Informationspflichten des Arbeitgebers - Raymann Versicherungen
Informationspflichten des Arbeitgebers - Raymann Versicherungen
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der Arbeitnehmer nicht erwarten können, dass der<br />
Arbeitgeber den ganzen Anbietermarkt durchforscht,<br />
alle verfügbaren Ratings bzw. Tests zu Rate zieht oder<br />
die Auswahl über eine Ausschreibung bzw. mit Hilfe<br />
von Beratern vornimmt.<br />
Im Rahmen der Ermessensentscheidung über den<br />
Versorgungsträger darf der Arbeitgeber selbstverständlich<br />
auch eigene Interessen berücksichtigen, insbesondere<br />
das Interesse an einer Minimierung seines eigenen<br />
Verwaltungsaufwan<strong>des</strong> bzw. eine gute Information der<br />
Arbeitnehmer (d. h. er sucht einen Service-Versicherer aus).<br />
Eine Pflichtverletzung ist m. E. jedenfalls dann anzunehmen,<br />
wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl sachfremde,<br />
für den Arbeitnehmer nachteilige Auswahlkriterien<br />
anwendet. Ein Anwendungsfall wäre beispielsweise,<br />
dass der Arbeitgeber einen ungünstigen, unrabattierten<br />
Versorgungstarif auswählt, damit er selbst vom Vermittler<br />
an der Provision beteiligt wird. Ein anderes,<br />
allerdings wohl eher theoretisches Beispiel könnte sein,<br />
dass ein bekannt ungünstiger Versicherer gewählt wird,<br />
um die Arbeitnehmer faktisch von der Entgeltumwandlung<br />
abzuhalten.<br />
Die Auswahl <strong>des</strong> Versorgungsträgers durch den Arbeitgeber<br />
ist sicher dann weniger angreifbar, wenn sie<br />
mittels einer Ausschreibung bzw. unter Einschaltung<br />
eines fachkundigen Beraters oder Maklers ohne unsachgemäße<br />
Vorgaben <strong>des</strong> <strong>Arbeitgebers</strong> erfolgte. Grundsätzlich<br />
nicht überprüfbar ist m. E. auch die Entscheidung<br />
von Tarifvertragsparteien über einen bestimmten<br />
Versorgungsträger, da sonst deren Tarifautonomie beeinträchtigt<br />
wäre. Auch soweit die Betriebsparteien eine<br />
Vereinbarung treffen, dürfte diese zumin<strong>des</strong>t nur im<br />
Falle der Sittenwidrigkeit angreifbar sein.<br />
Wegen der gerichtlichen Überprüfbarkeit der Auswahl<br />
hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer auf Anfrage<br />
Auskunft darüber zu geben, nach welchen Kriterien er<br />
den Versorgungsträger ausgewählt hat. Bei einer<br />
Auswahl, die billigem Ermessen nicht entsprochen hat,<br />
wird man dem Arbeitnehmer m. E. für die Vergangenheit<br />
einen Schadenersatzanspruch zubilligen müssen. Für die<br />
Zukunft kann er die Auswahl durch das Arbeitsgericht<br />
ersetzen lassen. Ein zweiter Anknüpfungspunkt für eine<br />
Überprüfung der Auswahlentscheidung <strong>des</strong> <strong>Arbeitgebers</strong><br />
könnte im übrigen die gesetzliche Forderung einer Umwandlung<br />
<strong>des</strong> Entgelts in eine „wertgleiche“ Versorgungsanwartschaft<br />
sein. Das Kriterium der Wertgleichheit ist<br />
m. E. aber jedenfalls nicht im Sinne einer Min<strong>des</strong>tqualität<br />
der Versorgung zu verstehen 32 , etwa als Notwendigkeit<br />
einer bestimmten Min<strong>des</strong>tverzinsung. Es soll vielmehr<br />
lediglich ein arbeitsrechtliches Austauschverhältnis<br />
beschreiben, bei dem eine im Sinne von § 315 BGB<br />
angemessene Leistung vorgesehen wird und der gesamte<br />
Umwandlungsbetrag in die Versorgung fließt. 33<br />
4. Auskunfts- und <strong>Informationspflichten</strong> externer<br />
Versorgungsträger gegenüber Versorgungsberechtigten<br />
Auskunfts- und <strong>Informationspflichten</strong> bestehen nicht nur<br />
im arbeitsrechtlichen Grundverhältnis zwischen Arbeitgeber<br />
und Arbeitnehmer. Sie können sich auch zwischen<br />
einem vom Arbeitgeber mit der Durchführung der<br />
Versorgung beauftragten externen Versorgungsträger<br />
(Versicherer, Pensionskasse, Pensionsfonds oder<br />
Unterstützungskasse) und den Arbeitnehmern ergeben.<br />
4.1. Auskunfts- und <strong>Informationspflichten</strong> aus dem<br />
Versorgungs- bzw. Versicherungsvertrag<br />
Der Versorgungs- bzw. Versicherungsvertrag ist nämlich<br />
jedenfalls bei den versicherungsförmigen Durchführungswegen<br />
Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds<br />
als echter Vertrag zugunsten Dritter im Sinne von<br />
§§ 330, 328 BGB ausgestaltet. Die Arbeitnehmer (bzw.<br />
ggf. ihre Hinterbliebenen) haben ein eigenes Leistungsforderungsrecht.<br />
Bei Leistungsstörungen haben sie ggf.<br />
einen eigenen Schadenersatzanspruch wegen Pflichtverletzung<br />
aus § 280 BGB. Entsprechen<strong>des</strong> gilt auch für<br />
die Altersversorgung mittels einer Unterstützungskasse.<br />
Diese wird im Rahmen eines Geschäftsbesorgungsvertrags<br />
für den Arbeitgeber tätig, dem zumin<strong>des</strong>t Schutzwirkung<br />
zugunsten der Arbeitnehmer zukommt, auch<br />
wenn formell die Arbeitnehmer kein eigenes Leistungsforderungsrecht<br />
haben.<br />
Soweit ein externer Versorgungsträger Arbeitnehmern<br />
Auskünfte gibt bzw. diese berät, haftet er für falsche,<br />
unvollständige oder in sonstiger Weise irreführende<br />
Informationen und Beratung nach § 280 BGB. Dies gilt<br />
unabhängig davon, ob Organpersonen, Angestellte oder<br />
selbständige Agenten für ihn tätig werden. 34<br />
Hauptanwendungsfälle dürften unrealistische Prognoserechnungen<br />
sein, Unterlassen eines Hinweises auf eine<br />
bereits beschlossene bzw. mit hoher Wahrscheinlichkeit<br />
bald erfolgenden Absenkung der Überschussbeteiligung,<br />
oder Unterlassen eines Hinweises auf eine Umstellungsmöglichkeit<br />
bezogen auf den Versorgungstarif und falsche<br />
Standmitteilungen.<br />
32 So etwa Hanau/Arteaga/Kessel, DB 1997, S. 1401f.; Wohlleben, DB 1998, S. 1230, 1233; Höfer, BetrAG, Bd. I, §1 Rdnr. 1630.23ff.<br />
33 Vgl. Ahrend/Förster/Rühmann, BetrAVG, 8. Aufl. § 1 Rdnr. 25; vgl. auch Doetsch/Förster/Rühmann, DB 1998, S. 258; Langohr-Plato, BetrAV, 2. Aufl., Rdnr. 212<br />
34 Vgl. hier näher Hasse/Zimmermann, Deutschland: Rechtsgrundsätze der Beratungshaftung im Versicherungsvertrieb, Produkthaftpflicht international 1998, S. 42ff., 46f.<br />
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