Solidarischer Wettbewerb
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Gerd Hörnemann<br />
Das ökonomische Prinzip des <strong>Wettbewerb</strong>s<br />
beziehungsweise der Konkurrenz<br />
wurde Mitte des vorigen<br />
Jahrhunderts mit der Entstehung und<br />
Ausweitung des Arbeitsmarktes als das<br />
entscheidende Strukturelement der bürgerlichen<br />
Gesellschaft gesehen. Jedoch<br />
wurde erkannt, dass einem derart ökonomischen<br />
System nur durch organisierte<br />
Solidarität gesellschaftsverträglich zu begegnen<br />
ist.<br />
Mit der Kaiserlichen Botschaft vom<br />
November 1881 wurde die soziale Sicherheit<br />
im Krankheitsfall sodann ein<br />
durch die Obrigkeit bestätigter Anspruch.<br />
So gehörte schon zu den Anfängen<br />
des Sozialstaats der Leitbegriff Solidarität.<br />
Er tritt neben die soziale Ordnungsidee<br />
der Subsidiarität. Öffentliche<br />
Hilfe ist dort nötig, wo individuelle oder<br />
genossenschaftliche Selbsthilfen nicht<br />
möglich sind. Wer die Unterstützung<br />
der Allgemeinheit in den Krisenfällen<br />
seines Lebens in Anspruch nimmt,<br />
hat sich durch eigene Beiträge zur Sozialversicherung<br />
in den Tagen ungeschmälerten<br />
Einkommens und ungehinderter<br />
Arbeitsleistung an den Soziallasten<br />
für Dritte zu beteiligen, und er ist<br />
gehalten, durch seine Lebensführung<br />
und Leistungsbereitschaft die Sozialkosten<br />
für sich selbst zu minimieren.<br />
Solidarität wurde also schon im Ursprung<br />
des modernen Gesundheitswesens<br />
nicht als eine Art Zahlungsverpflichtung<br />
begriffen, sondern wesentlich<br />
als eine wechselseitige Verhaltensverpflichtung<br />
unter Staatsaufsicht. Diese<br />
Doppelseitigkeit des Solidaritätsprinzips<br />
stellte Rudolf Virchow bei der<br />
Proklamation einer öffentlichen Gesundheitspflege<br />
in der Wochenschrift<br />
„Die medicinische Reform“ im August<br />
1848 heraus:<br />
„Was zunächst den Umfang der öffentlichen<br />
Gesundheitspflege betrifft,<br />
so hat also die Gesamtheit die Ver-<br />
T H E M E N D E R Z E I T<br />
Umbau des Sozialstaates<br />
<strong>Solidarischer</strong> <strong>Wettbewerb</strong><br />
Oder: Warum <strong>Wettbewerb</strong> und Solidarität im Gesundheitssystem<br />
einander nicht ausschließen<br />
pflichtung, dem Rechte der einzelnen<br />
auf Existenz, und zwar auf gesundheitsmäßige<br />
Existenz nachzukommen.“<br />
Dem Staat muss es zu dieser Aufgabe<br />
möglich sein, „dafür zu sorgen, dass jeder<br />
die Mittel, ohne welche sein Leben<br />
nicht bestehen kann, erlange und dass<br />
niemandem die Möglichkeit der Existenz<br />
positiv entzogen oder negativ vorenthalten<br />
wird. Diese Möglichkeit ist<br />
das Recht des einzelnen, die Pflicht der<br />
Gesamtheit, denn in einem solidarischen<br />
Verbande ist das Recht des einen<br />
selbstredend die Pflicht des anderen.“<br />
Solidarität konnte sich als Verhaltensform<br />
im Wesensunterschied zur praktikableren<br />
monetären Form nur schwer<br />
entfalten. Ihre sozialorganisatorische<br />
Voraussetzung, die vorgesehene Kleinräumigkeit<br />
und Überschaubarkeit der<br />
gesetzlichen Krankenkassen, konnte<br />
weder zu einem lebendigen Solidaritätsgefühl<br />
der Kassenmitglieder noch zu einer<br />
wirksamen Sozialkontrolle führen.<br />
Die Entwicklung des Sozialstaats sollte<br />
also die politische Reaktion auf das wirtschaftliche<br />
Prinzip der Konkurrenz sein.<br />
Bedarfsausgleich als Problem<br />
Solidarität und Subsidiarität sind Formen<br />
des Helfens. Die soziologische Frage<br />
nach der Funktion und der sozialen<br />
Relevanz des Helfens in sozialen Systemen<br />
ist mehrschichtig zu stellen. Sie bezieht<br />
sich einerseits auf die Verfügbarkeit<br />
fest umrissener Erwartungstypen<br />
für Situationsdefinitionen, was eine für<br />
beide Seiten abschätzbare Kanalisierung<br />
von Folgehandlungen einschließt, und<br />
zum anderen auf die faktischen Konstellationen,<br />
in denen solche Typen eine<br />
