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<strong>04</strong>/02 ; 5,- SFr<br />

zur alltägli<strong>ch</strong>keit des krieges<br />

kann man si<strong>ch</strong> denn an gewalt<br />

gewöhnen?<br />

georg l’homme<br />

seite 3<br />

zwis<strong>ch</strong>enstop<br />

hintergedanken bei meiner arbeit<br />

daniel costantino<br />

seite 5<br />

militär: leben für das töten<br />

meine persönli<strong>ch</strong>en<br />

überlegungen<br />

lukas häusler<br />

seite 8<br />

last edit


2<br />

INTRO<br />

liebe leserin, lieber leser<br />

dies ist die letzte nummer des „s<strong>ch</strong>andflecks“.<br />

zuwenig abos, kein zuwa<strong>ch</strong>s in vier jahren<br />

– da wollen wir fortan billiger produzieren<br />

und ni<strong>ch</strong>t nur für die post und die copyquicks<br />

arbeiten.<br />

wir gehen ans netz. ab 1. märz 03 unter<br />

wer uns unter info@armymuffel.<strong>ch</strong> seine<br />

impressums<strong>ch</strong>andfleck:<br />

5.jahrgang, ers<strong>ch</strong>ien 4x jährli<strong>ch</strong><br />

beratungsstelle für militärverweigerung<br />

bern quartiergasse 17 / postfa<strong>ch</strong> 3000 bern<br />

11 tel.: 031 333 01 00<br />

email: info@armymuffel.<strong>ch</strong><br />

email-adresse bekanntgibt, wird von uns<br />

zur gegebenen zeit über den start und das<br />

angebot informiert. die homepage wird frei<br />

zugängli<strong>ch</strong> und ni<strong>ch</strong>t kostenpfli<strong>ch</strong>tig sein.<br />

wer über keinen internet-zugang verfügt,<br />

s<strong>ch</strong>reibe uns, dass er weiterhin neue artikel<br />

zuges<strong>ch</strong>ickt erhalten mö<strong>ch</strong>te: redaktion<br />

s<strong>ch</strong>andfleck, pf 274, 3000 bern 11. ab dem<br />

zeitpunkt, an dem das no<strong>ch</strong> laufende abo<br />

ni<strong>ch</strong>t mehr gilt, wird voraussi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> ein unkostenbeitrag<br />

erbeten.<br />

www.s<strong>ch</strong>andfleck.<strong>ch</strong><br />

INHALT<br />

zur alltägli<strong>ch</strong>keit des krieges episode II<br />

3 georg l’homme<br />

zwis<strong>ch</strong>enstop<br />

5 daniel costantino<br />

meine persönli<strong>ch</strong>en überlegungen,<br />

wel<strong>ch</strong>e zum gewissensents<strong>ch</strong>eid gegen<br />

den militärdienst geführt haben<br />

9 lukas häusler<br />

zitate<br />

10 div.<br />

texte: georg l´homme, daniel costantino,<br />

lucas häusler; desktopper:tom hænsel<br />

pc-konto: 30-225-038-3<br />

mit dem start im märz wird der titel<br />

„s<strong>ch</strong>andfleck“ re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> vom verein militärverweigerer-beratung<br />

bern getrennt und<br />

fortan ein eigenleben führen.<br />

wir danken eu<strong>ch</strong> für eure bisherige unterstützung<br />

und hoffen, eu<strong>ch</strong> weiterhin zu unsernleserinnenundlesernzählenzudürfen.<br />

daniel costantino


s<strong>ch</strong>andfleck <strong>04</strong>/02<br />

georg l’homme<br />

zur alltägli<strong>ch</strong>keit des krieges<br />

episode ll<br />

WIR ALLE KENNEN AUS FILM,<br />

NACHRICHTEN,MAGAZINENUSW.<br />

DAS UMFELD DES WAFFENGE-<br />

BRAUCHES: VERFOLGUNGSJAGD,<br />

KAMPFSZENE, WAFFENDROHUNG<br />

ODER AGGRESSIVE GESTIK UND<br />

MIMIK. BEREITS KINDER KÖNNEN<br />

DIESVERBLÜFFENDGENAU NACH-<br />

AHMEN, LERNEN GEWALTTÄTIGES<br />

VERHALTEN ZUNÄCHST ZU IMI-<br />

TIEREN.<br />

beunruhigend ist vor allem die<br />

vorstellung, im verhalten der kinder,<br />

in deren einstellung zur gewalt<br />

könne si<strong>ch</strong> dauerhaft etwas<br />

ändern. kann man si<strong>ch</strong> denn an<br />

gewalt gewöhnen?<br />

- si<strong>ch</strong>er! einerseits nehmen wir die<br />

fülle von gewaltdarstellungen in<br />

zeitungen, fernsehserien und<br />

–na<strong>ch</strong>ri<strong>ch</strong>ten, kinofilmen, liedern<br />

und auf plakaten gar ni<strong>ch</strong>t mehr<br />

wahr. wir s<strong>ch</strong>alten ab, filtern all die<br />

reize, verdrängen die unmenge<br />

der optis<strong>ch</strong>en und akustis<strong>ch</strong>en bes<strong>ch</strong>allung.<br />

andererseits erfordert<br />

es immer stärkere reize, um uns in<br />

spannung und erregung zu versetzen.<br />

gewalttätigkeit ist normal!<br />

– habt ihr s<strong>ch</strong>on den reportagenfilm<br />

„bowling for columbine“ gesehn?<br />

fast allwö<strong>ch</strong>entli<strong>ch</strong> ist die pilgerfahrt<br />

von kriegern dur<strong>ch</strong> die ganze<br />

s<strong>ch</strong>weiz per öv. das militäris<strong>ch</strong>e<br />

wird präsent in jedem leben, uniformen<br />

mis<strong>ch</strong>en si<strong>ch</strong> zwis<strong>ch</strong>en normale<br />

