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80 <strong>Abhandlung</strong>en LJZ 2/13<br />
Die beiden in dieser Hinsicht relevanten allgemeinen<br />
Abkommen sind die Pariser Verbandsübereinkunft 49<br />
(PVÜ) und Anhang 3 des Abkommens zur Errichtung der<br />
Welthandelsorganisation 50 (WTO), das TRIPs-Abkommen<br />
51 . Dieses Abkommen inkorporiert hierbei wesentliche<br />
Bestimmungen der älteren PVÜ 52 , so dass dieses von<br />
nachrangiger Bedeutung ist. Im TRIPs-Abkommen finden<br />
sich in verschiedenen Artikeln inhaltliche Festlegungen<br />
der Schutzgegenstände der jeweiligen Immaterialgüterrechtstypen<br />
sowie teilweise auch Bezüge auf andere vertragliche<br />
Systeme. Dies betrifft alle derzeit in Art. 55 SteG<br />
aufgeführten Immaterialgüterrechtstypen, d.h. in Art. 9ff<br />
(Urheberrechte und verwandte Schutzrechte, inklusive<br />
Computerprogrammen und Datensammlungen), Art. 15ff<br />
(Marken), Art. 25ff (Gewerbliche Muster, d. h. Designs),<br />
Art. 27ff (Patente) und Art. 35ff (Layout-Designs integrierter<br />
Schaltkreise, d. h. Topographien).<br />
Zudem steht eine Vielzahl von Vertragssystemen 53 für<br />
die einzelnen Schutzrechtstypen zur Verfügung, über die<br />
im Regelfall die internationalen Anmelde- bzw. Registrierungsverfahren<br />
geführt werden, so dass im Regelfall die<br />
internationale Zuordnung eines Immaterialgüterrechtstyps<br />
bereits hierdurch gegeben und somit problemlos<br />
ist 54 .<br />
Geht man von einer solchen materiellen Zuordnung<br />
aus, so können beispielsweise auch deutsche oder österreichische<br />
Gebrauchsmuster aufgrund des durch sie<br />
49 Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutze des gewerblichen<br />
Eigentums, revidiert in Den Haag am 6. November 1925 (PVÜ),<br />
LGBl. 1985 Nr. <strong>59</strong>, in Kraft getreten für das Fürstentum Liechtenstein<br />
am 14. Juli 1933, revidiert in Stockholm am 14. Juli 1967<br />
(PVÜ) LGBl. 1986 Nr. 70, in Kraft getreten für das Fürstentum<br />
Liechtenstein am 25. Mai 1972.<br />
50 Abkommen zur Errichtung der Welthandelsorganisation, LGBl.<br />
1997 Nr. 108.<br />
51 Trade-related Aspects of Intellectual Property Rights.<br />
52 Vgl. hierzu Staehelin, Das TRIPs-Abkommen, Staempfli Verlag<br />
AG, Bern, 1997.<br />
53 Neben den bereits erwähnten Patentzusammenarbeitsvertrag<br />
(PCT) und dem Europäischen Patentübereinkommen (EPÜ existieren<br />
beispielsweise im Markenbereich das Madrider System<br />
aus Abkommen über die internationale Registrierung von Fabrik-<br />
oder Handelsmarken nebst zugehörigem Protokoll sowie im<br />
Designbereich das Haager Abkommen betreffend die internationale<br />
Hinterlegung der gewerblichen Muster oder Modelle. Im<br />
Bereich des Urheberrechts ist die Revidierte Berner Übereinkunft<br />
von Bedeutung.<br />
54 Ausführliche Darstellung der Einbindung Liechtensteins in den<br />
internationalen Kontext in Gey-Ritter, Internationalrechtliche und<br />
europarechtliche Aspekte des liechtensteinischen Immaterialgüterrechts<br />
– mit besonderer Berücksichtigung des Markenrechts<br />
und seiner Erschöpfung, GMG Juris Verlags-AG, Schaan, 1999.<br />
unter Schutz gestellten Gegenstandes 55 materiell problemlos<br />
unter den inländischen Patentbegriff eingeordnet<br />
werden, ohne dass es deren ausdrücklicher Erwähnung<br />
in Art. 55 SteG bedarf.<br />
