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Stellungnahme IKK e. V. Versorgungsgesetz

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<strong>Stellungnahme</strong> des <strong>IKK</strong> e. V.<br />

zum Referentenentwurf<br />

Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen<br />

in der gesetzlichen<br />

Krankenversicherung<br />

(GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong>)<br />

Stand 24.06.2011<br />

<strong>IKK</strong> e. V.<br />

Hegelplatz 1<br />

10117 Berlin<br />

030/202491-10<br />

info@ikkev.de<br />

Seite 1 von 66


<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Inhalt<br />

Grundsätzliche Anmerkungen ..................................................................................................... 3<br />

Themenpunkt 1: Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung ...................................... 6<br />

Themenpunkt 2: Verbesserung der erlebten Versorgungsrealität der Patienten ........................ 24<br />

Themenpunkt 3: Medizinische Versorgungszentren .................................................................. 30<br />

Themenpunkt 4: Ambulante spezialärztliche Versorgung .......................................................... 32<br />

Themenpunkt 5: Honorarreform ................................................................................................ 34<br />

Themenpunkt 6: Vertragszahnärztliche Versorgung .................................................................. 36<br />

Themenpunkt 7: Innovative Behandlungsmethoden .................................................................. 41<br />

Themenpunkt 8: G-BA Strukturen ............................................................................................. 45<br />

Themenpunkt 9: Richtgrößen und Wirtschaftlichkeitsprüfung .................................................... 47<br />

Themenpunkt 10: Leistungsrechtliche Klarstellung bei lebensbedrohlichen Erkrankungen ....... 49<br />

Themenpunkt 11: Stärkung der wettbewerblichen Handlungsmöglichkeiten der Krankenkassen<br />

auf Leistungsseite ..................................................................................................................... 50<br />

Themenpunkt 12: Änderung des Aufwendungsausgleichsgesetzes .......................................... 54<br />

Themenpunkt 13: Regelungen in Bezug zu Schließung und Insolvenz ..................................... 58<br />

Themenpunkt 14: Hilfsmittel ...................................................................................................... 64<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Grundsätzliche Anmerkungen<br />

Die Bundesregierung beabsichtigt mit dem Gesetz, die vorhandenen Versorgungsstruk-<br />

turen in der gesetzlichen Krankenversicherung zu verbessern. Es sollen die Bedarfspla-<br />

nung flexibler und neu gestaltet, der (gefühlten) Unterversorgung begegnet und die<br />

(zahn)ärztliche Vergütung reformiert werden. Nach eingehender Beschäftigung mit dem<br />

Gesetzesvorhaben kommen die Innungskrankenkassen zu dem Schluss, dass die aus-<br />

drücklich begrüßenswerte Regelungen zur Verbesserung der Versorgungsstruktur leider<br />

von Regelungen überlagert und dadurch entwertet werden, dass sie zu einer starken<br />

finanziellen Belastung der Gesetzlichen Krankenversicherung führen werden. Diese<br />

Mehrbelastungen zugunsten der Leistungserbringer sind letztlich von den Versicherten<br />

über Zusatzbeiträge zu finanzieren, ohne dass es dadurch zu einer spürbaren Versor-<br />

gungsverbesserung kommen wird. Die Bundesregierung lässt darüber hinaus leider die<br />

Chance ungenutzt, die in wenigen Gebieten bestehende Unterversorgung durch einen<br />

Abbau der in weiten Teilen bestehenden Überversorgung zu beseitigen. Stattdessen<br />

werden einseitig zahlreiche Förderungsinstrumente für die Niederlassung in unterver-<br />

sorgten Gebieten entwickelt, ohne ausreichend Einsparungen durch den aktiven Abbau<br />

der Überversorgung zu bewirken.<br />

Insbesondere im Bereich der Zahnärzte finden sich Regelungen, die zu einer enor-<br />

men Vergütungsausweitung führen. In Kombination mit der neuen Gebührenordnung<br />

für Zahnärzte (GOZ) wirken sich der Wegfall der Budgetierung und die Unterminie-<br />

rung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität ausschließlich zu Lasten der Bei-<br />

tragszahler aus. Dies lehnen die Innungskrankenkassen mit Vehemenz ab! Dass die<br />

Innungskrankenkassen nunmehr für eine höhere Vergütung zu sorgen haben, nur<br />

weil das wettbewerblich genutzte Alleinstellungsmerkmal der Ersatzkassen, mehr<br />

Honorar zu zahlen, zurückgenommen wird, ist unverständlich.<br />

Die Stärkung des Einflusses der Länder auf die Bedarfsplanung sehen wir mit großer<br />

Skepsis. Auch wenn im Detail ersichtlich wird, dass der tatsächliche Einfluss der<br />

Länder eher gering sein dürfte, drängt man dennoch die Selbstverwaltung unnötig<br />

zurück und erweitert damit den ohnehin schon komplexen Abstimmungsprozess. Ein<br />

Versorgungssystem, das nach politischen Erwägungen regional beeinflusst wird,<br />

lehnen wir strikt ab. Zumal die Erfahrung zeigt, dass die geforderte Mitverantwortung<br />

der Länder in der Regel eine finanzielle Mitverantwortung nicht einschließt.<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Die geplante Reform des Gemeinsamen Bundesausschusses ist in den Augen der<br />

Innungskrankenkassen ebenfalls eine Schwächung der Selbstverwaltung. Sinnvolle<br />

Änderungen hinsichtlich mehr Transparenz lässt die Bundesregierung außen vor.<br />

Stattdessen wird der sektorübergreifende Ansatz unverständlicherweise durch einen<br />

sektorspezifischen Ansatz ersetzt – in Zeiten, in denen die Sektorengrenzen eigent-<br />

lich zu überwinden sind.<br />

Die geschaffene Möglichkeit, ausgeweitete Satzungsleistungen anbieten zu können,<br />

begrüßen die Innungskrankenkassen. Allerdings erscheint es uns fragwürdig, ob das<br />

Instrument auch tatsächlich genutzt wird. Derzeit dürfte keine Krankenkasse willens<br />

und in der Lage sein, Zusatzbeiträge zu riskieren, um Satzungsleistungen anzubie-<br />

ten.<br />

Eine Zentralisierung des Umlageverfahrens lehnt der <strong>IKK</strong> e. V. entschieden ab. Für<br />

eine Reform des Aufwendungsausgleichsgesetzes besteht kein dringender Hand-<br />

lungsbedarf. Das U 1 und U 2-Verfahren verläuft prozessual reibungslos und<br />

bürokratiearm. Sinnvolle Synergien, die heute Krankenkassen und die angeschlos-<br />

senen Umlagekassen bündeln, könnten nicht mehr genutzt werden. Durch die Mög-<br />

lichkeit eigenständiger Umlagesätze entsteht ein Wettbewerb unter den Kassen um<br />

möglichst marktfähige Beiträge. Eine Zentralisierung würde zu hohen Aufbau- und<br />

dauerhaften Prozesskosten führen, da neue Strukturen und Datenwege notwendig<br />

würden. Es müssten hochsensible Personendaten von den Krankenkassen zu der<br />

zentralen Umlagekasse gemeldet werden, was enorme prozessuale und daten-<br />

schutzrechtliche Probleme aufwerfen würde. Ferner hätte fehlender Wettbewerb<br />

steigende Beiträge zur Folge, da der Markt nicht mehr preisregulierend und effizi-<br />

enzsteigernd wirken könnte. Einmal mehr würde die Politik eine erst seit kurzem ein-<br />

geführte Regelung ändern, für die die Kassen hohe Investitionskosten getätigt ha-<br />

ben. Ordnungspolitisch sind die Vorhaben des Gesetzgebers hoch problematisch, da<br />

mit einer zentralen Umlagekasse ein weiterer Schritt in Richtung Einheitskasse ge-<br />

gangen wird.<br />

Die Regelungen im Zusammenhang mit Insolvenz/Schließung von Krankenkassen<br />

sind grundsätzlich sinnvoll, hat sich doch gezeigt, dass die jetzigen Regelungen im<br />

Ernstfall nicht oder erst mit Verzögerung greifen. Skeptisch sind wir jedoch, ob die<br />

Haftungsverschärfungen greifen. Sie sind nachvollziehbar, werden jedoch ins Leere<br />

laufen. Es dürfte schwer werden zweifelsfrei nachzuweisen, dass eine Krankenkasse<br />

vorsätzlich und geplant Versicherten einer geschlossenen Krankenkasse eine Auf-<br />

nahme verwehrt oder erschwert hat.<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Der <strong>IKK</strong> e. V. begrüßt die Regelungen zu der sektorenübergreifenden Versorgungs-<br />

konzeption im Bereich der ambulanten spezialärztliche Versorgung, weil damit dem<br />

Prinzip ambulant vor stationär gefolgt wird. Um zukünftige Versorgungsprobleme im<br />

Sinne einer sektorenübergreifenden Versorgung zu lösen, sollte eine differenzierte<br />

Betrachtung herangezogen werden, die in der Zukunft zwischen primärärztlicher,<br />

fachärztlicher und spezialisierter fachärztlicher Versorgung unterscheidet. Bei der<br />

Aus- bzw. Umgestaltung bedarf es jedoch erheblicher Anpassungen am Gesetzes-<br />

vorschlag. Denn einerseits muss noch ein Umverteilungsmechanismus zwischen den<br />

betroffenen Sektoren definiert werden, anderseits ist ein sektorenübergreifendes be-<br />

reinigtes Budget auf der Grundlage einer Bedarfsprüfung einschließender Indikatio-<br />

nen zu entwickeln. Darüber hinaus muss eine geregelte Zulassung für diese Versor-<br />

gung sichergestellt sein und zwingend über die Zulassungsausschüsse organisiert<br />

werden.<br />

Grundsätzlich begrüßt der <strong>IKK</strong> e. V. eine Beschleunigung des Verfahrens im Rah-<br />

men der Umsetzung zu den DMP Richtlinien. Jedoch ist zu befürchten, dass die<br />

neuen Richtlinien zum DMP eine geringere Rechtsverbindlichkeit haben werden so-<br />

wie für die Krankenkassen die Möglichkeit entfällt, spezifische Positionen im Rahmen<br />

eines Anhörungsverfahrens einzubringen. Eine Anpassung der Regelungskompe-<br />

tenz, der Dokumentation sowie der Evaluation wird daher als nicht notwendig erach-<br />

tet.<br />

Der G-BA soll zukünftig die Möglichkeit haben, Untersuchungs- und Behandlungs-<br />

methoden mit dem Potential einer Behandlungsalternative aber bisher unklarem Nut-<br />

zen einer Erprobung zuzuführen. Hierbei muss jedoch gewährleistet sein, dass eine<br />

Finanzierung der medizinischen Leistung durch die GKV ausschließlich im Rahmen<br />

hochwertiger klinischer Studien erfolgt. Darüber hinaus wird der Industrie das Recht<br />

eingeräumt, einen Antrag auf Erstellung einer Richtlinie zur Erprobung ihrer Produkte<br />

oder Anwendungen beim G-BA zu stellen. Die Verantwortung für Planung, Beauftra-<br />

gung und Steuerung der Studie liegt dann beim G-BA. Diesen Vorschlag lehnt der<br />

<strong>IKK</strong> e. V. ab.<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Themenpunkt 1: Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung<br />

Zu Artikel 1 (Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)<br />

Nr. 35<br />

§ 101 SGB V – Bedarfsplanung<br />

Beabsichtigte Neuregelung<br />

Dem G-BA wird vorgegeben, die Planungsbereiche mit Wirkung ab 01. Januar 2013 so<br />

zu gestalten, dass sie einer flächendeckenden Versorgung dienen und sie nicht mehr<br />

zwingend den Stadt- und Landkreisen entsprechen. Dabei sind auch Ärzte, die in Kran-<br />

kenhäusern oder ähnlichen Einrichtungen tätig sind, und Ärzte, die an der spezialärztli-<br />

chen Versorgung nach § 116b teilnehmen, einzubeziehen. Bei der Anpassung der Ver-<br />

hältniszahlen ist nicht mehr stichtagbezogen die Zahl der Ärzte maßgeblich, sondern es<br />

ist die demographische Entwicklung zu berücksichtigen. Sonderbedarfszulassungen<br />

sollen gezielt als Instrument zur Feinsteuerung der Versorgungssituation erteilt werden<br />

dürfen.<br />

Bewertung<br />

Die Neuregelungen sind sinnvoll, um für die drei Ebenen der primärärztlichen, fachärztli-<br />

chen und spezialärztlichen Versorgung angemessen differenziert und an dem tatsächli-<br />

chen Versorgungsbedarf orientiert planen zu können. Unter den gegenwärtigen rechtli-<br />

chen Bedingungen ist das so nicht möglich – insofern ist die vorgesehene gesetzliche<br />

Regelung grundsätzlich zu begrüßen. Ohne begleitende Maßnahmen ist allerdings frag-<br />

lich, ob Unterversorgung in ländlichen Regionen wirksam bekämpft werden kann; hierzu<br />

zählen beispielsweise Mitwirkungspflichten von Städten und Gemeinden zur Schaffung<br />

geeigneter infrastruktureller Unterstützung.<br />

Die Vermeidung von (drohender) Unterversorgung ist aber, um flexibel und schnell agie-<br />

ren zu können, zwingend mit dem Abbau von Überversorgung zu verbinden. Denn un-<br />

abhängig von finanziellen Gesichtspunkten kann der Versorgungsbedarf nur auf diese<br />

Weise zeitnah gedeckt werden. Daher ist eine Planungsbereich-übergreifende und da-<br />

mit bundesweit einheitliche Definition von „Versorgungsbedarf“ erforderlich. Hierdurch<br />

wird ein übermäßiger Neuzugang von Leistungserbringern vermieden und eine ansons-<br />

ten weiterhin drohende Perpetuierung von Über- und Unterversorgung ausgeschlossen,<br />

die durch landesspezifische Festlegungen zum Versorgungsbedarf andernfalls drohen.<br />

(s. hierzu Anmerkungen zu Art. 1 Nr. 34)<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Darüber hinaus ist für eine sektorenübergreifende Bedarfsplanung eine verlässliche Be-<br />

stimmbarkeit aller an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärz-<br />

te erforderlich. Daher muss die Anzahl der niedergelassenen und insbesondere der in<br />

Krankenhäusern tätigen Ärzte weiterhin in die Bedarfsplanung einbezogen werden und<br />

der jeweilige Versorgungsauftrag, bzw. Ermächtigungsumfang berücksichtigt werden..<br />

Hierzu ist eine Mitteilungspflicht für Krankenhäuser über die bei ihnen beschäftigten Ärz-<br />

te und eine Harmonisierung der Zulassungsverfahren erforderlich. Hierdurch wird auch<br />

eine nicht nachvollziehbare Ausweitung der Anzahl der in Krankenhäusern tätigen Ärzte<br />

und der von ihnen erbrachten Leistungen vermieden.<br />

Änderungsvorschlag<br />

§ 101 Absatz 2 Satz 2 wird wie folgt geändert:<br />

„Die Anpassung der Verhältniszahlen nach Satz 1 Nr. 3 hat insbesondere unter Berück-<br />

sichtigung der demographischen Entwicklung und der Anzahl aller an der vertragsärztli-<br />

chen Versorgung nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 bis 2b teilnehmenden Ärzte zu erfolgen.“<br />

Für Krankenhäuser, die Ärzte beschäftigen, die an der ambulanten vertragsärztlichen<br />

Versorgung teilnehmen, muss zur Vorbereitung der Bedarfsplanung eine Mitteilungs-<br />

pflicht gegenüber den Zulassungsausschüssen über die Anzahl der von ihnen angestell-<br />

ten Ärzte und die davon an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte auf-<br />

erlegt werden.<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Themenpunkt 1: Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung<br />

Zu Artikel 1 (Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)<br />

Nrn. 11, 27, 28, 30, 34 und 62<br />

§§ 71, 90, 90a, 92, 99, 212 SGB V – Stärkung der Einwirkungsmöglichkeiten der<br />

Länder unter Berücksichtigung regionaler Besonderheiten<br />

Beabsichtigte Neuregelung<br />

Die Bundesländer erhalten ein Mitberatungsrecht bei den Beratungen des G-BA zu Fra-<br />

gen der Bedarfsplanung und in den Landesausschüssen, über die sie künftig auch die<br />

