Kapitel 4
Kapitel 4
Kapitel 4
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AVWL II (Makro) 4-1 Prof. Dr. K. Schmidt<br />
4 Konjunktur- und Wachstumstheorie<br />
4.1 Einleitung<br />
Bei der Analyse des keynesianischen Modells hatten wir uns<br />
auf die kurze Frist beschrankt, d.h.,<br />
Kapitalstock ist exogen (aus der Vergangenheit) gegeben<br />
und xiert<br />
Investitionen haben nur einen Nachfrage-, aber keine<br />
Kapazitatse ekt.<br />
Jetzt betrachten wir einfache Modelle der mittleren und<br />
langen Frist.<br />
Mittlere Frist: Investitionen haben einen Nachfrage- und<br />
einen Kapazitatse ekt. Schwankungen der e ektiven Nachfrage<br />
werden durch Schwankungen der induzierten Investitionsnachfrage<br />
potenziert ) Konjunkturzyklen.<br />
Lange Frist: Alle Markte sind im Vollbeschaftigungsgleichgewicht.<br />
Investitionen haben nur einen Kapazitatse<br />
ekt ) Steady State Wachstum.
AVWL II (Makro) 4-2 Prof. Dr. K. Schmidt<br />
4.2 Produktionspotential und Auslastungsgrad<br />
Produktionspotential, YP, einer Volkswirtschaft hangt<br />
ab vom Kapitalstock. Es gibt an, wieviel mit dem bestehenden<br />
Kapitalstock bei Normalauslastung der Kapazitaten<br />
produziert werden kann. Es gilt:<br />
YP = b K ;<br />
und<br />
K = 1<br />
b YP<br />
wobei b die Kapitalproduktivitat (Output pro Kapitaleinheit)<br />
ist.<br />
Normalauslastung ist diejenige Auslastung, fur die der<br />
Kapitalstock ausgelegt ist (oder geplant wurde).<br />
Unterauslastung: Ein Teil des Kapitalstocks liegt brach.<br />
Uberauslastung: Der Kapitalstock wird mit mehr Arbeitskraften<br />
betrieben, als ursprunglich geplant (Uberstunden,<br />
Sonderschichten, etc.)
AVWL II (Makro) 4-3 Prof. Dr. K. Schmidt<br />
Wir de nieren<br />
x = Y<br />
YP<br />
als den Auslastungsgrad der Volkswirtschaft.<br />
Konjunkturschwankungen sind Schwankungen des<br />
Volkseinkommens um das Produktionspotential (Schwankungen<br />
des Auslastungsgrades)<br />
Wachstum ist das Wachstum des Produktionspotentials.<br />
r rrr<br />
rrrrrr<br />
Y<br />
YP<br />
t<br />
r<br />
Figur 4.1: Konjunkturzyklen und Wachstum
AVWL II (Makro) 4-4 Prof. Dr. K. Schmidt<br />
4.3 Das Mutiplikator-Akzelerator Modell<br />
Wir werden nur ein Modell fur Konjunkturzyklen vorstellen,<br />
das auf Samuelsan (1939) und Hicks (1950) zuruckgeht und<br />
das keynesianische Multiplikator Modell mit dem Akzelerator<br />
Modell der Investitionen verbindet.<br />
Die Grundidee wird an einfachem Beispiel illustriert:<br />
Konsumfunktion:<br />
C t = C + C 0 Y t,1 = 30 + 0; 6Y t,1<br />
Produktionspotential:<br />
YP t = b K t,1<br />
Investitionsfunktion:<br />
e<br />
+ I t = K , K t t,1 + I e<br />
t<br />
It = I n<br />
t<br />
= 1<br />
b [Y P , Y P t t] + I e<br />
t<br />
= 0; 8[YP ,YP t t]+10<br />
E ektive Nachfrage und Volkseinkommen:<br />
Y d<br />
t = Ct + It = Yt Erwartungsbildung:<br />
E(Y d<br />
t ) = Yt,1
AVWL II (Makro) 4-5 Prof. Dr. K. Schmidt<br />
Aus der Erwartungsbildungshypothese folgt fur das angestrebte<br />
Produktionspotential fur die Periode t:<br />
YP t = Y t,1<br />
Die Investitionen werden in der nachsten Periode kapazitatswirksam.<br />
Also gilt:<br />
YP t = YP t,1 = Y t,2<br />
