Öl sprudeltin der Savanne
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Datum: 31.10.2010<br />
NZZ am Sonntag<br />
8021 Zürich<br />
044/ 258 11 11<br />
www.nzz.ch<br />
<strong>Öl</strong> sprudelt in <strong>der</strong> <strong>Savanne</strong><br />
In Uganda sind riesige Mineralölvorkommen entdeckt worden. Nun werden sie erschlossen von<br />
Firmen aus Grossbritannien, Frankreich und China. Viele Ugan<strong>der</strong> fürchten, das schwarze<br />
Gold bringe neben Fortschritt und Reichtum vor allem Gier und Unfrieden. Von Christoph Plate<br />
Ungeahnt grosse Schätze in einer armen<br />
Gegend: Fackeltest an einem Bohrloch in<br />
<strong>der</strong> Nähe von Buliisa, Westuganda.<br />
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--Fl rdöl, so viel <strong>Öl</strong>! In Uganda,<br />
wo einst <strong>der</strong> Diktator<br />
Idi Amin wütete und<br />
Aids grassierte wie nirgendwo<br />
sonst in Afrika.<br />
Endlich könnten Strasjsen<br />
asphaltiert werden,<br />
Ugandas Soldaten würden nicht mehr<br />
die Gummistiefel tragen müssen, son<strong>der</strong>n<br />
le<strong>der</strong>ne Schnürschuhe, jubeln die<br />
Optimisten. Der Präsident könnte den<br />
russischen Helikopter, mit dem er täglich<br />
zwischen Kampala und seinem<br />
Wohnsitz in Entebbe pendelt, gegen<br />
ein bequemeres Fluggerät aus Amerika<br />
tauschen. Die Universität Makerere,<br />
ehedem eine <strong>der</strong> angesehensten Lehranstalten<br />
in Afrika, könnte Labors bauen,<br />
beste Professoren anheuern.<br />
Aus China und Südafrika, aus Grossbritannien,<br />
Frankreich und Indien<br />
kommen die <strong>Öl</strong>manager und wollen<br />
Termine beim Staatschef. Im feudalen<br />
Quartier Kololo in <strong>der</strong> Hauptstadt<br />
Kampala, wo von jeher die Diplomaten<br />
und die Minister in pittoresker Hanglage<br />
wohnen, werden Kolonialbauten<br />
geschleift. Kettensägen fällen die feuerroten<br />
Flammenbäume in den hochherrschaftlichen<br />
Gärten. Es muss Platz<br />
geschaffen werden für zeitgemässere<br />
Bauten. Die britische Explorationsfirma<br />
Tullowoil sucht zwanzig Häuser für<br />
ihre Ingenieure, mit Garten, Pool und<br />
Unterkünften für das Dienstpersonal.<br />
Deren Chef, <strong>der</strong> Schotte Brian Glover,<br />
sagt, die <strong>Öl</strong>reserven in Uganda seien<br />
bemerkenswert. In Kooperation mit<br />
<strong>der</strong> staatlichen China National Offshore<br />
Oil Corporation und <strong>der</strong> französischen<br />
Total will Glover 10 bis 15 Milliarden<br />
Franken in Uganda investieren.<br />
Es ist, als habe <strong>der</strong> britische Journalist<br />
Winston Churchill, später wurde er<br />
Premierminister, diese glänzende Zukunft<br />
für das arme Land erahnt, als er<br />
Uganda in einer Gefühlsaufwallung die<br />
Perle Afrikas nannte.<br />
Blase unter dem Albertsee<br />
Milliarden Barrel <strong>Öl</strong> lagern im Albertine<br />
Rift, dem Grabenbruch entlang<br />
<strong>der</strong> Grenze zu Kongo-Kinshasa. Das<br />
grösste <strong>Öl</strong>feld liegt unter dem Albertsee,<br />
aus dem ein Arm des Nil abfliesst.<br />
Schon vor 80 Jahren haben die britischen<br />
Kolonialherren, als sie von <strong>der</strong><br />
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Hochebene an den fischreichen Albertsee<br />
hinabstiegen, <strong>Öl</strong> entdeckt. Es<br />
blubberte damals einfach aus dem Boden,<br />
zähes, schmieriges <strong>Öl</strong> im Grasland,<br />
wo Elefanten und Antilopen entlangziehen.<br />
Aber damals gab es das<br />
schwarze Gold noch in rauen Mengen<br />
in Saudiarabien und im Irak. Dort war<br />
es billiger zu för<strong>der</strong>n. Heute haben sich<br />
die Methoden <strong>der</strong> Exploration verfeinert,<br />
man kann mit seismischen Tests<br />
<strong>Öl</strong>fel<strong>der</strong> entdecken und vom Ufer aus<br />
unter einen See bohren.<br />
Seit die weissen klimatisierten Geländewagen<br />
<strong>der</strong> <strong>Öl</strong>sucher durch das<br />