Rechtsaufsicht führen sollen. Außerdem können sie ein sektorenübergreifendes Gremi-<br />

um schaffen, das Empfehlungen zu sektorenübergreifenden Versorgungsfragen abge-<br />

ben kann.<br />

Selektivverträge nach §§ 73b, 73c und 140a SGB V sind künftig der für die Krankenkas-<br />

se zuständigen Aufsichtsbehörde vorzulegen. Innerhalb der Beanstandungsfrist haben<br />

diese die Verträge auch den zuständigen obersten Verwaltungsbehörden der Länder<br />

vorzulegen, in denen die Verträge wirksam werden und gegebenenfalls mit diesen das<br />

Benehmen herzustellen.<br />

Bedarfspläne werden weiterhin von den Kassenärztlichen Vereinigungen im Einverneh-<br />

men mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen aufgestellt.<br />

Dabei können sie von den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses künftig<br />

abweichen; dies betrifft beispielsweise die Bestimmung der Planungsbereiche und die<br />

Verhältniszahlen. Anstelle der bisherigen Benehmensherstellung mit den zuständigen<br />

Behörden der Länder, sind diesen künftig die Bedarfspläne vorzulegen, die von ihnen<br />

beanstandet werden können.<br />

Die Krankenkassen aller Kassenarten werden verpflichtet, sich für jedes Land auf einen<br />

gemeinsamen Bevollmächtigte mit Abschlussbefugnis zu einigen. Sofern Landesver-<br />

bände bestehen oder deren Aufgaben von einer Krankenkasse oder einem anderen<br />

Landesverband wahrgenommen werden, gelten diese als Bevollmächtigter.<br />

Bewertung<br />

Ein Mitberatungsrecht der Länder in Fragen der Bedarfsplanung beim Gemeinsamen<br />

Bundesausschuss wird abgelehnt. Die Interessen der Landesebene werden durch die<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

bisherigen Strukturen des G-BA bereits ausreichend berücksichtigt. Die geplante Neu-<br />

regelung erschwert und verzögert lediglich die Beratungen im G-BA.<br />

Gleiches gilt für die Beratungen in den Landesausschüssen. Planungshoheit, Leistungs-<br />

erbringung und Kostentragung müssen weiterhin bei den Selbstverwaltungspartnern<br />

liegen. Ein Auseinanderfallen dieser Aspekte kann zu nicht kalkulierbaren Versorgungs-<br />

und Finanzierungsrisiken führen. Dies kann letztlich zu Nachteilen in der Versorgung der<br />

Versicherten führen.<br />

Eine sektorenübergreifende Versorgungssteuerung ist dringend erforderlich und wird<br />

ausdrücklich begrüßt. Diese kann aber nicht durch das in § 90 a SGB V vorgesehene<br />

Gemeinsame Landesgremium erfolgen. Sie sollte vielmehr ausschließlich den Leis-<br />

tungserbringern und Kostenträgern vorbehalten bleiben; hier wäre eine Beteiligung der<br />

Landeskrankenhausgesellschaften an den Landesausschüssen denkbar (s. u. Themen-<br />

schwerpunkt 4). Denn das vorgesehene Gremium ist (insbesondere angesichts seiner<br />

Rechtsausstattung) nicht geeignet, die notwendige Abstimmung und Steuerung der sek-<br />

torenübergreifenden Versorgung zu gewährleisten. Die föderale Struktur lässt unter-<br />

schiedliche Versorgungsstrukturen und –grade befürchten. Überdies sind durch ein zu-<br />

sätzliches Gremium zusätzlicher Bürokratieaufwand, zusätzliche Verwaltungskosten und<br />

zeitaufwändige Beratungsprozesse zu erwarten.<br />

Die insbesondere durch Wettbewerb zu erzielenden Versorgungsverbesserungen durch<br />

selektivvertragliche Gestaltungsmöglichkeiten werden durch aufsichtsrechtliche Beans-<br />

tandungsmöglichkeiten konterkariert. Sie sind daher insgesamt abzulehnen.<br />

Um eine bundesweit einheitliche Versorgung sicher zu stellen, sind die Bedarfspla-<br />

nungsrichtlinien des G-BA bindend auszugestalten. Abweichungsmöglichkeiten auf Lan-<br />

desebene lassen auf Grund der föderalen Struktur starke regionale Abweichungen in<br />

der Versorgung befürchten. Es sind daher insbesondere bundeinheitliche Definitionen<br />

von „Versorgungsgrad“ und „Verhältniszahlen“ erforderlich, die vom G-BA vorzugeben<br />

sind. Abweichungsmöglichkeiten der Länder sind auszuschließen, denn die Bedarfs-<br />

bezogene Definition von Planungsbereichen, insbesondere in der spezialärztlichen Ver-<br />

sorgung darf nicht an Landesgrenzen scheitern. Dies gilt insbesondere für die Versor-<br />

gung im Randbereich von Stadtstaaten. (vgl. hierzu auch Ausführungen zu Art. 1 Nr. 35)<br />

Die Verpflichtung der Benennung von Bevollmächtigten mit Abschlussbefugnis wird ab-<br />

gelehnt, weil die in §§ 207 und 212 SGB V enthaltenen Regelungen den erzielten Zweck<br />

bereits erfüllen. Die derzeitige Organisationsstruktur der Kassenarten entspricht der in-<br />

tendierten Zielsetzung. Eine Notwendigkeit für diese Gesetzesänderung wird daher nicht<br />

gesehen und die Regelung daher abgelehnt. Überdies widerspricht die beabsichtigte<br />

Regelung der in § 207 SGB V und insbesondere der in dessen Abs. 4a vorgesehen Re-<br />

gelung.<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Änderungsvorschlag<br />

Die vorgesehenen Änderungen werden gestrichen.<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Themenpunkt 1: Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung<br />

Zu Artikel 1 (Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)<br />

Nrn. 31 e, 31 f, 33, 36 und 37 c (und Art. 8 Nr. 5 - § 19 Abs. 4 Ärzte-ZV)<br />

§§ 95 Abs. 7 und 9b, 98 Abs. 2 Nr. 12 und Abs. 3, 103 Abs. 4 und 105 Abs. 3 SGB V<br />

– Förderung des Zulassungsverzichts in überversorgten Gebieten, befristete Zu-<br />

lassung<br />

Beabsichtigte Neuregelung<br />

Um Überversorgung abzubauen, wird die bestehende Möglichkeit der KVen, den freiwil-<br />

ligen Verzicht auf die vertragsärztliche Zulassung finanziell zu fördern, erweitert. Zudem<br />

wird den KVen ermöglicht, bei der Ausschreibung von Vertragsarztsitzen zur Nachbe-<br />

setzung in überversorgten Planungsbereichen ein Vorkaufsrecht auszuüben. Das wirt-<br />

schaftliche Interesse des ausscheidenden Vertragsarztes an der Verwertung der Arzt-<br />

praxis bleibt geschützt. Ein Vorkaufsrecht der KV besteht nicht, wenn sich ein Kind,<br />

Ehegatte oder Lebenspartner des ausscheidenden Vertragsarztes oder ein Vertragsarzt,<br />

mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich ausgeübt wurde, um die Nachbesetzung<br />

bewerben. Es wird in offenen Planungsbereichen mit einem Versorgungsgrad von 100<br />

% die Möglichkeit der zeitlichen Befristung einer Zulassung eröffnet.<br />

Bewertung<br />

Die Erweiterung der Möglichkeiten zur finanziellen Förderung eines Zulassungsverzichts<br />

und der Aufkaufsmöglichkeiten von Praxen durch die KVen ist sinnvoll und zu begrüßen.<br />

Das Vorkaufsrecht der KVen bei fehlender Versorgungsnotwendigkeit sollte verpflich-<br />

tend ausgestaltet werden, denn nur hierdurch kann vermieden werden, dass eine KV<br />

dieses sinnvolle Instrument zur Versorgungssteuerung nicht nutzt und die Regelung ins<br />

Leere laufen lässt. Der Ausschluss des Vorkaufsrechtes, wenn der Nachfolger dem in §<br />

103 Abs. 4 Satz 5 Ziffer 5 und 6 bezeichneten Personenkreis angehört, sollte auf die<br />

Fälle beschränkt werden, in denen der Nachfolger bereits seit geraumer Zeit in der Pra-<br />

xis tätig war. Außerdem sollten die Zulassungsausschüsse verpflichtet werden, vor jeder<br />

Nachbesetzung zunächst zu prüfen, ob diese aus Versorgungsgründen erforderlich ist.<br />

Eine Nachbesetzung sollte grundsätzlich nur bei positiver Bedarfsprüfung erfolgen. Eine<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

schrittweise Einführung wäre denkbar. Die Möglichkeit zur Befristung von Zulassungen<br />

sollte sich nicht nur auf offene Planungsbereiche mit einem Versorgungsgrad von 100 %<br />

erstrecken, sondern natürlich auf alle überversorgten Gebiete, um die Versorgungssteu-<br />

erung effizient zu flexibilisieren.<br />

Änderungsvorschlag<br />

§ 103 Abs. 4c S. 2 SGB V (neu) wird am Ende durch die Wörter „und dieser bereits über<br />

einen angemessenen Zeitraum in der Praxis tätig war und die Nachbesetzung aufgrund<br />

einer regionalen Unterversorgung erforderlich ist“ ergänzt.<br />

Die Änderung von § 19 Abs. 4 Ärzte-ZV ist auf alle überversorgten Gebiete zu erstre-<br />

cken.<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Themenpunkt 1: Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung<br />

Zu Artikel 1 (Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)<br />

Nr. 36 a) cc)<br />

§ 103 Abs. 4 S. 5 SGB V – Anpassung der gesetzlichen Vorgaben zur Auswahl ei-<br />

nes Praxisnachfolgers<br />

Beabsichtigte Neuregelung<br />

Bei der Nachbesetzung von Vertragsarztpraxen in überversorgten Gebieten sind Ver-<br />

sorgungsgesichtspunkte künftig stärker zu berücksichtigen. Bei der Auswahlentschei-<br />

dung hat der Zulassungsausschuss zu berücksichtigen, wenn ein Bewerber zuvor für die<br />

Dauer von fünf Jahren in einem unterversorgten Gebiet ärztlich tätig gewesen ist oder<br />

der Bewerber Ehegatte, Lebenspartner oder ein Kind des bisherigen Vertragsarztes ist.<br />

Bewertung<br />

Die Bevorzugung von Bewerbern bei Erfüllung besonderer Versorgungsbedürfnisse (be-<br />

stimmte Zusatzqualifikationen; Bereitschaft auch in unterversorgtem Gebiet tätig zu<br />

werden) ist zu begrüßen, um der vorhandenen Versorgungsstruktur besser Rechnung<br />

tragen zu können.<br />

Es sollte lediglich die Sitzverlegung von einem überversorgten Gebiet in ein unterver-<br />

sorgtes Gebiet gefördert werden, da ansonsten eine Abwanderung in überversorgte Ge-<br />

biete droht. Nachbesetzungen in überversorgten Gebieten sind grundsätzlich abzuleh-<br />

nen.<br />

Änderungsvorschlag<br />

§ 103 Abs. 4 S. 5 Nr. 4 SGB V (neu) wird gestrichen.<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Themenpunkt 1: Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung<br />

Zu Artikel 1 (Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)<br />

Nr. 36<br />

§ 103 Abs. 4 und 4d (neu) SGB V – Anpassung der Regelung zur Übernahme eines<br />

Vertragsarztsitzes durch ein MVZ<br />

Beabsichtigte Neuregelung<br />

Die Übernahme eines Vertragsarztsitzes durch ein MVZ kann nur dann genehmigt wer-<br />

den, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung nicht entgegenstehen. Sofern die<br />

Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte nicht Ärzten zusteht, erhalten die<br />

anderen Bewerber ein Vorkaufsrecht.<br />

Bewertung<br />

Die Regelung wird begrüßt.<br />

Änderungsvorschlag<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Themenpunkt 1: Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung<br />

Zu Artikel 1 (Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)<br />

Nrn. 22, 23 b), 24, 35 c)<br />

§§ 87 Abs. 2e, 87a Abs. 2 S. 1, 2 und 4 und Abs. 3, 87b Abs. 3, 101 Abs. 6, 105 Abs.<br />

1a SGB V – Weiterentwicklung der Steuerung des Niederlassungsverhaltens über<br />

Vergütungsanreize<br />

Beabsichtigte Neuregelung<br />

Fallzahlbegrenzende oder –mindernde Maßnahmen finden bei Versorgung von Versi-<br />

cherten in unterversorgten oder von Unterversorgung bedrohten Gebieten keine An-<br />

wendung.<br />

Es sollen Zuschläge auf den Orientierungswert vereinbart werden für besonders förde-<br />

rungswürdige Leistungen sowie für Leistungen von besonders zu fördernden Leistungs-<br />

erbringern.<br />

Bei Zahnärzten wird eine Neuregelung zur Feststellung eines zusätzlichen lokalen Ver-<br />

sorgungsbedarf geschaffen, um die Option zur Zahlung von Sicherstellungszuschlägen<br />

bei lokalem Versorgungsbedarf in nicht unterversorgten Planungsbereichen zu eröffnen.<br />

Die KVen erhält bei entsprechendem Versorgungsbedarf die Möglichkeit, einen Struktur-<br />

fonds einzurichten, in den 0,1 % der jeweiligen Gesamtvergütung seitens der KV und<br />

ergänzend eine entsprechend gleich große Summe seitens der Krankenkassen einflie-<br />

ßen. Im Einvernehmen mit den Kassen können die KVen mit diesen Mitteln Maßnahmen<br />

für Niederlassung ergreifen und finanzielle Anreize setzen.<br />

Bewertung<br />

Der Verzicht von Abstaffelungsregelungen in unterversorgten oder von Unterversorgung<br />

bedrohten Gebieten wird begrüßt.<br />

Die Zuschläge für besonders förderungswürdige Leistungen oder für Leistungen von<br />

besonders zu fördernden Leistungserbringern werden abgelehnt, da eine sachliche<br />

Rechtfertigung dieser Zuschläge nicht ersichtlich ist. Die Leistungserbringung ist im Ein-<br />

heitlichen Bewertungsmaßstab abgebildet; darüber hinaus gehende überdurchschnittli-<br />

che Qualität der Leistungserbringung vermag Zuschläge nicht zu rechtfertigen. Die stei-<br />

gende Nachfrage nach einer solchen Leistungserbringung trägt der erhöhten Qualität<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

bereits in ausreichendem Maße Rechnung. Über diese Zuschläge Leistungserbringer<br />

davon zu überzeugen, sich in strukturschwachen Regionen niederzulassen ist ebenfalls<br />

nicht gerechtfertigt, da bereits die Ausnahme von Abstaffelungsregelungen dem in aus-<br />

reichendem Maße Rechnung trägt.<br />

Da den beabsichtigten Sicherstellungszuschlägen für Zahnärzte keine Zulassungsbe-<br />

schränkungen wegen Überversorgung gegenüberstehen ist eine Verbesserung der Ver-<br />

sorgungssituation nicht zu erwarten; vielmehr drohen ausschließlich Mehrkosten. Die<br />

Regelung wird daher abgelehnt.<br />

Die Einrichtung eines Strukturfonds durch die KVen wird abgelehnt, da die in den letzten<br />

Jahren von den Krankenkassen bereits ausreichend zusätzliche Finanzmittel aufge-<br />

bracht wurden; zusätzliche Finanzmittel sind abzulehnen. Die Gründung eines Struktur-<br />

fonds würde zudem wegen der bereits vorhandenen Förderungsmöglichkeiten nach §<br />

105 Abs.1 und 4 zu unnötigen Doppelstrukturen führen, da die der Neuregelung zu<br />

Grunde liegenden Ziele durch die vorhandenen Regelungen bereits erreicht werden.<br />

Eine finanzielle Beteiligung der Krankenkassen – insbesondere ohne entsprechende<br />

Entscheidungsbefugnis über die Mittelverwendung – kommt daher nicht in Betracht. Es<br />

sollte vielmehr den KVen alleine ermöglicht werden, einen Sicherstellungsfonds einzu-<br />

richten, der aus der Gesamtvergütung zu speisen ist.<br />

Änderungsvorschlag<br />

§ 87 a Abs. 2 S. 4 (neu) wird gestrichen.<br />

In § 101 Abs. 6 werden die Wörter „Nummer 3 bis 5“ durch die Wörter „Nr. 2a bis 5“ er-<br />

setzt.<br />

§ 105 Abs. 1a S.2 wird gestrichen.<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Themenpunkt 1: Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung<br />

