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Fürsorge statt Versicherung - bei der Arbeitnehmerkammer Bremen

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<strong>Fürsorge</strong> <strong>statt</strong> <strong>Versicherung</strong>: Die Neubestimmung sozialer Gerechtigkeit in <strong>der</strong> AMP<br />

<strong>Fürsorge</strong> <strong>statt</strong> <strong>Versicherung</strong>:<br />

Die Neubestimmung sozialer Gerechtigkeit<br />

in <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsmarktpolitik<br />

Vortrag <strong>bei</strong> den Jusos <strong>Bremen</strong> Stadt<br />

Mitglie<strong>der</strong>versammlung 12. November 2009<br />

SPD-Fraktionsbüro<br />

Wachtstr. / <strong>Bremen</strong><br />

Peer Rosenthal, 12. November 2009


<strong>Fürsorge</strong> <strong>statt</strong> <strong>Versicherung</strong>: Die Neubestimmung sozialer Gerechtigkeit in <strong>der</strong> AMP<br />

Glie<strong>der</strong>ung<br />

1. Vom fürsorgenden zum aktivierenden Sozialstaat<br />

2. Neubestimmung sozialer Gerechtigkeit in <strong>der</strong><br />

Ar<strong>bei</strong>tsmarktpolitik<br />

3. Dualisierung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tslosensicherung<br />

4. Fünf Jahre SGB II im Spiegel <strong>der</strong> Forschung<br />

5. Ausblick: Gerechtigkeit jenseits <strong>der</strong> Aktivierung<br />

Peer Rosenthal, 12. November 2009


<strong>Fürsorge</strong> <strong>statt</strong> <strong>Versicherung</strong>: Die Neubestimmung sozialer Gerechtigkeit in <strong>der</strong> AMP<br />

Vom fürsorgenden zum aktivierenden Sozialstaat<br />

Bürgerstatus<br />

Freiheit<br />

Soziale Rechte<br />

Gleichheit<br />

Risikosicherung<br />

Steuerung<br />

Intervention<br />

<strong>Fürsorge</strong>n<strong>der</strong> Sozialstaat<br />

Sozialbürger<br />

Vermin<strong>der</strong>ung materieller Not<br />

De-Kommodifizierung<br />

(stark) universalisiert<br />

(Sozial)Bürgerrechte<br />

Standardisiert; status- bzw.<br />

klassenorientiert<br />

Materielle Gleichheit (Umverteilung)<br />

Schutzrechte<br />

<strong>Versicherung</strong> (Lebensstandard)<br />

Wenig Kontrolle<br />

Primär über Geld und Recht<br />

Finanzielle Leistungen und Anreize<br />

Aktivieren<strong>der</strong> Sozialstaat<br />

Ar<strong>bei</strong>tsmarktbürger<br />

Konditionalisierung<br />

Re-Kommodifizierung<br />

konditionalisiert<br />

Teilhaberechte<br />

Neue Reziprozität; Vertraglichung;<br />

Eigenverantwortung<br />

Chancengleichheit<br />

Abbau von Schutzrechten<br />

<strong>Fürsorge</strong> (Mindestsicherung)<br />

Verstärkte Kontrolle<br />

Primär Infrastruktur u. Dienstleistung<br />

Casemanagement<br />

Peer Quelle: Rosenthal, nach Dingeldey 12. November 2006 2009


<strong>Fürsorge</strong> <strong>statt</strong> <strong>Versicherung</strong>: Die Neubestimmung sozialer Gerechtigkeit in <strong>der</strong> AMP<br />

Glie<strong>der</strong>ung<br />

1. Vom fürsorgenden zum aktivierenden Sozialstaat<br />

2. Neubestimmung sozialer Gerechtigkeit in <strong>der</strong><br />

Ar<strong>bei</strong>tsmarktpolitik<br />

3. Dualisierung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tslosensicherung<br />

4. Fünf Jahre SGB II im Spiegel <strong>der</strong> Forschung<br />

5. Ausblick: Gerechtigkeit jenseits <strong>der</strong> Aktivierung<br />

Peer Rosenthal, 12. November 2009


<strong>Fürsorge</strong> <strong>statt</strong> <strong>Versicherung</strong>: Die Neubestimmung sozialer Gerechtigkeit in <strong>der</strong> AMP<br />

