Καιρός Kairos
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<strong>Kairos</strong>-Menschen<br />
Weltweite Jugendfesttage<br />
der Christengemeinschaft<br />
in Eröffnet Überlingen<br />
wurde die Tagung durch eine sehr gelun-<br />
Pfi ngsten 2012 | 25.–30.Mai<br />
68<br />
<strong>Καιρός</strong><br />
Wirklichkeit jetzt.<br />
<strong>Kairos</strong><br />
Reality now.<br />
Die Überlinger Waldorfschule wurde an Pfingsten<br />
2012 zu einer internationalen und interkulturellen<br />
Jugendbegegnungsstätte. 500 Jugendliche und etwa<br />
fünfzig Pfarrer aus über 25 Ländern trafen sich vom<br />
25. bis 30. Mai bei den weltweiten Jugendfesttagen der<br />
Christengemeinschaft in Überlingen unter dem Thema<br />
»KAIROS – Wirklichkeit jetzt«.<br />
gene interkulturelle Aufführung des Theaterstücks<br />
»Nathan der Weise« von Gotthold Ephraim Lessing.<br />
Das Besondere daran war, dass es von israelischen<br />
und deutschen Jugendlichen jeweils in der eigenen<br />
Sprache (arabisch, hebräisch, deutsch) gespielt wurde.<br />
In praktisch-künstlerischen Workshops und Gesprächsgruppen<br />
setzten wir uns mit zahlreichen Aspekten<br />
der Wirklichkeit auseinander und erlebten dabei<br />
immer wieder »Ach-so-Momente«.<br />
Die morgendlichen Vorträge brachten uns die Themen<br />
»wirklich?«, »Schöpfung der Wirklichkeit«, »Ideale<br />
und Illusionen« und »Wirklichkeit jetzt« näher vor<br />
der Grundfrage: Wie werde ich ein <strong>Kairos</strong>-Mensch<br />
und wie kann ich mein <strong>Kairos</strong>-Erlebnis in die Welt<br />
tragen?<br />
Augenblicke der<br />
Geistesgegenwart –<br />
Erlebt von Teilnehmern<br />
der <strong>Kairos</strong>-Jugendfesttage<br />
Pfingsten 2012 in Überlingen<br />
Ein <strong>Kairos</strong>-Mensch ist jemand, der seine Handlungen<br />
nicht beliebig und unpräzise ausführt (»ich<br />
möchte«), sondern in den Dienst des Willens stellt<br />
(»ich will«) und es hinterher nicht bereuen muss, da<br />
er im Bewusstsein des »Warum« handelt. Das in diesem<br />
Zusammenhang von Laurens Hornemann angeführte<br />
Zitat von Friedrich Nietzsche: »Hat man sein<br />
›warum?‹ des Lebens, so verträgt man sich fast mit<br />
jedem ›wie?‹« beschreibt diesen Zustand des <strong>Kairos</strong>-<br />
Menschen, der (fast) allen Situationen im Leben gewachsen<br />
ist, da er geistesgegenwärtig handelt. Echte<br />
Moralität finden wir, wenn ein Mensch die Lüge nicht<br />
aus Angst scheut, sondern sich im Gegenteil bewusst<br />
entscheidet, dass er nicht lügen will. Dies ist eine weitere<br />
Eigenschaft des <strong>Kairos</strong>-Menschen.<br />
Es gibt immer wieder Situationen, wo wir ein<br />
»Ach so«-Erlebnis haben. Hiermit sind Momente einer<br />
tieferen Einsicht gemeint, die auch als Geistesblitze<br />
bezeichnet werden können. In der Metapher »Geistesblitz«<br />
ist versteckt, dass sich etwas Geistiges für<br />
einen kurzen Moment offenbart, also gewissermaßen<br />
aufblitzt. Die in diesem Blitz enthaltene geballte Energie<br />
ist auch in einer impulsierenden Idee vorhanden.<br />
Die Christengemeinschaft 7– 8 | 2012
Unerwartet liegt ein Sachverhalt für einen Augenblick<br />
