür zwischen seinen Zeilen. Da gibt es
vordergründig naive Lebenshilfe ("Es ist egal, was du bist, Hauptsache ist, es
macht dich glücklich") mit viel ironischer Distanz, aber auch klare Ansagen
gegen adoleszente Larmoyanz ("Tu' dir mal selber Leid, Ich hab grad keine Zeit,
Denn du, Du hast dein Leben nicht im Griff", "Porzellan").
Ähnlich funktionieren auch die konsum- und gesellschaftskritischen Texte wie
"Krieg" oder "Insel": "Es gibt Werbung für alles, was man nicht braucht, damit
man Auto fährt, anders riecht und dabei raucht. Dagegen helfen keine Pillen
und auch keine Prophylaxen, ich bin hilflos, denn meine Wünsche wachsen, in
dem Maß, in dem mein Einkommen steigt, so dass das Glück immer gleich
1 von 2 20.05.2009 01:17

Wie Ferien im "Krachgarten" http://www.morgenweb.de/nachrichten/kultur/20090519_srv00000...
unerreichbar bleibt." Verziert mit Anlehnungen an "Das Kapital" singt Urlaub so
etwas im Raggamuffin-Stil auf einen Reggae-Rhythmus, so dass er nie unter
Oberlehrer-Verdacht gerät - eindrucksvoll!
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Mannheimer Morgen
19. Mai 2009
2 von 2 20.05.2009 01:17