Chance haben, verwendet zu werden.<br />
Anzunehmen ist, dass allem Helfen ein<br />
gemeinsames Grundproblem zugrunde<br />
liegt und dass die Formenvielfalt, die die<br />
historisch-ethnologisch vergleichende<br />
Forschung aufgedeckt hat, sich daraus<br />
erklärt, dass dieses Problem unter sehr<br />
verschiedenartigen Bedingungen gelöst<br />
werden muss.<br />
Immer ist wechselseitige Hilfe unter<br />
Menschen verknüpft mit dem Problem<br />
zeitlichen Ausgleichs von Bedürfnissen,<br />
und nicht alle Einrichtungen, die sich<br />
auf dieses Problem beziehen, werden als<br />
Hilfe bezeichnet, erlebt, institutionalisiert.<br />
Was Hilfe bedeuten kann und welche<br />
allgemeinen Konturen sie als moralische<br />
Forderung, als gesellschaftliche<br />
Institution, als organisierbares Programm<br />
oder einfach als spontane Tat gewinnt,<br />
hängt davon ab, in welchem Kontext<br />
gesellschaftlicher Einrichtungen<br />
dieses allgemeine Problem des zeitlichen<br />
Bedarfsausgleichs gelöst wird.<br />
In einer funktional differenzierten<br />
Gesellschaft (Niklas Luhmann) zentriert<br />
die Form des Helfens, die Beseitigung<br />
der Problemfälle. Es kennzeichnet<br />
die moderne Gesellschaft, dass viele<br />
Funktionen, die früher auf der Ebene<br />
des gesamtgesellschaftlichen Systems<br />
erfüllt wurden, auf Organisationen verlagert<br />
werden, um der Vorteile willen,<br />
die mit funktionaler Differenzierung<br />
und Leistungsspezialisierung verbunden<br />
sind. Individuelle Motive zur Hilfe<br />
sind insoweit entbehrlich, und das bewirkt<br />
hohe Beliebigkeit, Steuerbarkeit,<br />
und Änderbarkeit der Zuwendung von<br />
Hilfe. Die helfende Aktivität wird nicht<br />
mehr durch den Anblick der Not, sondern<br />
durch einen Vergleich von Tatbestand<br />
und Programm ausgelöst und<br />
kann in dieser Form generell und zuverlässig<br />
stabilisiert werden.<br />
Im Teilsystem Wirtschaft ist Geld das<br />
effektivere funktionale Äquivalent für<br />
Hilfe und Dankbarkeit. Hier kann Hilfe<br />
nun Geldzuweisung sein oder Kompensation<br />
für Funktionsmängel des spezialisierten<br />
Teilsystems Wirtschaft.<br />
A 522 Deutsches Ärzteblatt½Jg. 98½Heft 9½2. März 2001
Die Gesetzliche Krankenversicherung<br />
wird zukünftig großen Herausforderungen<br />
entgegentreten mit neuen<br />
Wegen und Mitteln zur Stabilität der sozialen<br />
Krankenversicherung bei einem<br />
qualitativ hochwertigen Versorgungsniveau.<br />
Ein Weg zur Entschließung von<br />
Rationalisierungspotenzialen wird eine<br />
wettbewerbliche Ordnung sein, die den<br />
sozialen Bezügen der Gesetzlichen<br />
Krankenversicherung Rechnung trägt.<br />
Dabei kann sich das Gesundheitssystem<br />
nicht auf eine völlige Liberalisierung<br />
der Beziehungen wie im Wirtschaftssystem<br />
ausrichten. Die Besonderheit<br />
des Gutes Gesundheit als kollektives<br />
Gut ist dabei zu berücksichtigen,<br />
sodass dabei auf breitem Konsens<br />
basierende solidarische Absicherung<br />
von Krankheitsrisiken erforderlich ist.<br />
Nur dann können Solidarfunktionen<br />
der Gesetzlichen Krankenversicherung<br />
gewährleistet sein und die effizienzsteigernden<br />
Wirkungen gefördert werden.<br />
Globalsteuernde politische Interventionen<br />
erzeugen mehr negative als positive<br />
Steuerungseffekte im Gesundheitswesen.<br />
Dies haben die Kostendämpfungsgesetze<br />
gezeigt. Im wissenschaftlichen<br />
Diskurs stellte sich die Meinung<br />
ein, dass Steuerungseffekte mehr durch<br />
Selbststeuerung auf der Meso-Ebene<br />
der Organisationen und Korporationen<br />
(also auf der Selbstverwaltungsebene)<br />
als durch makrosoziale Globalsteuerung<br />
zu erzielen sind. Jost Bauch stellt<br />
die Frage „Lässt sich das Gesundheitssystem<br />
politisch steuern?“.<br />
In Abkehr von einer interventionistischen<br />
Steuerungspolitik von außen lautet<br />
die neu gestellte Frage, wie das Gesundheitssystem<br />
zu einer Selbststeuerung<br />
angeregt werden kann, die stärker<br />
