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Jahresrechnung 2010 - Brocki Grischun

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Brockenhaus Ilanz<br />

Was ist sozial – wo liegt die<br />

Grenze?<br />

Das ist die grosse Frage im Alltag des <strong>Brocki</strong><br />

Ilanz.<br />

Ein Beispiel zeigt die Problematik: Das Flüchtlingspärchen<br />

Ibrahim und Ilayda kommt aus Kurdistan.<br />

„Ich kaufen Jacke, ist viel kalt draussen“,<br />

meint Ilayda. Sie geht nach oben und sucht sich<br />

eine gute und günstige Winterjacke.<br />

Währenddessen kommen zwei junge Afrikaner,<br />

gehen zu den Elektroniksachen, suchen Computerzubehör<br />

und kommen zurück mit zwei Kabeln,<br />

einem Mehrfachstecker, einem Radio und fragen:<br />

„Was ist Preis von diese Sachen?“ „Die Kabel<br />

kosten fünf Franken, der Mehrfachstecker drei<br />

Franken und das Radio zehn Franken, macht zusammen<br />

achtzehn Franken“. Da es ebenfalls<br />

Flüchtlinge sind verlange ich aber nur zwölf Franken.<br />

„Oh, das viel teuer. Keine Geld.“ Einer holt<br />

aus seiner Hosentasche ein Häufchen Münzen und<br />

legt es auf den Ladentisch. „Das schon ok, ich<br />

keine mehr Geld.“ Ich zähle die Münzen und<br />

komme auf eine Summe von Fr. 4.25. Das ist mir<br />

aber entschieden zuwenig, denn ich weiss, dass<br />

auch die Flüchtlinge Geld vom Staat erhalten,<br />

wenn auch nicht viel. Der Afrikaner schaut mir<br />

tief in die Augen und findet: „Du so gute Frau, das<br />

ok so.“ Eine zeitlang geht die Feilscherei weiter<br />

bis ich meine: „du hast in deiner anderen Hosentasche<br />

auch noch Geld und wenn du weniger als<br />

zehn Franken zahlst, musst du einen Teil der Sachen<br />

hier lassen.“ Manchmal findet der Handel<br />

kein Ende mit der Begründung, es sei ja alles alt<br />

und gebraucht hier. Er nimmt ein Kabel und geht.<br />

Das Feilschen ist für ihn wie ein Spiel.<br />

Dann kommt Ilayda mit einer Winterjacke und ich<br />

verlange dafür acht Franken. Sie ist total begeistert,<br />

bedankt sich – teschekür ederim – und drückt<br />

mir eine Tüte mit kurdischem Fladenbrot in die<br />

Hand. Sie sagt: „Du so gute Frau. Du immer so<br />

gute Preise. Deine Chef immer so gut zu uns.“<br />

Und sie freut sich über ihre neue Jacke.<br />

Wir sind eine Non Profit Organisation<br />

und so fragen wir uns immer wieder: was ist denn<br />

sozial und wo ist die Grenze? Wenn die Reichen<br />

mit uns um jeden Preis feilschen und nicht bereit<br />

18<br />

sind, den von uns angemessenen Preis zu zahlen?<br />

Wenn der Afrikaner mir ein Häufchen Münzen<br />

auf den Ladentisch legt und findet, das ist schon<br />

ok so? Wenn Ilayda sich so sehr freut über die<br />

gute Jacke? Wenn wir fast neue Sachen erhalten<br />

und die Bringerin findet, es sei zwar beste Qualität<br />

aber halt nicht mehr ganz neu? Ob wir es doch<br />

nehmen würden? Wenn uns Leute kaputte und<br />

schmutzige Sachen bringen und meinen, das könne<br />

bestimmt noch ein armer Mensch brauchen. Sie<br />

glauben, uns damit ein grosses Geschenk gemacht<br />

zu haben? Dabei ist es nur noch Müll.<br />

Takt und Gespür<br />

Es gibt nichts was es nicht gibt im <strong>Brocki</strong>. Das ist<br />

meine Erfahrung. Ob reich oder arm, ob Schweizer<br />

oder Ausländer, ob elegant oder rustikal, wir<br />

haben für alle ein freundliches Wort. Die Arbeit<br />

im <strong>Brocki</strong> macht riesig Spass. Es ist jedoch immer<br />

auch eine Gratwanderung, die sehr viel Menschenkenntnis<br />

und Fingerspitzengefühl erfordert.<br />

Für uns im <strong>Brocki</strong> Ilanz ist es ganz klar – das<br />

Menschliche steht im Vordergrund.<br />

Nina Bernhardsgrütter,<br />

Regina Nigg und<br />

Robert Lombriser

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