mens<strong>ch</strong>en. touristen und<br />

dur<strong>ch</strong>reisende sind oft erstaunt<br />

und s<strong>ch</strong>ockiert über dieses kriegeris<strong>ch</strong>e,<br />

jedo<strong>ch</strong> für viele eidgenossen<br />

ni<strong>ch</strong>t aussergewöhnli<strong>ch</strong>e bild.<br />

sie fragen ers<strong>ch</strong>reckt, gegen wen<br />

denn die s<strong>ch</strong>weizer gerade krieg<br />

führten!...<br />

samstag morgens um halb neun in<br />

s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>en hauptbahnhöfen<br />

findet die grosse truppenverlegung<br />

statt. und sonntagabends<br />

geht die militarisierte zone re<strong>ch</strong>ts-<br />

umkehrt wieder zurück. bei der<br />

heimfahrt patrouillieren gar mittlere<br />

militärs (korporale oder so) in<br />

den zivilen zügen, um für re<strong>ch</strong>t<br />

und ordnung zu sorgen. sie patrouillieren<br />

in den zügen, verbreiten<br />

unbehagen, kontrollieren, ob<br />

si<strong>ch</strong> „ihre“ rekruten au<strong>ch</strong> ja anständig<br />

benehmen. und der markt<br />

spielt: die passagio-minibar hat<br />

si<strong>ch</strong> angepasst, verkauft samstagmorgens<br />

um halb neun auf soldatenstrecken5-liter-felds<strong>ch</strong>löss<strong>ch</strong>enfässer.<br />

die werbeindustrie ist ebenfalls<br />

auf den zug aufgesprungen, soldier<br />

sells: für die swisscom verabs<strong>ch</strong>iedet<br />

si<strong>ch</strong> der fliegertruppensoldat<br />

von seiner freundin am perron.<br />

– der s<strong>ch</strong>oggihelvetier in rsmontur<br />

freut si<strong>ch</strong> in einem wartsaal<br />

auf „früs<strong>ch</strong>ä feijnä zöpfä“.<br />

gut, dass wir uns so an deren allgegenwart<br />

gewöhnen – ja ri<strong>ch</strong>tig<br />

wir gewöhnen uns an die soldaten!<br />

wer wundert si<strong>ch</strong> denn, heers<strong>ch</strong>aren<br />

von uniformen zu begegnen?<br />

es erinnert uns do<strong>ch</strong> hö<strong>ch</strong>stens<br />

an den erneuten rsstart. –<br />

falls die ordentli<strong>ch</strong>en polizeien in<br />

personalengpässe geraten sollten,<br />

3<br />

wird die armee einspringen. bereits<br />

seit anfang der 90er-jahre<br />

wird die hilfspolizistenrolle der militärs<br />

systematis<strong>ch</strong> ausgebaut. soldaten<br />

sind aktiv in der verteidigung<br />

unseres vaterheimatlandes,<br />

sorgen für re<strong>ch</strong>t und ordnung: einige<br />

dutzend söldner bewahren<br />

den europäis<strong>ch</strong>en gottesstaat, 150<br />

berufskrieger s<strong>ch</strong>ützen unsere<br />

s<strong>ch</strong>weizergrenze gegen „flü<strong>ch</strong>tlinge<br />

und immigranten“, 60 dur<strong>ch</strong>diener<br />

bewa<strong>ch</strong>en glei<strong>ch</strong>zeitig bots<strong>ch</strong>aften<br />

(total 700 diener im jahr),<br />

und eine unbekannte zahl von festungswä<strong>ch</strong>tern<br />

und milizsoldaten<br />

wurden und werden bei grossanlässen<br />

wie beispielsweise dem wef<br />

in davos eingesetzt! letztere hätten<br />

„keine eigentli<strong>ch</strong>en polizeiaufgaben“,<br />

sondern betrieben nur<br />

objekts<strong>ch</strong>utz, allerdings mit geladenem<br />

sturmgewehr im ans<strong>ch</strong>lag.<br />

aber was solls, denn in jedem anständigen<br />

eidgenössis<strong>ch</strong>en haushalt<br />

befindet si<strong>ch</strong> ein subventioniertes<br />

sturmgewehr! totgefährli<strong>ch</strong>e<br />

tradition, ist das sturmgewehr<br />

stets griffbereit zu hause zu haben!<br />

vers<strong>ch</strong>iedene gewalttaten<br />

und drohungen mit der häusli<strong>ch</strong>en<br />

armeeknarre sorgen in der jüngsten<br />

vergangenheit für s<strong>ch</strong>lagzeilen:<br />

ein mann wird im kino mit einem<br />

sturmgewehr ers<strong>ch</strong>ossen, der<br />

amokläufer mordet dank militär-


4<br />

waffe (von steuern finanziert), und<br />

in zahlrei<strong>ch</strong>en fällen wurden mens<strong>ch</strong>en<br />

mit dem sturmgewehr bedroht!<br />

mann ist versu<strong>ch</strong>t, den<br />

re<strong>ch</strong>tsstaat anzuklagen, der fahrlässig<br />

beihilfe zum mord leistet.<br />

aber hierzulande no<strong>ch</strong> lange kein<br />

grund, die gut 420'000 sturmgewehre<br />

einzuziehen, wär ja no<strong>ch</strong><br />

s<strong>ch</strong>öner, wenn die waffenbesitzer<br />

ihren stolz zurückgeben müssten.<br />

und denno<strong>ch</strong> bestätigen kriminologen:<br />

„eine griffbereite waffe ermuntert<br />

zur tat.“<br />

wer von eu<strong>ch</strong> hat kein swiss army<br />

knife zu haus? tja, und so wie wir<br />

alle was so praktis<strong>ch</strong>es haben, lässt<br />

si<strong>ch</strong> mit dem qualitätsmerkmal arbeiten.<br />

vor langen jahren ma<strong>ch</strong>te<br />

s<strong>ch</strong>on die firma “victorinox swiss<br />

army knives, wat<strong>ch</strong>es and sunglasses”<br />

in den usa folgende werbung:<br />

„history’s best equipped army<br />

isn’t alexander the great’s, ceasar’s,<br />

or <strong>ch</strong>arle-magne’s. but that<br />

of a small country with really good<br />

<strong>ch</strong>eese. switzerland. the swiss alps<br />

are postcard perfect. yet inside<br />

they house hos-pitals, army divisions<br />

and enough petroleum to<br />

fuel the military for over a year.<br />

seemingly innocent <strong>ch</strong>alets double<br />

as storage depots.” [die am besten<br />

ausgerüstete armee der ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>-<br />