glasklar vor uns – wie von einem Blitz<br />
erhellt. Diese Momente nicht zu versäumen, ist<br />
Aufgabe des <strong>Kairos</strong>-Menschen. Wir können uns<br />
darauf vorbereiten, indem wir eine Frage haben<br />
und uns auf die Suche nach ihrer Antwort machen.<br />
Für umgesetzte Geistesblitze oder innere<br />
Ideale gibt es viele Beispiele. Unsere Aufgabe ist<br />
es also, wach zu werden für die Dinge, um die es<br />
wirklich geht.<br />
[Undine Killian, *1991, ukillian@web.de,<br />
Braunschweig]<br />
Der <strong>Kairos</strong>-Impuls<br />
Wir haben fünf Tage lang zusammen in der<br />
Überlinger Waldorfschule gelebt, sind uns in<br />
sehr bewegenden aber auch heiteren Begegnungen<br />
nähergekommen, haben spannende<br />
Vorträge, Gesprächsgruppen und künstlerische<br />
Workshops besucht. Jeden Morgen haben wir<br />
die Weihehandlung in verschiedenen Sprachen<br />
gefeiert. So konnten wir erleben, wie nichtig das<br />
Verstehen der gesprochenen Worte wird, wenn<br />
wir wirklich beginnen, mit dem Herzen zu hören.<br />
Ein wenig konnten wir nachempfinden,<br />
wie sich wohl die Jünger gefühlt haben mögen,<br />
als sie durch die Kraft der Flamme in ihren Herzen<br />
begannen, in den verschiedenen Sprachen<br />
zu sprechen.<br />
Es konnte in unserer Gemeinschaft ein Innenraum<br />
entstehen, eine Wohnung für den, in<br />
dessen Namen wir uns versammelt haben und<br />
begegnet sind. Langsam wurde uns so immer<br />
klarer, was das Wort »<strong>Kairos</strong>« alles heißen kann<br />
und was es bedeuten mag, »<strong>Kairos</strong>-Mensch« zu<br />
werden: das Interesse am anderen zu entwickeln<br />
und in jedem Moment des Lebens wach für das<br />
zu sein, was der Moment bringt, geistesgegenwärtig<br />
zu sein, das Geschehen zu ergreifen; ein<br />
Mensch also, der sich selbst treu ist, sich selbst<br />
vertrauen kann und in der Gegenwart beginnt,<br />
die Zukunft zu gestalten.<br />
Jetzt tragen wir alle den <strong>Kairos</strong>-Impuls in die<br />
Zukunft, in Freiheit und in der Geistesgegenwart<br />
des Herzens.<br />
[Rosalia Neisecke, *1993,<br />
Rosalia. Neisecke@web.de, Karlsruhe]<br />
<strong>Kairos</strong>-Augenblicke<br />
Abschiedsplenum, Ende der weltweiten Pfingstfesttage<br />
»<strong>Kairos</strong> – Wirklichkeit jetzt«. Neun Jugendliche<br />
aus Japan stehen in einer Reihe vor<br />
etwa 500 Jugendlichen aus vielen anderen Ländern.<br />
Jeder spricht einen Satz über die Tagung<br />
aus. Einer sagt: »Es ist das erste Mal, dass ich<br />
außerhalb meines Heimatlandes bin. Für mich<br />
ist die ganze Tagung ein ›<strong>Kairos</strong>-Moment‹ gewesen.«<br />
Die Tagung ist zu Ende. Ich fahre mit dem<br />
Auto zurück nach Rom. Während ich durch die<br />
Schweizer Alpen fahre, steigt ein starkes Gefühl<br />
in meiner Seele auf: Etwas löst sich, etwas endet,<br />
Die Christengemeinschaft 7– 8 | 2012 69<br />
Jugend<br />
Pfingstfeier im Treppenhaus, dem<br />
Herz der Waldorfschule Rengoldshausen:<br />
Auf fünf Stockwerken geben<br />
wir das Licht weiter bis es alle erreicht<br />
hat und der Raum auf allen Ebenen<br />
hell geworden ist.