Neubestimmung sozialer Gerechtigkeit in <strong>der</strong> AMP<br />

„Theorien <strong>der</strong> Gerechtigkeit drehen sich darum, ob,<br />

wie und warum Personen unterschiedlich behandelt<br />

werden sollen. Welche ursprünglichen o<strong>der</strong> erworbenen<br />

Charakteristika o<strong>der</strong> Positionen in <strong>der</strong> Gesellschaft, so<br />

fragen sie, legitimieren eine unterschiedliche<br />

Behandlung von Personen durch soziale Institutionen,<br />

Gesetze und Sitten?“<br />

In diesem Sinne wird soziale Gerechtigkeit hier nicht als<br />

politisch-moralische, son<strong>der</strong>n als analytische Kategorie<br />

verwendet – um den normativen Politikwandel zu erfassen.<br />

Quelle: (Moller Olkin nach) Gronbach 2009<br />

Peer Rosenthal, 12. November 2009


<strong>Fürsorge</strong> <strong>statt</strong> <strong>Versicherung</strong>: Die Neubestimmung sozialer Gerechtigkeit in <strong>der</strong> AMP<br />

Gerechtigkeit im Sozialversicherungsstaat<br />

<strong>Versicherung</strong> durch Lohnar<strong>bei</strong>tszentrierung:<br />

� Mitgliedschaft an eine sozialv. Beschäftigung geknüpft<br />

� Lohnersatzleistung an vorheriges Einkommen geknüpft<br />

(Lebensstandardsicherung und Leistungsgerechtigkeit)<br />

� Leistungen an die Bereitschaft zur Lohnar<strong>bei</strong>t geknüpft<br />

(Reziprozität)<br />

Ergebnis: sozial selektives Sicherungssystem, das auf dem<br />

Ar<strong>bei</strong>tsmarkt bestehende Ungleichheiten reproduziert und in<br />

seiner interpersonalen Umverteilungsfunktion begrenzt ist.<br />

Quelle: Nullmeier / Vobruba 1994<br />

Peer Rosenthal, 12. November 2009


<strong>Fürsorge</strong> <strong>statt</strong> <strong>Versicherung</strong>: Die Neubestimmung sozialer Gerechtigkeit in <strong>der</strong> AMP<br />

Gerechtigkeit im aktivierenden Sozialstaat<br />

Teilhabe durch Ar<strong>bei</strong>tsmarktintegration:<br />

� „Effizienz des Sozialstaats bemisst sich an den<br />

Möglichkeiten zur Erwerbsbeteiligung“ (Schrö<strong>der</strong> 2003)<br />

� Soziale Ungleichheiten werden akzeptiert<br />

� Aussteuerung <strong>der</strong> Alhi-Empfänger aus <strong>der</strong> <strong>Versicherung</strong> in<br />

die neue Grundsicherung<br />

Ergebnis: Ziel <strong>der</strong> Lebensstandardsicherung wird zugunsten<br />

einer allgemeinen Existenzsicherung aufgegeben<br />

Quelle: Gronbach 2009; Knuth 2006<br />

Peer Rosenthal, 12. November 2009


<strong>Fürsorge</strong> <strong>statt</strong> <strong>Versicherung</strong>: Die Neubestimmung sozialer Gerechtigkeit in <strong>der</strong> AMP<br />

Gerechtigkeit im aktivierenden Sozialstaat<br />

F. Müntefering: „...es gibt auch die Erwartung, dass eine bestimmte Ar<strong>bei</strong>t<br />

mit einem bestimmten Status und einem bestimmten Stundenlohn an einer<br />

bestimmten Stelle anfällt [...] Es kann nicht sein, dass Ar<strong>bei</strong>tslose<br />

bestimmte Ar<strong>bei</strong>ten wegen des Status nicht erledigen.“<br />

T. Dückert: „Viele Kritiker bemängeln, dass die neue Leistung auf dem<br />

Niveau <strong>der</strong> Sozialhilfe gezahlt wird. Denen möchte ich folgendes sagen: Die<br />

vielen heutigen Sozialhilfeempfänger sind von <strong>der</strong> aktiven<br />

Ar<strong>bei</strong>tsmarktpolitik ausgeschlossen. Sie werden den Zugang dazu finden.“<br />

Quelle: PlPr 15/32 nach Gronbach 2009 und PlPr 15/67<br />

Peer Rosenthal, 12. November 2009


<strong>Fürsorge</strong> <strong>statt</strong> <strong>Versicherung</strong>: Die Neubestimmung sozialer Gerechtigkeit in <strong>der</strong> AMP<br />