Wenn wir diese Gleichungen zusammenfassen, erhalten wir:<br />
Yt = C + C 0 Yt,1 + 1<br />
b [Yt,1 , Yt,2] + I e<br />
+ (C 0 + 1<br />
b )Yt,1 , 1<br />
b Yt,2 = C + I e<br />
Das ist eine Di erenzengleichung zweiter Ordnung,<br />
die fur bestimmte Parameterwerte Schwingungen erzeugen<br />
kann.<br />
Zunachst betrachten wir das langfristige Gleichgewicht, in<br />
dem gelten mu : Yt = Yt,1 = Yt,2 = Y. Einsetzen in obige<br />
Gleichung ergibt:<br />
) = C + Ie<br />
1<br />
+<br />
b<br />
Y(1 , C 0 , 1<br />
b<br />
bzw.<br />
= 100<br />
C + Ie 30 + 10<br />
=<br />
0 1 , C 1 , 0; 6<br />
Y =
AVWL II (Makro) 4-6 Prof. Dr. K. Schmidt<br />
Wir wollen jetzt zeigen, wie in diesem System Schwingungen<br />
entstehen konnen.<br />
Ausgangssituation: Gleichgewicht<br />
exogener Schock: C steigt von 30 auf 40.<br />
t C t I t Y t YP t YP t K t x t<br />
0 90,0 10,0 100,0 100,0 100,0 80,0 100%<br />
1 100,0 10,0 110,0 100,0 100,0 80,0 110%<br />
2 106,0 18,0 124,0 110,0 100,0 88,0 124%<br />
3 114,4 21,2 135,6 124,0 110,0 99,2 123%<br />
4 121,4 19,3 140,7 135,6 124,0 108,5 113%<br />
5 124,4 14,0 138,4 140,7 135,6 112,5 102%<br />
6 123,1 8,2 131,3 138,4 140,7 110,7 93%<br />
7 118,8 4,3 123,0 131,3 138,4 105,0 89%<br />
8 113,8 3,4 117,2 123,0 131,3 98,4 94%<br />
9 110,3 5,4 115,7 117,2 123,0 93,8 101%<br />
10 109,4 8,8 118,2 115,7 117,2 92,6 106%<br />
1 115,0 10,0 125,0 125,0 125,0 100,0 100%<br />
Tabelle 4.1: Beispiel fur Multiplikator-Akzelerator Dynamik
AVWL II (Makro) 4-7 Prof. Dr. K. Schmidt<br />
Beachten Sie, da in diesem Beispiel die Schwingungen<br />
allmahlich zum neuen Gleichgewicht konvergieren. Das System<br />
ist also stabil.<br />
Eine Di erenzengleichung 2. Ordnung mu aber nicht notwendigerweise<br />
ein schwingendes, konvergierendes System<br />
erzeugen. Bei bestimmten Parameterkonstellationen kann<br />
das System auch monoton konvergieren, bei anderen kann<br />
es schwingend oder monoton explodieren.
AVWL II (Makro) 4-8 Prof. Dr. K. Schmidt<br />
4.4 Harrod-Domar: Wachstum auf des Messers<br />
Schneide<br />
In einem Wachstumsgleichgewicht herrscht zu jedem<br />
Zeitpunkt Vollbeschaftigung und das geplante Angebot der<br />
Unternehmen stimmt mit der geplanten Nachfrage der Haushalte<br />
uberein. Also mu gelten:<br />
Die e ektive Nachfrage mu mit der gleichen Rate wachsen<br />
wie das Produktionspotential.<br />
Das Arbeitsplatzpotential mu mit der gleichen Rate<br />
wachsen wie die Zahl der Arbeitskrafte.<br />
Harrrod (1939) und Domar (1946) haben als erste die Bedingungen<br />
untersucht, unter denen ein Wachstumsgleichgewicht<br />
moglich ist.<br />
Wir werden ein Modell in kontinuierlicher Zeit betrachten.<br />
Beispiel fur Notation:<br />
Y(t) = Volkseinkommen zum Zeitpunkt t.<br />
= Ableitung des Volkseinkommens nach der Zeit.<br />
dY(t)<br />
dt<br />
Gibt an, wie sich das Volkseinkommen zum Zeitpunkt t<br />
verandert.<br />
= Veranderung des Volkseinkommens bezogen<br />
dY(t)<br />
dt<br />
1<br />
Y(t)
AVWL II (Makro) 4-9 Prof. Dr. K. Schmidt<br />
auf das Niveau des Volkseinkommens. Das ist nichts anderes<br />
als die Wachstumsrate des Volkseinkommens.<br />
4.4.1 Die befriedigende Wachstumsrate<br />
Die e ektive Nachfrage mu mit der gleichen Rate wachsen<br />
wie das Produktionspotential.<br />