te ist ni<strong>ch</strong>t die alexanders des grossen,<br />

caesars oder <strong>ch</strong>arlemagnes.<br />

sondern die eines kleinen landes<br />

mit wirkli<strong>ch</strong> gutem käse. die<br />

s<strong>ch</strong>weiz. die s<strong>ch</strong>weizer alpen sind<br />

postkarten-perfekt. jedo<strong>ch</strong> im innern<br />

beherbergen sie spitäler, armeedivisionen<br />

und genügend benzin,<br />

um das militär für über ein jahr<br />

zu versorgen. s<strong>ch</strong>einbar uns<strong>ch</strong>uldige<br />

<strong>ch</strong>alets dienen als lagerhäuser.]<br />

exklusiver ges<strong>ch</strong>mack war halt<br />

s<strong>ch</strong>on immer etwas teurer, aber es<br />

nur s<strong>ch</strong>on zeigen zu können, lohnt<br />

si<strong>ch</strong> do<strong>ch</strong>.<br />

hierzulande gibts no<strong>ch</strong> mehr so<br />

praktis<strong>ch</strong>e dinger. angehörigederarmee<br />

und deren angehörige können<br />

einander fresspäckli neu bis<br />

5 kg gratis per privatisierter post<br />

zus<strong>ch</strong>icken – der inhalt soll übrigens<br />

ni<strong>ch</strong>t kontrolliert werden…<br />

und päckli im tarnanzug können<br />

sogar s<strong>ch</strong>on vorgefertigt als swissarmypack<br />

erobert oder erstanden<br />

werden.<br />

und trotzdem. die helvetis<strong>ch</strong>e militärkü<strong>ch</strong>e<br />

ist besser als ihr ruf. unlängst<br />

hat unsere militärkö<strong>ch</strong>enationalmanns<strong>ch</strong>aft<br />

(so was gibts<br />

wirkli<strong>ch</strong>!) an deren weltmeisters<strong>ch</strong>ft<br />

(ja, sogar das gibts) in luxemburg<br />

die goldmedallie „unter<br />

das war wieder ein fest!<br />

habt ihr s<strong>ch</strong>on mal mitgema<strong>ch</strong>t<br />

beim knabens<strong>ch</strong>iessen? da werden<br />

übrigens keine, wie so oft mit einem<br />

s<strong>ch</strong>munzeln missverstanden<br />

wird, knaben ges<strong>ch</strong>ossen!... das<br />

grosse volksfest, organisiert von<br />

der s<strong>ch</strong>ützengesells<strong>ch</strong>aft der stadt<br />

züri<strong>ch</strong>, ist ein wetts<strong>ch</strong>iessen der 13<br />

–16 jährigen knaben, an dem seit<br />

1991 au<strong>ch</strong> mäd<strong>ch</strong>en und ni<strong>ch</strong>tzür<strong>ch</strong>er<br />

mits<strong>ch</strong>iessen dürfen. der<br />

s<strong>ch</strong>ützenkönig steht meist erst am<br />

feiertägli<strong>ch</strong>en knabens<strong>ch</strong>iessenmontag<br />

na<strong>ch</strong> dem aussti<strong>ch</strong> fest.<br />

der sieger (oder die –in) darf si<strong>ch</strong><br />

neben einem hohen militär posieren.<br />

daneben findet die gigantis<strong>ch</strong>e<br />

<strong>ch</strong>ilbi statt.<br />

na<strong>ch</strong> beginn des 19. jahrhunderts<br />

bildete das knabens<strong>ch</strong>iessen den<br />

abs<strong>ch</strong>luss der waffenübungen<br />

(= rs) der zür<strong>ch</strong>er jugend, das „von<br />

alters her darauf abgesehen gewesen<br />

sey, züri<strong>ch</strong>s söhne zu kriegern<br />

zu bilden und sie zur verteidigung<br />

ihres vaterlandes ges<strong>ch</strong>ickt<br />

zu ma<strong>ch</strong>en.“<br />

getreu dem motto „den frieden<br />

kriegen wir au<strong>ch</strong> no<strong>ch</strong> hin!“<br />

AMEN<br />

feldbedingungen“ erko<strong>ch</strong>t…


s<strong>ch</strong>andfleck <strong>04</strong>/02<br />

zwis<strong>ch</strong>enstop<br />

wi<strong>ch</strong>tig ist die pfeife<br />

das war s<strong>ch</strong>on bei den indianern so<br />

und die haben die büffel ni<strong>ch</strong>t ausgerottet<br />

sondern si<strong>ch</strong> bei ihnen bedankt<br />

i<strong>ch</strong> bedanke mi<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong><br />

es kommt einem wunder nahe<br />

dass einer geld verdient damit<br />

dass er andern zuhört und von ihnen lernt<br />

wenn au<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t sehr viel geld<br />

die pfeife ist wi<strong>ch</strong>tig<br />

i<strong>ch</strong> protestiere gegen alle friedensorganisationen<br />

mit ni<strong>ch</strong>trau<strong>ch</strong>erzwang<br />

gegen alle tis<strong>ch</strong>e und versammlungen<br />

wo ni<strong>ch</strong>t gerau<strong>ch</strong>t werden darf<br />

der heutige mens<strong>ch</strong> und politaktivist<br />

muss si<strong>ch</strong> wieder entspannen lernen<br />

und konzentrieren und stimulieren<br />

und die pfeife soll rundumwandern<br />

sonst kommen wir ni<strong>ch</strong>t weiter<br />

wenn wir dauernd alles s<strong>ch</strong>ützen<br />

korrektsein aber ni<strong>ch</strong>ts niederreissen wollen<br />

die predigt am sonntag und sol<strong>ch</strong>es zeug<br />

die wissens<strong>ch</strong>aft und die fors<strong>ch</strong>ung<br />

au<strong>ch</strong> die gewissensgründe und die psy<strong>ch</strong>iatrie<br />