Zu Artikel 1 (Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)<br />

Nr.<br />

§§ 116, 116a SGB V – Ermächtigung von Krankenhäusern bei lokalem Versor-<br />

gungsbedarf und von Ärzten, die in Rehabilitations- oder Pflegeeinrichtungen tä-<br />

tig sind<br />

Beabsichtigte Neuregelung<br />

Die Möglichkeit, bei entsprechendem Versorgungsbedarf Krankenhausärzte zur Teil-<br />

nahme an der vertragsärztlichen Versorgung zu ermächtigen wird auf Ärzte, die in Re-<br />

ha- oder Pflegeeinrichtungen tätig sind, erweitert. Krankenhäuser können künftig auch<br />

dann, wenn der Landesausschuss für das Gebiet einen zusätzlichen lokalen Versor-<br />

gungsbedarf festgestellt hat, zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung er-<br />

mächtigt werden.<br />

Bewertung<br />

Die Regelungen werden grundsätzlich begrüßt. Um die Ausgestaltung aber möglichst<br />

flexibel halten und auf eine möglicherweise übermäßige Ausweitung der Zahl der Er-<br />

mächtigten in Zukunft schnell reagieren zu können, sollten die Ermächtigungen zeitlich<br />

befristet werden. In den Abrechnungen sind die Leistungserbringer eindeutig zu kenn-<br />

zeichnen. Die Abrechnungen sind den Wirtschaftlichkeitsprüfungen zu unterziehen.<br />

Änderungsvorschlag<br />

In § 116 werden nach der Klammer die Wörter „zeitlich befristet“ eingefügt. Nach Satz 2<br />

wird folgender Satz eingefügt: „Für die von den ermächtigten Ärzten erbrachten Leistun-<br />

gen gelten die §§ 106 und 106a entsprechend.“<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Themenpunkt 1: Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung<br />

Zu Artikel 1 (Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)<br />

Nr. 14<br />

§ 75 Abs. 1 S. 3 SGB V – Sektorenübergreifende Organisation des ärztlichen Not-<br />

dienstes<br />

Beabsichtigte Neuregelung<br />

Die Bedeutung eines sektorenübergreifenden Notdienstes wird gestärkt: KVen können<br />

künftig den vertragsärztlichen Notdienst auch durch Kooperationen und eine organisato-<br />

rische Verknüpfung mit Krankenhäusern sicherstellen.<br />

Bewertung<br />

Die Regelung wird grundsätzlich begrüßt. Es muss aber verdeutlicht werden, dass der<br />

Sicherstellungsauftrag der KVen hierdurch nicht berührt wird.<br />

Änderungsvorschlag<br />

Die Gesetzesbegründung sollte entsprechend angepasst werden.<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Themenpunkt 1: Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung<br />

Zu Artikel 1 (Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)<br />

Nrn. 15, 32, 37<br />

§§ 77 Abs. 3, 95d, 105 Abs. 1 S.2 und Abs. 5 SGB V – Betrieb von Eigeneinrichtun-<br />

gen durch KVen und kommunalen Träger<br />

Beabsichtigte Neuregelung<br />

Die Rechtsgrundlagen für den Betrieb von Eigeneinrichtungen durch KVen sollen ver-<br />

bessert werden. Es wird klargestellt, dass die in Eigeneinrichtungen erbrachten Leistun-<br />

gen aus der Gesamtvergütung und nicht aus den Verwaltungskosten der KVen vergütet<br />

werden.<br />

Kommunale Träger erhalten die Möglichkeit, mit Zustimmung der KV in begründeten<br />

Ausnahmefällen eine Eigeneinrichtung zu errichten.<br />

Bewertung<br />

Grundsätzlich wird die Möglichkeit zum Betrieb von Eigeneinrichtungen zur Verbesse-<br />

rung der Versorgung in strukturschwachen Gebieten begrüßt. Zwingende Vorausset-<br />

zung sollte hierfür aber eine eingetretene oder in absehbarer Zeit drohende Unterver-<br />

sorgung sein, um einen Betrieb in ausreichend versorgten Gebieten auszuschließen.<br />

Zusätzliche finanzielle Belastungen der Krankenkassen durch den Betrieb dieser Ein-<br />

richtungen sind auszuschließen.<br />

Die Eigeneinrichtungen kommunaler Träger sollten analog der ambulanten tätigen Ärzte<br />

in stationären Einrichtungen über zeitlich befristete Ermächtigungen an der Versorgung<br />

teilnehmen können. Der Betrieb dieser Einrichtungen darf nicht ausschließlich von der<br />

Zustimmung der KV abhängig gemacht werden. Dies obliegt dem Zulassungsaus-<br />

schuss. Durch die zeitliche Befristung wird eine flexible Ausgestaltung der Versorgungs-<br />

steuerung ermöglicht (s. Anmerkungen zu Art. 1 Nr. 42 und 43). Die Subsidiarität ge-<br />

genüber dem Sicherstellungsauftrag der KVen ist herauszustellen, und die in diesen<br />

Einrichtungen erbrachten Leistungen müssen den Prüfungen nach §§ 106, 106a SGB V<br />

unterzogen werden.<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Änderungsvorschlag<br />

§ 105 Abs. 1 Satz 3 (neu) wird wie folgt gefasst: „Die in den Einrichtungen nach Satz 2<br />

und Abs. 5 erbrachten ärztlichen Leistungen sind aus der vertragsärztlichen Gesamtver-<br />

gütung zu vergüten; sie sind in die Prüfungen nach §§ 106 und 106a einzubeziehen.“<br />

§ 105 Abs. 5 S. 1 (neu) wird wie folgt gefasst: „In Gebieten, für die der Landesaus-<br />

schuss der Ärzte und Krankenkassen die Feststellung nach § 100 Abs. 1 und 3 getroffen<br />

hat, können kommunale Träger in begründeten Ausnahmefällen eigene Einrichtungen<br />

zur unmittelbaren medizinischen Versorgung der Versicherten betreiben.“ In Satz 2 wer-<br />

den vor den Wörtern „zu ermächtigen“ die Wörter „zeitlich befristet“ eingefügt.<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Themenpunkt 1: Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung<br />

Zu Artikel 1 (Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)<br />

Nr. 4<br />

§ 28 SGB V – Delegation ärztlicher Leistungen<br />

Beabsichtigte Neuregelung<br />

Die Delegationsmöglichkeiten von Leistungen zur Entlastung von Ärzten sollen befördert<br />

werden. Die Partner der Bundesmantelverträge erhalten den Auftrag, bis 6 Monate nach<br />

Inkrafttreten des Gesetzes beispielhaft eine Liste delegationsfähiger Leistungen in der<br />

ambulanten ärztlichen Versorgung zu erstellen<br />

Bewertung<br />

Die Regelung wird wegen der dadurch steigenden Rechtssicherheit für Pflegekräfte be-<br />

grüßt. Wegen der erforderlichen Rechtssicherheit darf die vorgesehene Festlegung de-<br />

legationsfähiger Leistungen durch die Partner der Bundesmantelverträge nicht beispiel-<br />

haft sein; sie muss vielmehr abschließend sein, um die nötige Rechtssicherheit zu erhal-<br />

ten. Außerdem ist nur dadurch gewährleistet, dass die ebenfalls notwendigen Regelun-<br />

gen zur Honorierung und Qualitätssicherung dieser Leistungen getroffen werden kön-<br />

nen. Darüber hinaus muss die Letztverantwortung beim Arzt verbleiben.<br />

Änderungsvorschlag<br />

In § 28 Abs. 1 S. 3 (neu) wird das Wort „beispielhaft“ gestrichen und vor dem Wort „An-<br />

forderungen“ die Wörter „insbesondere qualitativen“ eingefügt.<br />

Nach S. 3 wird folgender Satz eingefügt: „Der Bewertungsausschuss für die ärztlichen<br />

Leistungen nach § 87 Abs. 1 S. 1 beschließt, in welchem Umfang der Arzt die von Per-<br />

sonen nach Satz 2 in seinem Auftrag erbrachten Leistungen zu vergüten hat.“ (Alternati-<br />

ve Regelung in § 87 Abs. 2a möglich)<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Themenpunkt 1: Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung<br />

Zu Artikel 1 (Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)<br />

Nr. 22<br />

§ 87 Abs. 2a S. 3, Abs. 2b und Abs. 2c SGB V – Ausbau der Telemedizin<br />

Beabsichtigte Neuregelung<br />

Telemedizin soll vor allem für den ländlichen Raum ausgebaut werden. Der Bewer-<br />

tungsausschuss wird daher beauftragt festzulegen, in welchem Umfang ärztliche Leis-<br />

tungen des EBM ambulant telemedizinisch erbracht werden können und wie in Folge<br />

der derzeitige EBM entsprechend anzupassen ist.<br />

Bewertung<br />

Die Regelungen werden wegen ihrer Kosten sparenden Wirkung und wegen der ver-<br />

besserten Möglichkeit zur Versorgung in strukturschwachen Regionen begrüßt. In den<br />

Gebührenordnungspositionen sind die niedrigeren Arztzeiten zu berücksichtigen, Anrei-<br />

ze für eine nicht bedarfsgerechte Mengenausweitung zu vermeiden und klare Regelun-<br />

gen zur Qualitätssicherung und zu (Sach-)Kosten zu treffen. Vor diesem Hintergrund<br />

und in Anbetracht der Tatsache, dass grundsätzlich der G-BA entscheidet, welche Leis-<br />

tungen zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden dürfen, sollte<br />

der G-BA beauftragt werden, die Erbringung telemedizinischer Leistungen durch Richtli-<br />

nien zu beschließen. Dabei muss eine zwingend nachzuweisende Kostenersparnis wis-<br />

senschaftlich fundiert sein, um den Leistungskatalog entsprechend zu erweitern. Eine<br />

Finanzierung sollte nur im Rahmen der morbiditätsorientierten Gesamtvergütung erfol-<br />

gen.<br />

Änderungsvorschlag<br />

Die Richtlinienkompetenz des G-BA wird in dem Katalog des § 92 Abs. 1 S. 2 entspre-<br />

chend erweitert.<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Themenpunkt 1: Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung<br />

Zu Artikel 1 (Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)<br />

Nr. 36<br />

§ 103 Abs. 4 S. 6 SGB V und Ärzte-ZV und Zahnärzte-ZV – Stärkung der Vereinbar-<br />

keit von Familie und Beruf<br />

Beabsichtigte Neuregelung<br />

Die Möglichkeit für Vertragsärztinnen, sich im zeitlichen Zusammenhang mit einer Ent-<br />

bindung vertreten zu lassen, wird von 6 auf 12 Monate verlängert.<br />

Die Möglichkeit für die Beschäftigung eines Entlastungsassistenten wird für die Erzie-<br />

hung von Kindern für bis zu 36 Monate sowie für die Pflege von Angehörigen für bis zur<br />

6 Monate eröffnet. Die KVen erhalten die Möglichkeit, den 36- bzw. 6 Monatszeitraum<br />

zu verlängern.<br />

Bei der Auswahlentscheidung über die Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes in ei-<br />

nem gesperrten Bereich werden Kindererziehungs- bzw. Pflegezeiten, durch die eine<br />

ärztliche Tätigkeit unterbrochen wurde, fiktiv berücksichtigt.<br />

Bewertung<br />

Die beabsichtigen Neuregelungen werden begrüßt. Die Fristverlängerungen in den Zu-<br />

lassungsverordnungen scheinen sachgerecht. Darüber hinaus gehende, von der KV zu<br />

genehmigenden Verlängerungen sollten auf begründete Einzelfälle beschränkt werden,<br />

da andernfalls die (gerade erst zu verlängernden) Fristen ins Leere laufen.<br />

Änderungsvorschlag<br />

Die Zulassungsverordnungen sind entsprechend anzupassen und die Fristverlängerun-<br />

gen auf begründete Einzelfälle zu beschränken.<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Themenpunkt 2: Verbesserung der erlebten Versorgungsrealität der<br />

Patienten<br />

Zu Artikel 1 (Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)<br />

Nrn. 2, 8<br />

§§ 11, 39 SGB V – Verbesserung des Entlassmanagements nach Krankenhausauf-<br />

enthalt<br />

Beabsichtigte Neuregelungen<br />

Die Verbesserung des Versorgungsalltags soll für die Patientinnen und Patienten unmit-<br />

telbar spürbar werden. Hierzu soll das Entlassmanagement nach dem Krankenhausauf-<br />

enthalt verbessert werden. Seit 2007 haben Versicherte nach § 11 Abs. 4 SGB V An-<br />

spruch auf ein Versorgungsmanagement zur Lösung von Problemen beim Übergang in<br />

die verschiedenen Versorgungsbereiche. Die Vorschrift wurde nicht in dem gewünsch-<br />

ten Umfang umgesetzt und genutzt. Allenfalls einige Krankenhäuser bieten die Leistun-<br />

gen an. Hauptgrund für die fehlende Umsetzung dürfte die Unverbindlichkeit der Vor-<br />

schrift sein. Zwar ist die Regelung als Anspruch ausgestaltet. Dieser richtet sich jedoch<br />

gegen alle Leistungserbringer. Hauptanwendungsbereich dürfte jedoch das<br />

Entlassmanagement nach Krankenhausaufenthalt sein. Zudem ist der Anspruch mit kei-<br />

nerlei weiteren Sanktionsmöglichkeiten oder Anreizen ausgestattet. Der Anspruch soll<br />

nunmehr konkret auf das Entlassmanagement nach Krankenhausaufenthalt konzentriert<br />

werden, da dort die meisten Probleme auftreten. Er ist nun als unmittelbarer Bestandteil<br />

des Anspruchs auf Krankenhausbehandlung im § 39 Abs. 1 aufgenommen.<br />

Bewertung<br />

Der <strong>IKK</strong> e. V. sieht Anpassungsbedarf.<br />

Leistungserbringer sollten hauptsächlich mit dieser Aufgabe betraut werden. Des Weite-<br />

ren sollte sich ein Überleitungsmanagement nicht nur auf die Entlassung nach Kranken-<br />

hausbehandlung beschränken. Die Behandlung vieler Krankheiten beginnt zwar in die-<br />

sem Sektor, jedoch werden hierdurch diejenigen Indikationen ausgeschlossen, die in<br />

anderen Versorgungsbereichen auftreten. Mit der Umsetzung eines Disease- und Case-<br />

Management sollten vor allem Vernetzte Versorgungsstrukturen betraut werden. Denn<br />

nur in Gesundheitsnetzwerken wird eine ganzheitliche Sichtweise des Prozesses der<br />

Leistungserbringung berücksichtigt und im Idealfall alle Etappen einer Patientenkarriere.<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Dadurch steht die gesamte Wertschöpfungskette der Produktion von Gesundheitsdienst-<br />

leistungen im Mittelpunkt einer Vernetzung. Der Patient wird hier mit seinem Versor-<br />

gungsbedarf an die richtigen Adressen verwiesen und mit seiner Krankheit durch einen<br />

optimalen Weg in der Versorgungskette begleitet. Fühlbare Reibungsverluste an den<br />

Versorgungsschnittstellen werden reduziert, da die Patienten systematisch im regiona-<br />

len Gesundheitssystem betreut werden. Des Weiteren ist es für die Umsetzung des<br />

Disease- und Case-Management von zentraler Bedeutung, dass kooperative Strukturen<br />

von Ärzten oder Praxisnetze im Sinne einer regionalen effizienzorientierten Vollversor-<br />

gung zugelassene Leistungserbringer im SGB V werden. Dies betrifft insbesondere die<br />

Gründereigenschaft.<br />

Änderungsvorschlag<br />

Ergänzung im § 39 hinsichtlich der Überleitung auch in anderen Sektorengrenzen sowie<br />

Klarstellung wer die Aufgabe des Patientenmanagements sicherzustellen hat. Des Wei-<br />

teren müsste Anreize für Krankenkassen ausgebaut werden, mit Leistungserbringer Ver-<br />

träge im Sinne des § 11 SGB V zu schließen. Dabei muss die Präzisierung kostenneut-<br />

ral ausgestaltet werden.<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Themenpunkt 2: Verbesserung der erlebten Versorgungsrealität der<br />