Wie entwickelt sich die e ektive Nachfrage? Es gilt:<br />
Y(t) = C(t) + I(t)<br />
Sei C(t) = (1 , s)Y(t), wobei s die Sparquote ist. Dann gilt:<br />
I(t) :<br />
Y(t) = 1<br />
s<br />
Wenn wir das nach der Zeit ableiten, erhalten wir:<br />
;<br />
dI(t)<br />
dt<br />
1<br />
=<br />
s<br />
dY<br />
dt<br />
d.h., die e ektive Nachfrage entwickelt sich proportional zu<br />
den Investitionen.<br />
Wie entwickelt sich das Produktionspotential? Es gilt:<br />
YP(t) = b K(t)<br />
Ableiten nach der Zeit:<br />
= b I(t)<br />
= bdK(t)<br />
dt<br />
dYP<br />
dt
AVWL II (Makro) 4-10 Prof. Dr. K. Schmidt<br />
= I(t).<br />
Beachten Sie, da dK(t)<br />
dt<br />
E ektive Nachfrage und Produktionspotential konnen sich<br />
also im Zeitablauf nur dann gleich entwickeln, wenn gilt:<br />
dY 1dI(t)<br />
dYP<br />
= = b I(t) =<br />
dt s dt dt<br />
Das hei t, der Nachfragee ekt der Investitionen mu<br />
gleich dem Kapazitatse ekt der Investitionen sein. Daraus<br />
folgt unmittelbar die folgende Bedingung fur ein Wachstumsgleichgewicht:<br />
dI(t)<br />
dt<br />
1<br />
= s b ;<br />
I(t)<br />
d.h., die Wachstumsrate der Investitionen mu gleich<br />
dem Produkt aus Sparquote und Kapitalproduktivitat<br />
sein.<br />
I(t) und Y(t) = YP(t) = b K(t), mussen<br />
Da Y(t) = 1<br />
s<br />
auch Y und K mit dieser Rate wachsen, die als befriedigende<br />
Wachstumsrate bezeichnet wird.
AVWL II (Makro) 4-11 Prof. Dr. K. Schmidt<br />
4.4.2 Die naturliche Wachstumsrate<br />
Gleichzeitig mu gelten, da das Arbeitsplatzpotential mit<br />
der gleichen Rate wachst wie die Zahl der Arbeitskrafte.<br />
Die Zahl der Arbeitskrafte wachst mit der konstanten Rate<br />
1 dN(t)<br />
= n<br />
N(t) dt<br />
.<br />
Wie verandert sich das Arbeitskraftepotential, NP?<br />
Zentrale Annahme: Das Faktoreinsatzverhaltnis,<br />
N/K, ist exogen gegeben und konstant.<br />
Es kann nicht auf Faktorpreisanderungen reagieren.<br />
(Limitationale Produktionsfunktion: Substitution von<br />
Kapital durch Arbeit oder umgekehrt ist technisch<br />
unmoglich).<br />
Also wachst das Arbeitsplatzpotential proportional zum Kapitalstock<br />
mit der befriedigenden Wachstumsrate sb.<br />
Damit Arbeitsplatzpotential und Zahl der Arbeitskrafte mit<br />
derselben Rate wachsen, mu also gelten:<br />
sb = n
AVWL II (Makro) 4-12 Prof. Dr. K. Schmidt<br />
4.4.3 Sakulare Instabilitat<br />
Ein Wachstumsgleichgewicht mit dauerhafter Vollbeschaftigung<br />
kann also nur erreicht werden, wenn<br />
sb = n<br />
Diese Gleichung enthalt aber nur exogene Parameter und es<br />
ware reiner Zufall, wenn diese Bedingung erfullt ware. )<br />
Wachstum auf des Messers Schneide.<br />
Sei zum Beispiel:<br />
s = 0; 1 b = 0; 2 n = 0; 03<br />
Bei dieser Konstellation ware<br />
sb = 0; 02 < 0; 03 = n ;<br />
d. h., Arbeitsplatzpotential wachst mit 2% pro Jahr, wahrend<br />
die Zahl der Arbeitskrafte mit 3% pro Jahr zunimmt. In<br />
dieser Situation wurde die Arbeitslosenquote unaufhaltsam<br />
ansteigen. ) Sakulare Instabilitat.<br />
Weil die Arbeitsintensitat im Harrod-Domar Modell xiert<br />
ist und nicht auf Faktorpreisveranderungen reagiert, gibt es<br />
keine endogenen Krafte, die das Wachstumsgleichgewicht<br />
herbeifuhren.