und die gemeinnützige arbeit<br />

die aufopfernde soziale arbeit<br />

das opfer überhaupt als begriff als symbol<br />

als tribut<br />

nulltoleranz lasst die andern üben<br />

die ihre miliz und ihre militanz<br />

von gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en strömungen gefährdet sehen<br />

und nie re<strong>ch</strong>t zeigen dürfen was sie eigentli<strong>ch</strong> könnten<br />

und der drogenfreien armee das wort reden<br />

und für unvergiftetes kanonenfutter plädieren<br />

und gewiss mit dem feind<br />

s<strong>ch</strong>on ni<strong>ch</strong>trau<strong>ch</strong>erzonen aushandeln<br />

denn wo ges<strong>ch</strong>ossen wird haben drogen keinen platz<br />

lei<strong>ch</strong>en s<strong>ch</strong>on<br />

hintergedanken bei meiner arbeit<br />

daniel costantino<br />

ni<strong>ch</strong>t jedes problem glei<strong>ch</strong> ernstnehmen<br />

und ni<strong>ch</strong>t mehr darüber la<strong>ch</strong>en<br />

und ni<strong>ch</strong>t dem wolf erzählen gewalt löse keine probleme<br />

das meine i<strong>ch</strong><br />

das wi<strong>ch</strong>tigste ist<br />

neben der pfeife und mit ihr dem la<strong>ch</strong>en<br />

und aber au<strong>ch</strong> dem lauten flu<strong>ch</strong>en<br />

dass man trotzdem ni<strong>ch</strong>t weint<br />

und denno<strong>ch</strong> trauert<br />

wertneutrale beratungen lasst die andern ma<strong>ch</strong>en<br />

die ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>tsbü<strong>ch</strong>er s<strong>ch</strong>reiben und gesetze biegen<br />

und von kommunikation s<strong>ch</strong>watzen und derglei<strong>ch</strong>en<br />

und von wertegemeins<strong>ch</strong>aft wenn sie si<strong>ch</strong> selber meinen<br />

deren ges<strong>ch</strong>äft seit jeher der friede war<br />

die ausbeutung als mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>t verkaufen<br />

und ihren terror als hilfe<br />

und den geldbeutel seele nennen<br />

und herrli<strong>ch</strong>keitinewigkeit<br />

und distinguiert dazu lä<strong>ch</strong>eln<br />

als ob man si<strong>ch</strong> in der hölle siezte<br />

ewig muss das ni<strong>ch</strong>t weitergehen so und kann es au<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t<br />

der mens<strong>ch</strong> wird den globus ni<strong>ch</strong>t in die luft jagen<br />

oder in ausserhalbige gegenden<br />

grössenwahn – no<strong>ch</strong> man<strong>ch</strong>es was ihn bekämpft<br />

und gottspielen ist primitiver aberglaube<br />

hö<strong>ch</strong>stens die kappen werden s<strong>ch</strong>melzen<br />

und die narren ersaufen<br />

und der rest von kultur und die liebe<br />

und man<strong>ch</strong>es was s<strong>ch</strong>on heute ausstirbt<br />

oder no<strong>ch</strong> in zoos zu betra<strong>ch</strong>ten<br />

sagte i<strong>ch</strong> friede?<br />

unfriede ist fast no<strong>ch</strong> wi<strong>ch</strong>tiger<br />

was aufbegehrt gegen arbeitsplätze<br />

und gefängnisbauten<br />

gegen den takt und den strom und die erziehung an si<strong>ch</strong><br />

5


6<br />

die folgsamkeit im fühlen und denken s<strong>ch</strong>on<br />

die abtötung der erotik die fast s<strong>ch</strong>on mumifiziert<br />

ein s<strong>ch</strong>atten ihrer selbst<br />

ein hoffnungsloses dasein fristet<br />

wie eine eingesperrte maus im vakuum<br />

krieg ist keine notwehrhandlung im affekt<br />

und keine naturbedingte unabänderli<strong>ch</strong>keit<br />

wegen zuvieler mens<strong>ch</strong>en oder so<br />

und mangelnder verständnismögli<strong>ch</strong>keiten<br />

als ob es quasi der globalisierung bedürfte<br />

ihn zu überwinden<br />

sondern kriminelles verhalten<br />

aus ma<strong>ch</strong>tgier perfidie und frustration<br />

und kein sinnloser fehler<br />

die regierung lügt si<strong>ch</strong> in die eigne tas<strong>ch</strong>e<br />

die medien verbreiten die propaganda vom sieg<br />

die linken bedauern si<strong>ch</strong><br />

mehr als die opfer ihrer bomben<br />

die sklaven veralbern vor der glotze<br />

vaterland ist ein synonym für obrigkeit<br />

su<strong>ch</strong>t ihr heimat geht zu muttern<br />

ma<strong>ch</strong>t kennt kein weltans<strong>ch</strong>auli<strong>ch</strong>es rückgrat<br />

nur quantitäten und potenz<br />

und kir<strong>ch</strong>en<strong>ch</strong>öre<br />

revolution wäre eine farce<br />

der mens<strong>ch</strong> bessert si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t dur<strong>ch</strong> politik<br />

und dur<strong>ch</strong> neue befehlshaber<br />

und herrs<strong>ch</strong>aftslosigkeit lässt si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t verordnen<br />

aber ein biss<strong>ch</strong>en etwas wäre gewonnen<br />

wenn wir unsrer guten erziehung überdrüssig<br />

weniger vernünftig dafür verspielter<br />

und ganz dicke subjektiv würden<br />

und aufhören vom dreck zu saufen<br />

dur<strong>ch</strong> den man uns zieht<br />

weiss ja ni<strong>ch</strong>t wofür man<strong>ch</strong>er den opa hält<br />