Patienten<br />

Zu Artikel 1 (Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)<br />

Nr. 76<br />

§ 295 Abs. 3 S. 2 SGB V – Entbürokratisierung und Deregulierung<br />

Beabsichtigte Neuregelungen<br />

Im Rahmen der Verbesserung der Versorgungsrealität sollen Pflegekräfte und Ärzte<br />

durch Bürokratieabbau von Aufgaben entlastet werden, die ihnen den direkten Kontakt<br />

zum Patienten erschweren. In diesem Zusammenhang soll die Kodierrichtlinie (AKR)<br />

aufgehoben werden.<br />

Bewertung<br />

Der <strong>IKK</strong> e. V. lehnt die Aufhebung der Kodierrichtlinie ab.<br />

Die AKR bildet die Grundlage für eine valide Ermittlung von vergütungsrelevanten Ver-<br />

änderungen des Behandlungsbedarfs. Trotzt der eindeutigen gesetzlichen Verpflichtung<br />

im § 295 Abs. 3 SGB V arbeitet die KBV auf eine Aussetzung der flächendeckenden<br />

Anwendung der AKR hin. Die Begründung, eine Überregulierung im vertragsärztlichen<br />

Vergütungssystem abzubauen, kann daher nicht nachvollzogen werden. Durch den<br />

Wegfall der AKR wird vielmehr die Ermittlung von vergütungsrelevanten Veränderungen<br />

des Behandlungsbedarfs entfallen. Dann müssen andere Regulierungsmechanismen<br />

erarbeitet werden, die die Veränderung der Gesamtvergütung auf eine andere, geeigne-<br />

tere Grundlage stellen.<br />

Auch mit Blick auf den morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich zwischen den<br />

Krankenkassen ist eine Aufhebung der Kodierrichtlinien abzulehnen. Die ambulanten<br />

Diagnosen bilden die Grundlage für die Berechnung der morbiditätsorientierten Zuwei-<br />

sungen an die Krankenkassen. Eine zentrale Zielstellung bei der Einführung einheitli-<br />

cher Kodierrichtlinien bestand darin, die Datenqualität im Bereich der ambulanten Ver-<br />

sorgung zu verbessern und die Diagnosequalität im regionalen und arztgruppenbezoge-<br />

nen Vergleich anzunähern.<br />

Eine regional und/oder zwischen Ärzten oder Arztgruppen differierende Diagnosequalität<br />

bzw. Diagnosepraxis unterminiert die Zuweisungsgerechtigkeit des Morbi-RSA. Kran-<br />

kenkassen mit vielen Versicherten in Regionen mit hoher Datenqualität werden höhere<br />

Fondszuweisungen erhalten als Krankenkassen, die maßgeblich in Regionen mit niedri-<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

gerer Qualität der ambulanten Diagnosen tätig sind. Es besteht daher auch die Gefahr,<br />

dass Krankenkassen ausschließlich deshalb in finanzielle Schieflage geraten können,<br />

weil die Kodierqualität der ambulanten Ärzte in ihrer Region schlechter ist als in anderen<br />

Regionen.<br />

Änderungsvorschlag<br />

Die beabsichtigte Neuregelung Art. 1, Nr. 76 Buchstabe d wird gestrichen.<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Themenpunkt 2: Verbesserung der erlebten Versorgungsrealität der<br />

Patienten<br />

Zu Artikel 1 (Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)<br />

Nrn. 54, 55 (und Artikel 10 Nr. 1-5 - §§ 28b bis 28g Risikostruktur-<br />

Ausgleichsverordnung)<br />

§§ 137f, 137g – Entbürokratisierung der DMP<br />

Beabsichtigte Neuregelungen<br />

Die Regelungskompetenz für die Inhalte der Disease Management Programme (DMP)<br />

wird vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) auf den Gemeinsamen Bundesaus-<br />

schuss (G-BA) übertragen. Dadurch sollen Vorgaben zur evidenzbasierten und struktu-<br />

rierten Behandlung im Rahmen der DMP schneller und flexibler in der Fläche implemen-<br />

tiert werden. Zudem sollen eine Entlastung der Dokumentation von DMP sowie eine<br />

Umgestaltung der Evaluation erfolgen.<br />

Bewertung<br />

Grundsätzlich begrüßt der <strong>IKK</strong> e. V. eine Beschleunigung des Verfahrens im Rahmen<br />

der Umsetzung zu den DMP Richtlinien. Jedoch ist durch den Änderungsvorschlag nicht<br />

sicher gestellt, dass die vorgeschlagene Übertragung der Regelungskompetenz zu Las-<br />

ten der Rechtsverbindlichkeit der Regelungsinhalte geht und/oder zu anderen Nachtei-<br />

len im Vergleich zur Verortung in der Risikostruktur-Ausgleichsverordnung (RSAV) führt.<br />

Darüber hinaus würde durch das neue Verfahren die im Rahmen der Umsetzung einer<br />

RSA-Änderungsverordnung vorgesehen Anhörung entfallen. Dies hätte die Konse-<br />

quenz, dass eine gesonderte Berücksichtigung der spezifischen Position der gesetzli-<br />

chen Krankenversicherung auf Grund der fehlenden Anhörung keinen Niederschlag fin-<br />

det.<br />

Eine Änderung der Evaluation der DMP wird ebenso vom <strong>IKK</strong> e. V. abgelehnt. Denn<br />

aktuell werden bei der Reakkreditierung eines DMP ausschließlich die Ergebnisse der<br />

Evaluation durch das Bundesversicherungsamt (BVA) herangezogen. Somit sollte auch<br />

die Zuständigkeit für die Festlegung der Evaluationskriterien wie bisher bei der neutralen<br />

Institution BVA liegen. Darüber hinaus könnten die Vorschläge zur individualisierten<br />

Evaluation von DMP Programmen in der Umsetzung hohe Aufwände gegenüber dem<br />

jetzigen etablierten Verfahren bedeuten. Ebenfalls ist nicht auszuschließen, dass durch<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

die Neuausrichtung der Evaluation hohe zusätzliche finanzielle Aufwände entstehen.<br />

Zusätzlich soll die Risikoadjustierung entfallen und die Ergebnise der Evaluation gene-<br />

rell nicht mehr zur Reakkreditierung von Programmen herangezogen werden. Gerade<br />

der risikoadjustierte Vergleich zeigt die unterschiedliche Qualität der DMP bislang auf<br />

und ermöglicht konkrete Ansätze zur Optimierung.<br />

Eine Änderung der Dokumentationspflicht wird nach Auffassung des <strong>IKK</strong> e. V. ebenfalls<br />

nicht befürwortet. Durch die Anbindung an den RSA ist eine rechtssichere Einschrei-<br />

bung in das DM-Programm erforderlich. Hierzu zählt auch die schriftliche Bestätigung<br />

der einschreiberelevanten Dokumentationsparameter durch den Arzt. Auch unter Be-<br />

rücksichtigung der bisherigen Umsetzung sind Änderungen nach unserer Einschätzung<br />

nicht notwendig. Die Dokumentationsvorgänge in den Arztpraxen sind bereits etabliert<br />

und haben seit der komplett vollzogenen Umstellung auf die ausschließlich elektroni-<br />

sche Übermittlung von Dokumentationsdaten nicht zu größeren Problemen/Diskus-<br />

sionen auf Landesebene geführt.<br />

Änderungsvorschlag<br />

Eine Anpassung der Regelungskompetenz, der Dokumentation sowie der Evaluation<br />

wird als nicht notwendig erachtet. Vielmehr sollten zukünftig die DMP-Daten von den<br />

Krankenkassen auch für die Versorgungssteuerung genutzt werden können. Denn durch<br />

eine mögliche Ergänzung wird die bisher eingeschränkte Nutzung der im Rahmen von<br />

DMP erhobenen Daten für die Krankenkassen nutzbar. Hierdurch wird es den Kranken-<br />

kassen möglich, die an einem DMP teilnehmenden Versicherten auch in zusätzliche<br />

bzw. ergänzende Versorgungsprogramme zu steuern und so einer weiteren gezielten<br />

Betreuung zuzuführen.<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Themenpunkt 3: Medizinische Versorgungszentren<br />

Artikel 1 (Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) – MVZ<br />

Nrn. 31, 36<br />

§§ 95 Abs. 1 Satz 2, 6, Abs. 1a, Abs. 2 Satz 6 und 8, Abs. 6 Satz 3 und 4, 103 Abs. 4<br />

und Abs. 4b – Medizinische Versorgungszentren<br />

Beabsichtigte Neuregelungen<br />

Die Bundesregierung plant Einschränkungen für die Zulassung von Medizinischen Ver-<br />

sorgungszentren. Die Gründungsberechtigung wird auf Vertragsärzte und Krankenhäu-<br />

ser sowie – eingeschränkt – auf gemeinnützige Träger beschränkt. Als erlaubte Rechts-<br />

formen sind Personengesellschaft und Gesellschaften mit beschränkter Haftung vorge-<br />

sehen. Für bis zum Inkrafttreten bestehende MVZ, die keine Personengesellschaften<br />

oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung sind, besteht ein Bestandsschutz.<br />

Die Leitung der medizinischen Versorgungszentren soll rechtlich und faktisch in ärztli-<br />

cher Hand liegen.<br />

Bei Auswahlentscheidungen über die Nachbesetzung von Arztsitzen sind Medizinische<br />

Versorgungszentren, bei denen die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte<br />

nicht Vertragsärzten zustehen, nachrangig zu behandeln. Dies gilt nicht, wenn das MVZ<br />

Bestandsschutz genießt.<br />

Ferner wird vorgesehen, dass eine Umwandlung von Angestelltenstellen in eine Zulas-<br />

sung als Vertragsarzt in einem überversorgten Gebiet möglich ist.<br />

Bewertung<br />

Die grundsätzliche Absicht der Bundesregierung, die Gründung neuer medizinischer<br />

Versorgungszentren einzuschränken, lehnen die Innungskrankenkassen ab. Ziel müsste<br />

es vielmehr sein, die vermehrte Ansiedlung von Medizinischen Versorgungszentren ins-<br />

besondere in unterversorgten Gebieten zu befördern. Die Beschränkung auf die alleini-<br />

ge Trägerschaft von MVZ durch Ärzte ist lebensfremd und nicht gerechtfertigt und wird<br />

daher abgelehnt.<br />

Ebenso sind die Einschränkungen und systematische Benachteiligung nicht-ärztlicher<br />

MVZ durch das Vorkaufsrecht von Vertragsärzten abzulehnen.<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Die Umwandlungsmöglichkeit von Angestelltenstellen in Vertragsarztsitze in überver-<br />

sorgten Gebieten sehen die Innungskrankenkassen höchst kritisch und lehnen sie daher<br />

ab.<br />

Änderungsvorschlag<br />

Die Regelungen sind zu streichen.<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Themenpunkt 4: Ambulante spezialärztliche Versorgung<br />

Zu Artikel 1 (Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)<br />

Art. 22, 44, 76<br />

§§ 116b, 87 Abs. 5a, 295 Abs. 1b und 2a SGB V<br />

Beabsichtigte Neuregelungen<br />

Die wohnortnahe fachärztliche Versorgung soll durch die sektorenübergreifende Ver-<br />

zahnung einer ambulanten spezialärztlichen Versorgung sichergestellt werden. Dies soll<br />

dadurch erreicht werden, dass stufenweise eine ambulante spezialärztliche Versorgung<br />

für Erkrankungen mit besonderen Krankheitsverläufen, seltenen Erkrankungen, hoch-<br />

spezialisierten Leistungen sowie bestimmten ambulanten Operationen und stationser-<br />

setzenden Eingriffen als eigenständiger Bereich für niedergelassene Ärzte und Kran-<br />

kenhäuser geschaffen werden. Die Konkretisierung und Ergänzung dieses Versor-<br />

gungsbereiches erfolgt durch den G-BA im Rahmen der Richtlinienkompetenz. Darin<br />

erfolgt eine einheitliche Festlegung der jeweiligen medizinischen inhaltlichen Anforde-<br />

rungen sowie der besonderen Maßnahmen zur Qualitätssicherung. Des Weiteren gilt für<br />

die ambulante spezialärztliche Versorgung der Verbotsvorbehalt. Die Vergütung erfolgt<br />

nach EBM. Mittelfristig soll eine diagnosebezogene Vergütungssystematik und -<br />

kalkulation entwickelt werden unter Berücksichtigung spezifischer Investitionsbedingun-<br />

gen. Regelungen zur Ausgabenbegrenzung extrabudgetärer Leistungen durch das<br />

GKV-Finanzierungsgesetz werden aufgehoben.<br />

Bewertung<br />

Der <strong>IKK</strong> e. V. begrüßt die Regelungen zu der sektorenübergreifenden Versorgungskon-<br />

zeption, weil damit dem Prinzip ambulant vor stationär gefolgt wird. Jedoch wird Anpas-<br />

sungsbedarf gesehen.<br />

Um zukünftige Versorgungsprobleme im Sinne einer sektorenübergreifenden Versor-<br />

gung zu lösen, sollte eine differenzierte Betrachtung herangezogen werden, die in der<br />

Zukunft zwischen primärärztlicher, fachärztlicher und spezialisierter fachärztlicher Ver-<br />

sorgung differenziert.<br />

Versorgungsengpässe im fachärztlichen ambulanten Sektor in ländlichen Gebieten<br />

könnten vielfach vermieden werden, wenn die Kapazitäten des stationären Bereichs<br />

stärker in die ambulante Bedarfsplanung miteinbezogen würden. Hierzu sollten die be-<br />

stehenden Landesausschüsse nach § 90 SGB V für den Bereich der sektorenübergrei-<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

fenden spezialärztlichen Bedarfsplanung um Vertreter aus dem stationären Leistungsbe-<br />

reich erweitert werden. Doppelstrukturen müssen dabei vermieden werden. Deshalb ist<br />

es wichtig, alle Leistungsbereiche aus der Krankenhausversorgung mit in die neue Be-<br />

darfsplanung einzubeziehen. Dazu gehören die ambulanten Operationen, sozialpädiatri-<br />

sche Zentren und psychiatrische Institutsambulanzen, Leistungen nach § 116 SGB V,<br />

Ein-Tages-DRGs sowie teilstationäre Leistungen. Insgesamt muss für diesen neuen<br />

sektorübergreifenden Versorgungsbereich eine eigene Gebührenordnung erarbeitet<br />

werden.<br />

Insgesamt muss auch ein sektorenübergreifendes Budget zur besseren Leistungs- und<br />

Kostensteuerung implementiert werden. Die Leistungsmengen könnten analog der mor-<br />

biditätsbedingten Gesamtvergütung im ambulanten Bereich weiterentwickelt und festge-<br />

legt sowie analog der Morbidität der Vorjahre weiterentwickelt sowie analog dem statio-<br />

nären Budget prospektiv vereinbart werden.<br />

In der spezialärztlichen Versorgung müssen darüber hinaus der ambulante und der sta-<br />

tionäre Sektor besser verzahnt werden. Dies darf jedoch auf keinen Fall dadurch ge-<br />

schehen, dass auf der Grundlage empirisch nicht belegter Versorgungsdefizite für die<br />

ambulante spezialärztliche Versorgung gesetzliche Zulassungen ohne Bedarfsprüfung<br />

und ohne Mengenbegrenzung geschaffen werden.<br />

Des Weiteren ist aus Sicht des <strong>IKK</strong> e. V. die grundsätzliche Aufnahme aller nicht kontrol-<br />

lierten und nicht anerkannten Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in die ambu-<br />

lante spezialärztliche Versorgung nicht zu vertreten. Insbesondere neue Methoden müs-<br />

sen auf ihre Wirksamkeit und Evidenz vor Aufnahme geprüft werden.<br />

Änderungsvorschlag<br />

Insgesamt muss ein Umverteilungsmechanismus definiert werden, der zum einen die<br />

spezialisierten fachärztlichen Versorgung insbesondere die Leistungsbereiche gemäß<br />

§ 115b SGB V und § 116b SGB V mit berücksichtigt, zum anderen die Hausärzte ge-<br />

rechter verteilt und bei der fachärztlichen Versorgung vorhandene Überversorgung bzw.<br />

Doppelstrukturen mit berücksichtigt.<br />

Darüber hinaus ist ein sektorenübergreifendes bereinigtes Budget zu entwickeln auf der<br />

