14. – 16. Juli 1990
Was wir Dir noch sagen möchten, lieber <strong>Horst</strong>! Viel zu selten stand unser Freund <strong>Horst</strong> <strong>Schattat</strong> vor unserem Gartentor. Er hatte dann stets ein etwas verhaltenes, erwartungsvolles Lächeln im Gesicht – so als ob er sich nicht sicher war, ob sein Besuch auch angenehm ist. Wir freuten uns natürlich über sein Kommen, und die gemütlichen Stunden auf der Terrasse werden uns wohl immer in Erinnerung bleiben. Sein Wesen war unaufdringlich und zurückhaltend. Man musste ihn schon ein wenig herauslocken, um ins Gespräch zu kommen. Er diskutierte dann auch gern und war stets an der Meinung anderer interessiert. Da konnte er richtig lebhaft werden; in seiner Wortwahl war er aber nie verletzend oder unsachlich. <strong>Horst</strong> liebte das gesellige Zusammensein mit lieben Freunden. Er war ein vorbildlicher Gastgeber, und da gab es sogar manchmal von ihm selbst gebackenen Kuchen. Vor allem war <strong>Horst</strong> ein Mensch, der immer bereit war zu helfen. Dabei zeigte er viel Einfühlungsvermögen im Umgang mit anderen Menschen. Sein offenes, ehrliches Wesen, seine Anteilnahme auch an den Sorgen anderer machte ihn für uns zu einem wirklichen Freund. Isolde und Erich Wenzel Auf der Suche nach aufrichtigen und lebenserfahrenen Vorbildern und Gleichgesinnten traf ich, leider viel zu spät, erst in den 90er Jahren in unserer Grundorganisation auf <strong>Horst</strong> <strong>Schattat</strong>. Schon bedingt durch den Altersunterschied hatte <strong>Horst</strong>, bis hin zu seinen Erlebnissen und seiner Verwundung im zweiten Weltkrieg und nicht zuletzt durch seine verantwortungsvolle Tätigkeit bei der Gestaltung des sozialistischen Aufbaus in der DDR, mir vieles voraus. So setzte er sich stets selbstlos ein für die Beseitigung der Kriegsfolgen, gegen die schädigenden Handlungen von Schiebern und anderen Personen, die den Aufbau des Sozialismus nicht wollten. Besonders hervorheben möchte ich seine Beständigkeit und parteiliche Bewertung der Vorgänge auch nach Ablösung des ersten sozialistischen deutschen Staates, der DDR. Kennzeichnend für <strong>Horst</strong> waren auch seine Naturbeobachtung und seine Naturverbundenheit, die beispielsweise in der Mobilisierung anderer auf erhaltende und naturgestaltende Maßnahmen im Ort, wie auch in literarischen Versen ihren Ausdruck fanden. <strong>Horst</strong> bemühte sich, das Kulturelle unserer Gesellschaft weiterzugeben und anderen durch gemeinsame Besuche und Diskussionen nahezubringen. Aber auch philosophisches und dialektisches Denken, insbesondere Fragen unserer marxistisch-leninistischen Weltanschauung versuchte er weiter zu vermitteln. Durch den frühen Tod von <strong>Horst</strong> habe ich für viele Fragen einen Ratgeber verloren. Das Handeln und die Einstellung von <strong>Horst</strong> werde ich in guter Erinnerung behalten. 4 Helmut Naudszus Der Tierpark ist das größte Erholungsgebiet des Stadtbezirks und zugleich der flächengrößte Zoologische Garten Europas. Zur Jahrtausendwende wurden im Tierpark 9.623 Tiere in 1.002 Arten gehalten. Der Kalte Krieg machte auch vor den Toren Friedrichsfeldes nicht halt. So publizierte der „Untersuchungsausschuss Freiheitlicher Juristen“ (Berlin/West) 1965 eine Neuauflage seiner – angesichts des Braunbuches der DDR mit mehr als 1.800 Namen und Lebensläufen von Nazi- und Kriegsverbrechern in der BRD und Westberlin – die klägliche Denunziationsschrift „Nazis in der DDR“. Dort heißt es auf Seite 23: „Prof. Heinrich Dathe. Direktor des Tierparks Berlin- Friedrichsfelde. Mitglied des Präsidiums der Deutsch-Afrikanischen Gesellschaft. Mitglied des Präsidialrates des Deutschen Kulturbundes. Medaille ´Für ausgezeichnete Leistungen´ , ´Verdienstmedaille der DDR´. Vor 1945: Eintritt in die NSDAP 1932, Nr. 1 318 207.“ Es war das ein hoffnungsloses Unterfangen. Im DDR –„Braunbuch“ mit seinen insgesamt 3 Auflagen hat das Autorenkollektiv, zu dessen Mitarbeitern ich zählte, nominelle NS-Mitglieder konsequent ausgespart. Aufgenommen wurden dagegen – stets mit detaillierten Funktionsangaben – personelle Stützen des NS-Regimes aus Staat, Wirtschaft, Verwaltung, Armee, Justiz und Wissenschaft, die ihre Karrieren nach Zerschlagung des Faschismus als Aufbauhelfer der Bundesrepublik Deutschlands fortsetzten. Den Leiter der „Baugruppe Schlemm“, verantwortlich unter anderem für die Errichtung des Buchenwald-KZ-Außenlagers Leau bei Staßfurt, trug es 1959 bis in das höchste Staatsamt: Heinrich Lübke wurde Bundespräsident und verblieb darin trotz internationaler Proteste bis 1968. Kurt-Georg Kiesinger, ein Chefpropagandist des NS-Außenministeriums, avancierte 1958 zum Ministerpräsidenten Baden-Württembergs bis 1966, führte von 1967 bis 1971 die CDU als Parteivorsitzender und wurde 1966/69 Bundeskanzler der „Großen Koalition“. In diesem Sinne konnte der Bonner Staat vorbehaltlos die Rechtsnachfolge des untergegangenen Deutschen Reiches beanspruchen. Friedrichfeldes Herzstück ist auch heute ein „Muss“ für alle Berlin-Touristen. Seit dem Wegbruch der DDR ist der Tierpark dem Zoologischen Garten Berlin AG zugeschlagen worden. Ein Besuch heute ist angesichts des nun beträchtlichen Besucher-Obolus ein im Wortsinn teures Vergnügen geworden. Die Anwürfe gegen den weltweit geachteten Zoologen Heinrich Dathe erledigten sich aus Gründen der Gegenstandslosigkeit von selbst. An den 1991 Verstorbenen erinnern die Gedenktafel in seinem jahrzehntelangen Wirkungsbereich, ein Straßenname gegenüber dem Tierpark sowie eine Heinrich-Dathe-Oberschule in Friedrichshain/Kreuzberg. 13 Dr. Norbert Podewin