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R1 (Ridika) (Zeit der bürokratischen Unschuld) - Kulturserver-Berlin

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ihn auszusaugen. Klar haben sich alle beim Präsidenten eingeschleimt, weil’s üblich ist. Aber bei dir<br />

hatte man stets den Eindruck, du würdest es nicht aus bloßem Opportunismus tun, nicht aus reinem<br />

Kalkül, dir einen kleinen Vorteil zu ergattern. Bei dir hatte man das Gefühl, du könntest gar nicht<br />

an<strong>der</strong>s, du wärst von deinem Chef beherrscht.“<br />

„So bin ich gebaut; ich bin auf die Art funktionalisiert. Ich kann es mir nicht aussuchen.“<br />

„Es kann nicht sein, daß meine Meisterin von einem an<strong>der</strong>en Tier beherrscht wird, von einem Affen<br />

über ihr, von einem Oberaffen.“<br />

„Und nun ist die Situation gänzlich verfahren. Der Präsident beherrscht mich, ich beherrsche dich,<br />

und du beherrschst den idiotischen Präsidenten.“<br />

„Ich bin frei“, entgegnete <strong>R1</strong>.<br />

„Der Präsident stinkt“, mischte sich Lyra in die unhörbare Unterhaltung, „<strong>der</strong> Präsident muß die<br />

Hose wechseln.“<br />

„Uns bleibt nichts erspart“, klagte Leda, „benehmt euch bloß unauffällig.“<br />

„Zum Glück sind die Blechroboter hier einfach zu dämlich, um was zu merken“, lachte <strong>R1</strong>, während<br />

sie, an den Maschinen vorbei, den Wohntrakt des Präsidentenpalastes betraten, „zur Not<br />

programmieren wir die auch noch um.“<br />

Es gelang <strong>R1</strong>, den Präsidenten soweit wie<strong>der</strong> herzustellen, daß sein Verhalten keine größeren<br />

Auffälligkeiten mehr aufwies. Der Präsident erlaubte, gemäß seiner posthypnotischen Or<strong>der</strong>, die<br />

Weiterverfolgung des Technikers Perseus auf Rebellengebiet und erteilte Leda zusätzlich den<br />

offiziellen Auftrag, den Verhandlungen des Solotan-Konzerns mit den Vertretern des Präsidenten in<br />

<strong>der</strong> Welthauptstadt beizuwohnen.<br />

Nachdem Leda und <strong>R1</strong> ihre Autoritätsprobleme gelöst hatten und einer Weiterverfolgung aller<br />

Spuren des Sabotagefalls nichts mehr im Wege stand, wurde es <strong>Zeit</strong>, Lyra auf ihre neue<br />

Bestimmung und Aufgabe im Rebellengebiet vorzubereiten.<br />

„Wie du dir schon gedacht hast, haben wir dich nicht zu unserem bloßen Vergnügen mit<br />

herumgeschleppt. Son<strong>der</strong>n du bist wichtig“, erklärte Leda, „wir wollen dich ins Hauptquartier des<br />

Wi<strong>der</strong>stands einschleusen.<br />

In deinem früheren Leben, bevor du uns kennengelernt hast, warst du eine Hure und Informantin<br />

<strong>der</strong> Rebellen. Du hattest den Auftrag, den Forschungsleiter des Technozentrums nach neuen<br />

Waffenprojekten auszuhorchen.<br />

Nachdem wir dich umgedreht haben, scheinst du uns geeignet, den Kontakt zu Perseus<br />

herzustellen.<br />

Wie du mitbekommen hast, hat <strong>der</strong> Solotan-Konzern, nach anfänglichen Mißerfolgen im Kampf<br />

gegen uns, es durch einen geschickten Schachzug geschafft, den Präsidenten auf seine Seite zu<br />

ziehen und dadurch Perseus und die Rebellenorganisation ins Abseits zu stellen. Perseus ist<br />

handlungsunfähig und steht auf <strong>der</strong> Abschußliste. Allein durch unsere Maßnahmen gegen den<br />

Präsidenten erhält Perseus eine letzte Chance, sein Schicksal abzuwenden. Wir bringen ihn ins<br />

Spiel zurück.<br />

Der Präsident will Macht und Ewigkeit, seine Gier nach dem Absoluten hat ihn käuflich und<br />

berechenbar gemacht; wir Geheimagenten dagegen sind unbeirrbar darauf ausgerichtet, in <strong>der</strong><br />

Erkenntnis des Faktischen <strong>der</strong> Wahrheit zum Sieg zu verhelfen.<br />

Für uns ist Perseus ein Geheimnisträger und damit jemand, den es entwe<strong>der</strong> zu umwerben o<strong>der</strong> zu<br />

überwältigen gilt, statt, daß wir ihn voreilig zu vernichten suchen.<br />

Dein Auftrag lautet also, Perseus klarzumachen, daß er noch im Spiel ist, wenn er bereit ist, uns zu<br />

informieren.“<br />

Lyra, die Leda aufmerksam zugehört hatte, fühlte sich überfor<strong>der</strong>t und verunsichert. Sie wußte<br />

nicht, was sie von Ledas Ansprache halten sollte und schaute fragend nach <strong>R1</strong>.<br />

„Willst du uns nützlich sein und dich für uns aufopfern?“ fragte <strong>R1</strong>, „bist du bereit uns dein Leben zu<br />

geben und unsere Agentin zu sein? Willst du es?“<br />

„Ich bin so leer, so schwach“, klagte Lyra ihren Gefährtinnen, „ihr habt zuviel in mir zerstört. Ich bin<br />

doch bloß euer Pausenclown. Ich bin ungeeignet, mich zu opfern. Gebt mir meine Erinnerung<br />

wie<strong>der</strong>!“<br />

„Du bringst unsere Misere auf den Punkt, und wir haben deswegen auch ein schlechtes Gewissen.<br />

Ich muß dir ein Geständnis machen. Ich habe von dir nur eine unvollständige Erinnerung, ein<br />

residuales Wissen, weil die Transformation deiner gedanklichen Substanz in mein Gehirn<br />

mißlungen ist. Ich kann dich dir nicht vollständig zurückgeben“, bedauerte <strong>R1</strong>, „ich bin in <strong>der</strong><br />

Erkenntnis ein Vernichter, dies ist meine Wissenschaft. In dem Maße, in dem ich dir etwas<br />

file://C:\<strong>R1</strong>.htm<br />

28.07.2006

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