C. Nationale Schutzbereichsbestimmung<br />
Problematischer erscheint die Frage unterschiedlicher<br />
sachlicher und zeitlicher Reichweiten der unter den verschiedenen<br />
nationalen Regelungen erhältlichen Schutzrechte.<br />
Hierbei können zwei Konstellationen unterschieden<br />
werden:<br />
a. das fremde Schutzrecht hat einen weiteren sachlichen<br />
oder zeitlichen Geltungsbereich als durch die inländische<br />
Rechtsordnung bereitgestellt würde, oder aber<br />
b. das fremde Schutzrecht hat einen engeren sachlichen<br />
oder zeitlichen Geltungsbereich.<br />
Beispiele für die erste Konstellation sind die Laufzeitverlängerungen<br />
von US-Patenten bei Überschreiten einer<br />
vorgegebenen Erteilungsdauer vor dem US-Patent- und<br />
Markenamt 56 oder die Erteilung von Patenten für Gegenstände,<br />
die nach inländischem Recht ausdrücklich ausgeschlossen<br />
sind. Der zweite Fall ist beispielsweise durch<br />
den Ausschluss von gegen die guten Sitten verstossenden<br />
Gegenständen, wie er in Art. 2 CH-PatG oder Art. 53<br />
lit. a EPÜ definiert ist. Hierbei ist das zugrundeliegende<br />
Verständnis kulturkreisspezifisch 57 , so dass in anderen<br />
Kulturen und Rechtsordnungen durchaus Patentschutz<br />
für in Europa aus diesen Gründen ausgeschlossene Gegenstände<br />
möglich sein kann.<br />
Ein Beispiel für die zweite Konstellation stellt der<br />
Datenbankschutz nach Art. 45 URG dar, der als reiner Investitionsschutz<br />
nicht in allen Rechtsordnungen bekannt<br />
ist. Hier wird also inländisch ein Schutz zur Verfügung<br />
gestellt, der in anderen Rechtsordnungen für den gleichen<br />
Gegenstand nicht in Anspruch genommen werden<br />
kann.<br />
Weitere Beispiele für beide Konstellationen sind<br />
unterschiedliche ältere Rechte anderer Inhaber in verschiedenen<br />
Ländern, die dort und ggf. nur dort eine<br />
55 Beispielsweise ist der Schutzgegenstand gemäss § 1 Abs. 1 DE-<br />
Gebrauchsmustergesetz wie folgt definiert: «Als Gebrauchsmuster<br />
werden Erfindungen geschützt, die neu sind, auf einem erfinderischen<br />
Schritt beruhen und gewerblich anwendbar sind.<br />
«Die entsprechenden Definitionen des schweizerischen und des<br />
europäischen Patentrechts lauten in materiell identischer Formulierung:<br />
«Für neue gewerblich anwendbare Erfindungen werden<br />
Erfindungspatente erteilt. Was sich in naheliegender Weise aus<br />
dem Stand der Technik ergibt, ist keine patentierbare Erfindung.»<br />
(Art. 1 Abs. 1 und 2 CH-PatG) bzw. «Europäische Patente werden<br />
für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik erteilt, sofern sie<br />
neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich<br />
anwendbar sind.» (Art. 52 Abs. 1 EPÜ).<br />
56 Vgl. Mayer/Schlenk, Das US-Patent, 4. Auflage, Carl Heymanns<br />
Verlag, 2012, Seite 17.<br />
57 Vgl. hierzu die Entscheidung T356/93 (Beschwerdekammern des<br />
Europäischen Patentamtes): «Der Begriff der guten Sitten knüpft<br />
an die Überzeugung an, dass ein bestimmtes Verhalten richtig<br />
und vertretbar, ein anderes dagegen falsch ist, wobei sich diese<br />
Überzeugung auf die Gesamtheit der in einem bestimmten Kulturkreis<br />
tief verwurzelten, anerkannten Normen gründet. Für die<br />
Zwecke des EPÜ ist dies der europäische Kulturkreis, wie er in<br />
Gesellschaft und Zivilisation seine Ausprägung findet.»