der no<strong>ch</strong> im knast für seine renitenz gebüsst<br />

und den das alter ni<strong>ch</strong>t milder gestimmt<br />

hö<strong>ch</strong>stens radikaler und ein wenig paranoid<br />

der da ziemli<strong>ch</strong> bullig hingeflarzt<br />

als hätt er alle zeit der welt<br />

und hinter viel rau<strong>ch</strong> und langen haaren<br />

seine moralpredigten hält<br />

und hofft dass er si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t zu häufig irrt<br />

i<strong>ch</strong> jedenfalls sage und s<strong>ch</strong>reibe<br />

es gibt den typis<strong>ch</strong>en verweigerer ni<strong>ch</strong>t<br />

genausowenig wie die heutige jugend<br />

und das ewig weibli<strong>ch</strong>- oder männli<strong>ch</strong>e<br />

s<strong>ch</strong>reit einer: wie der bin i<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t<br />

kennt er si<strong>ch</strong> meistens selber s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>t<br />

und ri<strong>ch</strong>tet na<strong>ch</strong> einem fixen bild von si<strong>ch</strong><br />

denn wir sind uns alle ähnli<strong>ch</strong>er als vermutet<br />

gerade das geht uns auf die nerven<br />

i<strong>ch</strong> warne vor beamtendeuts<strong>ch</strong><br />

und wissens<strong>ch</strong>aftsjargon aller art<br />

vor dem latein der journalisten<br />

und dem pidgin der apparats<strong>ch</strong>iks<br />

und dem halali der esoteriker jedweder couleur<br />

alles nur da uns dummzuhalten<br />

i<strong>ch</strong> lass mir ni<strong>ch</strong>t aufs<strong>ch</strong>watzen<br />

die wirts<strong>ch</strong>aft sei das wi<strong>ch</strong>tigste<br />

und wo armut herrs<strong>ch</strong>e komme es zu terror und krieg<br />

und minuswa<strong>ch</strong>stum s<strong>ch</strong>lage um in hungersnot<br />

i<strong>ch</strong> lass mi<strong>ch</strong> vom forts<strong>ch</strong>ritt ni<strong>ch</strong>t manipulieren<br />

unsereiner war als mens<strong>ch</strong> ja wohl zuerst da<br />

das problem von anfang an:<br />

man will uns ni<strong>ch</strong>t haben wie wir sind<br />

<strong>ch</strong>irurgis<strong>ch</strong>e verpflanzung hunderter gebots-<br />

und verbotss<strong>ch</strong>ilder<br />

regelt hierar<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong> jeden mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en verkehr<br />

verkabelung und ans<strong>ch</strong>luss an den herdenstrom<br />

und elektros<strong>ch</strong>ocks wenn einer muckt oder trotzt<br />

konditionierung nenn i<strong>ch</strong>s und dressur<br />

und ganz verdammt einen kostennutzungszwinger<br />

als wäre man wie man wäre unerwüns<strong>ch</strong>t


s<strong>ch</strong>andfleck <strong>04</strong>/02<br />

kommunizieren statt erleben<br />

information ersetzt erfahrung<br />

statt verantwortung trägt man krawatte<br />

und stinkts zum himmel hilft weihrau<strong>ch</strong> und parfüm<br />

wär i<strong>ch</strong> ein russ! spra<strong>ch</strong> mein kommandant<br />

hicks! zwis<strong>ch</strong>en zwei s<strong>ch</strong>luck bier<br />

i<strong>ch</strong> verweigerte glatt den dienst<br />

hicks! jawoll! – oder i<strong>ch</strong> wär au<strong>ch</strong> offizier<br />

re<strong>ch</strong>t hat der mann<br />

der mens<strong>ch</strong> will einfa<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t rentieren<br />

drum versu<strong>ch</strong>t man ihm anderswie aufzus<strong>ch</strong>watzen<br />

er habe si<strong>ch</strong> vor den karren spannen zu lassen<br />

es gibt ausgebildetes personal hiezu<br />

im li<strong>ch</strong>te dieser erkenntnis betreib i<strong>ch</strong> meinen job<br />

do<strong>ch</strong> ists ein li<strong>ch</strong>t das keinen glanz verbreitet<br />

und keinen tiefern sinn enthüllt<br />

denn wo ni<strong>ch</strong>ts ist will i<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>ts hinzaubern<br />

es spukt s<strong>ch</strong>on genug in unsern hirnen<br />

eine zeit die man<strong>ch</strong>e wahrheit ni<strong>ch</strong>t erträgt<br />

und die s<strong>ch</strong>limmer als neandertaler<br />

an kunterbunten mytenzauber glaubt<br />

lässt si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t gern in ihrer hektik stören<br />

das käme zum la<strong>ch</strong>en zum rau<strong>ch</strong>en<br />

zum flu<strong>ch</strong>en no<strong>ch</strong> hinzu:<br />

die langsamkeit im glei<strong>ch</strong>klang von denken und gemüt<br />

neugier des herzens die si<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> mit neunzig no<strong>ch</strong> regt<br />

und ni<strong>ch</strong>t in lebenslanger hetzerei verpufft<br />

na ja – das wärs so ungefähr<br />

7


8<br />

meine persönli<strong>ch</strong>en überlegungen,<br />

wel<strong>ch</strong>e zum gewissensents<strong>ch</strong>eid gegen den militärdienst<br />

geführt haben<br />

ICH LIEBE DAS LEBEN. ICH LIEBE<br />

MEIN LEBEN, UND ALLE LEBEN-<br />

DEN. DAS LEBEN IST DA, UM ES ZU<br />

LEBEN. ZUM SCHAFFEN FÜR DAS<br />

LEBEN. ZUM LEBEN IM EINKLANG<br />

MIT ALLEN LEBENDEN UND ALLEM<br />

LEBENDIGEN.<br />

militär ist leben fürs nebeneinander<br />

und gegeneinander leben. ist<br />

der anfang von krieg. krieg ist leben<br />

gegen das leben – leben für<br />

das töten.<br />

das leben ist das kostbarste gut –<br />

alles – das wir besitzen. niemand<br />

hat das re<strong>ch</strong>t, es jemand anderem<br />

wegzunehmen. in keinem fall. zu<br />

keinem zwecke.<br />

wir müssen alles daran setzen, das<br />

leben zu bewahren, es zu s<strong>ch</strong>ützen.<br />

und vor allem müssen wir verhindern,<br />

dass jemand den wuns<strong>ch</strong><br />

kriegt, es zu verni<strong>ch</strong>ten.<br />

im militär gelten diese werte ni<strong>ch</strong>t.<br />

hier wird gesagt: man darf töten.<br />

es gibt wertvollere güter als das<br />

mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e leben. unser leben ist<br />

