Rechtsnatur der Beihilfe - Eureka24.de
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<strong>Rechtsnatur</strong> <strong>der</strong> <strong>Beihilfe</strong><br />
Das Wichtigste in Kürze<br />
■ Die <strong>Beihilfe</strong>vorschriften sind Ausfluss <strong>der</strong> grundgesetzlich verankerten Fürsorgepflicht<br />
des Dienstherrn. Auf die Gewährung <strong>der</strong> vorschriftsmäßigen <strong>Beihilfe</strong><br />
besteht ein Rechtsanspruch. Daneben gibt es einige wenige Fälle von „Kann“-<br />
<strong>Beihilfe</strong>n.<br />
■ Die <strong>Beihilfe</strong> hat nur ergänzenden Charakter. Sie ist deshalb eine Hilfeleistung,<br />
die – neben <strong>der</strong> zumutbaren Eigenvorsorge des <strong>Beihilfe</strong>berechtigten – nur<br />
ergänzend und i. d. R. nur dann einzugreifen braucht, wenn nicht durch die<br />
Ausschöpfung an<strong>der</strong>er vorrangiger Ansprüche geholfen werden kann. Dabei<br />
wird eine angemessene Krankenversicherung unterstellt, für die in den Dienstund<br />
Versorgungsbezügen eine finanzielle Beteiligung des Dienstherrn enthalten<br />
ist.<br />
■ Der Anspruch auf die Gewährung <strong>der</strong> <strong>Beihilfe</strong> ist höchstpersönlich und nicht<br />
vererblich.<br />
■ Ein <strong>Beihilfe</strong>anspruch besteht nur, wenn Krankenversicherungsschutz nachgewiesen<br />
wird.<br />
Abweichungen in Bundeslän<strong>der</strong>n:<br />
→ Bayern (Ziff. 1)<br />
→ Rheinland-Pfalz (Ziff. 1)<br />
1. Eigenständigkeit<br />
Nach Beamten- und Soldatenrecht hat <strong>der</strong> Dienstherr im Rahmen des Dienst- und<br />
Treueverhältnisses für das Wohl des Beamten (Berufs- und Zeitsoldaten) und seiner<br />
Familie, auch für die Zeit nach Beendigung des aktiven Dienstverhältnisses, zu sorgen.<br />
Die Landesbeamtengesetze enthalten inhaltlich entsprechende Vorschriften.<br />
Die <strong>Beihilfe</strong> ist eine eigenständige beamten- und soldatenrechtliche Krankenund<br />
Pflegefürsorge, die <strong>der</strong> Versicherungsfreiheit in <strong>der</strong> → gesetzlichen Krankenund<br />
Pflegeversicherung <strong>der</strong> Beamten, Richter, Berufs- und Zeitsoldaten sowie <strong>der</strong><br />
Versorgungsempfänger aus diesem Personenkreis Rechnung trägt. Durch die <strong>Beihilfe</strong><br />
erfüllt <strong>der</strong> Dienstherr die dem Beamten, Berufssoldaten usw. und seiner Familie gegenüber<br />
bestehende beamtenrechtliche und soziale Verpflichtung, sich an den Kosten<br />
in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen mit dem Anteil zu beteiligen, <strong>der</strong> durch die<br />
zumutbare Eigenvorsorge nicht abgedeckt ist.<br />
2. Fürsorgepflicht<br />
Die nach § 80 Abs. 4 BBG erlassene, für Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit entsprechend<br />
geltende Bundesbeihilfeverordnung ist Ausfluss <strong>der</strong> Fürsorgepflicht <strong>der</strong><br />
Dienstherren. Sie legt – so die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts – für<br />
die Ausübung <strong>der</strong> Fürsorgepflicht generalisierende und die Fürsorgepflicht konkretisierende<br />
Richtlinien fest, ohne dass damit die Fürsorgepflicht erschöpfend geregelt wird.<br />
Der Dienstherr ist vielmehr verpflichtet, in Zweifelsfällen zu prüfen, ob es die Fürsorgepflicht<br />
nicht gebietet, dem Bediensteten o<strong>der</strong> Versorgungsempfänger eine über<br />
die <strong>Beihilfe</strong>vorschriften hinausgehende <strong>Beihilfe</strong> zu gewähren. An<strong>der</strong>erseits ist<br />
das Zurückgreifen auf die allgemeine Fürsorgepflicht des Dienstherrn nur in den Fällen<br />
zulässig und geboten, in denen die Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern verletzt<br />
wird.<br />
Die Fürsorgepflicht schreibt dem Dienstherrn vor, durch Gewährung von <strong>Beihilfe</strong>n<br />
ergänzend einzugreifen, um den Beamten, Richter, Berufssoldat, Soldat auf Zeit und<br />
Versorgungsempfänger von den durch die Besoldung und Versorgung nicht gedeckten<br />