Jugend<br />
In 18 Sprachen erklingen am<br />
Pfingstsonntag Teilnehmerbeiträge<br />
zu ihrem persönlichen KAIROS-Momenten<br />
im Leben. Wer das Gesprochene<br />
begreift, verknüpft die Fäden<br />
des Geflechts, das über die folgenden<br />
Tage hinweg über uns hing.<br />
Bilder, Worte, Momente, Stimmungen der letzen<br />
Tage spielen in mir eine bestimmte Musik. Und<br />
ich erkenne diese Harmonie. Sie erinnert mich<br />
an andere Tagungen vor vier oder fünf Jahren<br />
… Ich weiß, in ein, zwei Wochen wird sie sehr<br />
leise werden, vielleicht unhörbar, die viel lautere<br />
Realität der Universität und der Prüfungen<br />
werden die Leitmelodie übernehmen.<br />
Und <strong>Kairos</strong>? Was wird aus <strong>Kairos</strong>?<br />
Er hat die letzen Tage in meinen Sinnen,<br />
meinen Gedanken und Empfindungen gelebt. Er<br />
zieht sich jetzt langsam in mein Gefühlsleben<br />
zurück, wird dort Erinnerung, zieht in die Geheimnisstille<br />
meines Herzens ein. Aber er verschwindet<br />
nicht, stirbt nicht. Ich ahne es schon:<br />
Er will hinein in meinen Willen, mein tief unbewusstes,<br />
aber gleichzeitig allerwirklichstes,<br />
inneres kairotisches Wesen.<br />
Als innere spirituelle Kraft wird diese Tagung<br />
in mir weiterwirken, und ich immer auf<br />
der Suche bleiben, neue <strong>Kairos</strong>-Augenblicke zu<br />
entdecken.<br />
[Yecu Barnech, *1988,<br />
yecuyago@hotmail.com, Rom, Italien]<br />
Funkelnde Menschen<br />
Die ganzen Tage des Festivals über fühlte ich<br />
mich erfüllt. Die größte Quelle meiner Freude<br />
waren die vielen leuchtenden und funkelnden<br />
jungen Menschen. Es war für mich beruhigend,<br />
in ihnen immer den Blick für eine bessere Zu-<br />
70<br />
kunft zu sehen. Ich möchte jedem danken, der<br />
mich so angestrahlt hat.<br />
Außerdem war es unglaublich gut, so viele<br />
wirklich tolle Priester beisammen zu sehen. Ich<br />
bin sehr dankbar für die inhaltlichen Gespräche<br />
und die Unterstützung.<br />
Besonders war für mich auch, Pfingsten gemeinsam<br />
zu feiern und an uns selbst weiterzuarbeiten<br />
mit so wunderbaren Leuten …<br />
Es war ein unvergessliches, fruchtbringendes,<br />
freudevolles Ereignis.<br />
[Kolos Koli Karácsony, *1987,<br />
koli14@gmail.com, Ungarn]<br />
»Ein Stück der Wirklichkeit sehen«<br />
»Wer bist du wirklich?« Am Tag nach der Tagung<br />
schlug ich ein Buch auf irgendeiner Seite<br />
auf, und der erste Satz, der mir ins Auge sprang,<br />
war dieser.<br />
Fünf Tage lang hatten wir uns mit den Fragen<br />
beschäftigt: Was ist Wirklichkeit? Wo erlebe<br />
ich etwas Wirkliches? Wo und wann bin ich<br />
ein <strong>Kairos</strong>-Mensch, ein geistesgegenwärtiger<br />
Mensch?<br />
Als ich also den Satz las, wurde mir schlagartig<br />
bewusst, dass sich die Tagung genau um<br />
diese eine Frage gedreht hatte: »Wer bin ICH<br />
wirklich?« Ob in den Vorträgen, den Workshops<br />
oder auch in den Pausen – immer lebte die Frage<br />
nach der eigenen Wirklichkeit. In den Gesprächen<br />
mit Menschen, die man zum ersten Mal<br />
Die Christengemeinschaft 7– 8 | 2012
traf, lernte man nicht nur einen Teil der einem gegenüberstehenden<br />
Wirklichkeit, sondern auch der eigenen kennen.<br />
Im Zusammensein mit alten Freunden traf ich mein altes<br />
Ich, im Austausch mit anderen Kulturen wurde ich mit der<br />