die gesamtgesellschaftlichen und ökonomischen<br />
Effekte seines Prozessierens<br />
berücksichtigt und in selbstinduzierte<br />
Steuerungsprogramme einbaut. Um<br />
strukturelle Kopplungen zwischen Sozialsystemen<br />
auszulösen, kann nicht die<br />
Teilsystemrationalität eines Systems als<br />
ultima ratio deklariert werden; vielmehr<br />
müssen die Systemrationalitäten<br />
als gleichwertige Entwürfe verschränkt<br />
werden.<br />
Helmut Willke hat ein solches die<br />
funktionale Differenzierung berücksichtigendes<br />
Steuerungsmodell prozedurale<br />
Kontextsteuerung genannt.<br />
T H E M E N D E R Z E I T<br />
Zwei sich im Prinzip entgegenstehende<br />
Begriffe Solidarität und <strong>Wettbewerb</strong><br />
können im Gesundheitssystem zu solidarischem<br />
<strong>Wettbewerb</strong> konvergieren.<br />
Unter der Betrachtung der „prozeduralen<br />
Kontextsteuerung“ wird Gesellschaftssteuerung<br />
in Form verbindlicher<br />
Kontextsteuerung nicht mehr von einem<br />
Teilsystem des Ganzen – von der<br />
Politik – allein formuliert, sondern aus<br />
der interdependenzgesteuerten Interaktion<br />
aller betroffenen Akteure. Die<br />
Akteure verschiedener Systeme verschränken<br />
ihre Systemsichten. Nach<br />
Willke ist oberstes Gebot von Kontextsteuerung,<br />
dass die operative Geschlossenheit<br />
und Autonomie der Teilsysteme<br />
respektiert wird; nur dann kann in<br />
reflektierten Abstimmungsprozessen<br />
kombinatorischer Gewinn aus ihren<br />
Differenzen gezogen werden. Mechanismen<br />
liegen vor; sie müssen nur gestärkt<br />
werden.<br />
Eine verstärkende wettbewerbliche<br />
Orientierung im Rahmen des Konzeptes<br />
einer solidarischen <strong>Wettbewerb</strong>sordnung<br />
basiert auf einer starken<br />
Selbstverwaltung, auf Solidarität sowie<br />
auf dem Kernbereich der Vertragspolitik.<br />
Hier können primär die Bedingungen<br />
der Erbringung von Leistungen bestimmt<br />
werden. Auf der Suche nach optimalen<br />
Vertragslösungen sollte jede<br />
Kassenart eigenständige Wege vereinbaren<br />
und damit letztlich das System<br />
der gesundheitlichen Versorgung insgesamt<br />
vorantreiben können.<br />
Klaus-Dirk Henke konstatiert 1997<br />
in diesem zentralen Zusammenhang,<br />
dass eine wesentliche Voraussetzung für<br />
eine gemeinwohlorientierte Ausschöpfung<br />
des <strong>Wettbewerb</strong>s die Auflösung<br />
der bestehenden Kartelle aufseiten der<br />
Leistungserbringer ist. „Ähnlich wie die<br />
Verpflichtung zum gemeinsamen und<br />
einheitlichen Handeln auf der Kassenseite<br />
wettbewerbs- und innovationsfeindlich<br />
ist, behindert die angebotsseitige<br />
Monopolstruktur die Entfaltungschancen<br />
wettbewerblicher Steuerungsmechanismen.<br />
Henke schränkt jedoch<br />
ein: Dabei müsste Sorge getragen werden,<br />
dass die Leistungsanbieter nicht<br />
völlig kassenabhängig werden, was zum<br />
Beispiel bei Vertragsabschlüssen mit<br />
einzelnen Ärztegruppen drohen würde.<br />
Im Vertragsrecht werden in den nächsten<br />
Jahren die größten Veränderungen<br />
zu erwarten sein. Kassen mit günstigen<br />
Leistungseinkäufen gewinnen einen<br />
<strong>Wettbewerb</strong>svorteil gegenüber ihren<br />
Konkurrenten. Henke: „Jede Kasse,<br />
jede Arztgruppe, gegebenenfalls jeder<br />
einzelne Arzt muss unter den gegebenen<br />
Rahmenbedingungen eigenverantwortlich<br />
handeln können. Krankenkassen<br />
könnten hiermit gegenüber ihren Versicherten<br />
mit der Qualität der Leistungen<br />
oder aber mit niedrigeren Beiträgen<br />
werben.“ Bei den Ärzten würde dies<br />
auch zu einer Förderung ihrer Dienstleistungsfunktion<br />
und Reaktivierung ihrer<br />
freiberuflichen Tätigkeit führen.<br />
Aus Patientensicht gibt es keine Berechtigung<br />
für die weitere Existenz der<br />
Vielfalt der Kassenarten, wenn diese<br />
nur gemeinsam und einheitlich bei den<br />
entscheidenden Handlungsfeldern, wie<br />
Deutsches Ärzteblatt½Jg. 98½Heft 9½2. März 2001 A 523<br />