Aufwendungen in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen usw. in angemessenem<br />
Umfang freizustellen. Die <strong>Beihilfe</strong> ist somit ihrem Wesen nach eine Hilfeleistung, die<br />
– neben <strong>der</strong> zumutbaren Eigenvorsorge des Beamten und Versorgungsempfängers –<br />
1
nur ergänzend in angemessenem Umfang einzugreifen hat, um in einem durch die<br />
Fürsorgepflicht gebotenen Maß die wirtschaftliche Lage des <strong>Beihilfe</strong>berechtigten durch<br />
Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln zu erleichtern (vgl. § 1 Satz 2 BBhV). Die <strong>Beihilfe</strong>vorschriften<br />
gehen deshalb davon aus, dass dem <strong>Beihilfe</strong>berechtigten eine angemessene<br />
Selbstvorsorge gegen die Wechselfälle des Lebens zugemutet werden kann<br />
und die Hilfe des Dienstherrn nur ergänzend einzugreifen hat. Die → <strong>Beihilfe</strong>bemessungssätze<br />
sind daher darauf abgestellt, dass <strong>der</strong> <strong>Beihilfe</strong>berechtigte sich und seine<br />
Familie mit einem angemessenen Beitrag in einer Krankenversicherung versichert.<br />
Dieses Grundkonzept des geltenden <strong>Beihilfe</strong>rechts ist von <strong>der</strong> höchstrichterlichen<br />
Rechtsprechung wie<strong>der</strong>holt als verfassungskonform bestätigt worden.<br />
Nach ständiger Rechtsprechung des BVerwG sind die <strong>Beihilfe</strong>vorschriften eine den<br />
durchschnittlichen Verhältnissen angepasste Regelung, bei <strong>der</strong> – soweit keine unzumutbare<br />
Belastung entsteht – auch Härten und Nachteile sowie <strong>der</strong> Umstand in<br />
Kauf genommen werden müssen, dass nicht in jedem Einzelfall eine volle Deckung<br />
<strong>der</strong> (durch eine Krankenversicherung nicht erstatteten) Aufwendungen erreicht wird.<br />
Der Dienstherr stellt nach den wie<strong>der</strong>holten Entscheidungen des BVerwG mit <strong>der</strong> Besoldung<br />
o<strong>der</strong> Versorgung einen nicht bezifferbaren Durchschnittssatz zur Verfügung,<br />
<strong>der</strong> für Aufwendungen im Krankheitsfalle gedacht ist, die erfahrungsgemäß entstehen.<br />
Soweit diese Aufwendungen den mit <strong>der</strong> Besoldung o<strong>der</strong> Versorgung abgegoltenen<br />
Durchschnittssatz übersteigen, hat dies <strong>der</strong> Dienstherr durch die Gewährung von<br />
<strong>Beihilfe</strong>n auszugleichen. In welcher Weise <strong>der</strong> <strong>Beihilfe</strong>berechtigte Vorsorge trifft, ist<br />
ihm überlassen.<br />
Die <strong>Beihilfe</strong>regelung stellt, so heißt es in den einschlägigen Entscheidungen des<br />
BVerwG weiter, keine Alimentierung im eigentlichen Sinne dar, son<strong>der</strong>n soll<br />
diese nur ergänzen. Den geschuldeten Unterhalt leistet <strong>der</strong> Dienstherr durch die Besoldung<br />
o<strong>der</strong> Versorgung. Diese Alimentation ist dadurch gekennzeichnet, dass sie<br />
laufend und ohne Bezug zu bestimmten Bedürfnissen des Empfängers geleistet wird.<br />
Das ist bei den <strong>Beihilfe</strong>n nicht <strong>der</strong> Fall. Sie werden aus beson<strong>der</strong>em Anlass und zu einem<br />
bestimmten Zweck erbracht und sollen den <strong>Beihilfe</strong>berechtigten in angemessenem<br />
Umfang von denjenigen Aufwendungen in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen<br />
freistellen, die nicht mit <strong>der</strong> Besoldung o<strong>der</strong> Versorgung abgedeckt sind. Dementsprechend<br />
finden sie ihre Rechtsgrundlage nicht in <strong>der</strong> Alimentierungspflicht des<br />
Dienstherrn, son<strong>der</strong>n – ihrem Leistungszweck entsprechend – in dessen Fürsorgepflicht.<br />
Die Gewährung von <strong>Beihilfe</strong>n als Nebenalimentation und die Grundsätze ihrer Bemessung<br />
als Teil einer umfassend zu verstehenden „Gesamtalimentation“ stehen nicht<br />
unter dem Schutz des Art. 33 Abs. 5 GG. Auch das BVerfG hat mit Beschluss vom<br />
23. 6. 1981 (NJW S. 1998) festgestellt, dass das System <strong>der</strong> <strong>Beihilfe</strong>ngewährung nicht<br />
zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gehört und nicht aus <strong>der</strong><br />
zu diesen Grundsätzen zählenden Alimentationspflicht hergeleitet werden kann. Für<br />
den Fall, dass die zur Abwendung von krankheitsmäßigen Belastungen erfor<strong>der</strong>lichen<br />
Krankenversicherungsprämien einen solchen Umfang erreichen, dass <strong>der</strong> amtsangemessene<br />
Lebensunterhalt des <strong>Beihilfe</strong>berechtigten nicht mehr gewährleistet wäre, sei<br />
eine Korrektur <strong>der</strong> Besoldungs- und Versorgungsgesetze geboten, nicht aber eine<br />
Anpassung <strong>der</strong> nicht verfassungsverbürgten <strong>Beihilfe</strong>sätze.<br />
Nach <strong>der</strong> Rechtsprechung des BVerwG setzt das <strong>Beihilfe</strong>recht einen Bund und Län<strong>der</strong><br />
verpflichtenden, im Wesentlichen gleichen „<strong>Beihilfe</strong>standard“ voraus (Beschlüsse vom<br />
25. 6. 1987, ZBR 1988 S. 68 und vom 26. 2. 1992, ZBR S. 208).<br />
3. Einklagbarer Anspruch<br />
Auf die Gewährung <strong>der</strong> <strong>Beihilfe</strong> hat <strong>der</strong> <strong>Beihilfe</strong>berechtigte einen im → Verwaltungsrechtsweg<br />
verfolgbaren Rechtsanspruch (§ 10 Abs. 1 Satz 1 BBhV). Die Regelbeihilfe<br />
wird ohne Prüfung <strong>der</strong> Würdigkeit und Bedürftigkeit und ohne Rücksicht auf die für<br />
<strong>Beihilfe</strong>zwecke zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel gewährt.<br />
Der Anspruch auf Gewährung einer <strong>Beihilfe</strong> ist höchstpersönlich und fällt nicht in den<br />
Nachlass. Der <strong>Beihilfe</strong>anspruch kann deshalb nicht abgetreten und grundsätzlich auch<br />
nicht verpfändet o<strong>der</strong> gepfändet werden (§ 10 Abs. 1 Satz 2 BBhV). Die Pfändung<br />
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durch einen For<strong>der</strong>ungsgläubiger ist nach § 10 Abs. 1 Satz 3 BBhV in Höhe <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung<br />
zulässig, <strong>der</strong> eine gleich hohe, nicht ausgezahlte <strong>Beihilfe</strong> gegenübersteht (so<br />
auch BGH vom 5.11.2004 – IXa ZB 17/04). Der einem verstorbenen <strong>Beihilfe</strong>berechtigten<br />
entstandene <strong>Beihilfe</strong>anspruch geht auf Erben über, vgl. BVerwG vom 29.4.2010<br />
– 2 C 77/08 (NVwZ S. 1568). Entstanden ist ein <strong>Beihilfe</strong>anspruch, wenn beihilfefähige<br />
Aufwendungen vorliegen und damit ein Zahlungsanspruch des Erbringers <strong>der</strong> Leistung<br />
(z. B. Arzt, Krankenhaus, Apotheke) begründet wurde. Es ist nicht erfor<strong>der</strong>lich, dass<br />
im Zeitpunkt des Todes des <strong>Beihilfe</strong>berechtigten <strong>Beihilfe</strong> beantragt war. Hat <strong>der</strong> Erblasser<br />
die einjährige Antragsfrist (§ 54 BBhV) versäumt, wirkt dies auch gegen den<br />
Erben, d. h. er kann keine vom Todestag aus berechnete – neue – Antragsfrist (bezogen<br />
auf das Rechnungsdatum) beanspruchen.<br />
4. Krankenversicherungsschutz<br />
Ein <strong>Beihilfe</strong>anspruch besteht nur, wenn (privater o<strong>der</strong> gesetzlicher) Krankenversicherungsschutz<br />
nachgewiesen wird (§ 10 Abs. 2 BBhV). Dies gilt sowohl für <strong>Beihilfe</strong>berechtigte<br />
als auch für berücksichtigungsfähige Angehörige → Versicherungspflicht in<br />
<strong>der</strong> Krankenversicherung.<br />
5. <strong>Beihilfe</strong>berechtigung nach dem Tod des <strong>Beihilfe</strong>berechtigten<br />
Zu Aufwendungen, die berücksichtigungsfähigen Angehörigen nach dem Tod des<br />
<strong>Beihilfe</strong>berechtigten entstehen, steht den berücksichtigungsfähigen Angehörigen ein<br />
originärer <strong>Beihilfe</strong>anspruch zu. Dies gilt nicht für Witwen, Witwer und Waisen des<br />
Verstorbenen (vgl. VV 4.1.2). Für Überführungskosten anlässlich des Todes des <strong>Beihilfe</strong>berechtigten<br />
gilt § 44 BBhV.<br />
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