KW I Sprachstörungen - pascal - TU Berlin
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Übung: Kommunikationswissenschaft I: Stimm-, Sprech- und <strong>Sprachstörungen</strong><br />
Leitung: Dr. Astrid Paeschke<br />
SoSe 2005, <strong>TU</strong> <strong>Berlin</strong>, FG Kommunikationswissenschaften<br />
Referenten: Matthias Jentsch, Christian Dammann, Beate Auwärter, Nanja Maung-Yin, David Zaddach<br />
1. Stimmstörungen – Dysphonien<br />
Störung des Stimmklanges und der stimmlichen Leistungsfähigkeit<br />
1.1. Funktionelle Dysphonien<br />
- funktionelle Abweichung des Muskeltonus („zu viel“ / “zu wenig“)<br />
- keine krankhaften primärorganischen Veränderungen<br />
- sekundär organische Veränderungen bei längerem Bestehen<br />
Ursachen<br />
- multifaktoriell bedingt: - konstitutionell (Anlagebedingt)<br />
- Kehlkopfmuskulatur, Form des Kehlkopfes etc.<br />
- habituell (Gewohnheitsbedingt)<br />
- un-/bewusstes Lernen funktioneller Abläufe<br />
- ponogen (Arbeitsbedingt)<br />
- starke stimmliche Anstrengung<br />
- psychogen (psychisch bedingt)<br />
- Neurotizismus, Stress<br />
Merkmale hyper- und hypofunktioneller Dysphonien<br />
Hyperfunktion Hypofunktion<br />
Haltung gespannt schlaff<br />
Atmung hoch flach<br />
Mittlere Sprechlage erhöht normal (erhöht)<br />
Einsatz pathologisch hart normal, gehaucht<br />
Klang belegt, rau, knarrend, gepresst,<br />
klangarm<br />
behaucht, verhaucht, klangarm<br />
Steigerungsfähigkeit mittelgradig gering, nicht vorhanden<br />
Laryngoskopie Einspringen der Taschenfalten, normal<br />
Amplituden eingeschränkt, nicht zunehmend erweitert, nicht abnehmend bei<br />
bei Intensitätssteigerung<br />
Intensitätsminderung<br />
Schlussphase verlängert, schon bei geringen verkürzt, erst bei mittleren oder<br />
Intensitäten<br />
hohen Intensitäten<br />
Irregularität Periodenlänge, Phasen Amplituden, Phasen<br />
1.2. Hormonell bedingte Dysphonien<br />
Beeinträchtigung von Stimmhöhe, Klangfarbe, Dynamik und Stimmumfang<br />
Ursachen<br />
- pathologische Veränderungen des Hormonhaushaltes<br />
- Ausfall der physiologischen Bildung der Geschlechtshormone<br />
- gehäuft bei Frauen: Schwangerschaft, Menopause, Ovulationshemmer, gegengeschlechtliche hormonelle<br />
Tumorbehandlung, Anabolika<br />
1.3. Fehlbildungen des Kehlkopfes<br />
Ursachen: Zahlreiche organische Veränderungen des Kehlkopfes (asymmetrisches Wachstum)<br />
Folge: Ermüdungserscheinungen der Stimme + Heiserkeit.<br />
Zusätzlich kommt es zu Anzeichen einer hyperfunktionellen Stimmstörung, da die Betroffenen zu viel<br />
Anstrengung beim Sprechen aufwenden.<br />
Alle operativen Maßnahmen erfordern eine Stimmtherapie.<br />
1.4. Stimmlippenlähmungen<br />
Def.: die Lähmung der stimmlippenbewegenden und -spannenden Kehlkopfmuskulatur<br />
infolge einer Schädigung der motorischen Nerven des Kehlkopfes.<br />
Ursachen: 1. Postoperativ 2. Halstrauma 3. Tumore 4. Infektionen
2. Sprach- und Sprechstörungen<br />
2.1. Aphasie<br />
=Störung der Sprachproduktion und/oder des Sprachverstehens aufgrund eines spezifischen Gehirnschadens.<br />
Vier Standardtypen der Aphasie:<br />
Amnestische Aphasie<br />
• keine eindeutig auszumachende geschädigte Region in einem bestimmten Gefäßgebiet.<br />