mehr wert als dasjenige des feindes.<br />

mit einer gewalttätigen ausbildung<br />

werden gewaltbereite<br />

„s<strong>ch</strong>üler“ herangezogen, wel<strong>ch</strong>e<br />

gewaltbereite truppen bilden. diese<br />

verlangen na<strong>ch</strong> gewaltbereiten<br />

gegentruppen jenseits der grenze.<br />

um diese zu stellen, wird wiederum<br />

gewalt angewandt.<br />

au<strong>ch</strong> ohne kriegss<strong>ch</strong>auplätze beherrs<strong>ch</strong>t<br />

eine militärbedingte gewaltspirale<br />

die gesells<strong>ch</strong>aft.<br />

i<strong>ch</strong> bin gewaltfrei erzogen worden.<br />

meine eltern s<strong>ch</strong>lugen mi<strong>ch</strong><br />

nie, sie lehrten mi<strong>ch</strong>, dass gewalt<br />

niemals eine konfliktlösung sein<br />

darf und kann.<br />

au<strong>ch</strong> von natur aus bin i<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t<br />

streit- und kampflustig, sondern<br />

gesprä<strong>ch</strong>s- und kompromissbereit.<br />

i<strong>ch</strong> bemühte mi<strong>ch</strong> zeitlebens, nie<br />

gewalt anwenden zu müssen – erfolgrei<strong>ch</strong>.<br />

streitsu<strong>ch</strong>enden kindern<br />

lukas häusler<br />

und jugendli<strong>ch</strong>en begegnete i<strong>ch</strong><br />

mit passivität, statt mi<strong>ch</strong> „ehrenhaft“<br />

mit den fäusten zu verteidigen.<br />

glückli<strong>ch</strong>erweise kam i<strong>ch</strong> stets<br />

mit wenigen s<strong>ch</strong>rammen davon.<br />

do<strong>ch</strong> gewalt wird ni<strong>ch</strong>t nur mit<br />

fäusten und waffen ausgetragen,<br />

sie beginnt s<strong>ch</strong>on mit bes<strong>ch</strong>impfungen,<br />

ungere<strong>ch</strong>tfertigten vorwürfen<br />

und ausgrenzung. in sol<strong>ch</strong>en<br />

situationen vermittelnd zu<br />

wirken, ist einer meiner beiträge<br />

zum gewaltabbau im kleinen.<br />

meine familie pflegt seit vielen<br />

jahren freunds<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e beziehungen<br />

zu kosovaris. so hörte i<strong>ch</strong><br />

s<strong>ch</strong>on als kleiner junge von den<br />

s<strong>ch</strong>ikanen und grausamen übergriffen<br />

der serbis<strong>ch</strong>en si<strong>ch</strong>erheitskräfte<br />

gegenüber der kosovo-albanis<strong>ch</strong>en<br />

zivilbevölkerung. i<strong>ch</strong><br />

fragte mi<strong>ch</strong>: weshalb sind die serben<br />

so grausam?<br />

unsere freunde zeigten uns fotos<br />

von ihren dörfern und häusern.<br />

später erzählten sie uns, fast alles<br />

sei zerbombt worden. sie hatten<br />

alles verloren im kosovo.<br />

eine familie, die während den etnis<strong>ch</strong>en<br />

säuberungen no<strong>ch</strong> im kosovo<br />

lebte, wurde vertrieben. der<br />

vater rief uns aus einem flü<strong>ch</strong>tlingslager<br />

in bosnien an und bat<br />

uns, seiner familie geld zu s<strong>ch</strong>ikken.<br />

sie hatten kaum das nötigste,<br />

um zu überleben.<br />

i<strong>ch</strong> fragte mi<strong>ch</strong> oft:<br />

• woher kommt der unendli<strong>ch</strong>e<br />

hass, wel<strong>ch</strong>er soldaten so<br />

unmens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> ma<strong>ch</strong>t?<br />

• warum ma<strong>ch</strong>en sie bei diesen<br />

etnis<strong>ch</strong>en säuberungen mit?<br />

• wieso desertieren die soldaten<br />

ni<strong>ch</strong>t einfa<strong>ch</strong> alle?<br />

i<strong>ch</strong> konnte mir keine s<strong>ch</strong>lüssige<br />

antworten auf diese fragen geben.<br />

aus persönli<strong>ch</strong>er überzeugung und<br />

dur<strong>ch</strong> den kontakt zu kriegsges<strong>ch</strong>ädigten<br />

bin i<strong>ch</strong> zum kriegsgeg-<br />

ner geworden. jedesmal, wenn<br />

si<strong>ch</strong> ein neuer bewaffneter konflikt<br />

anbahnt, und i<strong>ch</strong> dies dur<strong>ch</strong><br />

die medienberi<strong>ch</strong>te erfahre, spüre<br />

i<strong>ch</strong> einen sti<strong>ch</strong> im herzen. weshalb<br />

spre<strong>ch</strong>en die mens<strong>ch</strong>en ni<strong>ch</strong>t besser,<br />

ni<strong>ch</strong>t intensiver miteinander?<br />

i<strong>ch</strong> glaube fest daran, dass mit ehrli<strong>ch</strong>er<br />