© Erich Schmidt Verlag
zum Beispiel Leistungsspektrum und<br />
Selbstbeteiligungen, auftreten. Kassenvielfalt<br />
und individuelles Wahlrecht postuliert<br />
auch wirkliche Vielfalt und echte<br />
Wahlmöglichkeiten, sonst könnte<br />
auch eine nicht gewünschte Einheitskrankenkasse<br />
eingeführt werden. Dies<br />
wäre das Ende der Selbstverwaltung im<br />
Gesundheitswesen, einem doch so bedeutenden<br />
demokratischen Element.<br />
Zur Realisierung des <strong>Wettbewerb</strong>s ist<br />
die Freiheit des Versicherten indiziert.<br />
Solange sich der Beitragssatz je zur<br />
Hälfte auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer<br />
aufteilt, ist diese Freiheit nicht gegeben.<br />
Klaus-Dirk Henke folgert: „Eine<br />
Lösung könnte darin bestehen, den Arbeitgeberbeitrag<br />
konstant auf der Höhe<br />
eines durchschnittlichen Beitragssatzes<br />
zu halten, sodass der Arbeitgeber nicht<br />
veranlasst würde, seine Arbeitnehmer<br />
bei einer preislich besonders günstigen<br />
Kasse zu versichern. Es entspräche nicht<br />
der Rationalität des Arbeitgebers, zusätzliche<br />
Belastungen zu tragen, wenn<br />
sich der Arbeitnehmer für eine teure<br />
Kasse entscheidet. Alle diese Probleme<br />
würden entfallen, wenn der Arbeitgeberanteil<br />
ausgezahlt und die Bruttolöhne<br />
und – in Analogie dazu – die Rente<br />
entsprechend erhöht würden.“<br />
Die Moralen des Staates<br />
In Deutschland wurden nicht nur die Sozialabgaben<br />
und Sozialleistungen ausgeweitet,<br />
sondern zunehmend auch der Sozialstaat<br />
arbeits- und sozialrechtlich verdichtet.<br />
Das System der sozialen Sicherung<br />
ist der Begriff einer solchen gemischten,<br />
nämlich öffentlichen und privaten<br />
Vorkehrung zur Daseinsvorsorge und<br />
-fürsorge. Es folgt keiner „Ethik des Sozialstaates“<br />
(Horst Baier), sondern Rechtsnormen,<br />
Finanzvorschriften und Wirtschaftsnutzen.<br />
<strong>Solidarischer</strong> <strong>Wettbewerb</strong><br />
kann einem Umbau des Sozialstaates<br />
nützlich sein und einem Abbau des Sozialstaates<br />
entgegenwirken. – Oder gibt<br />
es doch eine Ethik des Sozialstaates ?<br />
❚ Zitierweise dieses Beitrags:<br />
Dt Ärztebl 2001; 98: A522–524 [Heft 9]<br />
Literatur beim Verfasser<br />
Anschrift des Verfassers:<br />
Dr. rer. soc. Gerd Hörnemann<br />
Walhovenerstraße 53<br />
41539 Dormagen<br />
T H E M E N D E R Z E I T<br />
Integrationsversorgung<br />
Gewinner und Verlierer<br />
Der <strong>Wettbewerb</strong> im Gesundheitswesen wird künftig auch<br />
über die besseren Versorgungsmodelle entschieden.<br />
Die Gesundheitspolitik hat die Weichen<br />
für Vertragswettbewerb gestellt.<br />
Das Ende der Monopole<br />
und damit der kassenspezifischen Direktverträge<br />
wird dort in fast allen<br />
gesundheitspolitischen Parteiprogrammen<br />
gefordert. Das heißt, das Nachfrageverhalten<br />
von Versicherten und<br />
Krankenkassen, und nicht die Planung<br />
von Behörden oder Körperschaften<br />
wird maßgeblich für Angebotsstruktur<br />
und Angebotsdichte. In einem nach<br />
Ansicht der Krankenkassen durch<br />
Überkapazitäten gekennzeichneten<br />
Gesundheitssystem wird es Gewinner<br />
und Verlierer geben. Alle Leistungsanbieter<br />
– Krankenhäuser, niedergelassene<br />
Ärzte, Pflegedienste, Apotheken –<br />
sind auf der Suche nach wettbewerbsfähigen<br />
Anbieterstrukturen. Die meisten<br />
setzen dabei auf integrierte Versorgung.<br />
Hierfür strebt der Gesetzgeber ein<br />
hochgradig pauschalierendes Vergütungssystem<br />
an. Er spricht im § 140 b<br />
SGB V von einer versichertenbezogenen<br />
Vergütung. Langfristig soll in der<br />
integrierten Versorgung also die Vergütung<br />
nicht leistungs- oder fallbezogen,<br />
sondern versichertenbezogen erfolgen.<br />
Das fallbezogene DRG-System<br />
wird aller Voraussicht nach in der integrierten<br />
Versorgung durch ein versichertenbezogenesFinanzierungssystem<br />
überlagert werden.<br />
