Neue Gemeindeformen - Evangelische Kirche von Westfalen
Neue Gemeindeformen - Evangelische Kirche von Westfalen
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10<br />
missionarische Arbeit (in) der Volkskirche gehen dabei bis heute <strong>von</strong> der Anglikanischen <strong>Kirche</strong> in<br />
England aus, deren Entwicklung und Situation große Ähnlichkeit mit der unsrigen aufweist. 18<br />
Zugleich ist sie uns jedoch im Blick auf die gesellschaftliche Situation und den damit verbundenen<br />
Herausforderungen bereits um einen wesentlichen Schritt voraus. Denn: „die christliche Kultur ist<br />
aus dem Großbritannien des neuen Jahrtausends verschwunden.“ 19 Diese Situation eines „Post-<br />
Christentums“ bzw. einer „nachchristlichen Gesellschaft“ führte schon in den 80er Jahren des 20.<br />
Jahrhundert in der Anglikanischen <strong>Kirche</strong> zu verstärkten missionarischen Aktivitäten und Projekten:<br />
Neben der „Decade of Evangelism“ 1989-1999 sind es dabei vor allem die missionarischen<br />
Bewegungen des Church Planting und der „Fresh expressions of church“, die auch bei uns verstärkt<br />
auch in den Mittelpunkt des Interesses gerückt sind 20 . Angesichts strukturueller wie<br />
gesellschaftlicher Ähnlichkeiten und Parallelen lohnt ein kurzer Blick auf diese beiden eng<br />
miteinander verbundenen missionarischen „Modelle“, um Anregungen für die eigenen Überlegungen<br />
zur Mission und zu neuen <strong>Gemeindeformen</strong> zu bekommen. Dies umso mehr, als sie beide zugleich<br />
begleitet werden <strong>von</strong> umfassenden kirchenrechtlichen Überlegungen, die darauf zielen, die neu<br />
entstandenen <strong>Gemeindeformen</strong> auch kirchenrechtlich einzubinden und dabei zugleich einen<br />
möglichen Gegensatz <strong>von</strong> Ortsgemeinde und neuen <strong>Gemeindeformen</strong> zu verhindern.<br />
Mission shaped church und Mixed economy churches<br />
Unter dem Titel „Mission shaped church“ fasst die Anglikanische <strong>Kirche</strong> seit mehreren Jahren ihre<br />
missionarischen Initiativen zusammen. 21 Theologische Grundlage des Missionsverständnisses bildet<br />
das Verständnis der Mission als „missio dei“: Grundlegend ist hierbei die „Erkenntnis …, [dass] nicht<br />
die <strong>Kirche</strong> selbst Ursprung und Zweck missionarischen Handelns ist, sondern vielmehr kirchliches<br />
Handeln in dieser Welt in die umfassende Mission des Dreieinigen Gottes an seiner Schöpfung<br />
einbezogen ist.“ 22<br />
Bewusst lässt der Bericht „Mission shaped church“ – wie auch die deutsche Übersetzung „Mission<br />
bringt Gemeinde in Form“ ebenfalls deutlich macht – aber offen, ob es sich bei den „in Form<br />
gebrachten Gemeinden“ um eine bereits vorhandene Ortsgemeinde in einer Parish 23 oder um eine<br />
„Neupflanzung“ handelt. Diese Offenheit beruht auf dem Verständnis <strong>von</strong> „Church planting“ wie der<br />
„fresh expressions of church“ nach dem sich missionarische Initiativen und Projekte sowohl in einer<br />
Auftrag des Präsidiums der Synode, Frankfurt a.M. 2000 sowie das ergänzende Lesebuch „Ermutigung zur Mission. Informationen –<br />
Anregungen – Beispiele, hrsg. v. der EKD, Hannover 1999. Vergleiche dazu auch das Votum <strong>von</strong> Wolfgang Huber: „In den letzten Jahren<br />
haben wir im deutschen Protestantismus neu gelernt, dass Mission als glaubensweckende und einladende Ansprache an die Menschen in<br />
unserem Land zu den Grundaufgaben der <strong>Evangelische</strong>n <strong>Kirche</strong> in Deutschland und ihrer Gliedkirchen gehört. … Dabei … meint Mission<br />