eigenen konfrontiert.<br />
Am Pfingstsonntag entzündete jeder sein Licht an dem<br />
des Nachbarn und gab es dem Nächsten weiter. Doch obwohl<br />
wir das Licht so oft teilten, wurde es durch jeden Einzelnen<br />
immer heller. Als wir die Kerzen dann um den Altar herumstellten,<br />
wurde sichtbar, dass ein Ganzes entstehen kann,<br />
ohne dass das Einzelne an Bedeutung verliert. Ja, dass es<br />
sogar nur dann entstehen kann, wenn das Einzelne bleibt.<br />
Ich meine, durch diese Momente des »Sich-selbst-Erlebens«,<br />
diese Momente, die entstehen, wenn ich hellwach und<br />
geistesgegenwärtig bin, ein Stück der Wirklichkeit zu sehen.<br />
Mein eigenes Ich. Dieser Augenblick, das ist <strong>Kairos</strong>.<br />
[Laura Kroll, *1991, laura.kroll91@web.de, Stuttgart]<br />
So viele Sprachen und eine Gemeinschaft<br />
Als ich nach achtstündiger Autofahrt in Überlingen ankam,<br />
hatte ich keine Ahnung, was mich da erwartete. Ich fühlte<br />
mich etwas einsam, weil jeder jeden zu kennen schien, aber<br />
das war bald vorbei, als ich selbst Leute kennenlernte.<br />
Die Theateraufführung am ersten Abend war für mich<br />
eines der Glanzlichter. Die Geschichte von Nathan dem Weisen,<br />
in drei verschiedenen Sprachen vorgetragen, brachte<br />
zum Erleben, wie unterschiedlich dieselben Begriffe in den<br />
Wörtern der verschiedenen Sprachen klingen. Mein Deutsch<br />
ist nicht das beste, darum habe ich nicht alles wirklich verstehen<br />
können, aber die schauspielerische Darstellung war<br />
so gut, dass ich vieles verstand, indem ich einfach den Handlungen<br />
auf der Bühne folgte. Unglaublich war auch, die Musik<br />
aus den drei verschiedenen Kulturen zu hören. Ein erstaunlicher<br />
Empfang!<br />
So viele Sprachen zu hören, war für mich auch fantastisch.<br />
In Australien, woher ich komme, ist eine solche Vielfalt<br />
der Sprachen nicht zu erleben. Viele Sprachen, die auf<br />
der Tagung gesprochen wurden, habe ich nie zuvor gehört.<br />
Die Weihehandlung in verschiedenen Sprachen zu erleben,<br />
war ein besonderer Genuss. Danach habe ich festgestellt,<br />
dass ich die Handlung noch mehr schätze, wenn ich<br />
nicht alles verstehen kann.<br />
Die täglichen Vorträge haben mich angeregt, darüber<br />
nachzudenken, ob ich dem Gesagten eigentlich zustimmte<br />
oder daran glaubte.<br />
Zieh mit der Sonne<br />
Ein Liederbuch<br />
Herausgegeben von Anna Sophia Labudde<br />
und Robert Steger<br />
333 Seiten, kartoniert<br />
€ 14,90 (D) | ISBN 978-3-8251-7202-2<br />
Eine bunte Liedervielfalt – nicht nur<br />
für alle Sommer-Ferienlager!<br />
Wer kennt das nicht: Liedtexte sind nur bis<br />
zur ersten Strophe bekannt, Melodien in<br />
Vergessenheit geraten – und dennoch:<br />
die Lust zu singen ist ungebrochen.<br />
In der Praxis erprobt und auf vielen Fahrten<br />
bewährt, bietet diese Sammlung eine<br />
bunte Liedervielfalt für jeden Anlass und<br />
jede Altersgruppe.<br />
Das ganze Spektrum von Morgen- und<br />
Abendliedern, zahlreiche Kanons, Sprechkanons,<br />
Quodlibets, Spirituals und Gospels,<br />
englische, französische, russische, jiddische,<br />
hebräische, italienische, spanische, portugiesische<br />
Lieder, Mehrstimmiges, Schlager,<br />
Lieder zur Gitarre finden Berücksichtigung.<br />
Stimmen Sie mit ein!<br />