Für die Kalkulation einer versichertenbezogenen<br />
Vergütung gibt es unterschiedliche<br />
Ansätze. Man kann zum<br />
Beispiel die Ausgabenprofile des Risikostrukturausgleichs<br />
wählen. Dabei<br />
werden die Durchschnittsausgaben für<br />
Versicherte, sortiert nach Altersgruppen<br />
und Geschlecht, bundesweit ermittelt.<br />
Die durchschnittlichen Ausgabenprofile<br />
bilden die Morbiditätsstruktur<br />
der zu betreuenden Versichertenklientel<br />
aber unter Umständen nicht adäquat<br />
ab. 80 Prozent der Ausgaben entfallen<br />
in jeder Altersgruppe auf 20 Prozent<br />
der Versicherten. Integrierte Anbieterstrukturen,<br />
die schwerpunktmäßig Versicherte<br />
aus dem Hochkostenbereich zu<br />
versorgen haben, würden mit Budgets<br />
auf der Basis der RSA-Profile nicht<br />
auskommen. Umgekehrt würden integrierte<br />
Anbieterstrukturen, die Versicherte<br />
mit unterproportionalen Risiken<br />
versorgen, Gewinne machen können,<br />
ohne dass sie selbst etwas dazu beigetragen<br />
haben.<br />
Problem: Chronisch Kranke<br />
Ein weiteres Verfahren der Budgetkalkulation<br />
fußt auf früheren Ausgaben:<br />
das so genannte Rucksackverfahren.<br />
Dabei ermittelt man für jeden Versicherten<br />
die durchschnittlichen Ausgaben,<br />
etwa der letzten vier Quartale, und<br />
summiert diese Beträge zu einem Budget.<br />
Im Zeitverlauf kann sich aber der<br />
Versorgungsbedarf der Versicherten erheblich<br />
verändern. Gesunde Versicherte,<br />
die bei der Kalkulation auf der Basis<br />
der Vergangenheitswerte unter Umständen<br />
kaum Budgetmittel mitgebracht<br />
haben, werden krank und damit<br />
kostenintensiver. Chronisch Kranke in<br />
der akuten Phase bringen hohe Geldbeträge<br />
ins Budget. Im Zeitablauf bewegen<br />
sich ihre Ausgaben auf den Mittelwert<br />
zu, sodass für die Versorgung dieser<br />
Versicherten zu viel Geld in das<br />
Budget eingestellt wurde.<br />
Ein Blick in die USA zeigt, dass die<br />
zuverlässigste Methode der Schätzung<br />
künftiger Ausgaben morbiditätsbezogene<br />
Kopfpauschalen sind. Letztlich<br />
läuft dies auf ein Patientenklassifikationssystem<br />
hinaus, wie wir es künftig im<br />
stationären Bereich haben werden; nur<br />
werden hier nicht Fallkosten einzelnen<br />
Versichertengruppen zugeordnet, son-<br />
A 524 Deutsches Ärzteblatt½Jg. 98½Heft 9½2. März 2001
dern die Kosten für die umfassende<br />
Versorgung. Die prospektiven Kosten<br />
werden auf der Basis von Diagnosen<br />
und Ausgaben geschätzt. Mit dem Morbiditätsindex<br />
arbeitet die Kassenärztliche<br />
Bundesvereinigung an der Übertragung<br />
dieses Ansatzes auf das deutsche<br />
Gesundheitssystem.<br />
Über dieses Schätzverfahren verfügen<br />
wir frühestens in zwei bis drei Jahren.<br />
Das ist kein Problem. Pragmatisch<br />
wird man sowieso zunächst für ausgesuchte<br />
Indikationen sektorübergreifende<br />
Leistungskomplexe kalkulieren.<br />
Erst wenn man in überschaubaren Feldern<br />
Erfahrungen mit sektorübergreifender<br />
Kooperation und Finanzierung<br />
hat, kann man sich dem Thema umfassender<br />
Budgetverantwortung langsam<br />
nähern.<br />
Versichertenbezogene Vergütung bedeutet,<br />
dass die an der Integrationsversorgung<br />
Beteiligten eine prozessorientierte<br />
Arbeitsteilung finden müssen.<br />
Unter Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten<br />
muss bindend<br />
festgelegt werden, wer wann was tut.<br />
Jeder Leistungsanbieter im Kontext einer<br />
versichertenbezogenen Vergütung<br />
wird zur Kostenstelle. Angebotsinduzierte<br />
Nachfrage, Doppeluntersuchungen<br />
oder unabgestimmte Behandlungs-<br />
Nachgefragt<br />
DÄ: Herr Dr. Späth, Sie sagen,<br />
es gibt noch keine Prototypen<br />
für integrierte Versorgungsstrukturen.<br />
Sind die<br />
vielen Ärztenetze auf dem<br />
falschen Weg?<br />
Späth: Die Richtung<br />
stimmt schon. Der Zusammenschluss<br />
von Ärzten ist<br />
aber nur ein erster Schritt<br />
auf dem Weg zu einem integriertenVersorgungsvertrag.<br />
