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Leseprobe - DGQ

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1 Einleitung<br />

Diese Schrift wendet sich besonders an die Ingenieure und Techniker in der<br />

Qualitätsplanung und Qualitätslenkung.<br />

Die beschriebenen Verfahren stellen eine Auswahl dar, die auf einen großen Teil<br />

der in der betrieblichen Praxis vorkommenden Fälle anwendbar sind. Der Einsatz<br />

statistischer Methoden ist kein Ersatz für fehlendes Wissen über die im Prozeß<br />

eingesetzten Einrichtungen und Verfahren. Statistische Methoden sind jedoch<br />

wichtige Werkzeuge zum Überwachen und Beherrschen des Prozesses, um damit<br />

seine Qualitätsfähigkeit zu verbessern.<br />

Eine Qualitätsregelkarte - abgekürzt QRK - ist ein Formblatt zur grafischen Darstellung<br />

von Meßwerten und Zählergebnissen oder daraus berechneter, statistischer<br />

Kennwerte. Die Ergebnisse fallen nach der periodischen Entnahme und Prüfung<br />

von Stichproben aus einem fortlaufenden Fertigungsprozeß an. Sie werden mit<br />

den zuvor nach statistischen Gesichtspunkten berechneten und eingetragenen<br />

Warn- und Eingriffsgrenzen verglichen. Aus diesem Vergleich werden nach vorher<br />

festgelegten Regeln Maßnahmen zur Lenkung des Fertigungsprozesses abgeleitet.<br />

Als einfaches Beispiel ist in Bild 1.1 eine QRK für den Mittelwert xschematisch<br />

dargestellt.<br />

Die Benennung "Qualitätsregelkarte" ist entstanden aus dem Wunsch, die englische<br />

Benennung "Quality Contral Chart" ins Deutsche zu übertragen. Sie trifft das Wesen<br />

eines solchen statistischen Werkzeuges besser als die durch unklare Übersetzung<br />

vor Jahrzehnten entstandene und immer wieder falsch verstandene Benennung<br />

"Kontrollkarte".<br />

6,55<br />

xmm<br />

6,50<br />

6,45<br />

Bild 1.1: Schema einer Qualitätsregelkarte (ORK)<br />

8<br />

obere Eingriffsgrenze OEG<br />

untere Eingriffsgrenze UEG<br />

1 I I I I i I I i I I<br />

8 9 10 11 12 13 14 15 16 17<br />

Uhrzeit


Im Englischen bedeutet "to control" soviel wie "steuern" (vgl. "ControITower" eines<br />

Flughafens), während unter dem deutschen Verb "kontrollieren" die Überprüfung<br />

eines abgeschlossenen Vorgangs verstanden wird. Dennoch ist zu erwarten, daß<br />

es viele Jahre dauern wird, bis die weit verbreitete Benennung "Kontrollkarte"<br />

überall durch "Qualitätsregelkarte" ersetzt ist.<br />

Ähnlich liegen die Verhältnisse bei der Benennung der Grenzen. Während die<br />

Benennung "Warngrenze" als eindeutig beibehalten wurde, ist die bisherige Benennung<br />

"Kontrollgrenze" durch "Eingriffsgrenze" ersetzt worden, weil dadurch<br />

die Tätigkeit, die das Überschreiten dieser Grenze auslöst, besser zum Ausdruck<br />

kommt.<br />

Im Rahmen der Statistischen Prozeßlenkung (SPC - Statistical Process Control)<br />

stellen QRK ein wichtiges Werkzeug dar. Die Anwendungsmöglichkeit der QRK ist<br />

nicht auf Fertigungsvorgänge beschränkt. Sie kann in analoger Weise eingesetzt<br />

werden zur Überwachung von Laborversuchen, von Ergebnissen von Eingangsprüfungen<br />

usw., kurz überall dort, wo Untersuchungen gleicherArt an Stichproben<br />

- bevorzugt-gleichen Umfangs - regelmäßig durchgeführt werden. Auch bei 100%­<br />

Prüfungen können QRK zur Prozeßlenkung eingesetzt werden.<br />

1.1 Qualitätslenkung mit Qualitätsregelkarten (QRK)<br />

Qualitätsregelkarten (QRK) sind die wichtigsten Werkzeuge, die zur Qualitätslenkung<br />

von Prozessen im Rahmen der Statistischen Prozeßlenkung (SPC) eingesetzt<br />

werden.<br />

Um entscheiden zu können, bei welchen Prozessen QRK eingesetzt werden<br />

sollen, sind die in Frage kommenden Prozesse bezüglich ihrer Beherrschung und<br />

ihrer Qualitätsfähigkeit zu untersuchen. Hierbei sind die beiden Begriffe "Prozeßbeherrschung"<br />