Neubestimmung sozialer Gerechtigkeit in <strong>der</strong> AMP<br />

Gerechtigkeitsnorm<br />

Ziel<br />

Wert<br />

Leitidee<br />

Verteilungsmodus<br />

Adressaten<br />

Sozialer<br />

Sicherungszweig<br />

Leistung<br />

selektiv<br />

<strong>bei</strong>tragspflichtige AN<br />

SGB III<br />

� Alg<br />

� Aktive AMP<br />

[� Alhi]<br />

<strong>Versicherung</strong><br />

Lebensstandardsicherung<br />

Äquivalenzprinzip<br />

Bedarf<br />

Existenzsicherung<br />

Solidarischer Ausgleich<br />

Bedarfsabhängig, -geprüft<br />

Einkommensarme<br />

SGB II / SGB XII<br />

� Alg II<br />

� Aktive AMP<br />

� Sozialhilfe<br />

<strong>Fürsorge</strong><br />

Quelle: nach Gronbach 2009<br />

Peer Rosenthal, 12. November 2009


<strong>Fürsorge</strong> <strong>statt</strong> <strong>Versicherung</strong>: Die Neubestimmung sozialer Gerechtigkeit in <strong>der</strong> AMP<br />

Neubestimmung sozialer Gerechtigkeit in <strong>der</strong> AMP<br />

� Hartz-Gesetze (insb. SGB II) haben zu einer Neubestimmung<br />

sozialer Gerechtigkeit geführt.<br />

� Das <strong>Fürsorge</strong>prinzip wurde gestärkt, das <strong>Versicherung</strong>sprinzip<br />

geschwächt.<br />

�Die vormaligen Alhi-Bezieher wurden aus dem<br />

<strong>Versicherung</strong>ssystem ins <strong>Fürsorge</strong>system ausgesteuert.<br />

Ergebnis: Zwei Klassen von Ar<strong>bei</strong>tslosen in zwei<br />

programmatisch, finanziell und institutionell voneinan<strong>der</strong><br />

strikt getrennten Rechtskreisen (SGB III / SGB II)<br />

Peer Rosenthal, 12. November 2009


<strong>Fürsorge</strong> <strong>statt</strong> <strong>Versicherung</strong>: Die Neubestimmung sozialer Gerechtigkeit in <strong>der</strong> AMP<br />

Glie<strong>der</strong>ung<br />

1. Vom fürsorgenden zum aktivierenden Sozialstaat<br />

2. Neubestimmung sozialer Gerechtigkeit in <strong>der</strong><br />

Ar<strong>bei</strong>tsmarktpolitik<br />

3. Dualisierung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tslosensicherung<br />

4. Fünf Jahre SGB II im Spiegel <strong>der</strong> Forschung<br />

5. Ausblick: Gerechtigkeit jenseits <strong>der</strong> Aktivierung<br />

Peer Rosenthal, 12. November 2009


<strong>Fürsorge</strong> <strong>statt</strong> <strong>Versicherung</strong>: Die Neubestimmung sozialer Gerechtigkeit in <strong>der</strong> AMP<br />

Dualisierung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tslosensicherung<br />

<strong>Fürsorge</strong> <strong>statt</strong> <strong>Versicherung</strong>:<br />

Es ist ein Bedeutungsverlust <strong>der</strong> ALV zu erkennen, <strong>der</strong><br />

sich in einem sinkenden Anteil von Leistungsempfängern<br />

und einer stärkeren Gewichtung von <strong>Fürsorge</strong>systemen<br />

ausdrückt.<br />

Diese Entwicklung sinken<strong>der</strong> Deckungsquoten des<br />

<strong>Versicherung</strong>ssystems beschreibt <strong>der</strong> Begriff <strong>der</strong><br />

Dualisierung (Palier / Martin 2007), infolgedessen es für<br />

einen steigenden Teil <strong>der</strong> Bevölkerung nicht mehr möglich<br />

ist, die ‚Welt‘ <strong>der</strong> Sozialversicherungen zu erreichen.<br />

Peer Rosenthal, 12. November 2009


<strong>Fürsorge</strong> <strong>statt</strong> <strong>Versicherung</strong>: Die Neubestimmung sozialer Gerechtigkeit in <strong>der</strong> AMP<br />

45<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

Dualisierung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tslosensicherung<br />

