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Hermannus-Gemeinschaft Altshausen - Hermannus Contractus ...

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<strong>Hermannus</strong>-<strong>Gemeinschaft</strong><br />

<strong>Altshausen</strong><br />

Fragen und Antworten zu Hermann dem Lahmen<br />

Wer war Hermann der Lahme?<br />

Hermann der Lahme (*1013 +1054) war Benediktinermönch auf der Insel Reichenau und ist als<br />

Universalgenie wegen seiner wissenschaftlichen Arbeiten bis heute unvergessen.<br />

Warum wurde er „der Lahme“ genannt?<br />

Er litt an einer seltenen Krankheit, der jugendlichen Form der amyotrophen Lateralsklerose, die<br />

üblicherweise zwischen dem 20. und 25. Lebensjahr beginnt und zunehmend zu Lähmungen und<br />

Behinderungen führt. Stephen Hawking zum Beispiel, der hochbegabte Astrophysiker, leidet an dieser<br />

Krankheit.<br />

Um welche wissenschaftliche Arbeiten handelt es sich?<br />

Am bekanntesten wurde Hermann durch seine Weltchronik, zu seiner Zeit die genaueste und<br />

umfassendste Chronik von Christi Geburt bis zur Mitte des 11. Jahrhunderts. Dieses Werk machte ihn<br />

für die Mediävisten in der ganzen Welt bis zum heutigen Tag zu einem wichtigen Zeitzeugen.<br />

Auch für die Astronomen ist er bis heute eine bekannte Größe. Er hat das Astrolab, eine flache<br />

transportable Scheibe zur Messung von Fixsternen und Planeten, in den christlichen Kulturkreis<br />

eingeführt und verfeinert. Die Muslime benützten das Astrolab zur Ermittlung der Gebetsrichtung nach<br />

Mekka, zur Feststellung der täglichen fünf Gebetszeiten und zur Errechnung des Fastenmonats.<br />

Durfte denn Hermann der Lahme als christlicher Mönch sich mit den Wissenschaften der<br />

„Ungläubigen“ auseinandersetzen?<br />

Offensichtlich hat das keine Schwierigkeiten gemacht. Man muss auch daran denken, dass das Kloster<br />

Reichenau die Funktion der späteren Universitäten vorweggenommen hat. Sein Astrolab gab die<br />

Möglichkeit, auch Bruchteile von Stunden exakt zu bestimmen. Dies kam dem benediktinischen Leben<br />

bezüglich der Festlegung des Stundengebets stark entgegen.<br />

Hermann hat mit seinem Lehrbuch der Zeiterrechnung, dem Computus Augiensis, in Europa eine<br />

Wandlung des Zeitverständnisses ausgelöst.<br />

Und schließlich war das Kloster Reichenau dank Hermanns des Lahmen und seines Abts Berno ein<br />

Zentrum für die Musik. Hermann hat eine Notenschrift entwickelt, damit benediktinische Mitbrüder, die<br />

von anderen Klöstern zu Besuch auf die Reichenau kamen, mitsingen konnten. Jedes Kloster hatte bis<br />

dahin ja seine eigenen Notationen, sodass eine einheitliche Notenschrift ein großer Fortschritt war.<br />

Und hat sich von dieser Notenschrift etwas erhalten?<br />

Sie ist vergessen. Etwa um dieselbe Zeit hat Guido von Arezzo, ein Benediktiner aus Oberitalien, eine<br />

Notenschrift mit 4 Notenlinien (heute 5 Notenlinien) durchgesetzt.<br />

Gibt es auch heute noch Historiker, die sich mit Hermann dem Lahmen auseinandersetzen?<br />

Am bekanntesten wurde Prof. Arno Borst (1925-2007), Mediävist (Mittelalterspezialist) an der<br />

Universität Konstanz, die ja nur einen „Steinwurf“ von der Reichenau entfernt liegt. Borst konnte sowohl<br />

wissenschaftlich für seine Fachkollegen wie auch populärwissenschaftlich über Hermann den Lahmen<br />

schreiben. Am bekanntesten wurde sein Werk „Mönche am Bodensee“.<br />

Im Rahmen der Reichenauer Texte und Bilder erschien 2004 im Mattes Verlag Heidelberg von den<br />

Professoren Walter Berschin und Martin Hellmann „Hermann der Lahme, Gelehrter und Dichter“.<br />

Loris Sturlese lehrt Geschichte der Philosophie des Mittelalters an der Universität Lecce in Italien.<br />

Er hat sich ausführlich mit Hermann dem Lahmen auseinandergesetzt.<br />

<strong>Hermannus</strong>-<strong>Gemeinschaft</strong> <strong>Altshausen</strong> – Freunde und Verehrer Hermanns des Lahmen<br />