Grundlage einer Bedarfsprüfung einschließender Indikationen. Die Auflistung der vorge-<br />

schlagenen Indikationen bedarf daher einer Prüfung. Hinsichtlich einer möglichen Berei-<br />

nigung der Investitionskostenpauschale schlägt der <strong>IKK</strong> e. V. einen Abschlag in Höhe<br />

von 10 % vor. Darüber hinaus muss eine geregelte Zulassung für diese Versorgung si-<br />

chergestellt sein und zwingend über die Zulassungsausschüsse organisiert werden.<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Themenpunkt 5: Honorarreform<br />

Zu Artikel 1 (Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)<br />

Nr. 20, 23, 24, 25, 72 und 74<br />

§§ 85 Abs. 4 und 4a, 87, 87a, 87b, 87c, 87c, 136 Abs. 4, 264 Abs. 6, 284 Abs. 1, 295<br />

Abs. 3 S. 2 SGB V – Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung<br />

Beabsichtigte Neuregelung<br />

Die KVen erhalten die alleinige Kompetenz zur Honorarverteilung (Honorarverteilungs-<br />

maßstab), die nach haus- und fachärztlichen Versorgungsbereichen getrennt wird. Hier-<br />

bei haben sie das Benehmen mit den Krankenkassen herzustellen. Die KBV kann in<br />

Richtlinien Vorgaben hierzu bestimmen, wobei hinsichtlich des zu vereinbarenden Ver-<br />

gütungsvolumens das Einvernehmen und hinsichtlich der Honorarverteilung das Be-<br />

nehmen mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen herzustellen ist. Diesbezüg-<br />

liche Kompetenzen des Bewertungsausschusses entfallen ersatzlos. Mengensteuernde<br />

Maßnahmen im Honorarverteilungsmaßstab sollen künftig dem Leistungserbringer eine<br />

Kalkulationssicherheit hinsichtlich der Höhe des für die von ihm voraussichtlich erbrach-<br />

ten Leistungen zu erwartenden Honorars ermöglichen.<br />

Die Vertragspartner auf regionaler Ebene sollen mehr Gestaltungsmöglichkeiten bei ih-<br />

ren Vereinbarungen über die Gesamtvergütungen erhalten.<br />

Zentrale Umsetzungsvorgaben der gemeinsamen Selbstverwaltung auf Bundesebene<br />

für die Gestaltung der Vergütungen werden ganz oder teilweise zurückgenommen. Sie<br />

legen künftig nur noch einen Orientierungswert fest. Aufgetretene Defizite bei der Steue-<br />

rungswirkung der Orientierungswerte sind künftig bei der Anpassung des Orientie-<br />

rungswertes nicht mehr zu berücksichtigen.<br />

Der Grad der Pauschalierung im hausärztlichen Versorgungsbereich des EBM wird mit<br />

dem Ziel der Stärkung förderungswürdiger Einzelleistungen und Leistungskomplexe zu-<br />

rückgeführt. Die Beratungen und Unterlagen des Bewertungsausschusses sind künftig<br />

vertraulich.<br />

Die Verpflichtung zur Vereinbarung allgemeiner Kodierrichtlinien entfällt.<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Bewertung<br />

Die geplanten Änderungen zur ärztlichen Gesamtvergütung und ihrer Verteilung werden<br />

allesamt abgelehnt, denn eine Verbesserung der Versorgung der Versicherten ist durch<br />

sie nicht zu erwarten. Bleibt es bei diesen Änderungen, wird es perspektivisch zu erheb-<br />

lichen Mehrausgaben für die Krankenkassen kommen. Die bisherigen Mechanismen zur<br />

Mengensteuerung dienen der Wirtschaftlichkeit und der Versorgungssteuerung. Bei ei-<br />

ner alleinigen Verantwortung der KVen für die Verteilung der Vergütung gehen diese<br />

Steuerungselemente verloren, da die Gefahr besteht, dass innerärztliche Verteilungsin-<br />

teressen bei der Honorarverteilung stärker im Focus stehen als der Versorgungsbedarf<br />

der Versicherten. Es ist insoweit auch inkonsequent, den Krankenkassen das Morbidi-<br />

tätsrisiko ihrer Versicherten zu übertragen und sie hinsichtlich der Honorierung der für<br />

die Versorgung ihrer Versicherten erbrachten Leistungen auf bloße Zahlungspflichten zu<br />

beschränken und ihnen jedweden Handlungsspielraum zur Versorgungssteuerung zu<br />

nehmen.<br />

Wegen der Regionalisierung der Kompetenzen zur Vereinbarung und Verteilung der<br />

ärztlichen Vergütung droht ein Verlust der bundesweiten Vergleichbarkeit des ärztlichen<br />

Honorars. Daher sind negative Folgen für die Bewertung ärztlicher Leistungen zu be-<br />

fürchten. Durch Regionalisierung der Honorarverteilung sind wieder unübersichtliche<br />

und sich in den Steuerungszielen widersprechende Verteilungsmaßstäbe zu erwarten,<br />

die einzelne Arztgruppen benachteiligen.<br />

Die geplante Abschaffung der bundesweiten Orientierungswerte bei Über- und Unter-<br />

versorgung (§ 87 Abs. 2e S. 1 Nrn. 2 und 3) werden flankiert von geplanten, regional zu<br />

vereinbarenden Zuschlägen nach § 87a Abs. 2. Damit wird deutlich, dass es bei der ge-<br />

planten Neuregelung lediglich um die Abschaffung von Abschläge in überversorgten<br />

Gebieten geht. Hierdurch drohen den Kostenträgern erhebliche Mehrausgaben, denen<br />

keine adäquaten Einsparungen (mehr) gegenüberstehen.<br />

Der Wegfall der Verpflichtung zur Vereinbarung bundesweit einheitlicher<br />

Kodierrichtlinien wird zu einer unüberschaubaren und uneinheitlichen Diagnosepraxis<br />

führen.<br />

Änderungsvorschlag<br />

Die geplanten Änderungen sind zu streichen.<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Themenpunkt 6: Vertragszahnärztliche Versorgung<br />

Zu Artikel 1 (Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)<br />

Nr. 20<br />

§ 85 Abs. 2 S. 7 SGB V – Abschaffung der Budgetierung<br />

Beabsichtigte Neuregelung<br />

Der Gesetzgeber sieht mit dieser Regelung die Abschaffung der Budgetierung im Be-<br />

reich der vertragszahnärztlichen Versorgung vor. Der Vorrang des Grundsatzes der Bei-<br />

tragssatzstabilität und die Ausgabenbegrenzung durch die Grundlohnanbindung werden<br />

damit aufgegeben.<br />

Bewertung<br />

Die Gesamtausgaben der GKV betrugen 2009 für zahnärztliche Leistungen 8,5 Mrd.<br />

EUR (ohne Ausgaben für Zahnersatz). Ohne die Ausgabenbegrenzung durch die<br />

Grundlohnsummenanbindung hätte es den moderaten Anstieg der Leistungsausgaben<br />

im budgetierten Bereich der vertragszahnärztlichen Versorgung in den vergangenen<br />

Jahren nicht gegeben. Mit dem Wegfall der Ausgabenbegrenzung sind unkontrollierte<br />

Mengenausweitungen und daraus resultierenden Kostensteigerungen zu befürchten.<br />

Der Gesetzgeber beziffert für 2013 für den Bereich der vertragszahnärztlichen Vergü-<br />

tung Mehrausgaben von 120 Mio. Euro durch die Neujustierung der Honorarstrukturen.<br />

Nicht berücksichtigt ist dabei der aufgrund der zurückhaltenden Kostenentwicklung der<br />

letzten Jahre zu befürchtende Nachholeffekt.<br />

Die Innungskrankenkassen lehnen die geplanten Änderungen ab, weil sie unkalkulierba-<br />

re Risiken hinsichtlich der Ausgabensteigerung für die GKV beinhalten. Den Leistungs-<br />

erbringern wird einseitig ein Einnahmezuwachs zugestanden, der vielfach aus Zusatz-<br />

beiträgen der Krankenkassen zu finanzieren sein wird.<br />

Sollte an der Abschaffung der Budgetierung festgehalten werden, so könnte alternativ<br />

eine Absenkung der Degressionsgrenzen nach § 85 Abs. 4b SGB V ebenfalls eine<br />

mengensteuernde Funktion entfalten.<br />

Änderungsvorschlag<br />

Die Regelung wird gestrichen.<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Themenpunkt 6: Vertragszahnärztliche Versorgung<br />

Zu Artikel 1 (Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)<br />

Nr. 20<br />

§ 85 Abs. 2a SGB V – Angleichung der Vergütungsstrukturen<br />

Beabsichtigte Neuregelung<br />

Es handelt sich um eine Angleichung der Vergütungsstrukturen zwischen den Ersatz-<br />

kassen und den Primärkassen. Damit sollen Belastungsunterschiede bei den verschie-<br />

denen Krankenkassen und Kassenarten abgebaut und Chancengleichheit im Wettbe-<br />

werb hergestellt werden.<br />

Bewertung<br />

Die Ersatzkassen haben historisch bedingt im Bereich der zahnärztlichen Behandlung<br />

höhere Punktwerte und dementsprechend auch höhere Gesamtvergütungen als die üb-<br />

rigen Kassenarten vereinbart. Die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds zur De-<br />

ckung der standardisierten Leistungsausgaben beruhen auf den durchschnittlichen<br />

Leistungsausgaben für die Versicherten. Die Ersatzkassen sehen sich hier gegenüber<br />

den anderen Kassenarten in einem wettbewerblichen Nachteil. Dieser Umstand muss<br />

jedoch als ein Ergebnis der unterschiedlichen Markt- und Wettbewerbsstrategien der<br />

Kassenarten verstanden werden. Eine bessere zahnärztliche Vergütung durch die Er-<br />

satzkassen war und ist auch ein Wettbewerbsinstrument und erfolgte demnach sehr<br />

bewusst. Die hierbei resultierenden Mehrausgaben der Ersatzkassen sind in diesem<br />

Zusammenhang als Investitionskosten für einen wettbewerblichen Vorteil gegenüber<br />

den übrigen Kassenarten zu verstehen.<br />

Durch eine einmalige einheitliche Ermittlung der landesdurchschnittlichen Punktwerte<br />

des Jahres 2012 durch die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen,<br />

geht die ab 2013 beabsichtigte Angleichung der Vergütungsstrukturen ausschließlich zu<br />

Lasten der Primärkassen. Dies stellt einen Eingriff in den Kassenwettbewerb dar, den<br />

die Innungskrankenkassen strikt ablehnen. Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Pri-<br />

märkassen den Rückbau eines vermeintlichen Wettbewerbsvorteils gegenüber den Er-<br />

satzkassen mit höheren Leistungsausgaben alleine finanzieren sollen. Eine Angleichung<br />

der Vergütung kann nur mittels einer Absenkung der Punktwerte der Ersatzkassen auf<br />

das Niveau der Primärkassen erreicht werden. Dadurch resultierende Mindereinnahmen<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

der Leistungserbringer würden durch die ebenfalls beabsichtigte Abschaffung der Bud-<br />

getierung mehr als ausreichend kompensiert werden.<br />

Änderungsvorschlag<br />

Die Regelung wird gestrichen.<br />

Seite 38 von 66


<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Themenpunkt 6: Vertragszahnärztliche Versorgung<br />

Zu Artikel 1 (Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)<br />

Nr. 20<br />

§ 85 Abs. 3 SGB V – Abschaffung der vorrangigen Geltung der Beitragssatzstabili-<br />

tät<br />

Beabsichtigte Neuregelung<br />

Die vorrangige Geltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität (§ 71 SGB V) wird<br />

bei Vereinbarungen über die Gesamtvergütungen abgeschafft. Zusätzlich soll jetzt die<br />

Zahl und Struktur der Versicherten, die Morbiditätsentwicklung, die Kosten- und Versor-<br />

gungsstruktur, die für die vertragszahnärztliche Tätigkeit aufzuwendende Arbeitszeit so-<br />

wie die Art und der Umfang der zahnärztlichen Leistungen, soweit sie auf einer Verän-<br />

derung des gesetzlichen oder satzungsmäßigen Leistungsumfangs beruhen, berück-<br />

sichtigt werden.<br />

Bewertung<br />

Die gesetzlichen Neuregelungen zur Berücksichtigung weiterer Parameter zur Vereinba-<br />

rung der Gesamtvergütung führen im Ergebnis zu einem Ausgabenanstieg in der GKV.<br />

Der Vorrang der Beitragssatzstabilität hat in der Vergangenheit eine ausgewogene Ver-<br />

gütungshöhe gewährleistet. Besonderheiten aufgrund der Morbidität und Versicherten-<br />

struktur bei einzelnen Krankenkassen bzw. Kassenarten wurden von den Gesamtver-<br />

tragspartnern bereits auf freiwilliger Basis berücksichtigt und sind somit schon in den<br />

bisherigen Gesamtvergütungen enthalten. Die gleichberechtigte Berücksichtigung aller<br />

Parameter zur Ermittlung der vertragszahnärztlichen Vergütung führt letztlich dazu, dass<br />

kostensteigernde Elemente in den Vereinbarungen der Gesamtvergütung stärker Ein-<br />

gang finden werden.<br />

Aus diesem Grunde sollte aus Sicht der Innungskrankenkassen am bewährten Vorrang<br />

der Beitragssatzstabilität festgehalten werden, um im vertragszahnärztlichen Bereich<br />

kein weiteres kostentreibendes Element zu installieren.<br />

Änderungsvorschlag<br />

Die Regelung wird gestrichen.<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Themenpunkt 6: Vertragszahnärztliche Versorgung<br />

Zu Artikel 1 (Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)<br />

Nr. 20<br />

§ 85 Abs. 4 SGB V – Verteilung der Gesamtvergütung<br />

Vgl. Anmerkungen zu Artikel 1 Nr. 24 (§ 87b SGB V)<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Themenpunkt 7: Innovative Behandlungsmethoden<br />

Zu Artikel 1 (Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)<br />

Nrn. 30, 51, 53<br />

§§ 92 Abs. 7d, 137c, 137e SGB V – Neues G-BA Instrument zur Erprobung<br />

Beabsichtigte Neuregelungen<br />

Patienten werden in der Routineversorgung im Krankenhaus häufig mit neuen Behand-<br />

lungsmethoden versorgt, deren Nutzen und Risiken unzureichend erforscht sind. Da<br />

aufgrund der derzeitigen Gesetzeslage (insbesondere § 137 c SGB V / Verbotsvorbe-<br />

halt) eine vorab durchgeführte transparente Bewertung des patientenrelevanten Nutzens<br />

in der Regel nicht erfolgt, hat das BMG Änderungen erarbeitet, wie mit Innovationen<br />

künftig umgegangen werden soll.<br />

Der vorliegende Referentenentwurf eröffnet dem G-BA die Möglichkeit, Untersuchungs-<br />

und Behandlungsmethoden mit dem Potential einer erforderlichen Behandlungsalterna-<br />

tive aber bisher unklarem Nutzen einer Erprobung zuzuführen.<br />

Niedergelassene Ärzte und Krankenhäuser können gleichermaßen an den Studien teil-<br />

nehmen, wenn Sie nachweisen, dass sie die Anforderungen einer wissenschaftlichen<br />

Begleitung erfüllen. Die Vergütung erfolgt unmittelbar durch die Krankenkasse. Für die<br />

wissenschaftliche Begleitung und Auswertung beauftragt der G-BA ein unabhängiges<br />

wissenschaftliches Institut. Beruht die technische Anwendung der Methode auf dem<br />

Einsatz eines Medizinproduktes, darf der Gemeinsame Bundesausschuss einen Be-<br />

schluss zur Erprobung nur dann fassen, wenn die Kosten der wissenschaftlichen Beglei-<br />

tung und Auswertung in angemessenem Umfang mitgetragen werden.<br />

Darüber hinaus können Hersteller eines Medizinprodukts, auf dessen Einsatz die tech-<br />

nische Anwendung einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode beruht und<br />

Unternehmen, die in sonstiger Weise als Anbieter einer neuen Methode ein wirtschaftli-<br />

ches Interesse einer Leistung haben, beim G-BA einen Antrag stellen. Der G-BA berät<br />

hierzu Hersteller von Medizinprodukten und sonstige Unternehmen.<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Bewertung<br />