staubige Städtchen Buliisa fahren, haben<br />
sich die Grundstückspreise hier<br />
vervierfacht. Man erzählt sich Geschichten,<br />
dass in einigen ölreichen<br />
Emiraten am Golf die Bürger alles vom<br />
Staat bekommen würden. In Buliisa<br />
aber gibt es 47 Jahre nach <strong>der</strong> Unabhängigkeit<br />
keinen Strom und auch keine<br />
asphaltierte Strasse. Die Mo<strong>der</strong>ne<br />
ist hier <strong>der</strong> Sendemast für die Mobiltelefonie.<br />
Der ragt 20 Meter über die<br />
Akazien und die Läden an <strong>der</strong> sandigen<br />
Hauptstrasse, wo Kondome, Zucker,<br />
Seife und Telefonkarten verkauft werden.<br />
Je<strong>der</strong> kann nach Kampala telefonieren.<br />
Vorausgesetzt, er hat sein Telefon<br />
aufgeladen, gegen Gebühr bei jemandem,<br />
<strong>der</strong> einen Generator hat.<br />
Kigogole 4 heisst ein Hügel ausserhalb<br />
<strong>der</strong> Stadt. Dort hat Graeme French<br />
mit seinen Männern 670 Meter tief<br />
eine Explorationsbohrung gemacht.<br />
«Das ist zähes, wächsernes <strong>Öl</strong> von guter<br />
Qualität», sagt <strong>der</strong> Schotte mit dem<br />
blonden Pferdeschwanz strahlend. Der<br />
50-Jährige hat schon in <strong>der</strong> Nordsee, in<br />
Westafrika und in Libyen nach <strong>Öl</strong> gesucht.<br />
Das Areal von Kigogole 4 ist 100<br />
Meter mal 100 Meter gross, die Generatoren<br />
und Bohrmaschinen dröhnen,<br />
auf dem Bohrturm zappelt eine ugandische<br />
Flagge im Wind. Die Bagger haben<br />
eine Strasse durch den Busch hierher<br />
freigeräumt, damit die Tiefla<strong>der</strong><br />
das schwere Gerät heranbringen konnten.<br />
Bald wird das Bohrloch versiegelt,<br />
später entscheiden die Ingenieure, aus<br />
welchem <strong>der</strong> vielen Bohrlöcher geför<strong>der</strong>t<br />
werden soll. French zeigt auf ein<br />
Bohrgestänge am Boden. Das sammelt<br />
Daten, wenn es im Bohrloch steckt.<br />
15 Millionen Dollar kosten die Stahlroh-<br />
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re, die aussehen wie die polierten Geschosse<br />
aus einem «Star Wars»-Film.<br />
300 Meter weiter, jenseits des Zauns,<br />
stehen Lehmhütten mit Grasdächern.<br />
Wer dort mit einem Stück Seife und einem<br />
Kilo Zucker auftaucht, wird empfangen,<br />
als wäre er <strong>der</strong> Weihnachtsmann.<br />
Das Wichtigste sei, sagt French,<br />
dass die Anwohner freundlich seien,<br />
dass sie winkten, wenn die Ingenieure<br />
und Arbeiter in ihren Geländewagen<br />
vorbeifahren. «Wenn die Einheimischen<br />
nicht mehr winken, dann gibt es<br />
Probleme», sagt <strong>der</strong> Bohrmeister.<br />
«Das <strong>Öl</strong> verschafft Uganda riesige<br />
Möglichkeiten», sagt Prinzessin Kabakumba<br />
Labwooni Masiko. Die junge<br />
Adelige vom stolzen Volk <strong>der</strong> Banyoro<br />
ist Ministerin für Information und nationale<br />
Führung in Kampala. Sie<br />
kommt aus <strong>der</strong> Gegend am Albertsee<br />
und sie weiss, dass es viel Ärger geben<br />
kann, wenn die Leute keine neuen<br />
Strassen o<strong>der</strong> Schulen sehen. Die<br />
Banyoro waren ein kriegerisches Volk,<br />
das weite Teile Ugandas beherrschte.<br />
Dann kamen die britischen Kolonialisten<br />
und setzten dem grossen Reich ein<br />
Ende. Vom Verlust <strong>der</strong> einstigen Grösse<br />
haben sich die Banyoro nie ganz erholt.<br />
Jetzt wollen sie nicht auch noch<br />
den Reichtum unter ihren Äckern und<br />
<strong>der</strong> <strong>Savanne</strong> verlieren.<br />
Norwegen o<strong>der</strong> Nigeria<br />
Natürlich kann <strong>Öl</strong> Fortschritt sein, wie<br />
in Norwegen. Aber <strong>Öl</strong> kann ein Fluch<br />
werden, wie in Nigeria. Dort folgten<br />
Militärputsche und ein ökologisches<br />
Wenn die Verteilung des<br />
Reichtums nicht bald<br />
geregelt werde, sagt ein<br />
Oppositioneller, könnte<br />
es Krieg geben.<br />
Desaster auf die Euphorie. In Uganda<br />
wollen selbst die Kritiker den <strong>Öl</strong>boom<br />
nicht aufhalten. Die Erträge - für<br />