• Wortfindungsstörungen.<br />
• Sprachfluss, Artikulation, Syntax und Sprachverständnis weitgehend intakt.<br />
Wernicke-Aphasie<br />
• Sprache flüssig, meist mit guter Sprachmelodie und klarer Artikulation.<br />
• Paraphasien (Wort- und Lautverwechselungen, z.B. Frau-Mutter).<br />
• Neologismen (Wortneubildungen, die es in der Standardsprache nicht gibt).<br />
• Paragrammatismus (Satzverschränkungen und Satzteilverdoppelungen).<br />
• ungebremster Sprachablauf, überschießend (Logorrhoe).<br />
Broca-Aphasie<br />
• Agrammatismus = Telegrammstil, kurze Sätze, vereinfachte Satzstruktur, meist Auslassung von Artikeln und<br />
Endungen.<br />
• langsame, mühsame, stockende und monotone Sprache.<br />
• fast normales Sprachverstehen.<br />
Globale Aphasie<br />
• Kombination einer schweren Broca- und Wernicke-Aphasie.<br />
2.2. Dyslalie (Stammeln)<br />
• Störung der Artikulation (meist bei Kindern).<br />
• einzelne Laute oder Lautverbindungen fehlen, werden durch andere ersetzt oder falsch gebildet. (Beispiele:<br />
Totolade statt Schokolade, Keppe statt Treppe oder Bau statt Baum)<br />
Verschieden starke Ausprägungen des Stammelns<br />
Partielles Stammeln<br />
• Ein bis zwei Lautausfälle.<br />
Multiples Stammeln<br />
• Mehr als zwei Lautausfälle.<br />
Universelles Stammeln<br />
• Sehr viele Lautausfälle (nahezu gesamter Lautbestand).<br />
Motorisches Stammeln<br />
• Laut wird richtig gehört, aber nicht richtig gesprochen.<br />
• feinmotorische Fehlleistungen.<br />
• schlechte Entwicklung des Muskelgefühls für Bewegungen der Sprechorgane.<br />
Sensorisches Stammeln<br />
• Mangelndes Unterscheidungsvermögen für ähnlich klingende Laute (Beispiel: Kopf und Topf).<br />
Vokalstammeln<br />
• z.B. werden helle Laute wie i,ü,ö durch dumpfe wie o,u ersetzt.<br />
Konsonantenstammeln<br />
z.B. S-Stammeln = Sigmatismus,<br />
L-Stammeln = Lamdazismus,<br />
Interdentales Stammeln<br />
• Bildung von Dentallauten zwischen statt hinter den Schneidezähnen (multiple Interdentalität).<br />
2.3. Dysarthrien:<br />
sprechmotorische Störungen aufgrund einer Schädigung des zentralen Nervensystems, bei der die Kontrolle von<br />
Kraft, Bewegungstempo und – umfang bei der Ausführung von Sprechbewegung gestört ist.<br />
Ursachen: - traumatische und zerebrovaskular bedingte Hirnschädigungen, entzündliche oder degenerative<br />
Erkrankungen des zentralen Nervensystems; Störung der muskulären Kontrolle.<br />
Symptome: - schwerfällige, schleppende unkoordinierende Artikulation; gestörte Koordination zwischen Atmung<br />
und Stimmgebung: verkürzte Atempausen<br />
2.4. Dysglossien:<br />
Störungen der Artikulation durch Störungen und Veränderung der Sprechorgane, insbesondere der<br />
Zungenbeweglichkeit.<br />
Ursachen: - Operationen wie das Entfernen von Tumoren; angeborene Missbildungen, Lähmungen,<br />
Verletzungen an Zunge, Rachen Gaumen, Lippen etc.<br />
Symptome: - Minderung der Verständlichkeit; geringere Sprechbelastbarkeit
2.5. Stottern:<br />
Sprechen, das durch häufige Wiederholungen (Repetitionen) oder Dehnungen (Prolongationen) von Lauten,<br />
Silben, Wörtern, oder durch häufiges Zögern und Innehalten (Blocks), das den rhythmischen Sprechfluss<br />