Der <strong>IKK</strong> e. V. begrüßt das systematische Vorgehen zu Innovativen Behandlungsmetho-<br />

den, sieht jedoch Anpassungsbedarf.<br />

Grundsätzlich ist der Vorschlag zu begrüßen, dass der G-BA die Möglichkeit hat Unter-<br />

suchungs- und Behandlungsmethoden mit dem Potential einer Behandlungsalternative<br />

aber bisher unklarem Nutzen einer Erprobung zuzuführen.<br />

Jedoch muss gewährleistet sein, dass eine Finanzierung der medizinischen Leistung<br />

durch die GKV ausschließlich im Rahmen hochwertiger klinischer Studien erfolgt. Vor<br />

einer gleichzeitigen flächendeckenden Anwendung der neuen Methode außerhalb von<br />

Studien ist aus Gründen des Patientenschutzes abzulehnen. Weiterhin ist zu befürchten,<br />

dass die Akkreditierung und Teilnahmegewinnung sich als schwierig gestalten wird,<br />

wenn die zu evaluierende Leistung bereits in der flächendeckenden Routineversorgung<br />

zur Verfügung steht.<br />

Der Entwurf nimmt Hersteller von Medizinprodukten oder Unternehmen, die in sonstiger<br />

Weise als Anbieter der Methode wirtschaftliches Interesse an einer Erbringung zu Las-<br />

ten der Krankenkassen haben in die Pflicht, sich am Studienoverhead zu beteiligen.<br />

Grundsätzlich begrüßt der <strong>IKK</strong> e. V. diesen Vorschlag.<br />

Der Industrie wird außerdem das Recht eingeräumt, einen Antrag auf Erstellung einer<br />

Richtlinie zur Erprobung ihrer Produkte oder Anwendungen beim G-BA zu stellen. Die<br />

Verantwortung für Planung, Beauftragung und Steuerung der Studie liegt dann beim G-<br />

BA. Diesen Vorschlag lehnt der <strong>IKK</strong> e. V. ab. Verantwortlich für die Planung, Durchfüh-<br />

rung und Finanzierung eines Produkts oder Verfahrens ist grundsätzlich der Entwickler<br />

und Hersteller. Der Gesetzesvorschlag ist deshalb so zu erweitern, dass interessierte<br />

Unternehmen selbst das Studienprotokoll und die sächlichen und personellen Anforde-<br />

rungen innerhalb der Studie erstellen und dies dann dem G-BA zur Genehmigung vorle-<br />

gen. Sämtliche studienbedingte Mehrkosten sind in diesen Fällen von dem Antrag stel-<br />

lenden Unternehmen zu tragen. Sowohl die Studienentwicklung als auch die Studien-<br />

overheadkosten sind als Produkt-Entwicklungskosten anzusehen und sollten nicht von<br />

den GKV-Versicherten getragen werden.<br />

Änderungsvorschlag<br />

Der <strong>IKK</strong> e. V. unterstützt den Gesetzentwurf des GKV-Spitzenverbandes „Innovations-<br />

zentren in der GKV-Versorgung“.<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Themenpunkt 7: Innovative Behandlungsmethoden<br />

Zu Artikel 1 (Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)<br />

Nr. 79<br />

§ 303a SGB V – Verbesserung der Datengrundlage für Versorgungsforschung<br />

Beabsichtigte Neuregelungen<br />

Die Datentransparenzregelung gemäß §§ 303a ff SGB V werden neu konzipiert. Künftig<br />

können Daten aus dem Morbi-RSA zu Zwecken der Versorgungsforschung verwendet<br />

werden. Die Auswertung und Datenhoheit soll eine öffentlichen Stelle des Bundes im<br />

Sinne einer Vertrauenstelle nach § 303c sein.<br />

Bewertung<br />

Der <strong>IKK</strong> e. V. begrüßt die Gesetzesänderung sieht jedoch Änderungsbedarf zur Ver-<br />

trauensstelle.<br />

Durch die Verwendung von bei den Kassen vorhandenen Routinedaten (Versicherten-<br />

stammdaten und Abrechnungsdaten, chiffriert und pseudonymisiert) und die Übermitt-<br />

lung durch die Kasse an eine Vertrauenstelle kann die Aussagekraft einer kassenarten-<br />

übergreifenden Versorgungsforschung erhöht werden. Des Weiteren stellt die systema-<br />

tische Versorgungsforschung ein wichtiges Instrument bereit für ein pro-aktives Innova-<br />

tionsmanagement. Hierdurch können frühzeitig und systematisch potenzielle und be-<br />

darfsgerechte Innovationsfelder für die Krankenkassen identifiziert werden.<br />

Um im verwaltungsökonomischen Sinne eine aufwandsarme Vertrauensstelle zu etablie-<br />

ren sollten jedoch keine „neuen“ Bundeseinrichtungen geschaffen oder beauftragt wer-<br />

den, sondern Bemühungen der Selbstverwaltungsorganisationen genutzt werden. Aktu-<br />

ell setzt sich der GKV-Spitzenverband im Rahmen der Qualitätssicherung nach<br />

§ 137 SGB V dafür ein, die gesetzlichen Grundlagen zur Verwendung von bei den Kas-<br />

sen vorhandenen Routinedaten nach Maßgabe von im Gemeinsamen Bundesaus-<br />

schuss (G-BA) getroffenen Beschlüssen für verpflichtende und bundeseinheitliche sek-<br />

torenbezogene und sektorenübergreifende QS-Verfahren ein. Dem Bundesministerium<br />

für Gesundheit (BMG) wurden hierzu Vorschläge zur Anpassung der §§ 135a, 137a, 284<br />

und 299 SGB V und erste Verfahrensvorschläge zur Umsetzung übermittelt. Die Kas-<br />

senärztliche Bundesvereinigung als auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft haben<br />

dem Vorschlag vom GKV-Spitzenverband bereits zugestimmt.<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Das Vorgehen und das Konzept des GKV-Spitzenverband wird vom <strong>IKK</strong> e. V. ausdrück-<br />

lich begrüßt, da es wichtig erscheint, innerhalb der Krankenkassen die Datenhoheit stra-<br />

tegisch wichtiger Informationen zu haben. In diesem Sinne sollte der GKV-<br />

Spitzenverband auch die Vertrauenstelle für die Versorgungsforschung im Rahmen des<br />

§ 303a SGB V sein.<br />

Änderungsvorschlag<br />

Als Vertrauenstelle im § 303a SGB V wird der GKV-Spitzenverband vorgeschlagen.<br />

Die Regelung, wonach die Krankenkassen die Kosten tragen sollen, die durch die<br />

Wahrnehmung der Aufgaben der Datentransparenz entstehen ist zu streichen. Die Ver-<br />

waltungskostendeckelung, die den Krankenkassen mit dem GKV-Finanzierungsgesetz<br />

auferlegt wurde, steht einer Kostenübernahme entgegen.<br />

Seite 44 von 66


<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Themenpunkt 8: G-BA Strukturen<br />

Zu Artikel 1 (Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)<br />

Nrn. 29, 30<br />

§§ 91, 92 SGB V – Strukturen des Gemeinsamen Bundesausschusses<br />

Beabsichtigte Neuregelungen<br />

Der Referentenentwurf formuliert einen Weiterentwicklungbedarf für den Gemeinsamen<br />

Bundesausschusses (G-BA). Optimierungsbedarf wird vor allem bei der Selbstverwal-<br />

tungsstruktur sowie den Themenbereichen Transparenz, Offenheit und Möglichkeit zur<br />

Beteiligung am Plenum sowie das Thema Bürokratiekostenabschätzung aufgegriffen.<br />

Bewertung<br />

Eine Strukturreform des G-BA ist unnötig.<br />

Selbstverwaltungsstruktur, paritätische Besetzung und sektorenübergreifende Organisa-<br />

tion des G-BA haben sich bewährt. Auch die Unparteiischen werden bereits von den<br />

Trägerorganisationen autonom benannt. Dies ist ein wesentliches Kennzeichen von<br />

Selbstverwaltungsorganen. Eine Sperrminorität für einzelne Träger oder über die einfa-<br />

che Mehrheit hinausgehende erhöhte Mindestquoten für das Zustandekommen von Be-<br />

schlüssen sind kontraproduktiv und würde die Handlungsfähigkeit des G-BA in wichtigen<br />

Arbeitsfeldern einschränken. Kein Sektor soll sich auf eine Blockadehaltung zurückzie-<br />

hen können. Krankheiten halten sich nicht an Sektorengrenzen. Es wäre fatal, wenn sich<br />

die Arbeit des G-BA wieder zur alten sektoralen Beschlussfassung zurück entwickeln<br />

würde.<br />

Entscheidungen müssen grundsätzlich auch in Zukunft im sektorenübergreifend besetz-<br />

ten Plenum gefällt werden. Zahl und Bedeutung der rein sektorspezifischen Themen<br />

sind ohnehin im Schwinden begriffen. Hier wird von Teilen der Leistungserbringer eine<br />

Scheindebatte geführt mit dem Ziel, die gesamte grundsätzliche sektorenübergreifende<br />

Ausrichtung des G-BA zu torpedieren.<br />

Der <strong>IKK</strong> e. V. setzt sich für die Vermeidung unnötigen bürokratischen Aufwands ein und<br />

begrüßt den Vorschlag, in Zukunft eine Abschätzung der Bürokratiekosten bei Richtli-<br />

nienbeschlüssen des G-BA vorzunehmen. Die Ausgestaltung und Umsetzung im G-BA<br />

sollte allerdings so erfolgen, dass die Beratungsverfahren nicht unnötig erschwert und<br />

die Beschlussfassung nicht unangemessen verzögert werden.<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Sowohl die <strong>Stellungnahme</strong>verfahren als auch die umfassende Dokumentation und Be-<br />

gründung der Entscheidungen in den öffentlich einsehbaren Abschlussberichten ma-<br />

chen die Entscheidungen des G-BA auch für die Öffentlichkeit nachvollziehbar. Beteili-<br />

gungsrechte von Seiten der pharmazeutischen sowie medizintechnischen Unternehmer<br />

und ihrer Verbände als auch von Patientenvertretern sind bereits angemessen berück-<br />

sichtigt.<br />

Darüber hinaus sollen Länder ein Mitberatungsrecht erhalten. Hierzu ist grundsätzlich<br />

die Frage zu stellen, inwieweit die Länderbeteiligung in einem für eine einheitliche medi-<br />

zinische Versorgung in der gesamten Bundesrepublik zuständigen Beschlussgremium<br />

überhaupt erforderlich ist. Besonderheiten der Länder spielen dabei in keinem Fall eine<br />

Rolle. Die Gefahr der Vertretung von Partikularinteressen steigt, je mehr Vertreter in den<br />

G-BA entsandt werden. Insofern ist die Beteiligung der Länder abzulehnen.<br />

Hingegen wird ein <strong>Stellungnahme</strong>recht bei Beschlüssen und Richtlinien, die Datenerhe-<br />

bung, -verarbeitung und -nutzung personenbezogener oder -beziehbarer Daten regelt,<br />

sehr begrüßt. Insgesamt ist die Ausweitung der Plenumsstruktur des G-BA im Span-<br />

nungsverhältnis zu anderen wichtigen Zielen wie Schnelligkeit der Beschlussfassung<br />

und Rechtssicherheit der Entscheidungen abzuwägen. Im Sinne des Patientenwohles<br />

und zur Erhöhung der Transparenz sollte die gesetzliche Möglichkeit geschaffen wer-<br />

den, auch Entscheidungen, die der G-BA im Verwaltungsverfahren trifft, öffentlich zu-<br />

gänglich zu machen.<br />

Änderungsvorschlag<br />

Ablehnung der Gesetzesänderung.<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Themenpunkt 9: Richtgrößen und Wirtschaftlichkeitsprüfung<br />

Zu Artikel 1 (Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)<br />

Nrn. 5, 19, 38<br />

§§ 32, 84 und 106 SGB V – Richtgrößen und Wirtschaftlichkeitsprüfungen<br />

Beabsichtigte Neuregelung<br />

Versicherte erhalten den Anspruch, notwendige Heilmittelbehandlungen bei Bedarf lang-<br />

fristig genehmigen zu lassen. Die KBV und der GKV-Spitzenverband werden verpflich-<br />

tet, bis zum 30.09.2012 Praxisbesonderheiten für die Verordnung von Heilmitteln festzu-<br />

legen, die bei den Wirtschaftlichkeitsprüfungen anzuerkennen sind. Weitere anzuerken-<br />

nende Praxisbesonderheiten können auf Landesebene vereinbart werden.<br />

Die auf Praxisbesonderheiten und langfristig genehmigte Heilmittel entfallenden Kosten<br />

sind bei den Richtgrößenvereinbarungen zu berücksichtigen. Die Verordnungen langfris-<br />

tig genehmigter Heilmittel unterliegen nicht den Wirtschaftlichkeitsprüfungen. Sie werden<br />

ebenso wie Kosten für Arznei- und Verbandmittel, die in anerkannten Praxisbesonder-<br />

heiten begründet sind, vor der Einleitung eines Prüfverfahrens von den Verordnungskos-<br />

ten abgezogen.<br />

Erstmalige Überschreitungen des Richtgrößenvolumens um mehr als 25 % werden wie<br />

sonstige Überschreitungen um 15 % behandelt, mit der Folge, dass zunächst eine Bera-<br />

tung erfolgt. Erst bei einer Folgeüberschreitung kann ein Erstattungsbetrag festgesetzt<br />

werden.<br />

Bewertung<br />

Die vorgesehenen Regelungen mögen den gesetzlich intendierten Bürokratieabbau bei<br />

Versicherten und Ärzten erzielen. Sie führen aber zu einem enormen Bürokratiezuwachs<br />

bei den Krankenkassen, bei dem fraglich ist, wie er angesichts der Begrenzung von<br />

Verwaltungsausgaben bewältigt werden kann.<br />

Der vermeintliche Bürokratieabbau bei Ärzten darf diese nicht aus ihrer Pflicht zu wirt-<br />

schaftlichem Handeln entlassen. Durch den teilweisen Wegfall entsprechender Wirt-<br />

schaftlichkeitsprüfungen und den erst erschwert möglichen Regress kann nicht mehr so<br />

effektiv wie bisher sicher gestellt werden, dass sich Ärzte wirtschaftlich verhalten. Enorm<br />

steigende Leistungsausgaben wären die Konsequenz. Die vorgesehenen Regelungen<br />

werden daher insgesamt abgelehnt.<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Änderungsvorschlag<br />

Die vorgesehenen Änderungen sind zu streichen.<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Themenpunkt 10: Leistungsrechtliche Klarstellung bei lebensbedrohlichen<br />

Erkrankungen<br />

Zu Artikel 1 (Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)<br />

Nr. 1<br />

§ 2 Abs. 1a SGB V – neu – Leistungsrechtliche Klarstellung bei lebensbedrohli-<br />

chen Erkrankungen<br />

Beabsichtigte Neuregelung<br />

Leistungsrechtliche Klarstellung zum Geltungsumfang des Nikolausbeschlusses des<br />

Bundesverfassungsgerichts für die gesetzliche Krankenversicherung.<br />

Bewertung<br />

Der <strong>IKK</strong> e. V. lehnt die Regelung ab. Sie ist nicht erforderlich, weil die Richtlinie zur Me-<br />

thodenbewertung des Gemeinsamen Bundesausschusses dementsprechend angepasst<br />

wurde und schon heute im Einzelfall eine Leistung bewilligt werden kann, die nicht<br />

§ 2 Abs. 1 S. 3 entspricht. Es besteht die Gefahr, dass durch eine Kodifizierung vom<br />

Gemeinsamen Bundesausschuss abgelehnte Leistungen doch wieder zugelassen wer-<br />

den. Die Einzelfallentscheidung sollte auch zukünftig zur Anwendung kommen; es be-<br />

darf dazu keiner gesetzlichen Regelung.<br />

Änderungsvorschlag<br />

Die Regelung ist zu streichen.<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Themenpunkt 11: Stärkung der wettbewerblichen Handlungsmöglichkeiten<br />

der Krankenkassen auf Leistungsseite<br />

Zu Artikel 1 (Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)<br />

Nr. 2<br />

§ 11 SGB V – Erweiterte Satzungsleistungen<br />

Beabsichtigte Neuregelung<br />

Die Angebotsmöglichkeiten für Satzungsleistungen der Krankenkassen sollen ausgewei-<br />

tet werden. Es geht hierbei um Leistungen, die eine Krankenkasse zusätzlich zum all-<br />

gemeinen Leistungskatalog gewähren kann. Bedingung ist, dass diese vom Gemeinsa-<br />

men Bundesausschuss nicht ausgeschlossen worden sind. Die für erweiterte Satzungs-<br />

regelungen in Betracht kommenden Leistungsbereiche werden ausdrücklich benannt:<br />

medizinische Vorsorgemaßnahmen (§ 23 SGB V), künstliche Befruchtung (§ 27a SGB<br />

