Deutsche Lesebücher des 18. und 19. Jahrhunderts in den ... - EPA
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272 Miroslav Baláž<br />
gefühle, Gehorsam <strong>und</strong> Untertanengeist wecken. Die Schüler sollen mit Hilfe von <strong>Lesebücher</strong>n<br />
zu fleißigen <strong>und</strong> patriotischen Untertanen erzogen wer<strong>den</strong>, die ihr Vaterland <strong>und</strong><br />
ihren Herrscher lieben <strong>und</strong> die getreu ihre Pflichten gegenüber Familie, Beruf <strong>und</strong> Staat<br />
erfüllen.<br />
E<strong>in</strong>ige Exemplare deutschsprachiger <strong>Lesebücher</strong> aus dem <strong>18.</strong> <strong>und</strong> <strong>19.</strong> Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
wer<strong>den</strong> auch <strong>in</strong> der Bibliothek <strong>des</strong> Prešover evangelischen Kollegiums aufbewahrt. Sie<br />
können der Schulbuchforschung zwar ke<strong>in</strong> vollständiges Bild der <strong>Lesebücher</strong>entwicklung<br />
liefern, aber zum<strong>in</strong><strong>des</strong>t die Gr<strong>und</strong>züge der Geschichte <strong>des</strong> deutschen Lesebuchs auf dem<br />
Gebiet Deutschlands sowie <strong>des</strong> Kaisertums Österreich bzw. der Doppelmonarchie<br />
Österreich-Ungarn nachzeichnen.<br />
Die hier untersuchten <strong>Lesebücher</strong> repräsentieren alle wichtigen Phasen, die sich<br />
seit dem Ende <strong>des</strong> <strong>18.</strong> bis zum Ende <strong>des</strong> <strong>19.</strong> Jahrh<strong>und</strong>erts <strong>in</strong> diesem Bereich beobachten<br />
lassen. Ihre Autoren s<strong>in</strong>d <strong>Deutsche</strong>, Österreicher <strong>und</strong> auch Ungarn. In e<strong>in</strong>em Fall handelt es<br />
sich um die Übersetzung e<strong>in</strong>es ungarischen Lesebuchs <strong>in</strong>s <strong>Deutsche</strong>. Neben <strong>den</strong> klassischen<br />
<strong>Lesebücher</strong>n enthält die Sammlung auch e<strong>in</strong>e Fibel <strong>und</strong> Beispiele für e<strong>in</strong>e enge Verb<strong>in</strong>dung<br />
mehrerer sprachlicher Fächer sowie die Verb<strong>in</strong>dung sämtlicher Schulfächer <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Buch.<br />
E<strong>in</strong>e besondere Art <strong>des</strong> Lesebuchs bil<strong>den</strong> die Übungen zur Kunst, gut zu lesen von Georg<br />
Christian Wilhelm Gläser. Das Buch stellt e<strong>in</strong> Beispiel für e<strong>in</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> Mädchenschulen<br />
benutztes Lehrwerk dar.<br />
2. Rochow, Friedrich Eberhardt von<br />
Der K<strong>in</strong>derfre<strong>und</strong>. E<strong>in</strong> Lesebuch zum Gebrauch <strong>in</strong> Landschulen von Friedrich Eberhardt<br />
von Rochow, Erbherrn auf Reckan etc.<br />
Unter <strong>den</strong> <strong>Lesebücher</strong>n ist an erster Stelle das berühmte Werk e<strong>in</strong>es der wichtigsten Aufklärungspädagogen<br />
<strong>des</strong> <strong>18.</strong> Jahrh<strong>und</strong>erts Friedrich Eberhardt von Rochow zu nennen. Se<strong>in</strong><br />
Lehrwerk „Der K<strong>in</strong>derfre<strong>und</strong>. E<strong>in</strong> Lesebuch zum Gebrauch <strong>in</strong> Landschulen von Friedrich<br />
Eberhardt von Rochow, Erbherrn auf Reckan etc. etc“ aus dem Jahre 1776 gilt bildungshistorisch<br />
als e<strong>in</strong>es der ersten deutschen Volksschullesebücher. Ke<strong>in</strong> anderes Lesebuch hat<br />
über e<strong>in</strong> Jahrh<strong>und</strong>ert <strong>in</strong> unzähligen Neuaufgaben <strong>und</strong> Nachdrucken die Volksschulentwicklung<br />
so maßgeblich bee<strong>in</strong>flusst wie Rochows K<strong>in</strong>derfre<strong>und</strong>, der bis 1870 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Million<br />
von Exemplaren <strong>in</strong> ganz Europa aufgelegt <strong>und</strong> <strong>in</strong> mehrere Sprachen übersetzt wurde (u. a.<br />
<strong>in</strong>s Französische, Schwedische, Dänische, Polnische).<br />
Dem Werk ist 1773 e<strong>in</strong>e Ausgabe unter dem Titel Bauernfre<strong>und</strong> vorausgegangen,<br />
die allerd<strong>in</strong>gs nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Privatdruck von 40 Exemplaren erschienen ist. Mit se<strong>in</strong>em<br />
„K<strong>in</strong>derfre<strong>und</strong>“ versuchte der Verfasser, „die große Lücke zwischen Fibel <strong>und</strong> Bibel auszufüllen“.<br />
„Dieses Buch ist der Armen wegen so wohlfeil. Denn es muss <strong>in</strong> je<strong>des</strong> Schulk<strong>in</strong><strong>des</strong><br />
Hän<strong>den</strong> seyn. Sonst könnten viele K<strong>in</strong>der zugleich daraus nicht lesen lernen“, so formuliert<br />
Rochow <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em „Vorbericht“ se<strong>in</strong>e weitere Absicht, die Gr<strong>und</strong>bildung auch <strong>den</strong> armen<br />
Schichten der Bevölkerung zugänglich zu machen.<br />
Das <strong>in</strong> der Bibliothek bef<strong>in</strong>dliche 162-seitige Exemplar enthält beide Teile <strong>des</strong> Lesebuches.<br />
Der erste Teil erschien im Jahre 1778 <strong>in</strong> Frankfurt bei <strong>den</strong> Eichenbergischen<br />
Erben. Die 79 durchnummerierten, leicht erfassbaren, profanen, vom Herausgeber selbst<br />
verfassten Texte br<strong>in</strong>gen <strong>den</strong> Schülern geme<strong>in</strong>nützliche Kenntnisse aus der Naturk<strong>und</strong>e<br />
<strong>und</strong> vermitteln ihnen durch vorbildliche Gestalten <strong>und</strong> mahnende Beispiele auch moralischsittliche<br />
Belehrung. Neben <strong>den</strong> kurzen Erzählungen f<strong>in</strong><strong>den</strong> sich hier auch zwei Gebete <strong>und</strong>