40,2 39 39,6 41,1 40,1<br />

Leistungsempfängerquote Alg*<br />

35<br />

29,4<br />

25<br />

21,1<br />

1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008<br />

*Anteil <strong>der</strong> ar<strong>bei</strong>tslosen Ar<strong>bei</strong>tslosengeldbezieher an allen Ar<strong>bei</strong>tslosen<br />

25,2<br />

Quelle: BA 2008; Rosenthal 2009<br />

Peer Rosenthal, 12. November 2009


<strong>Fürsorge</strong> <strong>statt</strong> <strong>Versicherung</strong>: Die Neubestimmung sozialer Gerechtigkeit in <strong>der</strong> AMP<br />

5.000.000<br />

4.500.000<br />

4.000.000<br />

3.500.000<br />

3.000.000<br />

2.500.000<br />

2.000.000<br />

1.500.000<br />

1.000.000<br />

500.000<br />

0<br />

2.769.872<br />

57%<br />

2.091.008<br />

43%<br />

Ar<strong>bei</strong>tslose nach Rechtskreisen<br />

2.823.324<br />

62,9%<br />

1.663.909<br />

37,1%<br />

2.523.022<br />

1.253.403<br />

33,2%<br />

2.257.372<br />

1.010.570<br />

30,9%<br />

2005 2006 2007 2008<br />

SGB III SGB II<br />

66,8%<br />

69,1%<br />

Quelle: BA 2009<br />

Peer Rosenthal, 12. November 2009


<strong>Fürsorge</strong> <strong>statt</strong> <strong>Versicherung</strong>: Die Neubestimmung sozialer Gerechtigkeit in <strong>der</strong> AMP<br />

Glie<strong>der</strong>ung<br />

1. Vom fürsorgenden zum aktivierenden Sozialstaat<br />

2. Neubestimmung sozialer Gerechtigkeit in <strong>der</strong><br />

Ar<strong>bei</strong>tsmarktpolitik<br />

3. Dualisierung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tslosensicherung<br />

4. Fünf Jahre SGB II im Spiegel <strong>der</strong> Forschung<br />

5. Ausblick: Gerechtigkeit jenseits <strong>der</strong> Aktivierung<br />

Peer Rosenthal, 12. November 2009


<strong>Fürsorge</strong> <strong>statt</strong> <strong>Versicherung</strong>: Die Neubestimmung sozialer Gerechtigkeit in <strong>der</strong> AMP<br />

Fünf Jahre SGB II im Spiegel <strong>der</strong> Forschung<br />

Quelle: Blos/Rudolph 2005<br />

Peer Rosenthal, 12. November 2009


<strong>Fürsorge</strong> <strong>statt</strong> <strong>Versicherung</strong>: Die Neubestimmung sozialer Gerechtigkeit in <strong>der</strong> AMP<br />

Fünf Jahre SGB II im Spiegel <strong>der</strong> Forschung<br />

Untersuchungszeitraum<br />

2005 bis Ende 2006:<br />

� 40% <strong>der</strong> SGB-II-<br />

Bezieher unter 29 Jahren<br />

dauerhaft im Leistungsbezug,<br />

� 30% schafften<br />

zeitweilig den Ausstieg -<br />

nur 30% dauerhaft.<br />

Quelle: Schels 2008<br />

Peer Rosenthal, 12. November 2009


<strong>Fürsorge</strong> <strong>statt</strong> <strong>Versicherung</strong>: Die Neubestimmung sozialer Gerechtigkeit in <strong>der</strong> AMP<br />

Fünf Jahre SGB II im Spiegel <strong>der</strong> Forschung<br />

Durch die Zusammenlegung von Sozial- und Alhi...<br />

...werde ich verarmen<br />

...sind meine beruflichen Erfahrungen und<br />

Leistungen nichts mehr wert<br />

...fühle ich mich ungerecht behandelt<br />

...ist mein Ansehen und das meiner Familie<br />

beschädigt<br />

13<br />

22<br />

23<br />

19<br />

17<br />

16<br />

16<br />

25<br />

34<br />

38<br />

0% 20% 40% 60% 80% 100%<br />

trifft voll und ganz zu trifft eher zu trifft eher nicht zu trifft überhaupt nicht zu<br />

35<br />

32<br />

36<br />

26<br />

27<br />

20<br />

Quelle: Koch et al 2009: 108<br />

Peer Rosenthal, 12. November 2009


<strong>Fürsorge</strong> <strong>statt</strong> <strong>Versicherung</strong>: Die Neubestimmung sozialer Gerechtigkeit in <strong>der</strong> AMP<br />