AVWL II (Makro) 4-13 Prof. Dr. K. Schmidt<br />
4.5 Das neoklassische Wachstumsmodell<br />
4.5.1. Das Grundmodell<br />
Geht auf Robert Solow (1956) zuruck.<br />
Zentraler Unterschied zu Harrod-Domar: Substitutionale (neoklassische)<br />
Produktionsfunktion<br />
Y = F(K; N)<br />
@Y<br />
> 0, @N > 0, @ 2 Y<br />
@K 2 < 0, und @ 2 Y<br />
@N 2 < 0.<br />
mit @Y<br />
@K<br />
Produktionsfunktion ist linear homogen vom Grade 1<br />
(konstante Skalenertrage):<br />
F( K; N) = F(K;N)<br />
Wir werden alles in \pro Kopf-Einheiten" betrachten:<br />
y = Y<br />
; etc:<br />
N<br />
Wegen der linearen Homogenitat vom Grade 1 der Produktionsfunktion<br />
konnen wir schreiben:<br />
C<br />
; c =<br />
N<br />
I<br />
; i =<br />
N<br />
K<br />
; k =<br />
N<br />
; 1) f(k) :<br />
= F( K<br />
N<br />
F(K; N)<br />
N<br />
y =<br />
Es gilt: f 0 (k) > 0, f 00 (k) < 0.
AVWL II (Makro) 4-14 Prof. Dr. K. Schmidt<br />
r rrr<br />
rrrrrrr<br />
y<br />
y = f(k)<br />
r r r<br />
r<br />
k<br />
Figur 4.2: Neoklassische Produktionsfunktion<br />
Das Guterangebot pro Kopf der Bevolkerung ist also y = f(k).<br />
Gesamtwirtschaftliche Guternachfrage<br />
Die Nachfrage pro Kopf der Bevolkerung ist:<br />
y = c + i = (1 , s)y + i<br />
Da der Kapitalmarkt bei exiblem Zinssatz geraumt wird,<br />
gilt:<br />
i = sy
AVWL II (Makro) 4-15 Prof. Dr. K. Schmidt<br />
Beachten Sie, da in diesem neoklassischen Modell alle Markte<br />
uber exible Preise geraumt werden. Das ist langfristig<br />
aber auch im keynesianischen Modell der Fall (neoklassische<br />
Synthese). Da das neoklassische Wachstumsmodell die sehr<br />
lange Frist betrachtet, steht es also nicht im Widerspruch<br />
zum Keynesianismus.<br />
Auch der Arbeitmarkt wird bei exiblen Reallohnen geraumt.<br />
Vereinfachende Annahme: Arbeitsangebot ist vollig<br />
lohnunelastisch.<br />
) Jeder Arbeiter bietet genau eine Einheit Arbeit (z.B.<br />
40 Wochenstunden) an.<br />
) Reallohn fallt solange, bis alle Arbeiter beschaftigt<br />
werden.<br />
Wir betrachten die Bevolkerungszahl als exogen gegeben<br />
und nehmen zunachst eine konstante Bevolkerung an.<br />
Spater: konstante Wachstumsrate der Bevolkerung.<br />
Die Entwicklung des Kapitalstocks<br />
Der Kapitalstock wachst mit den Investitionen pro Zeiteinheit<br />
um<br />
i = sy = sf(k)<br />
Gleichzeitig schrumpft der Kapitalstock aufgrund von Abschreibungen.<br />
Sei die konstante Abschreibungsrate. Dann
AVWL II (Makro) 4-16 Prof. Dr. K. Schmidt<br />
schrumpft der Kapitalstock mit den Abschreibungen pro<br />
Zeiteinheit um<br />
k<br />
Die Veranderung des Kapitalstocks ist die Di erenz aus Investitionen<br />
und Abschreibungen und gegeben durch<br />
= i , k = sf(k) , k<br />
dk<br />
dt<br />
r rrr<br />
rrrrrrr<br />
k<br />
sy<br />
k<br />
r<br />
r<br />
k<br />
k 2<br />
k<br />
k 1<br />
Figur 4.3: Anpassung des Kapitalstocks pro Kopf
AVWL II (Makro) 4-17 Prof. Dr. K. Schmidt<br />
Bemerkungen:<br />
Im Punkt k ist ein stetiger Zustand (Steady State)<br />
erreicht, in dem das Kapital pro Kopf konstant bleibt:<br />
Der Kapitalzuwachs in jeder Periode, sf(k ), ist gerade<br />
gleich dem Kapitalschwund, k .<br />
Angenommen, k < k . Dann ist der Kapitalzuwachs, sf(k),<br />
gro er als der Kapitalab u , k.<br />
) Der Kapitalstock nimmt zu bis k = k .<br />
Angenommen, k > k . Dann ist der Kapitalzuwachs, sf(k),<br />
kleiner als der Kapitalab u , k.<br />
) Der Kapitalstock nimmt ab bis k = k .
