Wolfgang Pohrts Theorie des Gebrauchswerts - HAL
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Rien ne va plus – <strong>Wolfgang</strong> <strong>Pohrts</strong> <strong>Theorie</strong> <strong>des</strong> <strong>Gebrauchswerts</strong> 221<br />
Tauschwert einander kraß entgegengesetzt wie einander gleichgültig waren.“<br />
(Pohrt 1973, 31)<br />
Das Kapital sei „kein bloß formelles Verhältnis […], welches seinen Inhalt<br />
ungeschoren läßt“ (Pohrt 1975, 140). Kapitalistische Formbestimmungen<br />
dürften „nicht als bloß formalistisches System fehlinterpretiert werden“, sondern<br />
seien „selbst inhaltlich zu bestimmen“ (ebd., 84). Damit meint Pohrt,<br />
dass der Kapitalismus durch seine Modifikation und Entwicklung <strong>des</strong> <strong>Gebrauchswerts</strong><br />
ein emanzipatorisches Potential schaffe, also selbst ‘inhaltlich’<br />
relevant sei. Die Überlegungen der Kritischen <strong>Theorie</strong> aufgreifend bedeutet<br />
dies konkret: die vom Verwertungsdruck induzierte Entwicklung <strong>des</strong> <strong>Gebrauchswerts</strong><br />
in Form der Maschinerie emanzipiere die Menschen zunehmend<br />
von gesellschaftlich notwendiger Arbeit und mache kapitalistische Produktionsweise<br />
zu einer conditio sine qua non befreiter Gesellschaften. Die wichtigsten<br />
Punkte <strong>Pohrts</strong> recht unsystematischer und wenig kohärenter Untersuchung<br />
sollen im Folgenden dargestellt werden.<br />
I. „Die Esoterik der Arbeit am Begriff“ (ebd., 57) ist bekanntlich das Anliegen<br />
vieler eigenwilliger Marxrezeptionen. Daher fundiert Pohrt seine Überlegungen<br />
zum Verhältnis von Gebrauchswert und Tauschwert durch die angebliche<br />
Existenz von zwei Gebrauchswertbegriffen in der Marxschen Ökonomiekritik.<br />
Einerseits sei der Gebrauchswert bei Marx in obigem Sinne inhaltlich<br />
bestimmt, andererseits akzentuiere er lediglich die materielle Produktion,<br />
sei also ungeschichtlich, weil am Naturverhältnis gewonnen. Letzteren<br />
nennt Pohrt auch den „trivialen Gebrauchswert“ (ebd., 125), der die zum Leben<br />
notwendigen Dinge umfasse, damit jedoch <strong>des</strong> gesellschaftlichen Zusammenhangs<br />
nicht völlig entbunden sei: „Der unmittelbare Gebrauch ist […]<br />
selbst nicht unmittelbar in dem Sinn eines Naturverhältnisses, worin die Vermittlung<br />
durch Gesellschaft ersatzlos gestrichen ist, sondern der unmittelbare<br />
Gebrauch ist derjenige, der den Individuen von der Gesellschaft unmittelbar<br />
verordnet wird – oder er ist Naturverhältnis in dem Sinn, daß die Beziehung<br />
<strong>des</strong> Individuums zu seiner Gemeinschaft noch naturwüchsig zwanghaft ist,<br />
weil diese Gemeinschaft selbst noch Naturverband.“ (ebd., 218)<br />
Reine Natur ist für Pohrt eine Denkunmöglichkeit und so führt ihn die Darstellung<br />
<strong>des</strong> trivialen <strong>Gebrauchswerts</strong> geradewegs zu <strong>des</strong>sen gesellschaftlicher<br />
Bestimmung, dem „Gebrauchswert par excellence“ (ebd., 116). Wie der triviale<br />
Gebrauchswert müsse dieser „Gebrauchswert im emphatischen Sinn“<br />
(ebd., 134) auch schon in vorkapitalistischen Gesellschaftsformationen existiert<br />
haben, da Produkte menschlicher Arbeit auch hier den gesellschaftlichen<br />
Bestimmung nicht entbunden gewesen seien. Allerdings sei er mit dem trivia-