V), zahnärztliche Behandlung ohne die Versorgung mit Zahnersatz (§ 28 Absatz 2 SGB<br />

V), die Versorgung mit nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln (§ 34 Absatz 1 Satz<br />

1SGB V), Heilmitteln (§ 32 SGB V) und Hilfsmitteln (§ 33 SGB V), häusliche Kranken-<br />

pflege (§ 37 SGB V), Haushaltshilfe (§ 38 SGB V) und medizinische Rehabilitationsleis-<br />

tungen (§ 40 SGB V) sowie Leistungen von nicht zugelassenen Leistungserbringern. (27<br />

a SGB V). Diese zusätzlichen Leistungen sind von den Krankenkassen gesondert aus-<br />

zuweisen.<br />

Bewertung<br />

Der <strong>IKK</strong> e. V. begrüßt, dass die wettbewerblichen Möglichkeiten der Krankenkassen auf<br />

der Leistungsseite erweitert werden. Indem den Kassen die Möglichkeit zusätzlicher<br />

Satzungs- und Ermessensleistungen eröffnet wird, steigen auch die Gestaltungsspiel-<br />

räume der Selbstverwaltung, die für die Festlegung der Satzungsleistungen einer Kran-<br />

kenkasse verantwortlich ist.<br />

Auch Satzungsleisten unterliegen dem allgemein gültigen Wirtschaftlichkeitsgebot der<br />

§§ 12, 70 SGB V. Daher ist derzeit unklar, in welchem Ausmaß die Neuregelung über-<br />

haupt zum Tragen kommen wird, da sich zum Teil die Leistungspflicht der Krankenkas-<br />

sen auf alle Leistungen erstreckt, die dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprechen. So be-<br />

steht beispielsweise der Anspruch auf Versorgung mit allen Hilfsmitteln, die den Voraus-<br />

setzungen des § 33 Abs. 1 SGB V genügen und die folglich nach § 139 Abs. 4 SGB V in<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

das Hilfsmittelverzeichnis aufzunehmen sind. Die Vorschrift dürfte insoweit also ins Lee-<br />

re laufen oder sich auf Hilfsmittel erstrecken, deren Aufnahme in das Hilfsmittelver-<br />

zeichnis nicht beantragt oder aus einem der in § 139 Abs. 4 SGB V genannten Gründen,<br />

also beispielsweise der mangelnden Funktionstauglichkeit oder Qualität, versagt wurde.<br />

Es muss daher in der Änderung des § 11 Abs. 6 deutlicher hervorgehoben werden, dass<br />

die qua Satzung zu gewährenden Leistungen den medizinischen Nutzen und die ent-<br />

sprechenden Qualitätsanforderungen erfüllen müssen. Ansonsten geht für die Versi-<br />

cherten von diesen Leistungen möglicherweise eine Gefahr aus. Gleiches gilt für die in<br />

dem Entwurf vorgesehenen Leistungen nicht zugelassener Leistungserbringer. Es muss<br />

daher sicher gestellt werden, dass auch die nicht zugelassenen Leistungserbringer in<br />

fachlicher Hinsicht die qualitativen Voraussetzungen erfüllen, die für zugelassene Leis-<br />

tungserbringer gelten, um Scharlatanerei auszuschließen. Personen, für die keine ver-<br />

gleichbaren Qualitätsstandards existieren, sind von der Leistungserbringung auszu-<br />

schließen.<br />

Änderungsvorschlag<br />

In § 11 Abs. 6 S.1 SGB V werden nach den Wörtern „nicht ausgeschlossene“ die Wörter<br />

„medizinisch sinnvolle“ Leistungen und nach den Wörtern „Leistungen von nicht zuge-<br />

lassenen Leistungserbringern“ ein Komma und die Wörter „bei denen die fachlich gebo-<br />

tene Qualität in der Leistungserbringung durch einheitliche Standards sichergestellt ist,“<br />

eingefügt.<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Themenpunkt 11: Stärkung der wettbewerblichen Handlungsmöglichkeiten<br />

der Krankenkassen auf Leistungsseite<br />

Zu Artikel 1 (Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)<br />

Nr. 72<br />

§ 270 Abs. 2a SGB V – neu – Erweiterte Satzungsleistungen und deren Finanzie-<br />

rung<br />

Beabsichtigte Neuregelung<br />

Für diese erweiterten Satzungsleistungen ist vorgesehen, dass diese nicht in die stan-<br />

dardisierten Leistungsausgaben für Satzungs- und Ermessensleistungen einfließen. Das<br />

bedeutet, dass diese Leistungen ausschließlich durch Eigenmittel der jeweiligen Kran-<br />

kenkasse – mithin also Zusatzbeiträgen – finanziert werden müssen.<br />

Bewertung<br />

Grundsätzlich ist es zielführend, dass die erweiterten Satzungsleistungen ausschließlich<br />

aus Eigenmitteln der Krankenkassen finanziert werden sollen. Allerdings sind nicht alle<br />

der im neuen § 11 Abs. 6 SGB V definierten Leistungsbereiche tatsächlich neue – bis-<br />

lang von den Krankenkassen nicht erbrachte – Satzungsleistungen. Leistungen der me-<br />

dizinischen Vorsorge nach § 23 Abs. 2, häusliche Krankenpflege (§ 37 Abs. 2) und<br />

Haushaltshilfe (§ 38 Abs. 2) sind bereits heute als Kann-Leistungen definiert und werden<br />

von den Krankenkassen als Satzungsleistungen erbracht. Hierfür haben die Kranken-<br />

kassen im Jahr 2009 eine dreistellige Millionensumme ausgegeben.<br />

Bislang erhalten die Krankenkassen für diese Satzungsleistungen eine versichertenbe-<br />

zogene Pauschale aus dem Gesundheitsfonds. Wenn diese Ausgaben zukünftig nicht<br />

mehr als standardisierte Aufwendungen für Satzungs- und Ermessensleistungen be-<br />

rücksichtigt werden dürfen, sinken die Zuweisungen für Satzungsleistungen an die<br />

Krankenkassen nach § 270 Abs. 1a um diesen Betrag ab. Die Exklusion bereits heute<br />

erbrachter Satzungsleistungen bedeutet also nichts anderes als eine Kürzung der<br />

Fondszuweisungen im dreistelligen Millionenbereich. Eine Änderung der bisherigen Fi-<br />

nanzierung für bestehende Satzungsleistungen über den Gesundheitsfonds würde für<br />

viele Versicherte eine Leistungseinschränkung beuteten, da viele Kassen Satzungsleis-<br />

tungen streichen müssten, um Zusatzbeiträge zu vermeiden.<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Änderungsvorschlag<br />

Nur die Aufwendungen für tatsächlich neue – von den Kassen bislang nicht erbrachte<br />

Satzungsleistungen – sollten zukünftig durch Eigenmittel der Kassen finanziert werden.<br />

Leistungen, die bereits heute als Satzungsleistungen erbracht werden, sollten auch wei-<br />

terhin als berücksichtigungsfähige Aufwendungen im Sinne des § 266 Abs. 4 Satz 1 Nr.<br />

2 SGB V gelten.<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Themenpunkt 12: Änderung des Aufwendungsausgleichsgesetzes<br />

Zu Artikel 11 (Änderung des Aufwendungsausgleichsgesetzes)<br />

Nr. 1-8<br />

§§ 1 bis 9 AAG – Zentralisierung des Umlageverfahrens<br />

Beabsichtigte Neuregelungen<br />

Das Umlageverfahren soll zentralisiert werden. Heute sind die Umlagekassen bei den<br />

Krankenkassen aller Kassenarten (mit Ausnahme der landwirtschaftlichen Krankenkas-<br />

sen) angesiedelt; einige Krankenkassen haben die Aufgabe an einen Landesverband<br />

delegiert. Zukünftig soll der GKV-Spitzenverband die Aufgabe der Umlagekasse wahr-<br />

nehmen. Diese Aufgabe soll er an eine Krankenkasse oder einen Landesverband über-<br />

tragen. Die Krankenkassen sollen auch zukünftig die Umlagen einziehen.<br />

Darüberhinaus sollen die Umlagesätze vereinheitlicht werden. Heute setzen die Umla-<br />

gekassen jeweils eigene Erstattungs- und Umlagesätze fest. Die je nach Umlagekasse<br />

unterschiedlichen Umlagesätze sollen durch einen einheitlichen Umlagesatz ersetzt<br />

werden.<br />

Bewertung<br />

Der <strong>IKK</strong> e. V. lehnt die Änderungen am Aufwendungsausgleichsgesetz ab.<br />

Jede Krankenkasse ist mit dem Inkrafttreten des Aufwendungsausgleichsgesetzes am<br />

01.01.2006 grundsätzlich auch Ausgleichskasse für Arbeitgeberaufwendungen bei Ent-<br />

geltfortzahlung im Krankheitsfall (Umlage U 1) und bei Mutterschaft (Umlage U 2). Bis<br />

Ende 2005 waren nur die Innungskrankenkassen, Allgemeine Ortskrankenkassen, die<br />

Bundesknappschaft und die See-Krankenkasse berechtigt und verpflichtet, die Aus-<br />

gleichsverfahren für Arbeiter und Auszubildende durchzuführen. Arbeitgeber, deren Be-<br />

schäftigte bei Betriebskrankenkassen oder Ersatzkassen versichert waren, wählten für<br />

diesen Beschäftigtenkreis eine Umlagekasse bei einer anderen Kasse. Das 1996 einge-<br />

führte Recht der Versicherten, eine Krankenkasse frei zu wählen führte – mit dem aus-<br />

drücklichen Verweis auf den bestehenden Kassenwettbewerb im Entwurf des Aufwen-<br />

dungsausgleichgesetzes – schließlich im Jahr 2006 dazu, dass nun alle Krankenkassen<br />

als Umlagekasse fungieren können.<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Die Begründung zur Änderung des Aufwendungsausgleichsgesetzes im Referentenent-<br />

wurf eines GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong>es, durch Straffung und Entbürokratisierung des<br />

Umlageverfahrens die Unternehmen zu entlasten, ist nicht stichhaltig. Die Krankenkas-<br />

sen haben spätestens mit der ab 01.01.2011 verpflichtenden elektronischen Verarbei-<br />

tung des Umlageverfahrens hohe Investitionen in einen reibungslosen, kosteneffizienten<br />

und unbürokratischen Ablauf der Umlageversicherung investiert. Angesichts der gerade<br />

vollzogenen Umstellung aller Kassen auf elektronische Verfahren und des gerade gut<br />

fünf Jahre geltenden Aufwendungsausgleichsgesetzes ist eine Abkehr vom bisherigen<br />

Umlageverfahren nicht nachvollziehbar. Insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass<br />

eine Krankenkasse oder ein Landesverband das Umlageverfahren für alle Arbeitgeber<br />

zu administrieren hat, sind hohe Aufbau- und Bürokratiekosten zu erwarten, die die heu-<br />

tigen Aufwände übertreffen dürften. So gibt es in den Innungskrankenkassen grundsätz-<br />

lich keine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ausschließlich das Umlageverfahren ad-<br />

ministrieren. Vielmehr nimmt die aus dem AAG resultierende Arbeit nur einen Teil der<br />

Tätigkeit ein. Es ist daher nicht zu erwarten, dass die Krankenkassen in der Folge der<br />

Zentralisierung signifikant Personal abbauen können, zumal hier auch tarif- und arbeits-<br />

rechtliche Schutzrechte bestehen. Stattdessen wird bei der vom GKV-Spitzenverband<br />

beauftragten Krankenkasse ein erheblicher Personalaufbau stattfinden müssen und<br />

auch der GKV-Spitzenverband wird hier Personal vorhalten wollen. Wir rechnen in der<br />

Folge daher mit deutlich mehr Beschäftigten als heute.<br />

Es bestehen zudem höchste datenschutzrechtliche Bedenken, da zwischen den Kran-<br />

kenkassen und der Zentral-Umlagekasse ein hoher Daten- und Informationsfluss herzu-<br />

stellen ist.<br />

Stellt beispielsweise ein Arbeitgeber einen Antrag auf Erstattung, kontrolliert im<br />

heutigen Verfahren die Krankenkasse anhand der Arbeitsunfähigkeits-<br />

Bescheinigung (AU-Bescheinigung) bzw. der Mutterschaftsbescheinigung oder<br />

bei Beschäftigungsverboten für Schwangere, ob ein Erstattungsanspruch gege-<br />

ben ist. Diese Prüfungen bleiben auch zukünftig notwendiger Bestandteil des Um-<br />

lageverfahrens.<br />

Um eine Überschneidung von Erstattung gemäß des Aufwendungsausgleichsge-<br />

setzes und Bezug von Entgeltersatzleistungen auszuschließen, müssen die<br />

Krankenkassen prüfen, ob gegebenenfalls wegen anzurechnender Vorerkran-<br />

kungszeiten eine kürzere Anspruchsdauer als 6 Wochen besteht.<br />

Bei Erstattungen aus der Umlage U2 ist zu prüfen, ob für den beantragten Erstat-<br />

tungszeitraum auch ein Mutterschaftsfall existiert (Zuschuss zum Mutterschafts-<br />

geld).<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Diese Kontrollen könnten durch eine zentrale Umlagekasse nur schwerlich erfolgen. Die<br />

Umlagekasse benötigt dafür die AU-Bescheinigungen/ Mutterschaftsbescheinigungen<br />

der Krankenkassen, die durch ein neu einzurichtendes Meldeverfahren von den Kran-<br />

kenkassen zur zentralen Umlagekasse zu übermitteln wären. Ob dies datenschutzrecht-<br />

lich legal und effizient zu organisieren ist – immerhin geht es um besonders geschützte<br />

Sozialdaten – steht in Frage.<br />

Mit den vorgesehenen Änderungen entfallen Prozessvereinfachungen. Fallbezogen las-<br />

sen sich Arbeitgeber die Erstattungsbeträge aus dem U 1- und U 2-Verfahren nicht aus-<br />

zahlen sondern mit den Krankenversicherungsbeiträgen verrechnen. Dieses<br />

bürokratiearme Verfahren ließe sich nicht mehr anwenden.<br />

Für die Innungskrankenkassen wäre es zudem inakzeptabel, wenn der GKV-<br />

Spitzenverband das Umlageverfahren auf eine Krankenkasse oder einen Landesver-<br />

band delegiert. Dies würde den Wettbewerb verzerren, da die Zentral-Umlagekasse<br />

über alle Arbeitgeberadressen verfügen würde, die zur vertriebsorientierten Kontaktauf-<br />

nahme durch die „Träger-Krankenkasse“ oder der Mitgliedskassen des Landesverban-<br />

des genutzt könnte.<br />

Für die Krankenkassen dienen die individuellen Umlage- und Erstattungssätze als Wett-<br />

bewerbselement bzw. als Unterscheidungsmerkmal zu den anderen Krankenkassen.<br />

Dies führt im Ergebnis zu höchst unterschiedlichen und mithin zu niedrigen Beiträgen für<br />

das Umlageverfahren. Zwar schließt das freie Kassenwahlrecht eine direkte Einfluss-<br />

nahme des Arbeitgebers auf die Wahl der Krankenkasse des Arbeitnehmers aus.<br />

Gleichwohl muss auch die Möglichkeit bestehen – das gilt insbesondere für unterneh-<br />

mensnahe Krankenkassen wie die Innungskrankenkassen – dass Arbeitgeber zumin-<br />

dest eine Empfehlung für die Wahl der Kasse aussprechen. Dies macht insbesondere<br />

vor dem Hintergrund Sinn, dass die Innungskrankenkassen für klein- und mittelständi-<br />

sche Unternehmen maßgeschneiderte Betriebliche Gesundheitsförderungsprogramme<br />

anbieten. Indem die Bundesregierung mit einem späteren Gesetz vorsehen möchte,<br />

dass Krankenkassen für spezielle Berufsgruppen oder Unternehmen Gruppentarife in<br />

Kombination mit der Betrieblichen Gesundheitsförderung vorsehen könne, wird diese<br />