(beherrschter Prozeß) und "Qualitätsfähigkeit" (qualitätsfähiger<br />

Prozeß) zu unterscheiden.<br />

Ein beherrschter Prozeß ist gegeben, wenn sich die Parameter der Verteilung<br />

der Merkmalswerte des Prozesses (z. B. Mittelwert !l und Standardabweichung a<br />

bei einer Normalverteilung) praktisch nicht oder nur in bekannter Weise oder<br />

in bekannten Grenzen ändern [1]. Ein beherrschter Prozeß ist verstanden worden,<br />

er überrascht nicht! Dieser Zustand wird bisweilen mit den Worten "der Prozeß ist<br />

unter statistischer Kontrolle" umschrieben.<br />

Ein qualitätsfähiger Prozeß ist geeignet, Einheiten zu erzeugen, die die Qualitätsforderung<br />

erfüllen und deren Merkmalswerte innerhalb spezifizierter Grenzwerte<br />

liegen. Ein qualitätsfähiger Prozeß liefert praktisch keinen Ausschuß!<br />

Jeder Prozeß befindet sich in einer der vier möglichen Positionen der folgenden<br />

Übersicht:<br />

Der Prozeß ist beherrscht nicht beherrscht<br />

qualitätsfähig A (C)<br />

nicht qualitätsfähig B ((D))<br />

Bild 1.2: Übersicht über verschiedene Prozeßsituationen [2]<br />

9


Status A ist unzweifelhaft der beste Zustand, denn er weist den Prozeß sowohl als<br />

qualitätsfähig als auch als beherrscht aus. Diesen Zustand muß man erreichen.<br />

Beim Status B ist es erforderlich, entweder den Prozeß in RichtungAzu verbessern<br />

oder aber eine Sortierprüfung einzuführen.<br />

Status C ist in Klammern aufgeführt, weil man bei einem nicht beherrschten Prozeß<br />

keine präzise Aussage über die Qualitätsfähigkeit machen kann. Bei einem nicht<br />

beherrschten Prozeß ändert sich die Verteilung der Merkmalswerte in (zumindest<br />

teilweise) unbekannter Weise. Um einen solchen Prozeß zu beherrschen, sind die<br />

Ursachen für dieses Verhalten zu suchen, d. h. der Zusammenhang zwischen den<br />

Einflüssen auf den Prozeß und derVerteilung seiner Merkmalswerte ist zu untersuchen.<br />

Hierbei ist es vorteilhaft, die Methoden der Statistischen Versuchsmethodik<br />

anzuwenden und ein System der Lenkung durch Qualitätsregelkarten einzurichten.<br />

Erst dann findet man heraus, ob der nunmehr beherrschte Prozeß qualitätsfähig<br />

(Status A) oder nicht qualitätsfähig (Status B) ist.<br />

Status D hat keine praktische Bedeutung.<br />

Qualitätsfähigkeit und Prozeßbeherrschung sind für jedes Qualitätsmerkmal zu<br />

untersuchen.<br />

Es bietet sich an, Prozesse für die Qualitätslenkung mit QRK auszuwählen, die sich<br />

im Status C befinden. Eine Beschränkung auf zunächst wenige Prozesse ermöglicht<br />

eine intensive Betreuung durch den "SPC-/QRK-Fachmann" und wird<br />

deshalb schneller zum Erfolg führen.<br />

Entgegen landläufiger Meinung ist es für die Qualitätslenkung mit QRK nicht unbedingt<br />

erforderlich, elektronische Datenverarbeitung einzusetzen, obwohl statistische<br />

Auswertungen damit wesentlich schneller auszuführen sind. In vielen<br />

Fällen ist ein einfacherTaschenrechner mit Statistikfunktionen schon eine wesentliche<br />

Hilfe beim Anlegen und Führen der Qualitätsregelkarten.<br />

Eine unabdingbare Voraussetzung ist jedoch die Beherrschung der QRK-Technik.<br />

Es ist vorteilhaft, zunächst einfache QRK zu wählen, um die Akzeptanz im Betrieb<br />

möglichst schnell zu erreichen. Bei elektronischer Meßwerterfassung oder bei<br />

Prüfeinrichtungen mit angeschlossenen Rechnern bietet es sich an, die Qualitätsregelkarten<br />

mittels EDV zu führen.<br />

Wenn im Zuge der Einführung von QRK die Meßwerterfassung automatisiert werden<br />

kann, wird das als Vorteil empfunden. Das Projekt wird als Arbeitserleichterung<br />

begrüßt und nicht als "schon wieder etwas Neues" emotional abgelehnt.<br />

In allen Fällen, in denen derAufwand für die Prüfung und andere Bedingungen, wie<br />

ausreichende Qualifikation des Personals und wirtschaftliche Überlegungen, es<br />

zulassen, sollte die Prüfung als Selbstprüfung durchgeführt werden.<br />

Die Kombination der Selbstprüfung mit dem Führen von QRK durch den Bearbeiter<br />

hat sich als besonders erfolgreich erwiesen. Daher sollte die Selbstprüfung bei<br />