AVWL II (Makro) 4-18 Prof. Dr. K. Schmidt<br />
4.5.2. Die Bedeutung der Sparquote und die \Goldene<br />
Regel"<br />
Was passiert, wenn sich die Sparquote dauerhaft andert?<br />
r rrr<br />
rrrrrrr<br />
k<br />
sy<br />
k<br />
r<br />
r<br />
k<br />
Figur 4.4: Veranderung der Sparquote<br />
s2 > s1 ) Hohere Ersparnisse<br />
) hohere Investitionen<br />
) Investitionen gro er als Abschreibungen<br />
) Kapitalstock wachst<br />
) Abschreibungen wachsen<br />
) solange sf(k) > k wachst Kapitalstock weiter<br />
) neuer Steady State by k2. Je hoher die Sparquote, um so hoher sind langfristig der<br />
Kapitalstock und das Volkseinkommen.
AVWL II (Makro) 4-19 Prof. Dr. K. Schmidt<br />
Empirische Studien zeigen, da die reichen Industrielander,<br />
aber auch die Schwellenlander Sudostasiens sehr viel hohere<br />
Sparquoten haben, als die armsten Entwicklungslander.<br />
Aber: In einigen Industriestaaten ist die Sparquote in den<br />
letzten Jahren drastisch gefallen (USA, Westeuropa).<br />
Die Sparquote hangt nicht nur von den Praferenzen der<br />
Haushalte ab, sondern auch von<br />
der Hohe des Staatskonsums und der Staatsverschuldung<br />
zu konsumptiven Zwecken<br />
der Struktur des Sozialversicherungssystems<br />
steuerlichen Anreizen zur Ersparnisbildung.<br />
Das \Golden Rule" Niveau des Kapitalstocks<br />
Wenn der Staat die Sparquote beein ussen kann, welche<br />
Sparquote sollte er anstreben?<br />
Je hoher die Sparquote, um so hoher das langfristige Volkseinkommen.<br />
Aber: Sparquote von 100% bedeutet, da das<br />
gesamte Volkseinkommen wieder investiert werden mu , um<br />
den Kapitalstock zu erhalten.
AVWL II (Makro) 4-20 Prof. Dr. K. Schmidt<br />
Die optimale Sparquote ist diejenige Sparquote, die den<br />
Konsum pro Kopf maximiert.<br />
c = y , i = f(k) , i<br />
Im Steady State mu i = k sein. Wir mochten denjenigen<br />
Kapitalstock nden, der<br />
c = f(k) , k<br />
maximiert. Notwendige und hinreichende Bedingung fur den<br />
optimalen Kapitalstock k :<br />
df(k )<br />
, = 0<br />
dk<br />
Die optimale Sparquote ist also diejenige Sparquote s , fur<br />
die gilt:<br />
s f(k ) = k<br />
Das wird auch als \goldene Regel" (\golden rule") fur den<br />
optimalen Kapitalstock bezeichnet.