Ansicht seitens der Bundesregierung untermauert.<br />

Ein weiteres Argument gegen eine Zentralisierung der Beitragssätze ist, dass die Höhe<br />

der Umlagesätze mit der Morbidität der Arbeitnehmer zusammenhängt. Hohe Kranken-<br />

stände, die nicht durch sinnvolle betriebliche Präventionsangebote vermieden werden,<br />

lassen mittelbar auch die U 1-Umlagesätze steigen. Indem sich die Arbeitgebervertreter<br />

in der Selbstverwaltung der Krankenkassen für gute betriebliche Gesundheitsförde-<br />

rungsmaßnahmen einsetzen, beeinflussen sie damit auch indirekt die Höhe ihrer eige-<br />

nen Umlagesätze. In einer zentralen Umlageversicherung entfällt dieser auch wettbe-<br />

werbliche Anreiz.<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Änderungsvorschlag<br />

Die beabsichtigte Regelung wird gestrichen.<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Themenpunkt 13: Regelungen in Bezug zu Schließung und Insolvenz<br />

Artikel 1 (Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)<br />

Nrn. 57, 61 (und Art. 2 § 35a Abs. 7 SGB IV – Amtsenthebung)<br />

§§ 155 Abs. 2, 175 Abs. 2a – neu – Hilfestellung zur Kassenwahl; Zwangsgeld<br />

Beabsichtigte Neuregelungen<br />

(Nr. 57) Nach der Zustellung des Schließungsbescheids hat der Vorstand der betroffe-<br />

nen Kasse jedem Mitglied einen Vordruck eines Mitgliedsantrages sowie eine Liste aller<br />

potenziell zu wählenden Krankenkassen zuzustellen. Diese Auflistung ist wettbewerbs-<br />

neutral zu gestalten. Das Mitglied wird darauf hingewiesen, dass der ausgefüllte Antrag<br />

an die gewählte Kasse zurückgesandt werden kann.<br />

(Nr. 61; Artikel 2) Im Falle, dass die Krankenkasse eine Mitgliedschaft ablehnt oder die<br />

Abgabe der Mitgliedschaft verhindert oder erschwert, kann die Aufsichtsbehörde ent-<br />

sprechenden Hinweisen nachgehen und gegebenenfalls auf eine Unterlassung hinwir-<br />

ken. Als Instrumente sieht der Gesetzentwurf ein Zwangsgeld in Höhe von 50 000 Euro,<br />

die Möglichkeit einer Schadenersatzforderung an den Vorstand sowie die Amtsenthe-<br />

bung vor.<br />

Bewertung<br />

Die Regelung in Nr. 57, wonach den Mitgliedern der zu schließenden Kasse ein Vor-<br />

druck eines Mitgliedschaftsantrages und eine Liste der wählbaren Krankenkassen über-<br />

sandt werden soll, ist vom Grundsatz her begrüßenswert. Ob das Verfahren den Wähl-<br />

prozess beschleunigt, ist jedoch nicht abzuschätzen. Sinnvoll wäre überdies eine ge-<br />

setzliche Klarstellung, dass die geschlossene Krankenkasse auch nach Schließung die<br />

Verantwortung dafür übernimmt, dass ihre Mitglieder, die bislang nicht vom Wahlrecht<br />

Gebrauch gemacht haben, ihre Wahl treffen.<br />

Das Ansinnen der Bundesregierung in Nr. 61 und Artikel 2, Haftungsverschärfungen für<br />

Vorstände von Krankenkassen im Zusammenhang mit Kassenschließun-<br />

gen/Insolvenzen einzuführen, sind nachvollziehbar und grundsätzlich auch gerechtfer-<br />

tigt. Gleichwohl laufen die Vorschläge ins Leere. Es dürfte kaum zweifelsfrei durch die<br />

Aufsichtsbehörde nachzuweisen sein, dass Krankenkassen vorsätzlich eine Mitglied-<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

schaft erschwert oder abgelehnt haben. Daher werden die Instrumente nicht zur An-<br />

wendung kommen.<br />

Änderungsvorschläge<br />

Der <strong>IKK</strong> schlägt eine Regelung vor, wonach die geschlossene Krankenkasse bzw. der<br />

Haftungsverbund auch nach Schließung zuständig dafür sein muss, die Mitglieder zur<br />

Wahl einer neuen Krankenkasse zu bewegen.<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Themenpunkt 13: Regelungen in Bezug zu Schließung und Insolvenz<br />

Zu Artikel 1 (Änderung des Fünften Sozialgesetzbuches)<br />

Nrn. 58, 59, 70<br />

§§ 171b, 172, 265b SGB V – Verbesserung des präventiven Haftungsmanagements<br />

der Kassen zur Vermeidung von Schließung/Insolvenz<br />

Beabsichtigte Neuregelungen<br />

Es sind gesetzliche Änderungen vorgesehen, um Insolvenzen bzw. Schließungen von<br />

Krankenkassen zukünftig möglichst zu verhindern. Hierfür sollen die Informationsrechte-<br />

und pflichten der Krankenkassen verstärkt werden.<br />

Um zukünftig eine effektiveres präventives Haftungsmanagement zu ermöglichen, sollen<br />

neben dem GKV-Spitzenverband und den zuständigen Aufsichtsbehörden auch die<br />

Landesverbände der Krankenkassen stärker in die Haftungsprävention einbezogen wer-<br />

den. Hierfür sollen ihnen vergleichbare Informations- und Prüfrechte gegenüber ihren<br />

Mitgliedskassen wie dem GKV-Spitzenverband eingeräumt werden. Zukünftig erhalten<br />

die Landesverbände die gesetzliche Befugnis, von ihren Mitgliedern die Auskünfte und<br />

Unterlagen zu verlangen, die zur Beurteilung der dauerhaften Leitungsfähigkeit nach<br />

§ 172 Abs. 2 Satz 1 SGB V erforderlich sind.<br />

Vereinbarungen über freiwillige Finanzhilfen nach § 265b zwischen Krankenkassen ei-<br />

nes Haftungsverbundes werden bislang dadurch erschwert, dass Angaben bedrohter<br />

Krankenkassen über ihre finanzielle Hilfsbedürftigkeit freiwillig sind. Zukünftig ist daher<br />

vorgesehen, dass auf Verlangen der Krankenkassen eines Haftungsverbundes sowohl<br />

der GKV-Spitzenverband als auch die Landesverbände der Krankenkassen die Auskünf-<br />

te zu erteilen haben, die zur Beurteilung des Umfangs der finanziellen Hilfebedürftigkeit<br />

der bedrohten Kasse erforderlich sind.<br />

Zudem sollen die Krankenkassen und deren Landesverbände zukünftig frühzeitiger über<br />

Haftungsrisiken in ihren Haftungsverbünden informiert werden. Hierfür soll der GKV-<br />

Spitzenverband verpflichtet werden, die Krankenkassen einer Kassenart und deren<br />

Landesverbände unverzüglich zu informieren, wenn der Vorstand einer Krankenkasse<br />

die drohende Zahlungsunfähigkeit/Überschuldung der zuständigen Aufsichtsbehörde<br />

nach § 271b SGBV anzeigt. Dadurch sollen die Haftungsverbünde frühzeitig die Mög-<br />

lichkeit erhalten, Maßnahmen zur Haftungsprävention zu ergreifen.<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Bewertung<br />

Der <strong>IKK</strong> e. V. begrüßt die geplanten Neuregelungen. Sowohl die verstärkten Informati-<br />

onspflichten bedrohter Krankenkassen gegenüber ihren Landesverbänden als auch die<br />

verstärkten Informationsrechte der Krankenkassen eines Haftungsverbundes gegenüber<br />

ihren Landesverbänden und dem GKV-Spitzenverband hinsichtlich Auskünften über die<br />

finanzielle Situation bedrohter Krankenkassen des eigenen Haftungsverbundes sind ge-<br />

eignet, die Vermeidung von Schließungen und Insolvenzen durch frühzeitigere Maß-<br />

nahmen und präventive Bemühungen der Haftungsverbünde zu unterstützen.<br />

Änderungsvorschlag<br />

Keiner<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Themenpunkt 13: Regelungen in Bezug zu Schließung und Insolvenz<br />

Artikel 1 (Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)<br />

Nrn. 3, 63, 73<br />

§§ 19 Abs. 1a – neu, 217f Abs. 6 – neu, 271 Abs. 2a SGB V – neu – Fortgeltende<br />

Leistungsentscheidungen nach Schließung; Entscheidungskompetenz GKV-<br />

Spitzenverband über Sicherstellung der Leistungsansprüche; Liquiditätsdarlehen<br />

für aushelfende Kasse<br />

Beabsichtigte Neuregelungen<br />

(Nr. 3) Es ist vorgesehen, dass Leistungen, die eine geschlossene Krankenkasse be-<br />

schieden hat, auch in der neu gewählten Krankenkasse weiterhin geleistet werden.<br />

(Nr. 63) Der GKV-Spitzenverband wird verpflichtet, alle Entscheidungen zu treffen, die<br />

bei Schließung oder Insolvenz einer Kasse für die Sicherstellung der Leistungsansprü-<br />

che der Versicherten und zur Abrechnung der Leistungen notwendig sind.<br />

(Nr. 73) Die Aufsichtsbehörde kann einer leistungsaushelfenden Kasse ein Liquiditäts-<br />

darlehen einräumen, um Leistungsansprüche für jene Mitglieder zu finanzieren, die noch<br />

keine neue Krankenkasse gewählt haben. Das Darlehen ist spätestens nach 12 Mona-<br />

ten zurückzuzahlen.<br />

Bewertung<br />

Zu Nr. 3: Eine gesetzliche Sicherstellung von Leistungen im Zusammenhang mit einem<br />

Schließungsfall begrüßen die Innungskrankenkassen uneingeschränkt. Dies schafft<br />

Rechtssicherheit für die Versicherten und Patienten. Es bedarf jedoch einer Klarstellung,<br />

dass sich diese Regelung selbstverständlich nur auf für alle Kassen verpflichtend zu<br />

erbringende Leistungen bezieht.<br />

Die in Nr. 63 vorgesehene Ermächtigung des GKV-Spitzenverbands für eine umfassen-<br />

de Regelungskompetenz ist sehr unspezifisch formuliert und generalisierend. Gleich-<br />

wohl wird die Ansicht geteilt, dass eine koordinierende Stelle eingerichtet werden muss,<br />

die dafür Sorge trägt, dass die Leistungsansprüche derjenigen Versicherten sicherge-<br />

stellt sind, die bis zur Kassenschließung noch nicht von ihrem Wahlrecht Gebrauch ge-<br />

macht haben, und dass die Abrechnung der Leistungserbringer gewährleistet ist.<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Der Regelung in Nr. 73 zur Darlehensaufnahme der aushelfenden Krankenkasse ist zu-<br />

zustimmen. Mit ihr wird eine Gesetzeslücke geschlossen.<br />

Änderungsvorschlag<br />

Zu Nr. 3: Kein Änderungsvorschlag<br />

Zu Nr. 63: Es sollte definiert werden, um welche Entscheidungen des GKV-<br />

Spitzenverbandes es sich dabei handeln soll.<br />

Zu Nr. 73: Kein Änderungsvorschlag<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Themenpunkt 14: Hilfsmittel<br />

Zu Artikel 1 (Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)<br />

Nr. 45<br />

§ 127 SGB V – Rahmenempfehlung<br />

Beabsichtigte Neuregelung<br />

Der GKV-Spitzenverband und die für die Wahrnehmung der Interessen der Leistungs-<br />

erbringer maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene werden verpflichtet,<br />

gemeinsame Rahmenempfehlungen zur Vereinfachung und Vereinheitlichung der<br />

Durchführung und Abrechnung der Versorgung mit Hilfsmitteln abzuschließen, die die<br />

Krankenkassen bei dem Abschluss von entsprechenden Versorgungsverträgen zu be-<br />

achten haben.<br />

Bewertung<br />

Die Regelung zu Rahmenempfehlungen über die Durchführung und Abrechnung der<br />

Versorgung mit Hilfsmitteln wird abgelehnt. Entgegen dem mit der Neuregelung inten-<br />

dierten Bürokratieabbau wird die Regelung zu unnötigen Doppelarbeiten führen, da der<br />

Regelungsgehalt bereits in § 139 Abs. 2 SGB V enthalten ist. Hierdurch wird bereits jetzt<br />

eine qualitativ hochwertige Versorgung, die den Anforderungen des Wirtschaftlichkeits-<br />

gebotes entspricht, gewährleistet. Eine zusätzliche Vereinbarung mit den Spitzenorgani-<br />

sationen der Leistungserbringer ist nicht zuletzt auch wegen der sich möglicherweise<br />

widersprechenden Inhalte nicht erforderlich und darf die bisherige bewährte Praxis auch<br />

keinesfalls ersetzen. Gleiches gilt für das Abrechnungsverfahren.<br />

Änderungsvorschlag<br />

Die Einführung des § 127 Abs. 6 SGB V wird gestrichen.<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Themenpunkt 14: Hilfsmittel<br />

Zu Artikel 4 (Änderung des Elften Buches Sozialgesetzbuch)<br />

Nr. 2<br />

§ 40 Abs. 5 SGB XI – Doppelfunktionale Hilfsmittel<br />

Beabsichtigte Neuregelung<br />

Für Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel, die sowohl den in § 23 und § 33 SGB V als auch<br />

den in § 40 Abs. 1 SGB XI genannten Zwecken dienen können, soll der angegangene<br />

Kostenträger prüfen, ob ein Anspruch gegenüber der Krankenkasse oder der Pflegekas-<br />

se besteht und über die Bewilligung entscheiden. Es ist vorgesehen, dass der zuerst<br />

angegangene Leistungsträger jeweils über die Bewilligung der Hilfsmittel und Pflege-<br />

hilfsmittel entscheidet. Für die betroffenen Produkte ist eine pauschale Aufteilung der<br />

Ausgaben zwischen der Kranken- und Pflegekasse vorgesehen. Die genaue Ausgestal-<br />

tung ist vom GKV-Spitzenverband in Richtlinien festzulegen.<br />

Bewertung<br />

Die Neuregelung wird vom <strong>IKK</strong> e. V. ohne Einschränkungen begrüßt, da durch sie Un-<br />

stimmigkeiten bei abweichenden Rechtsauffassungen der Aufsichtsbehörden künftig<br />

beseitigt und zu Bürokratieabbau, Rechtssicherheit und mehr Transparenz gegenüber<br />

dem Versicherten beiträgt.<br />

Diese Auffassung wird auch von den Pflegereferenten der Innungskrankenkassen ge-<br />

teilt. Von Seiten der Hilfsmittelreferenten wurde allerdings signalisiert, dass eine Ent-<br />

scheidungskompetenz des erstangegangenen Leistungsträgers – in Übereinstimmung<br />

mit der Auffassung des GKV-Spitzenverbandes – abgelehnt wird. Der GKV-<br />

Spitzenverband führt aus, dass jenseits von rechtlichen Bedenken bereits heute zügig<br />

über Anträge entschieden oder diese an die zuständigen Stellen weitergeleitet würden.<br />

Zudem sei bei der Gewährung von Pflegehilfsmitteln zudem die Pflegebedürftigkeit des<br />

Versicherten festzustellen, was ein eigenständiges Verfahren und gegebenenfalls die<br />

Gewährung weiterer Leistungen nach sich ziehe. Durch die Neuregelung seien das Ver-<br />

fahren und die Ansprechpartner für den Versicherten nicht mehr nachzuvollziehen. Dies<br />

könne insbesondere zu Problemen führen, wenn der Versicherte mit Leistungsentschei-<br />

dungen nicht einverstanden ist oder neben Hilfsmitteln noch über weitere Leistungen zu<br />

entscheiden ist.<br />

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<strong>Stellungnahme</strong> <strong>IKK</strong> e. V. zum GKV-<strong>Versorgungsgesetz</strong> Stand: 24. Juni 2011<br />

Aus Sicht des <strong>IKK</strong> e. V. dürften sich die geschilderten Probleme bei der beabsichtigten<br />

Neuregelung – wenn überhaupt – auf wenige Einzelfälle beschränken, da sie sich auf<br />

die Entscheidungen über die Versorgung mit doppelfunktionalen Hilfsmitteln beschränkt.<br />

Hierbei kann eine entsprechende Rücksprache mit dem jeweils anderen Kostenträger<br />

unbürokratisch erfolgen. Weitergehende Leistungsanträge sind ohnehin an den zustän-<br />

digen Kostenträger zuständigkeitshalber weiter zu leiten.<br />

Änderungsvorschlag<br />

Keiner.<br />

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