Werden zum Beispiel<br />
kombinierte Budgets angestrebt,<br />
muss man sich auch<br />
auf ein Modell zur Budgetbereinigung<br />
für Arznei- und<br />
Heilmittel einigen. Dies ist<br />
eine äußerst schwierige<br />
Materie, für die wir als KBV<br />
in Kürze einen praktikablen Vorschlag machen<br />
werden. Die Frage der Budgetbereinigung<br />
wird die entscheidende bei der Entwicklung<br />
eines Prototypen zur integrierten<br />
Versorgung sein. Das Problem ist erfolgver-<br />
T H E M E N D E R Z E I T<br />
abläufe passen nicht in eine versichertenbezogene<br />
Vergütung. All dies kommt<br />
den Trägern der Budgetverantwortung<br />
teuer zu stehen. Sektorspezifische Egoismen<br />
rechnen sich nicht mehr.<br />
Eine versichertenbezogene Vergütung<br />
setzt aber nicht nur Anreize für effiziente<br />
Versorgungsprozesse. Sie setzt<br />
insbesondere Anreize für Rationierung<br />
und Risikoselektion. Um dem zu entgehen,<br />
werden Krankenkassen und Versicherte<br />
sich nur für Angebotsstrukturen<br />
entscheiden, die die Einhaltung der Prozessqualität<br />
nachvollziehbar belegen<br />
können. Qualitätsmanagement wird so<br />
zur Marktzugangsvoraussetzung.<br />
Integrierte Anbieterstrukturen werden<br />
zunehmend weniger akzeptieren,<br />
dass zum Beispiel Krankenhausapotheken<br />
nur im stationären Bereich tätig<br />
werden dürfen. Das Gleiche gilt für die<br />
Zulassung der Krankenhäuser zur ambulanten<br />
Versorgung. Integrierte Anbieterstrukturen<br />
werden das Recht für<br />
sich reklamieren, die interne Arbeitsteilung,<br />
also wer wo etwas tut, selbst zu<br />
regeln.<br />
Gerade an diesen beiden Punkten<br />
wird deutlich, dass Reformen nur vorsichtig<br />
und schrittweise möglich sind.<br />
Mittel- bis langfristig wird die Regelversorgung,<br />
also die klassische Anbieter-<br />
Foto: Johannes Aevermann<br />
Dr. med. Michael Späth ist<br />
Vorsitzender der KV Hamburg<br />
und Vorstandsmitglied<br />
der KBV. Späth<br />
war auf Ärzteseite maßgeblich<br />
am Zustandekommen<br />
der Verträge zur Integrationsversorgungbeteiligt.<br />
sprechend aber nur dann zu lösen,<br />
wenn sich Praxisnetzbetreiber,<br />
Krankenkassen und KVen<br />
schon in einer frühen Phase an<br />
einem Tisch zusammensetzen.<br />
DÄ: Woran müsste sich ein solcher<br />
Prototyp orientieren?<br />
Späth: Alle müssen einen Vorteil<br />
verspüren, sonst hält der beste<br />
Vertrag nur eine kurze Zeit. Die Patienten<br />
wollen eine besser strukturierte,<br />
qualitätsgesicherte Versorgung<br />
und einen finanziellen Vorteil<br />
erhalten. Die beteiligten Ärzte<br />
wollen mindestens eine bessere<br />
Kalkulierbarkeit ihrer künftigen<br />
finanziellen Situation erreichen.<br />
Für sie ist aber auch die Qualität<br />
ihrer Arbeitssituation von großer<br />
Bedeutung: Sie wollen wieder in<br />
erster Linie ärztlich tätig sein kön-<br />
nen. Die Krankenkassen interessieren sich vor<br />
allem für finanzielle Vorteile und die Verbesserung<br />
ihrer <strong>Wettbewerb</strong>ssituation.<br />
Die KVen müssen Sorge tragen, dass ihre<br />
Mitglieder, die die „normale“ Versorgung si-<br />
struktur, die Hauptlast der Versorgung<br />
tragen. Man darf die Regelversorgung<br />
in ihrer Funktionsfähigkeit nicht gefährden,<br />
um Spielräume für die integrierte<br />
Versorgung zu schaffen. Man<br />
wird aber integrierten Anbieterstrukturen<br />
immer da Spielräume verschaffen,<br />
wo sie die Funktionsfähigkeit der Regelversorgung<br />
nicht infrage stellt.<br />
Langfristig könnte es Versorgungsunternehmen<br />
am Gesundheitsmarkt<br />
geben, die ein komplettes Versorgungsangebot<br />
aus einer Hand anbieten. Genauso<br />
sind Gesundheitsnetze vorstellbar,<br />
die gleichfalls eine umfassende<br />
Versorgung anbieten.<br />
Interessenlage der<br />
Krankenhäuser<br />
Für die Entwicklung von Versorgungsunternehmen<br />
werden sich Krankenhäuser<br />
stark machen. Insbesondere das<br />
DRG-gestützte Entgeltsystem gibt diesem<br />