AVWL II (Makro) 4-21 Prof. Dr. K. Schmidt<br />
Graphische Ableitung:<br />
r rrr<br />
rrrrrrr<br />
k<br />
sy<br />
k<br />
r<br />
r<br />
k<br />
Figur 4.5: Kapitalstock pro Kopf der Goldenen Regel<br />
Beachten Sie, da im optimalen Kapitalstock die Steigung<br />
der Produktionsfunktion gerade gleich sein mu .<br />
Der Weg zum Steady State der Goldenen Regel<br />
Angenommen k < k . Wenn der Staat Ma nahmen beschlie t,<br />
um die Sparquote und damit k zu erhohen, wie verandern<br />
sich Volkseinkommen und Konsum auf dem Anpassungspfad<br />
zum neuen Steady State?<br />
Zum Zeitpunkt t 0 steigt die Sparquote<br />
) Bei gegebenem y steigt i = sy, wahrend c entsprechend<br />
fallt.
AVWL II (Makro) 4-22 Prof. Dr. K. Schmidt<br />
) Hohere Investitionen erhohen den Kapitalstock.<br />
) Hoherer Kapitalstock generiert hoheres Volkseinkommen.<br />
) Konsum steig und Investitionen steigen.<br />
) Nach einer Weile wird das ursprungliche Konsumniveau<br />
wieder erreicht und uberschritten<br />
) Im langfristigen neuen Steady State ist der Konsum<br />
maximal.<br />
y(t)<br />
r rrr<br />
rrrrrr<br />
r<br />
y<br />
c<br />
i<br />
c(t)<br />
r<br />
i(t)<br />
rr<br />
r<br />
t<br />
t 0<br />
Figur 4.6: Anpassungspfad bei Erhohung der Sparquote<br />
Der hohere Konsum zukunftiger Generationen mu also erkauft<br />
werden durch den Verzicht der jetztigen Generation.
AVWL II (Makro) 4-23 Prof. Dr. K. Schmidt<br />
Vielleicht erklart das, warum Ma nahmen zur Erhohung der<br />
Sparquote so unpopular sind.<br />
4.5.3. Bevolkerungswachstum<br />
Das Grundmodell von Solow kann noch kein andauerndes<br />
Wachstum erklaren. Es zeigt nur:<br />
Wenn die Sparquote steigt, dann wird die Wirtschaft<br />
vorubergehend wachsen, bis ein neuer Steady State<br />
erreicht ist.<br />
Im Steady State wachst die Wirtschaft nicht mehr: Volkseinkommen<br />
und Kapitalstock bleiben konstant.<br />
Nehmen wir jetzt an, da die Bevolkerung mit der exogen<br />
gegebenen, konstanten Rate n wachst.<br />
N t = N 0 e nt<br />
Wie verandert sich der Kapitalstock pro Kopf im Zeitablauf?<br />
Er wachst mit der Hohe der Investitionen pro Kopf, i.<br />
Er schrumpft durch Abschreibungen, k.<br />
Er schrumpft, weil er auf mehr Kopfe verteilt werden<br />
mu . Wenn die Bevolkerung z.B. um n% wachst, dann
AVWL II (Makro) 4-24 Prof. Dr. K. Schmidt<br />
verringert sich der absolute Kapitalstock pro Kopf um<br />
n K%.<br />
Also gilt:<br />
dk<br />
= i , k , nk = i , ( + n)k<br />
dt<br />
Man kann diese Gleichung auch wie folgt betrachten:<br />
( + n)k ist diejenige Menge an Investitionen pro Kopf die<br />
notwendig sind, um den Kapitalstock pro Kopf konstant zu<br />
halten. Damit der Kapitalstock pro Kopf konstant bleibt,<br />
mu das abgeschriebene Kapital, k, ersetzt werden,<br />
und<br />
mu neues Kapital fur die neuen Arbeiter gescha en<br />
werden. Wenn die Bevolkerung um n% wachst, dann<br />