kommunikation und mit<br />

dem dadur<strong>ch</strong> erworbenen, gegenseitigen<br />

verständnis konflikte vermieden<br />

werden können.<br />

ehrli<strong>ch</strong>e kommunikation kann<br />

aber nur dann erfolgen, wenn<br />

waffen in keinem fall zur dur<strong>ch</strong>setzung<br />

der eigenen interessen<br />

eingesetz werden. folgli<strong>ch</strong> dürfen<br />

den konfliktparteien keine armeen<br />

zur verfügung stehen. daher muss<br />

jeder einzelne, wel<strong>ch</strong>er einen dauerhaften<br />

frieden will, die mitglieds<strong>ch</strong>aft<br />

zu einem kampfverband<br />

verweigern.<br />

dass si<strong>ch</strong> ein land wie die s<strong>ch</strong>weiz<br />

in einer derart friedli<strong>ch</strong>en lage bewaffnet,<br />

zeugt von einer angst, einem<br />

misstrauen gegenüber anderen<br />

staaten – einem s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>ten<br />

mens<strong>ch</strong>enbild.<br />

die gelegenheit, auf waffen zu<br />

verzi<strong>ch</strong>ten, im wissen, dass dieses<br />

niederlegen der gewaltbereits<strong>ch</strong>aft<br />

anderen staaten und gruppierungen<br />

zumindest als zei<strong>ch</strong>en<br />

dienen wird. als zei<strong>ch</strong>en, dass frieden<br />

au<strong>ch</strong> ohne armee zu haben ist.<br />

mit den finanziellen mitteln, vor<br />

allem aber den mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en energien,<br />

die zurzeit ins s<strong>ch</strong>weizer militär<br />

gebuttert werden, könnten<br />

wir das antlitz der erde mehr als<br />

nur ein biss<strong>ch</strong>en verändern.<br />

am aushebungstag hatte i<strong>ch</strong> das<br />

glück, wegen eines kleinen ohrenleidens<br />

und aus etis<strong>ch</strong>en gründen<br />

ein „s<strong>ch</strong>iessuntaugli<strong>ch</strong>“ ins<br />

dienstbü<strong>ch</strong>lein gestempelt zu bekommen.<br />

vom aushebungsoffizier<br />

wurde i<strong>ch</strong> dem wetterzug zugeteilt.


s<strong>ch</strong>andfleck <strong>04</strong>/02<br />

i<strong>ch</strong> wollte jedo<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t militärdienst<br />

leisten und begann mi<strong>ch</strong><br />

na<strong>ch</strong> alternativen umzusehen. mit<br />

einem zeugnis vom psy<strong>ch</strong>iater einzurücken,<br />

entspri<strong>ch</strong>t ni<strong>ch</strong>t meiner<br />

ehrli<strong>ch</strong>en art. da blieb der zivildienst,<br />

über wel<strong>ch</strong>en i<strong>ch</strong> mi<strong>ch</strong> zu<br />

informieren begann. dieser zivile<br />

weg gefiel mir gut. i<strong>ch</strong> erfuhr<br />

au<strong>ch</strong>, dass es mögli<strong>ch</strong> sei, erst während<br />

oder na<strong>ch</strong> der rs in den zivildienst<br />

zu we<strong>ch</strong>seln.<br />

als neugieriger und kritis<strong>ch</strong>er<br />

mens<strong>ch</strong> wollte i<strong>ch</strong> mir aber erst ein<br />

bild vom militär ma<strong>ch</strong>en. es ist<br />

s<strong>ch</strong>wer, darüber zu urteilen, allein<br />

aufgrund von gesprä<strong>ch</strong>en. als waffenloser<br />

wettersoldat, da<strong>ch</strong>te i<strong>ch</strong><br />

mir, werde i<strong>ch</strong> wohl eher der wissens<strong>ch</strong>aft<br />

dienen, als für kampfhandlungen<br />

ausgebildet.<br />

in der rekrutens<strong>ch</strong>ule erwa<strong>ch</strong>te i<strong>ch</strong><br />

brutal. i<strong>ch</strong> war hier mit den anderen<br />

rekruten, ni<strong>ch</strong>t um s<strong>ch</strong>önwetterprognosen<br />

in krisensituationen<br />

zu erstellen. wir sollten hier einzig<br />

das kriegshandwerk erlernen. um<br />

uns abzustumpfen, lässt das kader<br />

uns „sinnlose“ befehle hundertfa<strong>ch</strong><br />

ausführen. do<strong>ch</strong> letztendli<strong>ch</strong><br />

sind diese befehle ni<strong>ch</strong>t sinnlos, sie<br />

haben einen grausamen sinn,<br />

nämli<strong>ch</strong> uns zu gewissenlosen tötungsmas<strong>ch</strong>inen<br />

umzuformen. damit<br />

wir im ernstfall ohne darüber<br />

na<strong>ch</strong>zudenken einen tödli<strong>ch</strong>en befehl<br />

ausführen.<br />

das militäris<strong>ch</strong>e glei<strong>ch</strong>t dem fas<strong>ch</strong>istis<strong>ch</strong>en,<br />

dem totalitären: „nur<br />

die einheit zählt!“, „ihr seid die<br />

besten!“, der gehorsam, die ordnung,<br />

der befehl, die hierar<strong>ch</strong>ie,<br />

die propaganda, die „losgelöstheit“<br />

vom (etis<strong>ch</strong>en) denken, das<br />

fehlen von kommunikation und<br />

demokratis<strong>ch</strong>en strukturen, die<br />

präsenz von uniform und waffen...<br />

bei der zugsinspektion hatte i<strong>ch</strong><br />

ein s<strong>ch</strong>lüsselerlebnis. unter anderem<br />

sagte der major bei der beurteilung<br />

unserer zugss<strong>ch</strong>ule:<br />

„nein, ihr wart ni<strong>ch</strong>t gut, wie euer<br />

zugführer sagte, hö<strong>ch</strong>stens genügend!<br />

das ganze programm<br />

wird auf der stelle wiederholt,<br />

aber ohne dieses lä<strong>ch</strong>erli<strong>ch</strong>e<br />

stämpfelen! ja, i<strong>ch</strong> ma<strong>ch</strong>e eu<strong>ch</strong> bewusst<br />