Impuls nachhaltige Triebkraft.<br />
Stabilisierung beziehungsweise Ausbau<br />
der Marktposition ist den Krankenhäusern<br />
bei diesem Finanzierungssystem<br />
möglich, wenn sie zu ambulanten<br />
Leistungserbringern werden und<br />
stabile formalisierte Kooperationsbe-<br />
cherstellen, nicht benachteiligt werden. An<br />
diesen Prämissen wird sich die Entwicklung<br />
von Prototypen orientieren müssen. In Hamburg<br />
arbeiten wir bereits an einem entsprechenden<br />
Modell, das wir in den nächsten<br />
Monaten vorstellen werden.<br />
DÄ: Wenn Krankenhäuser und Vertragsärzte<br />
den neuen Markt entdecken, lässt sich dann<br />
überhaupt noch ein destruktiver Verdrängungswettbewerb<br />
verhindern?<br />
Späth: Ich meine, ja. Ich setze auf einen<br />
konstruktiven <strong>Wettbewerb</strong> im Sinne von Einkaufsmodellen<br />
von niedergelassenen und<br />
Krankenhaus-Ärzten.<br />
Unter Moderation der KVen könnten niedergelassene<br />
Ärzte und ermächtigte Krankenhausärzte<br />
gemeinsam bedarfsgerechte,<br />
effektive und – im Vergleich mit anderen<br />
künftig auf den Markt drängenden freien Anbietern<br />
– kostengünstigere Verkaufsstrukturen<br />
entwickeln und dabei die vorhandenen<br />
Ressourcen nutzen. Niedergelassene und<br />
Krankenhaus-Ärzte sind in diesem Markt die<br />
natürlichen Verbündeten, weil sie sich beide<br />
an derselben Zielgruppe – den Patienten –<br />
ausrichten. ✮<br />
Deutsches Ärzteblatt½Jg. 98½Heft 9½2. März 2001 A 525
ziehungen mit dem ambulanten Bereich<br />
aufbauen.<br />
Was werden kapitalkräftige und innovative<br />
Krankenhäuser tun? Sie werden<br />
sich auf bestimmte DRG-Gruppen<br />
spezialisieren und Mengen- sowie betriebsinterne<br />
Synergieeffekte nutzen.<br />
Krankenhäuser könnten für ausreichende<br />
Zuweisungen und notwendige<br />
Nachsorge Verträge mit ambulanten<br />
Leistungsanbietern schließen. Also<br />
Konsortien gründen. Krankenhäuser<br />
könnten sich aber auch bemühen, selber<br />
umfassende Versorgungsangebote<br />
vorzuhalten, inklusive der fachärztlichen<br />
Versorgung, der Rehabilitation,<br />
der pflegerischen Versorgung sowie der<br />
Sterbebegleitung im ambulanten Bereich.<br />
Letzteres geben die Gesetze noch<br />
nicht her. Aber dies ist erklärtermaßen<br />
die Langzeitvision der Deutschen<br />
Krankenhausgesellschaft (DKG).<br />
Im DRG-System wird die Verweildauerverkürzung<br />
für Krankenhäuser<br />
ökonomisch interessant. Es gibt<br />
aber Fälle mit pflegerischen und sozialen<br />
Problemen, die man nicht einfach<br />
vor die Türe setzen kann. Auch hier hat<br />
das Krankenhaus die Wahl, stabile Kooperationsbeziehungen<br />
mit abnehmenden<br />
ambulanten Versorgungsnetzen<br />
aufzubauen oder diese Dienstleistungen<br />
selber zu erbringen. Die Krankenhäuser<br />
sollen nach den Vorstellungen<br />
der DKG Versorgungsunternehmen<br />
mit einem umfassenden Versorgungsangebot<br />
werden. Das heißt, nach der<br />
fallbezogenen Vergütung werden die<br />
Häuser wahrscheinlich zunächst indikationsspezifisch<br />
auf ein versichertenbezogenes<br />
Vergütungssystem umsatteln.<br />
Interessenlage der<br />
niedergelassenen Ärzte<br />
Was können in dieser Situation die niedergelassenen<br />
Ärzte tun?<br />
Ihre <strong>Wettbewerb</strong>sfähigkeit wird letztlich<br />
vom Grad der betrieblichen Integration<br />
abhängen. Komplexe Dienstleistungangebote,<br />
die über ein hochgradig<br />
pauschaliertes Vergütungssystem finanziert<br />
werden, können niedergelassene<br />
Ärzte nur anbieten, wenn es gelingt, ihre<br />
fragmentierte Anbieterstruktur weiterzuentwickeln.<br />
T H E M E N D E R Z E I T<br />
Für niedergelassene Ärzte geht es<br />
um Organisationsentwicklung. Sie müssen<br />
in der Lage sein, praxisübergreifend<br />
ausreichend Regelverbindlichkeit und<br />
eine solide funktionierende Aufbauund<br />
Ablauforganisation aufzubauen.<br />
Nur so können sie komplexe ambulante<br />
Dienstleistungsangebote anbieten. Sie<br />