unterbricht, gekennzeichnet ist. Man unterscheidet zwischen erworbenem & idiopathischem Stottern.<br />
Genaue Ursachen für das Auftreten von Stottern sind nicht bekannt, es werden genetische, psychologische,<br />
neurologische Entwicklungsströme diskutiert.<br />
Symptome: es gibt drei verschiedene Stotterformen, die nach der Art der Redestörung unterteilt sind<br />
1.klonisches Stottern, Wiederholung von Wörtern (kann-kann-kann), Silben (ka-ka-kann), Lauten (k-k-kann)<br />
2.tonisches Stottern, hörbare Unterbrechungen im Redefluss (---k---ann) ,<br />
3. tonisch-klonisches Stottern bildet eine Kombination aus klonischem und tonischem Stottern<br />
- Unterscheidung zwischen äußeren (körperlichen) und inneren (psychischen) Merkmalen ; Entwicklung von<br />
Vermeidungsstrategien zur Verdeckung, insbesondere der äußeren Symptome.<br />
Entstehung von Sekundärsymptomen<br />
2.6. Poltern:<br />
extreme Beschleunigung der Aussprache und Störung des Redeflusses durch überstürztes Sprechen und<br />
Verschlucken von Lauten.<br />
Ursachen: Poltern wird durch eine organische Störung des Gehirns erklärt; häufiges Poltern in bestimmten<br />
Familien lässt auf Vererbung schließen.<br />
Symptome: hastiges Sprechen, verwaschene Aussprache, harte Stimmlage<br />
Die Folgen sind Angst vor sozialer Ablehnung und motorischen Kontrollverlusten; Erzeugung eines negativen<br />
Selbstbilds und dessen Projektion auf seinen Gesprächspartner, Stigmatisierung durch eine auffällige Stimm- und<br />
Sprechweise; Reduzierung des emotionalen Ausdrucks und der Kommunikationsfähigkeit und –bereitschaft<br />
3. Störungen der Sprachwahrnehmung<br />
3.1.Hörstörungen<br />
Def.: Hörverlust im Hauptsprachbereich (zwischen 250 - 4 000 Hz) von über 15 Db<br />
• Hyperakusis:<br />
Geräuschüberempfindlichkeit, z.B. bei Überforderungs- und Erschöpfungsreaktionen, bei anlagebedingt<br />
Nervösen oder Überempfindlichen, durch bestimmte Rauschdrogen, gelegentlich auch bei Schizophrenie<br />
• Hypakusis: Geräuschunterempfindlichkeit bzw. Schwerhörigkeit<br />
• Anakusis: Taubheit<br />
• akustische Agnosie, die sogenannte Seelentaubheit<br />
• Hörsturz•der Tinnitus, also Ohrgeräusche<br />
• Presbyakusis, die Schwerhörigkeit im Alter<br />
• psychogene Hörstörung<br />
Zuordnung von Hörstörung<br />
- Schalleitungsschwerhörigkeiten (äußeres Ohr und Mittelohr)<br />
Ursachen: Ohrschmalzpfropf, Verschlüsse des Gehörganges durch Knochen oder Bindegewebe,<br />
Funktionsstörung oder der Verschluß der Tuba<br />
- Schallempfindungsschwerhörigkeit (Innenohr und zentrales Nervensystem)<br />
Ursachen: erbliche Schwerhörigkeiten, erworbene Schwerhörigkeiten,<br />
Perinatale Ursachen (um die Geburt),<br />
Postnatale Ursachen (nach der Geburt)<br />
3.2. Legasthenie<br />
Def.: Ergebnis von Teilleistungsschwächen der Wahrnehmung, Motorik und/oder der sensorischen Integration.<br />
Ursache: Genetische Disposition<br />
"Phonologie-Defizit-Hypothese"<br />
Die Fähigkeit, lautliche Segmente der Sprache zu unterscheiden und im Gedächtnis zu speichern, ist gestört<br />
a) Störung der Wahrnehmung von Sprachreizen<br />
b) Störung der phonologischen Bewusstheit<br />
c) Störung der Wahrnehmung von nichtsprachlichen Reizen