den aufrichtigen und fairen Dialog über Überzeugungen und Werte, Lebenshaltungen und Handlungsmaximen. In diesem Sinne ist<br />
Mission eine Lebens- und Wesensäußerung der <strong>Kirche</strong>“, in: Herbst, Michael (Hg.), Mission bringt Gemeinde in Form, Neukirchen-Vluyn, 3.<br />
Aufl. 2008 Vorwort Wolfgang Huber, S. 9.<br />
Dieses <strong>von</strong> Michael Herbst herausgegebene Buch stellt die deutsche Übersetzung der anglikanischen Studie “Mission shaped church” dar,<br />
die 2004 erschien (s.u. Anm. 6). Bei den englischsprachigen Zitaten wird im Folgenden um der Verständlichkeit willen auf diese <strong>von</strong><br />
Michael Herbst herausgegebene deutsche Übersetzung zurückgegriffen, im Folgenden angegeben mit dem Literaturhinweis „Mission<br />
bringt Gemeinde in Form, Deutsche Ausgabe“; für Zitate aus der im englischen Text nicht enthaltenen Einführung <strong>von</strong> Michael Herbst in<br />
die Studie wird die Angabe „Herbst (Einführung)“ gewählt.<br />
18<br />
Vgl. Huber, ebd; Bärend, Hartmut, a.a.O., S. 11, sowie Herbst (Einführung), a.a.O., S. 13: „Anders als die … amerikanischen<br />
Gemeindemodelle sind uns die englischen Innovationen in jeder Hinsicht näher: Das kirchliche Klima wirkt vertrauter, … auch für unsere<br />
volkskirchliche Mentalität eher kompatibel.“<br />
19<br />
Mission bringt Gemeinde in Form, Deutsche Ausgabe, S. 50.<br />
20<br />
Ein erstes Ergebnis dieser Beschäftigung mit dem anglikanischen Modell des Church Planting in Deutschland ist beispielsweise auf<br />
www.gemeinde-pflanzen.de zu sehen.<br />
21<br />
„Mission shaped church“ lautet so auch der Titel des Berichtes der Arbeitsgruppe der Kommission für Mission und Öffentlichkeitsarbeit<br />
der Anglikanischen Church of England. Auftrag der Kommission war es, den 1994 erschienenen Bericht „Breaking New Ground“ zu<br />
überprüfen und zu überarbeiten. Dabei kam die Kommission zu dem Schluss, dass die für Breaking New Ground grundlegende<br />
Sichtweise, dass „das Pflanzen <strong>von</strong> Gemeinden als ‚ergänzende Strategie, die der Wirksamkeit des parochialen Gemeindeprinzips zugute<br />
kommt“ (Mission bringt Gemeinde in Form, Deutsche Ausgabe, S. 29), nicht mehr angemessen ist, da sich der Charakter unserer<br />
Gesellschaft zu stark verändert hat, so „dass eine Strategie nicht mehr ausreicht, um das typisch anglikanische Prinzip der ‚Inkarnation’<br />
heute in England in die Praxis umzusetzen“; a.a.O., 30. Zum Verständnis des „anglikanischen Prinzips der Inkarnation“ s. a.a.O., 30; s.u.<br />
Anm. 12.<br />
22<br />
Gemeinde leiten, ebd. Vgl. auch Tim Dearborn, zitiert bei Herbst (Übersetzung), a.a.O., S. 162: „Es ist nicht die <strong>Kirche</strong> Gottes, die einen<br />
missionarischen Auftrag in der Welt hat, vielmehr hat ein missionarischer Gott eine <strong>Kirche</strong> in der Welt.“; s. dazu auch Herbst (Einführung),<br />
a.a.O., S. 14. Zur theologischen Grundlegung für die im Zuge des Church Planting entstehenden neuen Gemeinden s. Mission bringt<br />
Gemeinde in Form, Deutsche Ausgabe, Kap. 5, S. 160-192.<br />
23<br />
Das Glossar der Church of England (2007) definiert „Parish“ wie folgt: „This relatively small geographical area is the main working subdivision<br />
of the diocese, within which the bishop shares his ‚cure of souls’ (his pastoral responsibility) with the incumbent (Amtsinhaber)”; s.<br />
dazu auch www.cofe.anglican.org.<br />
G:\Daten\Winword\Dezernat_14\<strong>Kirche</strong>norganisation\Konzeptionen\<strong>Kirche</strong>ngemeinden\<strong>Gemeindeformen</strong>\EKvW\<strong>Gemeindeformen</strong> 2010<br />
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