gibt es nach einer Periode fur jeden Arbeiter (1 + n)<br />
Arbeiter. Also mu es auch fur jedes Kapitalgut (1 + n)<br />
Kapitalguter geben. Also mussen pro Kopf zusatzuliche<br />
Investitionen in Hohe von nk getatigt werden.<br />
Der Steady State<br />
Im Gleichgewicht gilt, da i = sf(k). Einsetzen ergibt:<br />
= sf(k) , k , nk = i , ( + n)k<br />
dk<br />
dt
AVWL II (Makro) 4-25 Prof. Dr. K. Schmidt<br />
Auch dieses System konvergiert zu einem stetigen Zustand,<br />
in dem der Kapitalbestand pro Kopf konstant bleibt:<br />
r rrr<br />
rrrrrrr<br />
( + n)k<br />
sy<br />
( + n)k<br />
r<br />
r<br />
k<br />
k 2<br />
k<br />
k 1<br />
Figur 4.7: Anpassung des Kapitalstocks pro Kopf bei<br />
Bevolkerungswachstum<br />
Bei k1 gilt, da sf(k1) > ( + n)k. Also wachst in dieser<br />
Situation der Kapitalstock pro Kopf, dk<br />
> 0, und wir<br />
dt<br />
bewegen uns nach rechts bis k = k .<br />
Bei k2 gilt, da sf(k2) < ( + n)k. Also fallt in dieser<br />
Situation der Kapitalstock pro Kopf, dk<br />
< 0, und wir<br />
dt<br />
bewegen uns nach links bis k = k .<br />
Bemerkungen:
AVWL II (Makro) 4-26 Prof. Dr. K. Schmidt<br />
1) Mit Bevolkerungswachstum wachst auch der Kapitalstock<br />
und das Volkseinkommen im Zeitablauf. Aber:<br />
Kapitalstock pro Kopf und Volkseinkommen pro Kopf<br />
bleiben im Steady State konstant. Modell erklart absolutes<br />
Wachstum, aber nicht Wachstum pro Kopf, d.h.,<br />
Wachstum des Lebensstandards.<br />
2) Was passiert, wenn die Wachstumsrate der Bevolkerung<br />
steigt?<br />
r rrr<br />
rrrrrrr<br />
( + n)k<br />
sy<br />
( + n2)k ( + n1)k r<br />
r<br />
r<br />
r<br />
r<br />
r<br />
r<br />
r<br />
r<br />
r<br />
r<br />
r<br />
r<br />
r<br />
r<br />
r<br />
r<br />
r<br />
r<br />
r<br />
r<br />
r<br />
r<br />
r<br />
k<br />
k 1<br />
k 2<br />
Figur 4.8: Steady State Kapitalstocks pro Kopf bei<br />
unterschiedlichem Bevolkerungswachstum<br />
Hohere Wachstumsrate der Bevolkerung ) Kapitalstock<br />
pro Kopf fallt bis neuer steady state bei k erreicht<br />
2<br />
ist.
AVWL II (Makro) 4-27 Prof. Dr. K. Schmidt<br />
Das Modell erklart, warum Lander mit hohem Bevolkerungswachstum<br />
typischerweise einen geringeren Kapitalstock<br />
pro Kopf und damit auch ein geringeres Volkseinkommen<br />
pro Kopf haben.<br />
3) Was sagt die Goldene Regel bei hoherem Bevolkerungswachstum.<br />
Im steady state gilt:<br />
c = f(k) , ( + n)k<br />
Notwendige und hinreichende Bedingung fur k , welches<br />
den Konsum pro Kopf maximiert:<br />
df(k )<br />
= + n<br />
dk<br />
Das Grenzprodukt des Kapitals mu also gleich + n<br />
sein.<br />
) Je hoher n, um so niedriger ist der optimale Kapitalstock<br />
pro Kopf.<br />
Interpretation: Je hoher n, um so mehr mu investiert<br />
werden, um den Kapitalstock pro Kopf konstant zu halten<br />
und um so weniger bleibt fur den Konsum. Um den<br />
Konsum zu maximieren, ist es besser, sich mit einem<br />
kleineren Kapitalstock pro Kopf zu begnugen.