müssen in der Lage sein, Rationalisierungspotenziale<br />
zu mobilisieren durch<br />
Einkaufsgemeinschaften, Ressourcensharing<br />
und die Zusammenlegung von<br />
Arztpraxen. Sie müssen ein praxisübergreifendes<br />
Qualitätsmanagement<br />
aufbauen. Schließlich brauchen sie Instrumente<br />
zur Steuerung versichertenbezogener<br />
Budgets.<br />
Die Kassenärztlichen Vereinigungen<br />
erarbeiten derzeit Lösungsansätze für<br />
diese Fragen. Schon heute bieten die<br />
KVen ihren Mitgliedern professionelle<br />
Berater und in einer Vielzahl von Detailfragen<br />
ausgefeilte Umsetzungskonzepte.<br />
Die Unternehmensoption Gesundheitsnetz,<br />
also das Konsortium<br />
weiterhin eigenständiger Leistungsanbieter,<br />
soll sich als starker Mitbewerber<br />
am Gesundheitsmarkt positionieren.<br />
Interessenlage der<br />
Krankenkassen<br />
Mit welchen integrierten Anbieterstrukturen<br />
werden Krankenkassen Verträge<br />
schließen? Wenn der Risikostrukturausgleich<br />
die Morbiditätsstruktur<br />
der Versicherten abbildet, werden sich<br />
Krankenkassen mit dem notwendigen<br />
Nachdruck flächendeckend für kranke<br />
Menschen engagieren.<br />
Bereits heute gibt es Krankenkassen,<br />
die aufgrund ihrer hohen Morbiditätslast<br />
etwas tun müssen. Diese Kassen<br />
versichern bezogen auf eine Region einen<br />
so hohen Anteil der chronisch<br />
kranken Menschen, dass es sich lohnt,<br />
in die Entwicklung von Prototypen der<br />
integrierten Versorgung zu investieren.<br />
Diese Kassen werden Leistungsanbieter<br />
bevorzugen, die zumindest mittelfristig<br />
die Budgetverantwortung übernehmen<br />
können. Aus Sicht der Krankenkassen<br />
bedeuten versichertenbezogene<br />
Budgets, dass ihre Vertragspartner ein<br />
hohes Interesse daran haben, an den<br />
Schnittstellen zwischen den einzelnen<br />
Versorgungssektoren und über den<br />
ganzen Versorgungsprozess hinweg Rationalisierungspotenziale<br />
zu mobilisieren.<br />
Gleichzeitig sehen Krankenkassen<br />
in einer versichertenbezogenen Vergütung<br />
den Garanten dafür, dass das Morbiditätsrisiko<br />
für sie zumindest kalkulierbar<br />
wird.<br />
Die Systemänderung in Richtung<br />
<strong>Wettbewerb</strong> wird einige Zeit benötigen,<br />
aber sie ist unaufhaltsam.<br />
Neue Versorgungsformen<br />
Prognosen<br />
❃ Die Systemänderung wird langsam,<br />
aber unaufhaltsam sein.<br />
❃ In der Integrierten Versorgung<br />
geht der entscheidende Impuls<br />
von der versichertenbezogenen<br />
Vergütung aus.<br />
❃ Noch hat niemand Prototypen,<br />
aber in zehn bis 15 Jahren werden<br />
circa 20 Prozent der Versicherten<br />
durch integrierte Versorgungsformen<br />
betreut.<br />
❃ Insbesondere Krankenkassen und<br />
Krankenhäuser sind treibende<br />
Kräfte, aber die niedergelassenen<br />
Ärzte werden wettbewerbsfähige<br />
Strukturen entwickeln.<br />
❃ <strong>Wettbewerb</strong>schancen haben Anbieter,<br />
die künftig eine qualitätsgesicherte<br />
Versorgung bei versichertenbezogener<br />
Vergütung bereitstellen<br />
können und sich bereits<br />
heute an der Entwicklung der Prototypen<br />
beteiligen.<br />
In nächster Zeit werden insbesondere<br />
leistungsstarke niedergelassene<br />
Arztgruppen die treibenden Kräfte bei<br />
der Entwicklung integrierter Versorgungsstrukturen<br />
sein. Dem stationären<br />
Bereich wird es jedoch schnell gelingen,<br />
den <strong>Wettbewerb</strong>svorsprung aufzuholen<br />
und bei der Entwicklung integrierter<br />
Angebotsstrukturen aktiv zu werden.<br />
Letztlich kann davon ausgegangen<br />
werden, dass ausreichend <strong>Wettbewerb</strong>schancen<br />
nur Anbieter haben<br />
werden, die eine qualitätsgesicherte<br />
Versorgung anbieten, eine Steuerung<br />
der versichertenbezogenen Vergütung<br />
handhaben können und sich bereits<br />
heute an der Entwicklung von Prototypen<br />
beteiligen. Dr. med. Michael Späth<br />
A 526 Deutsches Ärzteblatt½Jg. 98½Heft 9½2. März 2001