4.900.000<br />

4.800.000<br />

4.700.000<br />

4.600.000<br />

4.500.000<br />

4.400.000<br />

4.300.000<br />

4.200.000<br />

4.100.000<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

4.375.325<br />

14,4<br />

Ausschließlich geringfügig Beschäftigte<br />

4.802.866<br />

4.746.883<br />

Niedriglohnanteil<br />

17,4<br />

4.853.596<br />

1995 2000 2007<br />

4.881.535 4.882.173<br />

2003 2004 2005 2006 2007 2008<br />

21,5<br />

800.000<br />

700.000<br />

600.000<br />

500.000<br />

400.000<br />

300.000<br />

200.000<br />

100.000<br />

0<br />

100%<br />

90%<br />

80%<br />

70%<br />

60%<br />

50%<br />

40%<br />

30%<br />

20%<br />

10%<br />

0%<br />

326.295 327.331<br />

399.789<br />

Leihar<strong>bei</strong>t<br />

453.389<br />

598.284<br />

731.152<br />

794.363<br />

2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008<br />

Niedriglohnbeschäftigte nach Qualifikation<br />

8,6<br />

58,5<br />

32,9<br />

1995 2007<br />

70,8<br />

20,8<br />

ohne B. mit B. Uni/FH<br />

Peer Rosenthal, 12. November 2009<br />

8,4


<strong>Fürsorge</strong> <strong>statt</strong> <strong>Versicherung</strong>: Die Neubestimmung sozialer Gerechtigkeit in <strong>der</strong> AMP<br />

Glie<strong>der</strong>ung<br />

1. Vom fürsorgenden zum aktivierenden Sozialstaat<br />

2. Neubestimmung sozialer Gerechtigkeit in <strong>der</strong><br />

Ar<strong>bei</strong>tsmarktpolitik<br />

3. Dualisierung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tslosensicherung<br />

4. Fünf Jahre SGB II im Spiegel <strong>der</strong> Forschung<br />

5. Ausblick: Gerechtigkeit jenseits <strong>der</strong> Aktivierung<br />

Peer Rosenthal, 12. November 2009


<strong>Fürsorge</strong> <strong>statt</strong> <strong>Versicherung</strong>: Die Neubestimmung sozialer Gerechtigkeit in <strong>der</strong> AMP<br />

Konfliktlinien zwischen <strong>Fürsorge</strong> und <strong>Versicherung</strong><br />

Das Verhältnis von <strong>Versicherung</strong> (Leistungsgerechtigkeit) und<br />

<strong>Fürsorge</strong> (Bedarfsgerechtigkeit) bildet einen zentralen<br />

Gegenstand sozialpolitischer Auseinan<strong>der</strong>setzungen.<br />

Da<strong>bei</strong> sind die Grundprinzipien <strong>der</strong> ALV in <strong>der</strong> Bevölkerung<br />

immer noch stark verankert. Eine Stärkung des<br />

<strong>Versicherung</strong>sprinzips wäre somit an ‚institutionell geronnene<br />

und verfestigte Gerechtigkeitskonzeptionen‘ anschlussfähig.<br />

� Überwindung des Aktivierungsparadigmas<br />

Quelle: Nullmeier / Vobruba; Gronbach 2009; Schmid / Nüchter 2009<br />

Peer Rosenthal, 12. November 2009


<strong>Fürsorge</strong> <strong>statt</strong> <strong>Versicherung</strong>: Die Neubestimmung sozialer Gerechtigkeit in <strong>der</strong> AMP<br />

Bausteine zur Stärkung des <strong>Versicherung</strong>ssystems<br />

Reziprozitätsnormen:<br />

Verlängerung <strong>der</strong> Bezugsdauer Alg auf 24 Monate<br />

Zugang zur ALV:<br />

Anwartschaftszeit auf 6 Monate senken<br />

Rahmenfrist auf 36 Monate erhöhen<br />

Atypische Beschäftigung:<br />

Beschränkung von Minijobs durch Absenken <strong>der</strong> Geringfügigkeitsgrenze und<br />

Wie<strong>der</strong>einführung <strong>der</strong> wöchentlichen Höchstar<strong>bei</strong>tszeit<br />