Das Beisammensein von 500 Menschen war besonders Verlag Urachhaus | www.urachhaus.de<br />
Die Christengemeinschaft 7– 8 | 2012 71<br />
Anzeige
Jugend<br />
Abschlussplenum im großen Saal:<br />
Mit dem Tagungslied verabschieden<br />
wir uns nach fünf intensiven Tagen<br />
vorerst voneinander und reisen in<br />
unsere Heimat zurück.<br />
rechte Seite:<br />
Max Hofmann,<br />
geboren 1993,<br />
Schüler,<br />
Bad Nauheim,<br />
E-Mail-Adresse:<br />
max.hofmann@<br />
me.com<br />
fantastisch, wenn gemeinsam gesungen wurde.<br />
Der Klang schien dann in alle Ecken des Gebäudes<br />
vorzudringen.<br />
Es war eine ganz wunderbare Woche voller<br />
Musik mit Freundschaftenschließen, yummy<br />
Essen, zu wenig Schlaf (aber wer wollte schon<br />
schlafen, wenn er statt dessen singen konnte),<br />
Erkundungen, lautem Lachen und leisem<br />
Schmunzeln, Durcheinander, Lernen, Werden<br />
und Veränderung. Über alles liebte ich es, Teil<br />
der Gemeinschaft zu sein mit dem Gefühl, mit<br />
allen anderen Anteil an etwas sehr Besonderem<br />
und Einzigartigem zu haben.<br />
[Rose Armstrong, *1996,<br />
roszy.rose@gmail.com, Australia]<br />
Fünf Tage Paradies<br />
Für mich war sehr beeindruckend, dass die<br />
Tagung »<strong>Kairos</strong>« voller Kunst war. Musik und<br />
Tanz aus verschiedenen Ländern, Chor, Orchester,<br />
Theater, Zirkus … So etwas kann man<br />
»Fünf Tage im Paradies« nennen.<br />
Schön fand ich die Stimmung überall, 24<br />
Stunden täglich. <strong>Kairos</strong>-Menschen: Die Gemeinschaft<br />
ist sehr künstlerisch, austauschfreudig,<br />
freundlich, lieb und lebensfreudig, immer<br />
freundlich lächelnd. Man konnte mit allen singen,<br />
tanzen, spielen, über alle Themen reden,<br />
diskutieren, sich aussprechen, scherzen … Das<br />
haben wir wohl auch der Waldorfschule und<br />
Rudolf Steiner zu verdanken.<br />
72<br />
Sehr beeindruckend war auch an jedem Tag<br />
der Übergang von den Abendveranstaltungen<br />
zum kultischen Tagesabschluss, wenn unter<br />
Chorgesang die Bühne umgebaut und das »Heiligtum«<br />
aufgebaut wurde. Ich fühlte mich immer<br />
irgendwie unirdisch, wenn die Vorbühne<br />
heruntergezogen wurde und 500 Menschen<br />
sangen. Ich finde es ganz wichtig, dass die Menschen<br />
mit Gesang an der Weihehandlung teilnehmen.<br />
Was mir ebenfalls lange in Erinnerung bleiben<br />
wird, ist, dass wir jeden Abend nach dem<br />
kultischen Abschluss mit Gitarren auf die Brücke<br />
gegangen sind und gesungen haben, viel gesungen,<br />
die ganze Zeit gesungen, improvisiert<br />
…, bis um 0:00 Uhr immer Pfarrer gekommen<br />
sind, um uns ins Bett zu schicken. Aber wir hatten<br />
so viel Spaß, dass niemand schlafen gehen<br />
wollte …<br />
Wichtig fand ich die Idee für das Pfingstfest:<br />
im Kreis in 20 Sprachen reden, Fäden verknüpfen<br />
und die Kerzen zu entzünden. Das Bild<br />
der 500 Menschen im Gebäude der Überlinger<br />
Waldorfschule und das Licht, das über alle die<br />
geschwungenen Treppen hinauf emporwuchs,<br />
werde ich nie vergessen. Sehr beeindruckend<br />
war auch das Herunterkommen mit leise gesummtem<br />
»Dienend hüten wir im Lichte«. Man<br />
merkt, dass die Christengemeinschaft auch eine<br />
Bewegung für neue Ideen ist.<br />
[Irakli Shermazanashvili, *1991,<br />
shermaza@yahoo.com, Tiflis, Georgien]<br />
Die Christengemeinschaft 7– 8 | 2012