Ant-Wort. Jörg Splett zum 70. Geburtstag - Institut zur Förderung der ...
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Rudolf Vo<strong>der</strong>holzer<br />
werden. Der Grund muss ein an<strong>der</strong>er sein. Somit stellt sich<br />
erneut und endgültig die Frage nach <strong>der</strong> systematisch-theologischen<br />
Begründung, die das Traditionsargument begleiten<br />
muss. Das kirchliche Lehramt hat sich diesbezüglich nicht<br />
festgelegt11, son<strong>der</strong>n es <strong>der</strong> philosophischen und theologischen<br />
Reflexion überlassen, die anthropologischen Implikationen<br />
dieser lehramtlichen Entscheidung zu analysieren und im<br />
zeitgenössischen Ringen um das Verständnis des Menschen<br />
plausibel zu machen.<br />
Wenn gelegentlich in die Diskussion eingebracht wird, dass<br />
sich die Kirche bei den übrigen Zulassungskriterien für das<br />
geistliche Amt durchaus vom Verhalten Jesu emanzipiert habe<br />
und nur noch im Falle des Weihevorbehalts für den Mann<br />
anachronistisch-patriarchalisch die eine Hälfte <strong>der</strong> Menschheit<br />
von einem Amt ausschließe, zeigt sich die eigentliche Ebene des<br />
Problems. Wollte man nämlich, so argumentiert beispielsweise<br />
Medard Kehl, Jesus in je<strong>der</strong> Hinsicht treu bleiben, dann dürften<br />
auch nur bärtige jüdische Fischer, nicht aber bartlose Bayerische<br />
Beamten-, Österreichische Bauern- und Schweizer Uhrmachersöhne<br />
usw. zu Priestern geweiht werden12. Doch es wird hier<br />
übersehen, daß die geschlechtliche Bestimmung als Mann o<strong>der</strong><br />
Frau den Menschen an<strong>der</strong>s und fundamentaler prägt als<br />
Nationalität, Beruf etc. So trifft es denn auch nicht zu, daß die<br />
Kirche nur noch hinsichtlich <strong>der</strong> Frage nach dem Empfänger des<br />
Weihesakramentes an <strong>der</strong> Bedeutung <strong>der</strong> Geschlechterdifferenz<br />
festhält, während sie diese auf allen an<strong>der</strong>en Gebieten längst<br />
aufgegeben habe. Denn bei <strong>der</strong> sakramententheologischen<br />
Begründung <strong>der</strong> Ehe als volle Lebens- und auf die Zeugung von<br />
Nachkommenschaft offene Liebesgemeinschaft hält die Kirche<br />
_______________<br />
11 Die ausdrücklich dem Thema Weihevorbehalt gewidmeten<br />
Dokumente von 1976 und 1994 müssen allerdings in Zusammenhang<br />
gesehen werden mit dem Apostolischen Schreiben „Mulieris dignitatem“<br />
(15. August 1988) von Johannes Paul II. (Die Zeit <strong>der</strong> Frau. Apostolisches<br />
Schreiben „Mulieris dignitatem“. Hinführung von Joseph Kardinal<br />
Ratzinger. Kommentar von Elisabeth Gössmann, Freiburg 1988), mit<br />
dessen „Brief an die Frauen“ vom 29. Juni 1995 (VApS 122) sowie dem<br />
Schreiben <strong>der</strong> Glaubenskongregation an die Bischöfe <strong>der</strong> katholischen<br />
Kirche über die Zusammenarbeit von Mann und Frau in <strong>der</strong> Kirche und<br />
in <strong>der</strong> Welt vom 31. Mai 2004 (veröffentlicht als VApS 166). Vgl. M.<br />
HAUKE, Das Weihesakrament für die Frau – eine For<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Zeit? Zehn<br />
Jahre nach <strong>der</strong> päpstlichen Erklärung „Ordinatio sacerdotalis“ (= Respondeo<br />
17), Siegburg 2004, 9f. und 86–98.<br />
12 M. KEHL, Die Kirche. Eine katholische Ekklesiologie, Würzburg 1992,<br />
457f.