Neue Regulierung von Leihar<strong>bei</strong>t durch Wie<strong>der</strong>einführung einer Höchstüberlassungsdauer<br />

und gleiche Entlohnung wie Stammbeschäftigte<br />

Quelle: Rosenthal 2009; Strüßmann 2009<br />

Peer Rosenthal, 12. November 2009


<strong>Fürsorge</strong> <strong>statt</strong> <strong>Versicherung</strong>: Die Neubestimmung sozialer Gerechtigkeit in <strong>der</strong> AMP<br />

Neue Programmatik in <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tslosensicherung<br />

Erwerbstätigen- bzw. Beschäftigungsversicherung debattieren:<br />

� Neue Programmatik <strong>der</strong> Absicherung des Risikos<br />

Ar<strong>bei</strong>tslosigkeit<br />

� Elemente wären die Ausweitung des Versichertenkreises (z.B.<br />

Selbstständige), Verankerung präventiver Strategien, Ausbau von<br />

Anspruchsrechten auf Maßnahmen <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsför<strong>der</strong>ung<br />

� Mitdenken: Überwindung <strong>der</strong> Rechtskreistrennung SGB II /<br />

SGB III als „die größte Achillesferse <strong>der</strong> bundesdeutschen<br />

Ar<strong>bei</strong>tsmarktpolitik“<br />

Aber: auch noch viele Fragen offen!<br />

Peer Rosenthal, 12. November 2009


<strong>Fürsorge</strong> <strong>statt</strong> <strong>Versicherung</strong>: Die Neubestimmung sozialer Gerechtigkeit in <strong>der</strong> AMP<br />

Aktuelle Herausfor<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong> AMP<br />

Kurzfristige Probleme:<br />

� Zukunft <strong>der</strong> Trägerschaft SGB II<br />

� Finanzierung <strong>der</strong> ALV und <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsför<strong>der</strong>ung im SGB II<br />

� Höhe <strong>der</strong> Regelsätze und <strong>der</strong> Kosten <strong>der</strong> Unterkunft (auch in<br />

<strong>der</strong> Aufteilung <strong>der</strong> Kosten zwischen Bund und Kommunen)<br />

Peer Rosenthal, 12. November 2009


<strong>Fürsorge</strong> <strong>statt</strong> <strong>Versicherung</strong>: Die Neubestimmung sozialer Gerechtigkeit in <strong>der</strong> AMP<br />

Literatur:<br />

Blos, K./Rudolph, H. (2005): Verlierer, aber auch Gewinner, IAB-Kurzbericht 17/2005<br />

Bothfeld, S. et al (2009) (Hrsg.): Ar<strong>bei</strong>tsmarktpolitik in <strong>der</strong> sozialen Marktwirtschaft.<br />

Vom AFG zum Sozialgesetzbuch II und III<br />

Bothfeld, S. et al (2005): Eigenverantwortung in <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsmarktpolitik: zwischen<br />

Handlungsautonomie und Zwangsmaßnahmen, WSI-Diskussionspapier<br />

Dingeldey, I. (2006): Aktivieren<strong>der</strong> Wohlfahrtsstaat und sozialpolitische Steuerung, in: APuZ 8-9/2006<br />

Gronbach, S. (2009): Soziale Gerechtigkeitsleitbil<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsmarktpolitik, in: Bothfeld, S. et al (2009)<br />

Knuth, M. (2006): „Hartz IV“ – die unbegriffene Reform, in: Sozialer Fortschritt 7/2006<br />

Koch, S./Kupka, P./Steinke, J. (2009): Aktivierung, Erwerbstätigkeit und Teilhabe<br />

Nullmeier, F./Vobruba, G. (1994): Gerechtigkeit im sozialpolitischen Diskurs,<br />

in: Nullmeier, F. et al (Hrsg.): Gerechtigkeit im Wohlfahrtsstaat<br />

Palier, B./Martin, C. (2007): Editorial Introduction. From ‚a Frozen Landscape‘ to Structural Reforms: The<br />

Sequential Transformation of Bismarckian Welfare Systems, in: Social Policy & Administration 6/2007<br />

Rosenthal, P. (2009): Ar<strong>bei</strong>tslosenversicherung im Wandel, in: Bothfeld, S. et al (2009)<br />

Schels, B. (2008): Hilfebezug in jungen Jahren verfestigt sich viel zu oft, IAB-Kurzbericht 22/2008<br />

Schmid, A./Nüchter, O. (2009): Eine subjektive Dimension <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsmarktpolitik, in: Bothfeld, S. et al (2009)<br />

Peer Rosenthal, 12. November 2009

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