so fertig, denn ihr müsst<br />

mi<strong>ch</strong> hassen, damit ihr gut seid! ihr<br />

müsst hassen und denken: ‚dem<br />

zeigen wirs!’“<br />

nun war mir um einiges klarer, wie<br />

das grausame handeln der (serbis<strong>ch</strong>en)<br />

soldaten im krieg zustandekommt.<br />

mir bereitete es grösste mühe, mitglied<br />

in dieser allein aufs töten<br />

ausgelegten organisation zu sein<br />

und zu bleiben. wenn i<strong>ch</strong> – leider<br />

oft – gehorsam leistete, sei dies aus<br />

loyalität, solidarität oder dem<br />

selbsterhaltungstrieb, fühlte i<strong>ch</strong><br />

mi<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>t. i<strong>ch</strong> vera<strong>ch</strong>tete mi<strong>ch</strong><br />

dafür, das kriegshandwerk zu lernen.<br />

i<strong>ch</strong> vera<strong>ch</strong>tete mi<strong>ch</strong> dafür, ein<br />

system zu unterstützen, wel<strong>ch</strong>es<br />

i<strong>ch</strong> als eine der hauptursa<strong>ch</strong>en der<br />

gewalt betra<strong>ch</strong>te. i<strong>ch</strong> vera<strong>ch</strong>tete<br />

mi<strong>ch</strong> dafür, ni<strong>ch</strong>ts für den frieden<br />

zu tun.<br />

wenn i<strong>ch</strong> mi<strong>ch</strong> jedo<strong>ch</strong> dem kommando<br />

widersetzte, erlebte i<strong>ch</strong><br />

kleine aufhellungen. ans<strong>ch</strong>liessend,<br />

die strafe ausbadend, s<strong>ch</strong>lugen<br />

diese jedo<strong>ch</strong> bald in bitterkeit<br />

um.<br />

die last des wissens, mitglied einer<br />

todbringenden einheit – der artillerie<br />

– zu sein, lag und liegt mir besonders<br />

s<strong>ch</strong>wer auf.<br />

i<strong>ch</strong> bin mitverantwortli<strong>ch</strong> für die<br />

zielgenauigkeit der zerstörung. die<br />

zerstörung feindli<strong>ch</strong>er kampfkraft...<br />

mens<strong>ch</strong>en!<br />

junge mens<strong>ch</strong>en, deren ziel es ist,<br />

gesund und mögli<strong>ch</strong>st s<strong>ch</strong>nell zu-<br />

9<br />

rück in ihr leben zu kommen. junge<br />

mens<strong>ch</strong>en, die während ihrer<br />

militäris<strong>ch</strong>en erziehung mit denselben<br />

frasen wie i<strong>ch</strong> vollgepumpt<br />

worden sind. junge mens<strong>ch</strong>en, die<br />

das pe<strong>ch</strong> haben, einer anderen nation,<br />

fahne oder gruppierung als<br />

i<strong>ch</strong> anzugehören.<br />

i<strong>ch</strong> bin genauglei<strong>ch</strong> mens<strong>ch</strong> wie<br />

mein mögli<strong>ch</strong>er gegner. nur haben<br />

wir unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e meinungen<br />

darüber, wer im re<strong>ch</strong>t ist. i<strong>ch</strong> könnte<br />

genauso in seiner haut stecken<br />

i<strong>ch</strong> kann ni<strong>ch</strong>t von ihm verlangen,<br />

die waffe niederzulegen, ohne<br />

dassi<strong>ch</strong>ihmdies vorgema<strong>ch</strong>t habe.<br />

was i<strong>ch</strong> in einem vorangegangenen<br />

abs<strong>ch</strong>nitt über das waffenniederlegen<br />

der armee gesagt habe,<br />

gilt natürli<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> für mi<strong>ch</strong> als<br />

einzelnen. egal, ob i<strong>ch</strong> alleine bin<br />

auf diesem weg, i<strong>ch</strong> muss und werde<br />

es tun. i<strong>ch</strong> werde, wenn au<strong>ch</strong><br />

nur als kleines kerz<strong>ch</strong>en, teil des<br />

li<strong>ch</strong>tes für den frieden sein.<br />

i<strong>ch</strong> könnte es ni<strong>ch</strong>t ertragen, jemanden<br />

getötet zu haben. i<strong>ch</strong><br />

würde ob dem gedanken, jemandem<br />

das leben genommen zu haben,<br />

zugrunde gehen. wenn i<strong>ch</strong><br />

meine wi<strong>ch</strong>tigsten werte derart<br />

mit füssen treten würde, hätte für<br />

mi<strong>ch</strong> ein weiterleben keinen sinn<br />

mehr!<br />

au<strong>ch</strong> wenn dieser fremde soldat<br />

mi<strong>ch</strong> getötet hätte, wäre i<strong>ch</strong> ihm<br />

ni<strong>ch</strong>t zuvorgekommen, wäre i<strong>ch</strong><br />

vollkommen s<strong>ch</strong>uld an seinem tod.<br />

vorher die armee zu verlassen oder<br />

die weisse fahne hissen, das hätte<br />

unser beider leben retten können.<br />

i<strong>ch</strong> bin bereit, unserem staat einen<br />

teil meiner zeit und meine fähigkeiten<br />

zur verfügung zu stellen. jedo<strong>ch</strong><br />

ni<strong>ch</strong>t in form des militärdienstes.<br />

i<strong>ch</strong> will im zivildienst unserer gesells<strong>ch</strong>aft<br />

wirkli<strong>ch</strong> dienen.


„ MAN VERGISST VIELLEICHT,<br />

WO MAN DIE FRIEDENSPFEI-<br />

FE VERGRABEN HAT, ABER<br />

MAN VERGISST NIEMALS,<br />

WO DAS BEIL LIEGT.“MARK TWAIN<br />

„ FRIEDEN WIRD NICHT ZWI-<br />

SCHEN FREUNDEN, SON-<br />

DERN NUR ZWISCHEN FEIN-<br />

DEN GESCHLOSSEN.“RABIN<br />

„<br />

DANS L’ ARMÉE IL Y A DES<br />

ORDRES, DES CONTREOR-<br />

DRES ET DU DÉSORDRE.“EIN OFFIZIER<br />

11

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