AVWL II (Makro) 4-28 Prof. Dr. K. Schmidt<br />
4.5.4. Technischer Fortschritt<br />
Wir betrachten jetzt die Moglichkeit von technischem Fortschritt.<br />
Wir nehmen an, da der technische Fortschritt exogen<br />
gegeben ist und die E zienz der eingesetzten Arbeitskrafte<br />
mit einer konstanten Wachstumsrate erhoht.<br />
Da eine Einheit Arbeit zu unterschiedlichen Zeitpunkten unterschiedlich<br />
e zient ist, messen wir den Arbeitseinsatz in<br />
E zienzeinheiten.<br />
Produktionsfunktion:<br />
Y = F(K; N E)<br />
wobei E die E zienz der eingesetzten Arbeit ist, und N E<br />
den Arbeitseinsatz in E zienzeinheiten mi t.<br />
Aufgrund des technischen Fortschritts wachst E mit der konstanten<br />
Rate g, d.h.,<br />
E t = E 0 e gt<br />
Weil der technische Fortschritt in dieser Modellierung dieselben<br />
Auswirkungen hat wie eine Erhohung des Arbeitskraftepotentials,<br />
sprechen wir von arbeitsvermehrendem<br />
technischen Fortschritt.<br />
Wir nehmen jetzt eine \pro-E zienzeinheit-Betrachtung"
AVWL II (Makro) 4-29 Prof. Dr. K. Schmidt<br />
, usw.:<br />
I , i =<br />
N E<br />
C , c =<br />
N E<br />
K , k =<br />
N E<br />
vor. Es sei also y = Y<br />
N E<br />
Da arbeitsvermehrender technischer Fortschritt die selben<br />
Auswirkungen auf die Arbeit in E zienzeinheiten hat wie<br />
das Bevolkerungswachstum auf das Arbeitskraftepotential<br />
mu gelten:<br />
dk<br />
= i , ( + n + g)k = sf(k) , ( + n + g)k<br />
dt<br />
Beachten Sie, da die eingesetzte Arbeit in E zienzeinheit<br />
mit der Rate n + g wachst.<br />
r<br />
rrrrrrrr<br />
( + n + g)k<br />
sy<br />
( + n + g)k<br />
r<br />
r<br />
k<br />
k 2<br />
k<br />
k 1<br />
Figur 4.9: Anpassung des Kapitalstocks pro<br />
E zienzeinheit bei technischem Fortschritt
AVWL II (Makro) 4-30 Prof. Dr. K. Schmidt<br />
Auswirkungen des technischen Fortschritts:<br />
1) Wieder gilt, da im Steady State k konstant ist. Aber:<br />
k wird jetzt pro E zienzeinheit gemessen. Da die Zahl<br />
der E zienzeinheiten pro Kopf mit der Rate g steigt,<br />
steigt auch<br />
{ der Kapitalstock pro Kopf,<br />
{ das Volkseinkommen pro Kopf,<br />
{ der Konsum pro Kopf, etc.<br />
mit der Rate g.<br />
Der technische Fortschritt kann in diesem Modell andauerndes<br />
Wachstum und einen steigenden Lebensstandard<br />
erklaren.<br />
2) Das Solow Modell zeigt, da langfristig ein Wachstum<br />
des Lebensstandards nur durch technischen Fortschritt<br />
zu erreichen ist. Langfristig haben Produktivitatssteigerungen<br />
dramatische Auswirkungen auf den Lebensstandard.<br />
Beispiel:<br />
{ g = 0; 01 ) Verdoppelung des Pro-Kopf-Einkommens<br />
nach ca. 69 Jahren.<br />
{ g = 0; 02 ) Verdoppelung des Pro-Kopf-Einkommens<br />
nach ca. 35 Jahren.
AVWL II (Makro) 4-31 Prof. Dr. K. Schmidt<br />
{ g = 0; 03 ) Verdoppelung des Pro-Kopf-Einkommens<br />
nach ca. 23 Jahren.<br />
Anders ausgedruckt:<br />
{ g = 0; 01 ) Nach 50 Jahren ist das Pro-Kopf-<br />
Einkommens um ca. 64% gestiegen.<br />
{ g = 0; 02 ) Nach 50 Jahren ist das Pro-Kopf-<br />
Einkommens um ca. 169% gestiegen.<br />
{ g = 0; 03 ) Nach 50 Jahren ist das Pro-Kopf-<br />
Einkommens um ca. 338% gestiegen.<br />
3) O ene Fragen:<br />
{ Was erklart den technischen Fortschritt (endogenes<br />
Wachstum)?<br />
{ Warum sind die Produktivitatssteigerungen in den<br />
letzten 20 Jahren deutlich niedriger ausgefallen als<br />
in den 30 Jahren zuvor?<br />
{ Welche Bedeutung haben wissenschaftliche Durchbruche<br />
in Basistechnologien: Dampfmaschine, Elektrizitat,<br />
Chemie, Automobil, Computer?<br />
4) Die goldene Goldene Regel verlangt fur den optimalen<br />
Kapitalstock bei technischem Fortschritt:<br />
= + n + g<br />
df(k )<br />
dk
AVWL II (Makro) 4-32 Prof. Dr. K. Schmidt<br />
(Ableitung analog zu oben). An diesem Ma stab mussen<br />
wir messen, ob eine Gesellschaft zu wenig oder zu viel<br />
spart.<br />
Literatur: Mankiw, <strong>Kapitel</strong> 4.