Einführung von QRK ebenfalls eingeführt werden. Für die dauerhafte Wirksamkeit<br />

der Selbstprüfung muß gesorgt werden. Das geschieht am besten anhand einer<br />

10


Lenkung und Beratung der Selbstprüfer durch das Qualitätswesen. Diese Lenkung<br />

erfolgt zweckmäßig in der Form eines "Verfahrensaudit Selbstprüfung", das sich<br />

auch auf das Führen der Qualitätsregelkarten erstreckt. Eine vorausgehende<br />

Schulung der Selbstprüfer in der Eintragung gewonnener Ergebnisse in die<br />

Qualitätsregelkarten ist erforderlich [3].<br />

1.2 Arten von Merkmalen<br />

In der QRK-Technik sind je nach Art der betrachteten Merkmale unterschiedliche<br />

Methoden beim Auswerten von Prozeßvorläufen und beim Anlegen, Führen und<br />

Auswerten von QRK anzuwenden. Um Fehlinterpretationen vorzubeugen, werden<br />

in diesem Abschnitt merkmalsbezogene Begriffe erläutert [4].<br />

Ein Merkmal ist eine Eigenschaft zum Erkennen oder zum Unterscheiden von Einheiten<br />

(Einheiten sind die betrachteten materiellen oder immateriellen Gegenstände).<br />

Es kann verschiedene Merkmalswerte annehmen. Durch die Festlegung<br />

des betrachteten Merkmals (z. B. Farbe, Länge) ist die Art des Merkmals bestimmt<br />

und damit auch die Art der Merkmalswerte (z. B. rot, 3 m).<br />

Ein Qualitätsmerkmal ist ein die Qualität mitbestimmendes Merkmal.<br />

Ein Prüfmerkmal ist ein Merkmal, anhand dessen eine Prüfung durchgeführt wird.<br />

Ein Produktmerkmal ist ein Merkmal des Produktes (Länge, Gewicht, Schlierenfreiheit).<br />

Ein Prozeßmerkmal ist ein den Prozeß kennzeichnendes Merkmal als ein Merkmal<br />

des Prozesses selbst (Temperatur, Druck, Kolbenhub) oder als ein Merkmal eines<br />

Prozeßergebnisses (Produktmerkmal), das mit dem Merkmal des Prozesses hinreichend<br />

korreliert ist.<br />

Sowohl Produktmerkmale als auch Prozeßmerkmale können Prüfmerkmale sein.<br />

Produktmerkmale, die Prüfmerkmale sind,<br />

- sind häufig zugleich auch Qualitätsmerkmale des Produktes (Breite eines Deckglases,<br />

Gewicht eines Pendelschlaghammers),<br />

- müssen aber kein Qualitätsmerkmal des Produktes sein (Gewicht eines Deckglases).<br />

Es gibt<br />

- quantitative Merkmale Merkmale, deren Werte einer Skala zugeordnet sind, auf<br />

der Abstände definiert sind<br />

- qualitative Merkmale Merkmale, deren Werte einer Skala zugeordnet sind, auf<br />

der keine Abstände definiert sind.<br />

(Eine Skala ist der zweckmäßig geordnete Wertebereich eines Merkmals.)<br />

Es gibt zwei Arten quantitativer Merkmale<br />

- kontinuierliche Merkmale (auch stetige Merkmale genannt)<br />

Temperatur eines Lötbades in Kelvin<br />

Gewicht von Deckgläsern in Gramm<br />

11


1.3 Einflüsse auf einen Prozeß<br />

In jedem Prozeß wirkt eine Vielzahl von Einflüssen auf das Produkt ein.<br />

Zufällige Einflüsse führen zu Abweichungen einzelner Merkmalswerte vom Mittelwert.<br />

Die Abweichung eines einzelnen Merkmalswertes ist nicht vorhersehbar,<br />

während die Verteilung der Merkmalswerte einer Serie von produzierten Einheiten<br />

angegeben werden kann.<br />

Systemische Einflüsse sind - nach entsprechenden Untersuchungen - in der<br />

Wirkung auf jede produzierte Einheit der Größe und Richtung nach bekannt.<br />

Es werden physikalische Gesetzmäßigkeiten beschrieben.<br />

Störeinflüsse sind in der Wirkung weder der Größe noch der Richtung nach<br />

voraussehbar.<br />

Das folgende Bild zeigt das Modell eines mit SPC gelenkten Prozesses.<br />

Maßnahmen

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