Katholisches Pfarramt St.Michael – Schlossstraße 7 – 88361 <strong>Altshausen</strong><br />

http://www.hermannus-contractus.de


<strong>Hermannus</strong>-<strong>Gemeinschaft</strong><br />

<strong>Altshausen</strong><br />

Solch herausragende Gestalten wie Hermann der Lahme fordern natürlich auch<br />

Literaturschaffende heraus. Gibt es Romane oder Dramen über Hermann den Lahmen?<br />

Ja sicher, eine ganze Reihe. Greifbar über den Buchhandel oder über eBay sind von Agnes<br />

Herkommer „Herimann der Lahme“, von Calasanz Ziesche „Die letzte Freiheit“ und von Irma<br />

Marquart „Insel im Morgenlicht“.<br />

Bald 100 Jahre alt ist das Drama von Karl Flesch, dem Inselarzt der Reichenau, „<strong>Hermannus</strong><br />

<strong>Contractus</strong>, der Mönch von Reichenau. Ein Lebensbild in vier dramatischen Aufzügen“. Anlass zu dem<br />

Werk war das 1200jährige Jubiläum der Klostergründung durch Pirmin.<br />

Das Drama „Hermann und Benedikt, das Brot teilen“ wurde 1991 in Regensburg uraufgeführt. Der<br />

Autor, Peter Radtke, ist Sprecher der Behinderten in den Medien. Allen jetzt genannten Autoren geht<br />

es nicht um eine Annäherung an die historische Wahrheit, sondern um die romanhafte<br />

Auseinandersetzung mit der Frage, wie ein so hochgradig Behinderter ein so hochkarätiges<br />

Lebenswerk hinterlassen konnte.<br />

Und da gibt es doch noch eine Arbeit von Pfarrer Heinrich Hansjakob.<br />

Ja, das ist eine große Merkwürdigkeit, dass dieser lebensfrohe, streitbare Geistliche von Hagnau am<br />

Bodensee sich mit diesem vergeistigten, hilflosen Benediktinermönch auseinandergesetzt hat. Das<br />

kommt daher, dass Hermann kurz vor seinem Tod den Kaiser kritisiert hatte. Das hat dem Pfarrer, der<br />

jede Gelegenheit benutzt hat, die Monarchie in Frage zu stellen und der deswegen zweimal einsitzen<br />

musste, natürlich sehr imponiert.<br />

Wird Hermann der Lahme heute nur noch in <strong>Altshausen</strong> und auf der Reichenau verehrt?<br />

Überall, wo heute noch Benediktiner wirken oder früher gewirkt haben, auch überall dort, wo heute das<br />

Salve Regina gesungen wird, da wird auch Hermanns des Lahmen gedacht. Deswegen findet man<br />

Abbildungen von ihm in Kirchen und Klöstern, in Museen, an Schulen und schließlich auch in privaten<br />

Haushalten.<br />

Und eine letzte Frage, eben zu diesem berühmten Mariengebet in lateinischer Sprache, dem<br />

Salve Regina, sei gegrüßt Königin. Wie sicher kann Hermann der Lahme als Autor dieses<br />

Gebetes angesehen werden?<br />

Einen wissenschaftlichen Beweis gibt es nicht. Aber Hermann der Lahme ist mit Abstand der<br />

wahrscheinlichste Autor. Insbesondere durch Sprachvergleich mit Werken, die sicher von Hermann<br />

stammen, kommt man zu dieser Aussage.<br />

Und wird dieses Gebet heute überhaupt noch gesungen oder gebetet?<br />

Sicherlich! In den christlichen Orden wird der gemeinsame Tag in der Regel mit dem Salve Regina<br />

beendet. Im Kloster Einsiedeln in der Schweiz singen die Mönche täglich abends nach der Vesper<br />

fünfstimmig das Salve Regina. Da füllt sich die Kirche bis auf den letzten Platz.<br />

Dazu gibt es eine Vorgeschichte: Der Zisterzienserabt Johannes von Lentsingen musste sein<br />

Heimatkloster Maulbronn anno 1546 im nun evangelischen Württemberg verlassen. Er wurde im<br />

Kloster Einsiedeln aufgenommen und übergab diesem vor seinem Tod 1000 Gulden mit der Auflage,<br />

täglich in der Gnadenkapelle das Salve Regina singen zu lassen. Und so geschieht es bis zum<br />

heutigen Tag.<br />

<strong>Hermannus</strong>-<strong>Gemeinschaft</strong> <strong>Altshausen</strong> – Freunde und Verehrer Hermanns des Lahmen<br />

Katholisches Pfarramt St.Michael – Schlossstraße 7 – 88361 <strong>Altshausen</strong><br />

http://www.hermannus-contractus.de

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