Uganda rechnet man mit umgerechnet<br />
2 Milliarden Franken Reingewinn pro<br />
Jahr - lösen bei Politikern und Generälen,<br />
die nur einige hun<strong>der</strong>t Franken im<br />
Monat verdienen, Hochgefühle aus.<br />
Das ist beängstigend, denn gleichzeitig<br />
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sind diese Politiker völlig überfor<strong>der</strong>t.<br />
Die geschätzten 250 000 Barrel pro<br />
Tag, die geför<strong>der</strong>t werden, katapultieren<br />
Uganda in die Gruppe <strong>der</strong> 30 bis 50<br />
wichtigsten <strong>Öl</strong>produzenten <strong>der</strong> Welt.<br />
Damit wird das Land kein Venezuela<br />
o<strong>der</strong> Angola, aber es eröffnen sich ungeahnte<br />
Möglichkeiten.<br />
Vaseline und Medikamente<br />
Wenn nächstes Jahr die För<strong>der</strong>ung<br />
hochgefahren wird, soll ein Teil des<br />
Rohöls in Kraftwerken verfeuert werden.<br />
In einer Raffinerie in Kenya wird<br />
<strong>Öl</strong> zu Benzin und Diesel verarbeitet, in<br />
lokalen Fabriken ein an<strong>der</strong>er Teil zu<br />
Vaseline, Teer und Arzneimitteln verfeinert.<br />
Die För<strong>der</strong>ung hat begonnen,<br />
aber bis heute gibt es kein Gesetz, mit<br />
dem die Verteilung des Reichtums zwischen<br />
<strong>der</strong> Zentralregierung und den<br />
Distrikten geregelt wird. Der Präsident<br />
will jeden Vertrag über För<strong>der</strong>lizenzen<br />
selbst unterschreiben. Der Staatschef<br />
Armenhaus Ostafrikas<br />
<strong>Öl</strong>funde am Albertsee in Uganda<br />
fflly<br />
KONGO-<br />
KINSHASA<br />
Edwardsee<br />
100 km<br />
Buliisa<br />
Albert-<br />
SUDAN<br />
see Höima<br />
Nationalpark<br />
Murchison<br />
Falls<br />
VJ%<br />
UGANDA<br />
- yr:<br />
Kampala<br />
Erfitebbe<br />
Victonasee<br />
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Yoweri Kaguta Museveni hat den Chef<br />
seiner Präsidialgarde mit dem Schutz<br />
<strong>der</strong> <strong>Öl</strong>quellen betraut. Der Mann ist<br />
sein Sohn. So bleibt die Kontrolle in<br />
<strong>der</strong> Familie.<br />
Wenn die Verteilung des Reichtums<br />
nicht bald geregelt werde, sagt ein Oppositioneller<br />
in Kampala, könnte es<br />
Krieg geben. Brian Glover, Chef von<br />
Tullowoil, weiss, dass Transparenz<br />
wichtig ist: «Sonst wächst das Misstrauen.»<br />
Aber transparent zu sein, ist<br />
nicht einfach, wenn mit <strong>der</strong> Regierung<br />
Stillschweigen über die Verträge vereinbart<br />
wurde. Tullowoil wirbt in<br />
Buliisa: Die Bagungu Secondary School<br />
und die katholische Kirchengemeinde<br />
haben Solaranlagen erhalten, Schwangere<br />
bekommen ein Moskitonetz, ein<br />
Spital soll gebaut werden. Das ist ehrenwert,<br />
auch wenn es an die Glasperlen<br />
erinnert, die europäische Eroberer<br />
in Afrika an Eingeborene verteilten,<br />
um sich ganze Landstriche in einem<br />
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Vertrag überschreiben zu lassen, den<br />
die Afrikaner nicht lesen konnten.<br />
«Eigentlich müsste es uns doch<br />
schon besser gehen», sagt Wendi<br />
Mullinda. Er baut in Buliisa Baumwolle<br />
an und fischt im Albertsee. Vor allem<br />
ist er aber Bürgermeister. In seiner<br />
dunklen, kühlen Amtsstube an <strong>der</strong> einzigen<br />
Kreuzung steht ein Bild von Präsident<br />
Museveni. Mullinda muss mit<br />
den Ingenieuren von Tullowoil verhandeln,<br />
wenn die Land brauchen, um zu<br />
bohren o<strong>der</strong> ein Wohnlager für die chinesischen<br />
Ingenieure einzurichten.<br />
Mullinda mit den silbernen Manschettenknöpfen<br />
ist ein nachdenklicher<br />
Mann. Die Männer von <strong>der</strong> <strong>Öl</strong>firma<br />
seien schon in Ordnung, sagt er. «Aber<br />
warum stellen die aus unserer Stadt<br />
nur ungelernte Tagelöhner an? Wir haben<br />
doch auch Universitätsabsolventen.»<br />
Sein Sohn ist einer von ihnen.<br />
Der Bauer, Fischer und Bürgermeister Wendi Mullinda in Buliisa. (29 September 2010)<br />
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